Hallo MM,
Ich habe es mit dem Lied nicht getan, aber ich fände es nicht
überraschend, wenn man in der Abfolge der Strophen ein Motiv
dafür entdeckte, dass an dieser Stelle eine bukolische Idylle
(„hundert Jahre zu früh“) steht - das idealisierende
Arkadien-Bild gab es bereits seit mindestens Anfang des 17.
Jahrhunderts. Insgesamt drei Strophen mit Paradies-Verweisen,
in gleichmäßigem Abstand jede fünfte, wäre schon einmal ein
möglicher rechnerischer Ansatz.
Stimmt, käme hin. Würde dann die offensichtliche Gliederung des Liedes in die zwei Teile „Gegenständliches, Sichtbares“ und „Übertragung aufs Himmlisches“ mit der Scharnierstrophe 8 überlagern, ergänzen, durchdringen (was auch immer).
Ich fand die Myrten einfach überraschend nach all den anderen Bildern, die so gut ins Brandenburgische passen: Laubbäume, im Sommer (!) grün werdender Boden, Narzissen, Tulpen, Lerche, Taube, Nachtigall, Hühner, Storch, Schwalben, Hirsche, Rehe, Wiesen, Schafe, Bienen, Weizen - beim Weinstock bin ich nicht so überzeugt. Aber Weinstock und Reben sind ja auf jeden Fall ein Christussymbol. Im Weizen dazu die Anspielung aufs Abendmahl.
Auch einige der Vögel sind wohl Symbole sowohl für Christus als auch für „die gläubige Seele“, sagt mir meine Lektüre.
Vielleicht sind die Myrten ja gerade deswegen der Verweis darauf: In der brandenburgischen Natur gibt’s mehr an Bedeutung zu sehen.
Ich hatte das Lied gerade aus Kindersicht betrachtet und bin deswegen zum ersten Mal über die Myrten gestolpert, die ich sonst ohne Nachdenken gesungen habe.
Gleichzeitig die Myrte auch als Symbol für
eine feste, dauerhafte Ehe gut dafür geeignet, die
Frühlingsgefühle nicht überkochen zu lassen.
Du meinst, eine Ermahnung an die Hirten, sich aufs Jodeln zu beschränken? 
Jedenfalls ist das Bild, dass entlang eines Wasserlaufs in
Wüste oder Karst ganz scharf abgegrenzt ein schmaler Streifen
üppiger Vegetation steht, der dann unvermittelt in Sand,
Schotter, Unland wechselt, und der Bach somit seinen eigenen
Verlauf mit diesem üppigen grünen Gewucher „nachmalt“, für
jemanden, der es allenfalls aus Beschreibungen kennen konnte,
ziemlich eindrucksvoll gemalen.
Hm, aber da sind ja auch noch die Wiesen, die hart dabei liegen. Nun gut, vielleicht deswegen so „hart“ dabei.
Dass in dem Arkadien-Palästina, das ich Paul Gerhardt
unterstelle, eher Schafe als die dort eigentlich zu
erwartenden Ziegen unterwegs sind, mag dem hübscheren Bild
geschuldet sein, das diese abgeben - und in erneuter
Querverbindung wohl auch der größeren Popularität von Schafen
im NT.
Und natürlich in Ps 23.
Vielen Dank auch Dir!
Jule