Lieber Thomas,
ich gebe gern zu, dass ich von Singer noch nichts gelesen habe. Ich habe also einfach in dem Teig mitgerührt, der auf dem Tisch stand, und mir eine Meinung aus dem gebildet, was ich darüber gelesen oder von Freunden gehört habe, die ihn gelesen haben.
Insofern bin ich auch nur einer von denen… (Allerdings muss ich schon sehr bitten, wenn mir unterstellt würde, ich besäße nicht die Fähigkeit, ihn zu verstehen
Das Problem ist ein immer wiederkehrendes und in meinen Augen keineswegs klar zu lösendes: Wie weit kann man in der Toleranz von Diskussionen gehen. Ich muss gerade an die Auseinandersetzungen um den Film „Beruf Neonazi“ denken, wo diese Frage in meinem Freundeskreis sehr heißt diskutiert wurde und ich wirklich selbst keine abschließende Meinung zu habe. Ich bin aber nicht unbedingt Deiner Meinung, eine Demokratie müsse solche Diskussionen aushalten.
Sie mag sie inhaltlich aushalten, aber ich gebe zu bedenken, dass der Diskurs Auswirkungen hat, die über die eigentliche inhaltliche Ebene hinausgehen. Man kann das m.E. heute ganz gut beobachten, wo die Rechte wieder ungestraft das Schandmaul aufmachen kann, was wiederum Leute ermutigt, ihre Meinung laut zu sagen, was wiederum Andere darin bestärkt, dass sie ihre Meinung von sich geben undsoweiter und sofort. Es wird immer schwerer, einen bestimmten Diskurs in Schach zu halten, denn dazu gehört eben außer der inhaltlichen Ebene auch die Diskursmacht.
Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen und
grüße herzlich
Burkhard