Pflegegeld und Hartz IV

Liebe/-r Experte/-in,

Ich wende mich an Sie, weil wir echt am Ende sind. Im Internet finde ich so viele verschiedene Aussagen und Meinungen, dass ich mich an Sie wenden muss. Ich bin an einer unbekannten und bisher nicht therapierbaren Krankheit erkrankt, die sich zunehmend verschlechtert. Ich habe Pflegestufe III, einen GdB von 100, Merkzeichen aG, B, RF und H. Gepflegt werde ich von meiner Frau, die auf 400,- Euro-Basis arbeitet.

Nun ist die Problematik, dass meine Frau meine Pflege nicht mehr sicherstellen und gleichzeitig arbeiten kann. Der Vater meiner Stieftochter hat die Unterhaltszahlungen wegen Arbeitslosigkeit eingestellt. Schon vorher kamen wir mit dem Geld kaum klar, aber jetzt sind wir nervlich und finanziell am Ende, alle Ersparnisse sind aufgebraucht. Wir kommen nicht drum herum, staatliche Hilfen zu beantragen.

Kinderzuschlag bekommen wir nicht. Begründung: Selbst mit dem Höchstsatz würden wir weit unter dem Existenzminimum Leben. Nun bleibt uns der Gang zur Arge nicht erspart, wir haben alle unterlagen fertig gemacht und meine Frau ist also zur Arge. Doch die wollten sie abwimmeln. Denn wir hätten ja noch das Pflegegeld, was angerechnet werden darf. Denn auch in so schweren Fällen wie bei mir muss was übrig bleiben - so deren Aussage.

Meine Frau möchte gerne weiter arbeiten, doch die Pflege für diese Zeit kostet uns allein schon 300-400 Euro im Monat. Wenn wir jetzt (laut dem Argemitarbeiter) NICHT EINMAL den Satz bekommen würden, der die Unterhaltszahlungen des Vaters meiner Stieftochter auffangen würden, müssten wir letztendlich dafür bezahlen müssen, dass meine Frau arbeiten gehen darf und noch mehr Minus machen. Das kann es doch wohl nicht sein!!!

Deshalb meine Fragen, ob die Arge mittlerweile wirklich das Recht hat, das Pflegegeld (wenn auch nur Teilweise) anzurechnen? Kann es sein, dass wir nicht einmal den Satz bekommen würden, der den Unterhalt des Vaters ausgleichen würde? Würde meine Frau weiterarbeiten (was sie gerne möchte) müssten wir letztendlich draufzahlen. Wie verhält es sich, wenn wir Leistungen der Arge beziehen und sie dann kündigt? Kann ihr das als Nachteil ausgelegt werden?

Ich würde mich überaus freuen, wenn Sie mir helfen könnten, da wir mehr als verunsichert sind. Am 16.12. sollen wir unseren Antrag abgeben - dann möchte ich wissen, woran wir sind, um Kontern zu können, falls die Mitarbeiter uns was falsches erzählen wollen. Wenn es irgend möglich ist, antworten bitte mit Verweisen auf Paragraphen, damit ich etwas in der Hand habe.

Vielen Dank im voraus, Lars Horst

Sollten Sie etwas nicht verstanden haben oder etwas unklar sein, fragen Sie bitte nach. Es fällt mir auf Grund meiner Krankheit einfach schwer, so viele Gedanken zu ordnen und zu erklären.

Hallo, Lars Horst, ich bitte um ein paar Tage Geduld. Da muss ich mich nochmal so richtig reindenken und recherchieren…
Falls Du in Berlin oder näherer Umgebung wohnst, würde ich Dir einen Besuch anbieten…
Bis dahin gute Besserung und Gottes Segen, Klaus

Hallo,

vielen Dank für deine Mühe. Berlin ist leider ein ganzes Stück von mir entfernt. Bin aber schon gespannt was du mir schreiben kannst.

LG, Lars Horst

Hallo,

um ALG II zu bekommen muss ihre Frau dem Arbeitsamrkt 3 Stunden täglich zur Verfügung stehen können. Den job kann sie behalten, 240 Euro davon werden so sie volle 400 Euro verdient- natürlich als Einkommen angerechnet.
Wenn sie keine 3 Stunden täglich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen kann ist auch für sie ein Anspruch nach dem Sozialgeld beim Sozialgeldträger zu prüfen.
Da es sich um die Pflege von Angehörigen handelt, zählt das Pflegegeld meines Wissens nicht (!) als anrechenbares Nebeneinkommen. Es wird also beim Arbeitslosengeld II nicht angerechnet. Für das Kind ist im Regelfall aber als vorranguige Leistunge Kinderwohngeld beim Wohnungsamt zu beantragen. Das dann als Einkommen auf den Gesamtbedarf angerechnet wird. Falls das Kind unter 12 Jahren ist muss noch ein Unterhaltsvorschuß beim Jugendamt beantragt werden.
Alles was übrig bleibt zahlt die Arge nach dem üblichen Sätzen. Es kommt allerdings noch auf die Wohnkosten an. Einfach mal den Antrag stellen. Dann sieht man doch wieviel bei raus kommt! Notfalls kann man auch nochmal im Widerspruch die Richtigkeit des Bescheides überprüfen lassen, wenn es wirklich zu wenig sein sollte.
Gruß und gute Besserung
Lemke

Hallo,
Pflegegeld für die Pflege von Kranken, Behinderten und „Alten“ Menschen ist gem. § 11 SGB II anrechnungsfreies sog. priviligiertes Einkommen und damit anrechnungsfrei. Damit besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für Ihre Frau und Sozialgeld für sie. ggf. mit einem Mehrbedarf gem. § 23 SGB II.
Bei Ihrer Stieftochter kommt es darauf an wie alt Sie ist. Ist sie unter 25 Jahre alt, dann ist sie Mitglied in der BG und wenn keine Einkommen vorhanden ist, besteht auch da ein Leistungsanspruch.
Ist sie über 25 hat sie eine eigene BG udn dort einen Anspruch.
Vorraussetzung ist natürlich das keine weiteren Einschränkungen ( Vermögen usw.) vorliegen. Die Anspruchvorraussetzungen ergeben siech gem. §§ 7,9,11 und 12 SGB II.
Ich hoffe Ihnen erst einmal weiter geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.
Wenn sie noch fragen haben, dürfen Sie sich gern nochmal melden.
Gruß Marty

Hallo, Lars Horst!

So, nun will ich mal versuchen, mich Deiner Situation von Seiten der Rechtslage zu nähern…

Also:

Wir haben im deutschen Sozialleistungsrecht das Problem der „konkurrierenden Leistungen“, soll heißen: Du hast dem Grund nach Anspruch auf unterschiedliche Leistungen, wie Pflegegeld u n d soziale Grundsicherung (Hartz IV) u n d Unterhaltleistungen…
Das macht es den Entscheidungsträgern in den Hartz IV Behörden eben nicht leicht…

Aber der Reihe nach:

Wenn der Vater deiner Stieftochter selbst nicht in der Lage ist, weiterhin Unterhalt zu zahlen (warum eigentlich nicht bei Arbeitslosigkeit?) Das müsste er schon mal rechtskräftig beweisen. Und wenn: da gibt es immer noch die Jugendämter, die u.U. bis zur Klärung der Unterhaltsfähigkeit des Vaters in Vorleistung treten. Das musst du auf jeden Fall durch das Jugendamt klären lassen!!!

Im § 11 SGB II regelt Hartz IV das zu berücksichtigende Einkommen. Pflegegeld bei einer entsprechenden Pflegestufe wird im Gesetzestext nicht namentlich erwähnt. Außerdem schreibt § 12a SGB II vor, dass erst geprüft werden muss, ob es außer Hartz IV in deinem Fall nicht noch andere „vorrangige Leistungen“ in Anspruch genommen werden müssen. Und da liegt das Problem! Leider warten viele Hartz IV Behörden auf einen Richterspruch (Urteil) im Zuge eines Klageverfahrens. Das kostet Zeit, Nerven und evtl. auch Geld, da man das auf keinen Fall ohne Rechtsanwalt durchsteht. Auf jeden Fall müsstet du bei Inanspruchnahme eines Anwaltes versuchen, Beratungs- und/oder Prozesskostenhilfe beim Amtsgericht zu beantragen.

Und bis dahin? Kann eigentlich nur § 43 SGB I helfen, in dem du einen Antrag auf „vorläufige Leistungen“ nach § 43 Abs. 1 Satz 2 – z.B. beim Hartz IV Amt stellst. Und natürlich auch gleich einen Antrag auf Vorschüsse nach § 42 SGB I.

Wenn deine Frau weiterarbeiten will und ihr Hartz IV bekommt, wird ihr Einkommen entsprechend der Staffelung (bis 100 € frei usw.) auf Hartz IV angerechnet. Denn: Hartz IV soll ja nur der erhalten, der keine andere Möglichkeit der sozialen Sicherung hat.

Sollte sich das Amt – nach allen Bemühungen und Mitwirkungen von Euch nach dem 16.12.2010 schwer tun, eine Entscheidung zu treffen und die Zeit/das Geld rennt euch davon, empfehle ich den Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 86 b SGG beim zuständigen Sozialgericht zu stellen. Das macht den Hartz IV Behörden meistens „Beine“ und es ist außerdem für die Leitung einer Hartz IV Behörde äußerst peinlich, wenn ihnen vom Sozialgericht „Dampf“ gemacht wird.

Lieber Lars Horst, ich hoffe, ich konnte ein bisschen helfen – und/oder Mut machen? Das wäre gut. Jedoch: In eurem Fall sehe ich anwaltliche Hilfe als wahrscheinlich unausweichlich an!!!

Lass mal wieder von dir hören! Trotzdem hoffentlich gesegnete Weihnachten! Dein Klaus

Hallo,

wir können Ihnen nur raten stellen Sie den Antrag und beharren Sie auf eine schriftliche Entscheidung. Leider ist das so eine Sache mit den schriftlichen Bescheiden der ARGEN, denn der Gesetzgeber sieht hier eine max. Bearbeitungsdauer von immerhin 3 Monaten vor.

Sobald Ihnen der Bescheid vorliegt, gehen Sie zu Ihrem zuständigen Amtsgericht und holen sich dort einen Rechtsberatungsschein. Für die Ausstellung des Beratungsscheins, werden der Bescheid der Behörde, und die nötigen Einkommensnachweise benötigt. Auch die Ausgaben die Sie tätigen, wie Miete, sind an Hand von aktuellen Belegen nachzuweisen. Der Beratungsschein ermöglicht es Ihnen sich einen Rechtsanwalt für Sozialrecht zu suchen, der Sie in allen Belangen des Bescheides entsprechend anwaltlich beraten wird. Auch wird er Ihnen ermöglichen, Sie vor Gericht bei Klagen zu vertreten. Der Beratungsschein kostet Sie bei dem Anwalt dann max. 10,00 €.

Wir hoffen wir konnten helfen.

Mit freundlichen Grüssen

Lieber Lars Horst,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich leider erst heute sehe und lese. Ist Ihre Anfrage noch aktuell und falls ja, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie weniger als drei Stunden erwerbsfähig sind?
Herzliche Grüße
Ihr
Manfred Busch