Pflichten der polizei bei alarmfahrt

Hallo Ich habe mal eine rechtliche Frage.

Hatte am Sonntag Abend einen unschönen Unfall mit der Polizei. Mittlerweile hat die Polizeibeamte sich verletzt gemeldet.

Folgendes ist passiert:

ich wollte in einer EInfahrt wenden und rückwärts auf die Straße. Ich war alleine im Fahrzeug. Ich konnte zunächst sehen, dass die Straße frei ist, dann wurde mir kurz die Sicht durch einen parkenden Transporter versperrt. als ich die straße wieder sehen konnte, sah ich einen heranrasenden Polizeiwagen OHNE blaulicht und martinshorn, ich blieb sofort stehen, dennoch rammte der polizeiwagen mein fahrzeug.

Nun meine Frage wie es mit der Schuld aussieht:

Klar muss ich mir sicher sein, dass die straße frei ist, mich notfalls einweisen lassen, andererseits kann die Beamtin ja nicht einfach mit circa 70 durch eine enge 30 zone fahren, ohne martinshorn und blaulicht eingeschaltet zu haben.

Würd mich über ein paar Antworten freuen. Vielen Dank im Voraus…

Hallo Lars,

das mit der Schuld ist immer so eine Frage. Da meinen die meisten immer, dass das die Polizei klärt. Ist aber nicht so. Im Aufgabenbereich der Polizei liegt es, Tatsachen festzustellen und beweissicher zu dokumentiern. Daher finde ich, dass Deine Frage eher an einen Anwalt für Verkehrsrecht zu stellen ist.
Und die „Schuldfrage“ klärt der Richter. Nicht die Polizei!

Bei der Unfallaufnahme wird alles aufgenommen, von den Personalien bis hin zu den Gegebenheiten am Unfallort. Die Beamten mögen Dir zwar einen (Tat-)Vorwurf machen, doch ob der sich bestätigt sei dahin gestellt. Welche Chancen Du dann hast, muss Dir ein Anwalt erklären. In Deinem besonderen Fall, würd ich da auch hin gehen. Denn ein bestellter Gutachter kann Dir auch auf eine Unfallaufnahme der Polizei hin errechnen, wie schnell der Streifenwagen drann war. Und mit 70 bei erlaubten 30, hat die Kollegin dann ein Problem. Den um Sonder- und Wegerechte in Anspruch zu nehmen müsste sie Martinshorn und/oder Blaulich eingeschaltet haben. Leugnet sie das etwas?
Andererseits gilt heute immer noch die Aussage, wer rückwärts fährt ist schuld. Du hättest Dich in einer unklaren Verkehslage eben versichern müssen, dass frei ist. Notfalls aussteigen und schaun. Klnigt zwar blöd und ist es auch, aber das ist eben fakt.

Meiner Meinung nach bekommt dann jeder Teilschuld und dann Schaden teilen… oder wie auch immer ein Anwalt Dich da durchbuxt.
Aber ohne würd ich das auch nicht machen. Das sind eben in Streifragen die Experten. Wie schon geschrieben, wir stellen Tatsachen und Gegebenheiten fest.
Du musst ja auch im Hinblick auf die begangene Körperverletzung und die Ordnungswidrigkeit vor der Polizei erstmal keine Angaben machen. Als Beschuldigter steht es Dir frei, sich zur Sache zu äußern. Nur Personalien sind Pflicht…

Nun wünsch ich Dir noch alles Gute und würde mich freuen, von Dir zu hören, wie das ausgegangen ist…

Lg
C

Also den Anwalt habe ich direkt eingeschaltet, der meinte auch, dass es auf eine Teilschuld herauslaufen wird. Gutachten für den Wagen ist gemacht, bekomme ich so ungefähr am Freitag…

Laut Anwalt wird die Staatsanwaltschaft das Verfahren wahrscheinlich einstellen, da die Polizeibeamtin „selber an der Verletzung schuld oder mitschuld“ sei…aber das muss ich ja noch abwarten…

Hallo,
die Polizei hatte in dem Fall den Du beschreibst Sonderrechte in Anspruch genommen im Sinne von § 35 StVO. Dieser Paragraph befreit sie von der Einhaltung der allgemeinen Verkehrsregeln. Allerdings greift hier auch der Absatz 8 desselben Paragraphen, nach dem die Sonderrechte „nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden“ dürfen. Heißt, dass die Polizei gefälligst vorsichtig bei „rot“ über die Ampel fährt.
Hätte die Polizei Blaulicht und Signalhorn angehabt, hätte der § 38 StVO gegriffen, wo es heißt: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen“.
In Deinem konkreten Fall heißt das, die Polizei darf grundsätzlich schneller als die erlaubten 30 km/h fahren. In der engen Tempo-30-Zone muss sie aber das Tempo so anpassen, dass sie jederzeit andere Verkehrsteilnehmer erkennen und noch entsprechend reagieren kann.
Beste Grüße

hallo, eine Ferndiagnose zu stellen ohne den Sachverhalt zu kennen ist unseriös.
Nur zur Info, man kann auch Sonderechte in Anspruch nehmen, ohne Blaulicht oder Horn…wenn man z.B. einen Täter auf frischer Tat antreffen möchte, ist es untunlich uns schwachsinnig, mit Blaulicht und Horn bis vor einem Objekt zu fahren…warum??..weil er hören kann und bei Dunkelheit auch sehen kann, ob die „Schmiere“ kommt…also nicht so einen Blödsinn, den es im Fernsehen zu sehen gibt.
Nichtsdestotrotz muss man bei einer Sonderrechts- oder Wegerechtsfahrt unter gebührende Berücksichtigung des anderen Verkehrs fahren…ist in der Therie einfach gesagt…in der Praxis nicht immer einfach…noch einmal, ich kann es von hier nicht bewerten.

Gruß Oliver

Hallo!

Erstmal hast du tatsächlich schlechte Karten, wenn du rückwärts aus einer Einfahrt auf die Straße fährst. Wenn dir dann auch noch die Sicht durch einen Transporter versperrt ist, muss du dich ggf. durch eine andere Person einweisen lassen.
Unabhängig davon ob du mit einem Polizeifahrzeug zusammengestoßen bist oder nicht, hast du erstmal den schwarzen Peter.

Kannst du beweisen, dass das Polizeifahrzeug so schnell fuhr? Ist anhand der Unfallspuren eindeutig erkennbar, dass die Geschwindigkeit überschritten wurde?
Ferner gibt es Situationen, wo Polizeifahrzeuge Sonderrechte benutzen, ohne Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet zu haben. Dieses erfordert eine noch größere Sorgfaltspflicht, ist aber zulässig.

Das Problem an der Sache ist einfach, dass du rückwärts aus einer Einfahrt auf die Straße gefahren bist und dir die Sicht versperrt war…
Da wird es schwer herauszukommen!

Grüße

Markus

Hallo Lars!

  1. Zunächst ist ein Polizeifahrzeug ein Verkehrsteilnehmer wie jeder andere und auch so zu behandeln.

  2. Wer als Rückwärtsfahrer einen Verkehrsunfall verursacht hat immer die A…-Karte gezogen - aus den Gründen, die du bereits richtig angeführt hast.

  3. Diese „ca. 70 km/h“ sind ein geschätzter Wert deinerseits. Wenn der Verkehrsteilnehmer tatsächlich 70 gefahren sein sollte, wird das Verschulden zumindest nicht bei dir allein zu suchen sein. Das Problem ist, darüber einen Nachweis zu führen. Ich gehe mal davon aus, dass der Unfall polizeilich aufgenommen wurde. Wenn dann TATSÄCHLICHE ANHALTSPUNKTE für eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgelegen habe sollten, wird das in der Unfallaufnahme sicher berücksichtigt worden sein. Wenn diese Anhaltspunkte nicht vorgelegen haben und du trotzdem dieser Meinung sein solltest, könntest du ein Gutachten in Auftrag geben - auf eigene Kosten. Oder du legst Einspruch gegen deinen Bußgeldbescheid ein und lässt es auf eine Gerichtsverhandlung ankommen in der Hoffnung, dass das Gericht einen Gutachter beauftragt. Wenn der dann feststellen sollte, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung vor lag, würde es dich nix oder fast nix kosten. Ob du dir diesen Ärger antun willst? Denn die Hauptschuld wird immer bei DIR liegen - als Rückwärtsfahrer.

Übrigens - die Polizei kann auch dann (unter bestimmten Voraussetzungen) mit Sonderrechten fahren (also im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit sich über die Verkehrsregeln hinwegsetzen), wenn Blaulicht und Martinshorn nicht eingeschaltet sind. Natürlich unter besonderen Berücksichtigung der Sorgfaltspflicht. Blaulicht oder nicht, spielt in Ihrem Fall keine Rolle.

Ich hoffe, Ihnen ein wenig Licht ins Dunkel gebracht zu haben.

Herzliche Grüße aus dem Bayernland

Walter

Vom Prinzip her kann sich die Polizei jederzeit auch ohne, dass sie das Martinshorn und das Blaulicht einschaltet über die Verkehrsregeln hinwegsetzen.

Allerdings ist es so, dass man selbst wenn man mit Blaulicht und Martinshorn fährt trotzdem besondere Vorsicht walten lassen muss. Ich darf zwar bei Rot über die Ampel fahren, kann aber nicht wie eine gestochene Sau über die Kreuzung rasen, sondern muss mich sehr wohl vergewissern ob alle anhalten und alle gesehen haben, dass ich mit Blaulicht und Martinshorn ankomme. Passiert was ist man als Polizist sehr wohl an dem Unfall schuld, wenn man nicht eine besondere Vorsicht hat walten lassen. Wenn mann natürlich vorsichtig an die Kreuzung heranfährt, dreimal schaut, langsam drüberfährt und so ein „Idiot“ hört und sieht einfach nicht und meint weil er Grün hat kann er weiterfahren, was will mann dann als Polizist machen.

Schlimmer ist es natürlich noch wenn ich als Polizist Sonderrechte in Anspruch nehme, ohne dass ich Blaulicht und Martinshorn benutze. Wie soll der andere Verkehrsteilnehmer wissen, dass ich jetzt mit überhöhter Geschwindigkeit durch die 30 Zone fahre. Prinzipell ist es natürlich auch so, wer Rückwärts in den fließenden Verkehr einfährt muss besonders gut aufpassen erstmal egal ob ein Auto langsam oder schnell kommt. Allerdings kann der andere der mit erhöhter Geschwindigkeit ankommt durchaus ne Teilschuld erhalten auch als Polizist. Auch wenn dieser mit der Geschwidigkeitsüberschreitung an sich keine Ordnungswidrigkeit begangen hat, muss er in dem Fall dreimal aufpassen, dass nichts passiert. Anders währe es aber in diesem Fall, wenn der Polizist Blaulicht und Martinshorn angehabt hätte, in einem Wohngebiet ist er jetzt nicht verpflichtet an jeder Einfahrt langsam vorbeizufahren, da er vom Priziep her ja eh den Vorrang hat, da muss schon der andere aufpassen.

Diese Angaben sind aber immer ohne Gewähr, da mir trotz der Schilderung alle notwendigen Einzelheiten fehlen um den Fall abschließend rechtlich zu bewerten.

Hewy schonmal vielen Dank für die ganzen Ratschläge.

Ist auch genau das, was ich mir schon gedacht habe. Gut für mich sind die Zeugen und das ich stand, sprich noch reagiert habe, aber trotzdem nichts mehr vermeiden konnte…

Ein Gutachten ist erstellt…kommt wohl am Freitag.

Aber bei einem Schaden von guten 9500€ an einem sechs Jahre alten Opel ist eine Geschwindigkeit von 30-40 km/h schon einmal auszuschließen.

Mein Auto ist immerhin 40cm!!! kürzer.

Wäre es kein Cabrio gewesen, wäre das Dach geknickt und damit der Schaden noch höher gewesen…

Hallo Lars

Halte mich zur Zeit für längere Zeit im Ausland auf. Darum nur kurz und knapp.
Auch die Polizei hat, wenn sie Sonderrechte in Anspruch nimmt, die notwendige Sorgfaltpflicht.
In Deinem Fall kann man aber nur nach Kenntniss der Aktenlage eine verlässliche Antwort geben.
Es währe fahrlässig, in diesem Fall, ohne alle Seiten zu hören, eine Bewertung abzugegen.

Mit freundl. Grüßen Theo