Pflichtteil anrechenbare Beträge - Nachweis der Rückzahlung

Hallo und guten Abend liebe Experten,

angenommen ein Erblasser verfügt Testamentarisch, dass bei den Erben (den Kindern) die Nachkommen eines vorverstorbenen Kindes, also die Enkel, vom Erbe ausgeschlossen sind.

Sollten diese dennoch ihren Pflichtteil geltend machen, solle von diesem vier aufgelistete Beträge, Geldzuwendung abgezogen werden. Diese Beträge sind in unterschiedlicher Höhe und dem vorverstorbenen Kind irgendwann einmal gegeben/geschenkt/geliehen worden. Die jeweilige Absicht wird nicht ausführlich erwähnt.
Nun können jedoch die Enkel anhand eines Kontoauszuges nachweisen, dass ein fünfstelliger Betrag, deckungsgleich mit einem der im Testament gelisteten Beträge die in Abzug gebracht werden, 2 Jahre vor Tod des Kindes des Erblassers und 2 Jahre vor erstellen des Testamentes, dem Erblasser von dessen Kind zurückgezahlt wurde.
Kann diese Tatsache dazu führen, dass dieser Betrag aus der Auflistung gestrichen wird?

Ich hoffe ich habe den Sachverhalt annähernd verständlich beschrieben und danke schon jetzt für eine Antwort hierzu

Umgekehrt wird ein Schuh draus! Wenn die Erben Abzüge in der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs vornehmen wollen, müssen sie belegen, dass diese auf Zahlungen beruhen, die tatsächlich abzugsfähig wären. D.h. sie müssten einen Darlehensvertrag und/oder Schenkungsvertrag mit einer Klausel zur Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche vorlegen. Dies einfach in einem Testament so zu behaupten reicht nicht. Das wäre ja eine trivial einfache Lösung Pflichtteilsansprüche auszuschließen zu minimieren.

Erst wenn der Erben der Nachweis der Abziehbarkeit gelingen sollte (und das gelingt höchst selten, weil diese Dinge zwar Wunschdenken des Erblassers sind, tatsächlich aber nie hinreichend dokumentiert wurden), wären die Pflichtteilsberechtigten am Zuge, die Rückzahlung solcher Beträge nachzuweisen.

Danke schön für die Information!
Das hieße also, nicht nur der vermeintlich rücküberwiesene Betrag dürfte in Frage gestellt werden.
Ohne Nachweise wäre also eine Reduzierung des Pflichtteils selbst durch den Erblasser im eigenen Testament ungültig?

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Ja, und der übliche Weg, wenn man die Sache nicht gütlich geregelt bekommt wäre, dass man Stufenklage zunächst auf Auskunft (durch notarielles Nachlassverzeichnis) und dann auf Auskehrung des sich hiernach ergebenden Pflichtteils erhebt. Und dann sind die Erben eben am Zug nachweisen zu müssen, dass entweder schon ein geringere Nachlass als vom Notar festgestellt vorhanden ist, oder Abzüge auf den sich hiernach berechneten Pflichtteil vorzunehmen sind. Und erst wenn dieser Nachweis zunächst gelingt, muss der Pflichtteilsberechtigte dann seinerseits Belege dafür bringen, dass diese Abzüge aufgrund zwischenzeitlicher Rückzahlung doch nicht berechtigt sind.

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Die Erben gehen in diesem Fall dann vermutlich davon aus, dass der testamentarische Wille des Erblassers, da notariell beglaubigt, gültig ist und keine Nachweispflicht bestünde.

Hätte der Notar den Erblasser hierüber nicht informieren müssen, dass die Beträge zwar aufgelistet werden können, aber ohne Nachweis nicht zum Abzug kommen?

Das hat er vielleicht sogar gemacht, und der Mandant hat trotzdem auf dieser Klausel bestanden. Kommt auch bei mir nicht so selten vor, dass Mandanten Klauseln haben wollen, deren Durchsetzbarkeit fraglich ist. Dann belehrt man hierüber, und gut ist. Was will mach auch sonst machen, wenn das Kind bereits im Brunnen liegt, und die entsprechenden Beträge ohne geeignete Nachweise/Vereinbarungen geflossen sind. Die kann man ja im Nachhinein nicht aus dem Hut zaubern.

Oft gehen solche Sachen ja auch durch, weil die andere Seite nicht angemessen beraten ist/so eine Regel selbst als angemessen ansieht und akzeptiert.

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Vielen Dank für die ausführlichen und schnellen Antworten. Sie haben mir sehr geholfen.