Pflichtteilanspruch der Mutter

Hallo,

mich interessiert der Pflichtteilanspruch der Mutter des Verstorbenen.
Diesbezüglich habe ich 1/8 aber auch 1/16 gehört und bin deshalb unsicher!

Daten:

  • Verheiratet (Ehemann M und Ehefrau F)
  • keine Kinder aus der Ehe zw. M und F
  • M ist verstorben
  • Es lebt nur noch die Mutter von M der Vater ist bereits verstorben
  • M hat auch keine Kinder aus anderen Beziehungen
  • Berliner Testament d.h. F wurde als Alleinerbin eingesetzt
  • Zugewinngemeinschaft zw. M und F
  • Mutter von M macht nun einen Pflichtteilanspruch geltend

Zuerst wird doch der gesetzliche Anspruch von M bestimmt. Das wären meiner Meinung nach 1/8.
Da es ein Testament gibt entfällt der gesetzliche Anspruch und die Mutter hat nur noch Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs also 1/16

Ist das richtig oder liege ich komplett falsch?

Das Ehepaar hatte getrennte aber auch gemeinsame Konten. Konten die auf den Ehemann geführt wurden gehen voll in den Pflichtteil ein, Gemeinschaftskonten zur Hälfte?

Irgendwo habe ich gehärt, dass der Zugewinn beim Pflichtteil nicht berücksichtig wird.

Grund/Boden wird entsprechend dem Besitzanteil im Pflichtteil berücksichtigt. So gehörte M z.B. nur 1/4 der Eigentumswohnung.

Inventar muss geschätzt werden. Gibt es hier Abschreibungsregeln, die man anwenden darf wenn man z.B. den Neupreis der Küche kennt und die 10 Jahre alt ist.

Antworten gerne mit Verweis auf § im BGB. Dann kann ich dort noch mal nachlesen.

Danke
Albert

Das 1/16 ist auf den ersten Blick zutreffend. Der Erbteil der Eltern neben dem Ehegatten bei kinderloser Ehe und Zugewinngemeinschaft beträgt 1/4, das sich auf beide Ehegatten zu je 1/8 verteilt. Da der gesetzliche Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs beträgt, entsteht hier also ein Pflichtteilsanspruch der Mutter in Höhe von 1/16.

Aber damit ist der Keks noch nicht gegessen! Denn der vorverstorbene Vater könnte einen eigenen Pflichtteilsanspruch gehabt haben, wenn er nach dem Erblasser verstorben sein sollte. Dieser wäre dann nach § 2317 Abs. 2 BGB vererblich, und würde gemäß dem Güterstand der Eltern und deren sonstiger Kinder dann vererbt werden. D.h. die Reise ist hier nur dann zuende, wenn der Vater vor dem Erblasser verstorben ist. Sonst müsste man sehen, was die Mutter noch zusätzlich an ererbtem Pflichtteilsanspruch des Vaters geltend machen könnte.

Da Du den Zugewinnausgleich ansprichst, so gibt es für den Ehegatten die Möglichkeit statt des pauschalen Zugewinnausgleichs, der Teil ihres Erbanspruchs ist, das Erbe auszuschlagen, und einen konkreten Zugewinnausgleich geltend zu machen. Das wird hier aber angesichts des minimalen Pflichtteilsanspruchs der Mutter aller Voraussicht nach zu keinem für die Ehefrau besseren Ergebnis führen. Das kann bei hohen Ansprüchen vom Miterben/Pflichtteilsberechtigten anders aussehen, und sollte man daher bei hohem Zugewinn immer im Hinterkopf behalten.

Was die Konten angeht, so ist die Sache nicht ganz so einfach, weil man durchaus im Einzelfall Nachweise führen kann, wer - unabhängig davon, ob das Konto auf seinen Namen läuft - tatsächlich am Guthaben berechtigt war. Das kann in beide Richtungen gehen. Grundsätzlich wird man aber gemeinsame Konten zunächst mal 50:50 und allein geführte Konten voll zurechnen.

Auch bei Immobilien stimmt der Grundsatz mit der Eintragung im Grundbuch, aber auch hier sollte man an den Zugewinn denken, der ggf. im Rahmen eines beantragten konkreten Zugewinnausgleichs zum Tragen kommt.

Beim Hausrat sollte man den § 1932 BGB nicht vergessen. Denn hiernach fällt dieser dem Ehegatten ohne weitere Anrechnung zu, wenn keine Kinder vorhanden sind, und ein gemeinsamer Hausstand geführt wurde. D.h. da muss dann auch nichts geschätzt oder berechnet werden, wobei sonst der Zeitwert entscheidend wäre (und gebrauchter Hausrat ist grundsätzlich so gut wie nichts wert). Streit kann höchstens darüber entstehen, was noch gewöhnlicher Hausrat ist, und was zwar zum Hausstand gehört aber eher ein Luxusgut ist. Wenn es diesbezüglich kritische Dinge gibt, müsste man sich diese ansehen.

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Schon mal Danke für die ausführliche Antwort und die zusätzlichen Aspekte!

Der Vater von M ist bereits Jahre vor M verstorben.
F hat das Erbe so akzeptiert wie es ist d.h. pauschaler Zugewinnausgleich

Die Mutter von M möchte ein Nachlassverzeichnis und die Werte der der Nachlassgegenstände.

Was gehört denn ins Nachlassverzeichnis? Sind das dann die Aktiva ( Konten(anteile), Wohnungsanteil, Aktienanteile, Auto von M, besondere Wertsachen von M,…) und die Passiva (Schulden von M, Beerdigungskosten, Anteilige Gutachterkosten für Verkehrsgutachten,…)

Was gehört denn dann noch zu den Nachlassgegenständen, wenn der Voraus wegfällt? Der Voraus beinhaltet wenn, ich das richtig verstehe, auch ggf. Wertgegenstände, die in der gemeinsamen Wohnung sind z.B. teurer Fernseher oder Bild an der Wand.
Sind die Nachlassgegenstände dann persönliche Gegenstände von M, die nur er verwendet hat
(Werkzeug im Hobbyraum :slight_smile: )
Oder gibt es Einschränkungen bzgl. dem Voraus d.h. etwas Kleingedrucktes ob er dem Erben überhaupt zusteht.
Ich hätte es jetzt so verstanden, dass er der Frau uneingeschränkt zusteht.

Pflichtteilsberechtige haben Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis und den sich hiernach ergebenden Wert des Pflichtteils in Geld. Beide Ansprüche können sie im Wege einer Stufenklage (1. Stufe Auskunft, 2. Stufe Zahlung des sich hiernach ergebenden Pflichtteils) geltend machen. Um diesen recht kostspieligen und nervigen Teil zu vermeiden, sollte man versuchen, sich gütlich auf ein Nachlassverzeichnis in privat verfasster Form zu einigen. Dabei kann es unter dem Strich billiger kommen - gerade wenn der Pflichtteilsanspruch nur einen kleinen Bruchteil ausmacht - den ein oder anderen Gegenstand auf Wunsch des Berechtigten mit aufzunehmen und in der Bewertung nicht zu kleinlich zu sein. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass gebrauchter Hausrat grundsätzlich von Erben/Pflichtteilsberechtigten bzgl. des Zeitwerts deutlich überschätzt wird. Was gestern aus dem Laden getragen wurde, ist heute nur noch die Hälfte wert, und in zwei Jahren kann man froh sein, wenn man keine Entsorgungskosten hat. Es gibt natürlich Ausnahmen, wie hochwertige, aktuelle Elektrogeräte, oder Designklassiker. Und wenn man seine Zeit nicht rechnet und nur sieht, was am Ende auf dem Konto landet, kann man durch monatelange Beschäftigung mit ebay und Co. rein theoretisch mehr raus holen, als wenn man sich den Aufwand spart und gleich einen Entsorger holt.

Ansonsten vergiss hier den Hinweis auf den Ehegatten-Voraus. Ich hatte an der Stelle übersehen, dass die Eheleute ein Berliner Testament hatten. Den Voraus gibt es nur bei Erbe nach gesetzlicher Erbfolge. D.h. hier muss alles ins Nachlassverzeichnis und auch entsprechend bewertet werden.

Kann man dem Pflichteilberechtigten statt Geld auch Teile des Erbes geben, z.B. den überschätzten Hausrat? Oder kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass nur cash fließt?

Im Gegensatz zum Erbanspruch, bei dem die Erben ein Stück vom zu verteilenden Kuchen bekommen, und bis zur Teilung des Erbes an jedem Erbstück alle Erben entsprechend ihrer Quote Anteil haben, geht der Pflichtteilsanspruch ausschließlich auf den Wert in Geld. Insoweit also: Nein, man kann dem Pflichtteilsberechtigten nicht das Stilsofa mit dem strittigen Wert zwischen 0,-- und 2000,-- Euro für 2000,-- Euro übergeben.

Es spricht aber selbstverständlich auch bei Pflichtteilsberechtigten nichts dagegen, dass diese sich mit den Erben auf freier Verhandlungsbasis darauf einigen, statt Bargeld Nachlassgegenstände zu akzeptieren. Nur zwingen kann die eine Seite die andere hierzu nicht.

Eine solche Lösung kann aber oft sinnvoll und ein guter Ausweg aus sonst streitigen Nachlassabwicklungen sein. Oft sind die Fronten zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten nicht ansatzweise so verhärtet wie die vom Erblasser zu denjenigen, die er auf den Pflichtteil gesetzt hat. Und die nachfolgende Generation will dann untereinander Frieden. Und wenn sie in diesem Rahmen eine vom Testament abweichende Lösung für sich finden, können sie das durchaus machen. Nur ein ggf. eingesetzter Testamentsvollstrecker muss das Testament grundsätzlich im Sinne des Erblasser vollstrecken. Der ist aber natürlich normalerweise auch an gütlichen Lösungen interessiert und kann ohnehin nicht verhindern, dass die Beteiligten nachträglich das Erbe noch einmal umverteilen.

Ich bin vor Jahren mal von drei Erben beauftragt worden, die das Erbe nach dem Bruder nicht haben wollten, der eine uneheliche Tochter hatte, die er immer verschwiegen und auch im Testament nicht benannt hatte. Die hätte insoweit nur den Pflichtteil einfordern können. Ich hatte dann die dankbare Aufgabe der Dame mitzuteilen, dass der Vater verstorben war, ihr eigentlich es jetzt frei stehen würde, den Pflichtteil geltend zu machen, die Onkel sie aber als alleinige Nutznießerin des Erbes sehen wollten. Da ist dann letztendlich ein ordentlicher Batzen Geld gelandet.

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