Hallo Ingrid,
ich hoffe, die folgenden Bemerkungen helfen ein wenig weiter. Manchmal ist nicht ganz klar, was mit der Fragestellung gemeint ist, aber ich hoffe, das Wesentliche getroffen zu haben. Die angegebene Literatur ist für einen schnellen Überblick mit ein wenig Vertiefung gedacht.
BLOCK A:
- Beschreiben Sie den epikureischen Hedonismus
Hedonismus ist diejenige Ethik, die sich an der Lust als Ziel orientiert. Bei Epikur ist die Lust erstrebt als Abwesenheit von Beunruhigung und Schmerz. Schon die Abwesenheit des Negativen ist Glückseligkeit.
Epikur versteht die Lust nicht in erster Linie als Sinnenlust (das auch, weil keine Form von Lust schlecht ist), sondern vornehmlich als geistige Lust, die unabhängig von Störungen durch Leidenschaftslosigkeit (ataraxie) Gemütsruhe hervorruft.
- Welche Funktion hat die epikureische Atomistik im Unterschied zur modernen Physik?
Über die naturwissenschaftliche Erklärungsfunktion in der modernen Physik hinaus nimmt die Atomistik Epikurs auch eine Atomistik der Seele an, ist also auch Grundlage der Psychologie. Bei Epikur sind die Atome die letzten unteilbaren Substanzen, die auch feinstofflich gedacht werden. In der modernen Physik sind Atome teilbar und erklären nur die chemische Funktionsweise auf Molekularebene bzw. die Arten der Materie.
3)Skizzieren SIe die politisch-gesellschaftliche Ausgangslage und das gemeinsame Erkenntnisziel der drei großen hellenistischen Philosohien/Ethiken (Stichwort: Eudämonie, Individualismus)
Die drei großen hellenistischen (also nacharistotelischen) Philosophien sind die stoische, die epikureische und die skeptische.
Für die Stoa (Vertreter: Zenon von Kition, Kleanthes, Chrysipp sowie Panaitios und Poseidonios) besteht das Ziel des Handelns vor allem in Selbsterhaltung und Selbstbehauptung. Das aber kann nach stoischer Lehre nur im politischen Raum, also als Förderung des Allgemeinwohls gedacht werden. Glück besteht also in der rechten Gesinnung, die sich von Äußerlichkeiten frei macht, aber trotzdem auf sie einwirkt.
Epikur (später Lukrez) fordert im Gegensatz zur Stoa die Zurückhaltung in politischen Dingen. Seiner Meinung nach ist es erstrebenswert, zurückgezogen zu leben und dem staatlichen Treiben zwar freundlich zu begegnen, aber sich möglichst nicht aktiv einzumischen.
Die Skepsis (Vertreter: Pyrrhon, der nichts geschrieben hat, sowie Sextus Empiricus, der aber erst ca. 200 nach Chr. gelebt hat) macht aus dem Zweifel eine Methode und wendet sich so gegen die anderen, dogmatisch genannten Philosophien. Da schon die Dinge grundsätzlich unerkennbar sind, kann es auch kein Wissen vom richtigen Leben im Sinne der beiden anderen philosophischen Richtungen geben. Es wird ein Relativismus vertreten, der sich zum Beispiel in den verschiedenen Lebensweisen der Völker zeigt. Je nach Interessenlage ist also entweder einmischend oder zurückhaltend zu verfahren.
Das waren die Unterschiede zwischen den drei Richtungen. Das gemeinsame Erkenntnisziel aller drei Richtungen kann nur darin gesehen werden, eine Übereinstimmung des Individuums mit der politischen Umwelt zu erkennen. Alle drei Richtungen suchen nach einer Art „Angemessenheit“ des individuellen Handelns, kommen aber im Ergebnis eben zu drei verschiedenen Lösungen. Aber alle drei Richtungen suchen den Menschen als Individuum zu formen, um ihm Glückseligkeit zu ermöglichen.
[Literatur: Grundriss der Geschichte der Philosophie, hg. v. Hellmit Flashar, Band 4, 2 Halbbände (steht garantiert in der Universitätsbibliothek Wien oder im Philosophischen Seminar, die entsprechenden Stellen musst du selbst raussuchen, sehr übersichtlich]
Block B:
1)Wie bestimmt Hobbes den Wert des Menschen?
Der Mensch hat keinen Wert an sich, sondern nur einen Wert für sich selbst als Individuum (Egoismus). Der Mensch, der im Naturzustand gegen alle anderen Menschen kämpft, benutzt die Institution des Staates zur Ausweitung seiner Macht.
2)Inwiefern kann man Hobbes´Philosphie nihilistisch nennen? Und inwiefern nicht?
“Nihilistisch“ bedeutet „ohne Werte“. Aus christlicher Sicht muss die atheistische Philosophie von Hobbes notgedrungen „Wert-los“ sein, ebenso aus humanistischer Sicht, da er keine allgemeinen Werte anerkennt. Gleichwohl sind die durch den Egoismus für mich selbst geschaffenen Werte vorhanden. Hobbes lehnt also nicht die Werte als solche ab, sondern nur die überindividuellen.
[Literatur: O. Höffe (Hg.), Thomas Hobbes. Anthropologie und Staatsphilosophie; außerdem gibt es noch eine relativ kurze und übersichtliche Beschreibung von Hobbes und seiner Philosophie im Verlag Junius (weiße Bände)]
3)Beschreiben Sie das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Stirners „Einzigem“ und dem Hobbesschen
Wolf
Bei Hobbes war der Staat noch der Garant der eigenen Egoismus’ des Individuums. Stirner radikalisiert den Egoismus von Hobbes, indem er außerhalb des „Ich“ und seiner von ihm ausgehenden und in ihn zurückfallenden Werte nichts mehr gelten lässt, auch keine Vertragstheorie. Stirner sieht als eigentlicher Begründer des Nihilismus als Anarchismus keine Grundlage mehr, auf der ein Vertrauen möglich ist. Beide stimmen überein in der grundlegenden Funktion des Subjekts.
[Literatur: B. Kast, Die Thematik des „Eigners“ in der Philosophie Max Stirners, Berlin 1979]
Herzliche Grüße und viel Glück
Thomas Miller