Philosophen in der Wirtschaft

Hi Philosophen,

ich meine hier mehr die Volks- und Betriebswirtschaft.

Vor einigen Jahren ging mal durch die Presse, daß die größeren Unternehmen durchaus Interesse an der Einstellung von Philosophen haben.

Diese sollten vor allem an Zukunftsvisionen und ethischen moralischen Richtlinien innerhalb der Firmen, wie auch in der Gestaltung der Firmenzukunft mitwirken.

Nach den Nachrichten der letzten Wochen, in den Politiker und Firmenbosse arg ins Zwielicht gerieten ( nur ein Stichwort: Raubtierkapitalismus) frag ich mich doch, ob denn keine Philosophen eingestellt wurden.

Aber nun zu meiner vielleicht im Tenor schon mal gestellten Frage:

Hat die Philosophie auch eine Richtlinienkompetenz für unsere Gesellschaft?

Schaut man auf Platon und Sokrates oder auch auf einige römische Philosophen, so haben diese doch recht laut den Politikern und Händlern auf die Finger gesehen.

Hat die zeitgenössische Philosophie hier versagt?

Mein Eindruck bleibt weiterhin: Sie sitzen in ihrem Elfenbeinturm und beschäftigen sich mit dem, was die vorgenannten so gesagt haben, daß heute „Heute“ ist, scheint der philosophischen Kaste nicht bewußt.

und noch ne Anmerkung als Amateur auf diesem Gebiet: Wenn denn dann wir Amateure versuchen die Arbeit der Philosophen einzufordern oder gar so frech sind und diese selbst versuchen zu tun, dann kommt x-nada über uns. :wink:
(konnt ich mir nicht verkneifen)

Nun, denk ich falsch oder seh ich falsch oder …?

gruss
winkel

Hallo Winkel,

> ich meine hier mehr die Volks- und Betriebswirtschaft.
*g*

> Nach den Nachrichten der letzten Wochen, in den Politiker und > Firmenbosse arg ins Zwielicht gerieten ( nur ein
> Stichwort: Raubtierkapitalismus) frag ich mich doch, ob denn
> keine Philosophen eingestellt wurden.

Es sind schon Philosophen in der Wirtschaft eingestellt worden, explizit als Philosoph bisher meines Wissens aber nur ein einziger (Bericht in „Information Philosophie“ aus dem Jahre 2002 – wenn ich mich nicht irre –; den Namen habe ich vergessen, aber das müsste – wenn nötig – herauszubekommen sein).

> Hat die Philosophie auch eine Richtlinienkompetenz für unsere > Gesellschaft?

Das schöne Bonmot von Odo Marquard von der Philosophie als „Inkompentenzkompensationskompetenz“ findet in dieser Hinsicht ihre traurige Anwendung: Wo sich keine Inkompetenz finden darf – in Wirtschaft, Politik und Werbung –, da findet sich auch keine Philosophie, weil die Angst vor Image-Schädigung durch Ehrlichkeit größer zu sein scheint als andere Überlegungen.

> Schaut man auf Platon und Sokrates oder auch auf einige
> römische Philosophen, so haben diese doch recht
> laut den Politikern und Händlern auf die Finger gesehen. Hat
> die zeitgenössische Philosophie hier versagt?

In Deutschland hat quasi über Nacht mit dem Jahre 1918 die Philosophie als Autorität aufgehört zu existieren. Vorher waren Philosophen in den staatlichen Gremien dauerhaft präsent, nachher nicht mehr – rein statistisch. Warum das so geschah, wäre eine nähere Untersuchung wert, die IMHO noch nicht geschrieben wurde.

> Mein Eindruck bleibt weiterhin: Sie sitzen in ihrem
> Elfenbeinturm und beschäftigen sich mit dem, was die
> vorgenannten so gesagt haben, daß heute „Heute“ ist, scheint
> der philosophischen Kaste nicht bewußt.

Ich denke, es bessert sich langsam. Der von mir schon genannte Volker Gerhardt (HU Berlin) sitzt ebenso in staatlichen Gremien wie etwa auch Ludwig Siep (U Münster). Nida-Rümelin fällt schon etwas aus dem Rahmen, weil er – so, wie er sich im Moment zeigt – wohl eher dem politischen Bereich Präferenz eingeräumt hat (Stichwort: Berliner Stadtschloss). Ein bisschen in Schutz nehmen möchte ich aber das, was du „Elfenbeinturm“ nennst, schon: Nur auf der Grundlage der Kenntnisse schon bestehender (und das heißt immer auch vergangener) Theorien lassen sich sinnvolle und verantwortungsvolle Konzepte für die Gegenwart entwickeln. Platon, Aristoteles, Cicero, Augustinus, Thomas von Aquin, Descartes, Leibniz, Hume, Kant, Hegel und andere sind in meinen Augen durchaus moderne (im Sinne von zeitlos) Theoretiker, wenn man sie nur modern zu lesen weiß. Um sie aber modern lesen zu können, muss man sie in ihrer Zeit verstanden haben. Daher hat die retrospektive Beschäftigung mit ihnen sehr wohl eine Bedeutung, ja sogar eine erhebliche. Würde sie fehlen, käme es leicht zu Fehldeutungen bis hin zu solchen unsinnigen Nietzsche-Interpretationen wie im Dritten Reich.

Zugegeben werden muss aber sicher, dass es gelegentlich (vielleicht zu häufig) dazu kommt, dass sich die heutigen Philosophen auf die Geschichte beschränken, aber selbst das hat seinen eigenen Wert, meine ich. Vieles wird auch durch unsinnige Universitätspolitik zunichte gemacht. Bedenken müsste man eben auch, dass es zwei Seiten gibt, die das verschulden: Einmal die, die sich auf die Geschichte beschränken, und dann die, die genau das als (einzigen) Qualitätsnachweis für eine Universitätskarriere als unbedingt nötig fordern und somit interessante Ansätze (mittelbar) verhindern. Das ist wohl ein Erbe des genannten Autoritätsverlustes sein dem ersten Weltkrieg. Interessant wäre auch hier einmal, die Strukturen zu untersuchen, die dazu beitragen. Wer das allerdings tut, geht auf sehr dünnem Eis, wenn er an Universitäten noch Gehör finden will. Und wer es dann geschafft hat, hat wiederum zu viele andere Dinge zu tun, als dass man ihm unbedingt anlasten könnte, wenn er nicht Politiker werden will.

Soweit erst mal von mir.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Zusammen!
Es scheint als würde ich hier angesprochen, denn hauptberuflich bin ich Unternehmer. Eigentlich wollte ich mich hier nicht outen, weshalb ich auch keine VK angelegt habe. Es ist eine angenehme, manchmal allerdings auch enervierende Erfahrung, nicht mit dem sonst üblichen Respekt behandelt und geduzt zu werden. :smile:
Philosophen einzustellen halte ich für den falschen Weg:
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing! In der Phil. undenkbar, man überlege welche Konsequenzen es hätte, sich einerseits einen Kuckuck ins Nest zu setzen und diesen zu finanzieren! Oder aber im ev. Umkehrschluss, wie sinnlos, einen vorprogrammierten Schönschwätzer!
Um eine Unternehmensphilosophie zu verstehen, muß man darin involviert, mit ihr gewachsen sein! Eine objektive Betrachtungweise gibt es nicht! Es geht um Konkurrenzkampf, ums Überleben und last not least, die Arbeitsplätze der Mitarbeiter!
Nur ein stetiges sich verändern, verbessern, innovativ sein, kurz wie es genannt wird das Kaizen (aus dem Jap.), ermöglicht ein Mithalten! Im Hechtteich lebt es sich als Karpfen schlecht!
Eine gewisse Aggressivität ist unumgänglich!
Ich selbst hab vor vielen Jahren, als gewisse Herren hier noch die Schulbank gedrückt haben, neben BWL auch Philosophie studiert! Ich versuche beiden Seiten gerecht zu werden!
Daß dies nur sehr vorsichtig und paritätisch funktioniert, bräuchte eigentlich unerwähnt zu bleiben!
Man macht gewisse Zugeständnisse und wird postwendend dafür bestraft! Nicht von den Positiven, es ist diese verfluchte Destruktivität, die uns zu schaffen macht! Intern und Extern!

Die Frage ob die Philosophie eine Richtlinienkompetenz für unsere Gesellschaft darstellt, kann ich mit einem klaren Jein beantworten! :wink:
Es sind die Prioritäten, die unser ethisches und sonstiges Handeln bestimmen! Wenn du lieber Winkel, einmal die jährliche Zahl der Insolvenzen betrachtest, kannst du leicht erahnen, was ich meine! Die ethische Frage bedingt erst einmal das Machbare!

Aber werdet doch einmal konkret! Ich würde mich über „machbare“
Visionen freuen, diese liebend gern in unser Unternehmen integrieren!

Bloss sind Gesellschaft und Unternehmen nicht immer vereinbar!
Hier muß man schon differenzieren, denn sie unterliegen verschiedenen Bedingungen:

Z.B. Es ist ein Leichtes ein freundliches und hilfreiches Verhältnis mit seinem Nachbarn zu haben, aber womöglich ein tödliches, dies mit seinen Konkurrenten zu versuchen! Es sei denn paritätisch, dies wiederum würde sich aber womöglich schädigend auf die Gesamtwirtschaft auswirken, denn es ist die Konkurrenz, die antreibt, die zwingt, die das Geschäft belebt!
Nichts ist gefährlicher, als eine durch Sattheit geborene Trägheit!
Die Sicherheit einer Beamtengesellschaft existiert nicht!
Solange die Menscheit den gegenwärtigen Entwicklungsstatus nicht überwindet, wird sich an der Ethik auch nichts ändern!
Solange die Menschen noch ums Überleben kämpfen müssen, können sie sich gewisse ethische Vorstellungen bestenfalls als Luxus leisten!
Hier sehe ich die Aufgabe der Wissenschaft/Philosophie etc.
Das zweifelos vorhandene Potential der Menschen unter Miteinbeziehung ethischer Vorstellungen zu befreien!
Denn nur dieses Potential ist in der Lage die Probleme zu lösen, welche die Menschheit noch plagen!
Aber es liegt vieles noch brach und ungenutzt, der Wert der Menschheit ist vielen gar nicht bewußt! Wieviele arbeiten z.B.
in Verteidigungs- und Rüstungsfirmen und setzen ihr Potential ein, um immer raffiniertere Methoden zu entwickeln, sich selbst, (!) Seinesgleichen auszulöschen! Das meinte ich u.a. mit dieser verfluchten Destruktivität!
Im übrigen beleidigst du die armen Raubtiere Winkel! Sie holen sich nur, was sie brauchen! :wink:
Verbrecher gibt es in allen Gesellschaftsschichten, Unternehmer hier besonders hervorzutun, wäre schlichtweg falsch!
Ich habe versucht, wie ich es meistens zu tun versuche, komplizierte Sachlagen leichtverständlich darzustellen, um alle teilhaben zu lassen und nicht mittels Wortakrobatik, eine Überlegenheit zu demonstrieren, die es m.E. übrigens, gar nicht gibt. Ich hoffe dies ist halbwegs gelungen!

Gruss an alle
HC

Hi humancrossing,

Philosophen einzustellen halte ich für den falschen Weg:
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing! In der Phil. undenkbar,

Gerade das aber wäre doch das Reizvolle: Einen im Unternehmen, der permanent Entscheidungen, Richtlinien, Werbung, etc hinterfragt und neue Vorschläge macht! Sozusagen, bitte jetzt nicht falsch aufgreifen, die Funktion des Hofnarren: Er darf alles sagen, aber man muss sich nicht danach richten, anders als bei einem Berater!

man überlege welche Konsequenzen es hätte, sich einerseits
einen Kuckuck ins Nest zu setzen und diesen zu finanzieren!
Oder aber im ev. Umkehrschluss, wie sinnlos, einen
vorprogrammierten Schönschwätzer!

Es soll ja keine ABM-Maßnahme für Philosophen sein, sondern es sollte schon eine Zielsetzung, ein Plan vorhanden sein, der den Nutzen für die Firma beschreibt.

Um eine Unternehmensphilosophie zu verstehen, muß man darin
involviert, mit ihr gewachsen sein! Eine objektive
Betrachtungweise gibt es nicht! Es geht um Konkurrenzkampf,
ums Überleben und last not least, die Arbeitsplätze der
Mitarbeiter!

Ja, aber du weißt auch, daß nichts so tödlich ist, wie permanent im eigenen Sud zu kochen. Deshalb gibt es ja Berater und Seminare zu allen möglichen Themen, um neue Ideen in die Betriebe zu bringen.

Und könnte es nicht ein Vorteil im Konkurrenzkampf sein, wenn man seine Firma besonders effizient und visionär darstellen kann?
Ich denke dabei an Reinhard Mohn, der als erster die Mitarbeiterbeteiligung einführte und die Banken ihm deshalb die Kreditlinien kürzten. Oder an Herrn Rodenstock, der einfach mal was Neues in der Führung ausprobierte und damit mehr Qualität und mehr Engagement bei den Mitarbeitern erreichte.

Nur ein stetiges sich verändern, verbessern, innovativ sein,
kurz wie es genannt wird das Kaizen (aus dem Jap.), ermöglicht
ein Mithalten! Im Hechtteich lebt es sich als Karpfen
schlecht!
Eine gewisse Aggressivität ist unumgänglich!

Aber du kannst nicht jeden beißen, sondern mußt schon wissen, in welche Richtung deine Aggressivität gehört. wie hieß ein Buchtitel: Mit den Haien schwimmen.

Man macht gewisse Zugeständnisse und wird postwendend dafür
bestraft! Nicht von den Positiven, es ist diese verfluchte
Destruktivität, die uns zu schaffen macht! Intern und Extern!

Kannst du das ein wenig verdeutlichen?

Die Frage ob die Philosophie eine Richtlinienkompetenz für
unsere Gesellschaft darstellt, kann ich mit einem klaren Jein
beantworten! :wink:
Es sind die Prioritäten, die unser ethisches und sonstiges
Handeln bestimmen! Wenn du lieber Winkel, einmal die jährliche
Zahl der Insolvenzen betrachtest, kannst du leicht erahnen,
was ich meine! Die ethische Frage bedingt erst einmal das
Machbare!

Und doch enstand das Meiste aus dem Verlangen das scheinbar Unmachbare zu erreichen! War das unethisch?

Aber werdet doch einmal konkret! Ich würde mich über
„machbare“
Visionen freuen, diese liebend gern in unser Unternehmen
integrieren!

Da tu ich mich schwer. So ganz weit weg von deinem Unternehmen. Das als allgemein theoretische und dann machbare Formel zu entwickeln wär nen Nobelpreis wert :wink:

Bloss sind Gesellschaft und Unternehmen nicht immer vereinbar!
Hier muß man schon differenzieren, denn sie unterliegen
verschiedenen Bedingungen:

Z.B. Es ist ein Leichtes ein freundliches und hilfreiches
Verhältnis mit seinem Nachbarn zu haben, aber womöglich ein
tödliches, dies mit seinen Konkurrenten zu versuchen! Es sei
denn paritätisch, dies wiederum würde sich aber womöglich
schädigend auf die Gesamtwirtschaft auswirken, denn es ist die
Konkurrenz, die antreibt, die zwingt, die das Geschäft belebt!
Nichts ist gefährlicher, als eine durch Sattheit geborene
Trägheit!

Was ist denn wenn du es mit den Kunden und Lieferanten versuchst und mit der Konkurrenz nur dann, wenn sie dir zuliefern kann, oder du ihr. Es ist doch auch in der Gesellschaft (ob klein wie ein Betrieb oder groß wie eine Nation) so, daß Sympathie auch unter dem Nutzeneffekt verteilt wird.

Die Sicherheit einer Beamtengesellschaft existiert nicht!
Solange die Menscheit den gegenwärtigen Entwicklungsstatus
nicht überwindet, wird sich an der Ethik auch nichts ändern!
Solange die Menschen noch ums Überleben kämpfen müssen, können
sie sich gewisse ethische Vorstellungen bestenfalls als Luxus
leisten!

Das wäre nen Extrathema wert: Ethik als Luxus.

Im übrigen beleidigst du die armen Raubtiere Winkel! Sie holen
sich nur, was sie brauchen! :wink:

Das ist ein SPIEGEL-Titel gewesen, nicht meine Schöpfung.

Verbrecher gibt es in allen Gesellschaftsschichten,
Unternehmer hier besonders hervorzutun, wäre schlichtweg
falsch!

Ich wollte keineswegs die Unternehmer in tuto angreifen, sondern gerade die, die nicht gewachsene Unternehmer sind, sondern über Vitamin „B“ oder Versagenslebensläufe nach „oben“ weggelobt werden.

Gruss
winkel

Hi Thomas,

> Hat die Philosophie auch eine Richtlinienkompetenz für
unsere > Gesellschaft?

Das schöne Bonmot von Odo Marquard von der Philosophie als
„Inkompentenzkompensationskompetenz“ findet in dieser Hinsicht
ihre traurige Anwendung: Wo sich keine Inkompetenz finden darf
– in Wirtschaft, Politik und Werbung –, da findet sich auch
keine Philosophie, weil die Angst vor Image-Schädigung durch
Ehrlichkeit größer zu sein scheint als andere Überlegungen.

Aber offensichtlich ist dort Inkompetenz in jeder Form. Bezeichnend bleibt da Oggers Titel: Nieten in Nadelstreifen.
Es gibt doch Berater, wie man sich in Saudi-Arabien ioder Japan bei Kunden zu benehmen hat, aber der Berater für Moral, Ethik und Vision fehlt.

In Deutschland hat quasi über Nacht mit dem Jahre 1918 die
Philosophie als Autorität aufgehört zu existieren. Vorher
waren Philosophen in den staatlichen Gremien dauerhaft
präsent, nachher nicht mehr – rein statistisch. Warum das so
geschah, wäre eine nähere Untersuchung wert, die IMHO noch
nicht geschrieben wurde.

*Aufmerk*

Ein
bisschen in Schutz nehmen möchte ich aber das, was du
„Elfenbeinturm“ nennst, schon: Nur auf der Grundlage der
Kenntnisse schon bestehender (und das heißt immer auch
vergangener) Theorien lassen sich sinnvolle und
verantwortungsvolle Konzepte für die Gegenwart entwickeln.
Platon, Aristoteles, Cicero, Augustinus, Thomas von Aquin,
Descartes, Leibniz, Hume, Kant, Hegel und andere sind in
meinen Augen durchaus moderne (im Sinne von zeitlos)
Theoretiker, wenn man sie nur modern zu lesen weiß. Um sie
aber modern lesen zu können, muss man sie in ihrer Zeit
verstanden haben. Daher hat die retrospektive Beschäftigung
mit ihnen sehr wohl eine Bedeutung, ja sogar eine erhebliche.
Würde sie fehlen, käme es leicht zu Fehldeutungen bis hin zu
solchen unsinnigen Nietzsche-Interpretationen wie im Dritten
Reich.

In dieser Darstellung gebe ich dir recht. Aber was ich anmahne ist, daß sie mal konstatieren jetzt genug gelesen zu haben und inren Platon und alle meinetwegen bis Macchiavelli nehmen sagen: „das haben wir fürs heute gelernt und ist wichtig für die Zukunft zu beachten.“

Zugegeben werden muss aber sicher, dass es gelegentlich
(vielleicht zu häufig) dazu kommt, dass sich die heutigen
Philosophen auf die Geschichte beschränken, aber selbst das
hat seinen eigenen Wert, meine ich.

Klar man geht den Problemen der Gegenwart aus dem Weg. Un dwenn einem nix Neues einfallen will, fällt das auf diesem Wege nicht auf. Oder wie sagte mein Lieblingsphilosoph der Gegenwart: Woody Allen: Onanie ist die Liebe an und für sich. Philosophie als Selbstzweck, scheint mir genau diesem Standard zu entsprechen.

Vieles wird auch durch

unsinnige Universitätspolitik zunichte gemacht. Bedenken
müsste man eben auch, dass es zwei Seiten gibt, die das
verschulden: Einmal die, die sich auf die Geschichte
beschränken, und dann die, die genau das als (einzigen)
Qualitätsnachweis für eine Universitätskarriere als unbedingt
nötig fordern und somit interessante Ansätze (mittelbar)
verhindern. Das ist wohl ein Erbe des genannten
Autoritätsverlustes sein dem ersten Weltkrieg. Interessant
wäre auch hier einmal, die Strukturen zu untersuchen, die dazu
beitragen. Wer das allerdings tut, geht auf sehr dünnem Eis,
wenn er an Universitäten noch Gehör finden will. Und wer es
dann geschafft hat, hat wiederum zu viele andere Dinge zu tun,
als dass man ihm unbedingt anlasten könnte, wenn er nicht
Politiker werden will.

Also hat die 68er Revolte bei den Philosophen nicht gegriffen: Unter den Talaren der Muff von Tausenden von Jahren?

bis dann
winkel

Es gibt in Bayreuth seit ein, zwei Jahren bundesweit einzigartig den Studiengang „Philosophy&Economics“, der versucht philosophische Grundfertigkeiten und Tugenden mit soliden wirtschaftlichen Kenntnissen zu verbinden. Der initiierende Professor meint die Absolventen hätten (im Gegensatz zu den sonstigen Philosophen…) gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Glaubt ihr dass es dafür Bedarf gibt (als Feigenblatt vielleicht ?(Frauenbeauftragenschicksal?))
Unter www.uni-bayreuth.de gibts auch das curriculum würde mich interessieren was ihr davon haltet.
Gruss Stefan

Hallo Winkel,

Nieten in Nadelstreifen.

ja, ich denke, dass das ein Problem der Unternehmens kultur ist. Aber das Problem ist monokausal wohl nicht in den Griff zu bekommen.

*Aufmerk*

Oh, ich fürchte, ich kann in diesem Rahmen auch keine alles umfassende Erklärung für das genannte Phänomen bringen. Aber es scheint offensichtlich, dass der Untergang der Monarchie dem Autoritätsdenken generell zugesetzt hat, freilich nicht so wie 1968, aber doch schon ziemlich. In der Philosophiegeschichte sind die Jahre zwischen 1880/90 und 1933 (die erste Zahl könnte man wechselweise auf 1860 oder gar auf 1830 zurückschrauben, aber das wäre ein anderes Thema) aus meiner Sicht ein schwarzes Loch. Das hat auch darin gute Gründe, dass die Aufarbeitung der NS-Philosophie und deren Zeitgenossen Vorrang hatte und auch noch hat. Inzwischen aber ist die Zeit zwischen 1933 und 1945 zu einem gewissen Teil in der Sekundärliteratur präsent, während z. B. die 20er Jahre ziemlich vergessen dahindümpeln und allenfalls in Dissertationen (also Pflichtarbeiten) gelegentlich behandelt werden - Ausnahmen sind natürlich Wittgenstein und Heidegger. Nichtsdestoweniger halte ich gerade diese Zeit zwar nicht für spektakulär, aber für hochinteressant, weil sich hier die Dinge quasi normal entwickelten und so einen besseren Vergleich zu heute abgeben würden.

Aber was ich anmahne
ist, daß sie mal konstatieren jetzt genug gelesen zu haben und
inren Platon und alle meinetwegen bis Macchiavelli nehmen
sagen: „das haben wir fürs heute gelernt und ist wichtig für
die Zukunft zu beachten.“

Normalerweise würde das durch Arbeitsteilung geregelt werden, aber der rein geschichtliche Zweig ist inzwischen dermaßen groß geworden, dass es Zeit wäre, den systematischen Zweig zu beleben. Im Zuge der Beeinflussung deutscher Philosophie durch angelsächsische Methodik scheinen die Problemanalysen sich langsam wieder zu vermehren, wenn auch noch kein Gleichgewicht hergestellt ist. Das ist jedenfalls mein Gesamteindruck.

Onanie ist die Liebe an und für sich.
Philosophie als Selbstzweck, scheint mir genau diesem Standard
zu entsprechen.

Nein, das ist aus meiner Sicht zu hart formuliert. An Beschäftigung mit sich selbst mangelt es zu Recht nur in den Einzelwissenschaften, nicht aber der Philosophie. Dort gehört die Selbstbefragung zum System und das zu Recht. Denn wenn die Philosophie nicht das, was sie für die anderen Wissenschaften leistet, auch für sich selbst leisten würde, würde es niemand tun. Und das ist in der Tat auch wichtig.

Also hat die 68er Revolte bei den Philosophen nicht gegriffen:
Unter den Talaren der Muff von Tausenden von Jahren?

Doch schon, aber das Ganze hat nur formal und zeitlich begrenzt gewirkt - und das nicht zu Unrecht. Etwa mit dem Jahre 1980 kam die Reform ins Stocken bzw. geriet „außer Kontrolle“ (ich würde sogar an das Jahr 1977 (Baader/Meinhof) als Stichdatum denken). Viele Reformen wurden zurückgeschraubt oder ausgehöhlt. Für eine historische Analyse ist es sicher noch zu früh, aber ich denke, dass die Zeit zwischen 1965 und 1985 aus zukünftiger Perspektive gesehen, philosophisch und hochschulpolitisch und damit pädagogisch die interessantesten Jahre der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts sein werden.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Winkel!

>Gerade das aber wäre doch das Reizvolle: Einen im Unternehmen, >der permanent Entscheidungen, Richtlinien, Werbung, etc >hinterfragt und neue Vorschläge macht! Sozusagen, bitte jetzt >nicht falsch aufgreifen, die Funktion des Hofnarren: Er darf >alles sagen, aber man muss sich nicht danach richten, anders >als bei einem Berater!

Du sprichst von den transparenten Entscheidungen, diese werden m.E. aber chon kausal auf den Prüfstand gestellt. Da findet
sich am Markt oft Deckungsgleichheit oder Epigonie,
die dann ohnehin durch die Gesellschaft und u.a. die Vertreter der Disziplinen kritisiert und bewertet werden. Z.B die Aktienkurse!
Interessant wäre die Bewertung der Internas, aber dazu müßte man Insiderwissen preisgeben und das einem objektiven, unabhängigen und dann noch kritischen Geist!
Da verlangst du viel Winkel! :smile:))))

>Und könnte es nicht ein Vorteil im Konkurrenzkampf sein, wenn >man seine Firma besonders effizient und visionär darstellen >kann?

Natürlich, das meinte ich mit Kaizen!

>Aber du kannst nicht jeden beißen, sondern mußt schon wissen, >in welche Richtung deine Aggressivität gehört. wie hieß ein >Buchtitel: Mit den Haien schwimmen.

Zustimmend möchte ich da ergänzen:
Man muß zwischen positiver und destruktiver Aggressivität differenzieren. Ein Tiger tötet keine Antilope um
zu töten, sondern um sich und seine Jungen zu ernähren.
Die Haie haben langsam ausgedient, es lebe der
Delfin! Er hat dieselben positiven, nicht aber die negativen Merkmale! Auch die Unternehmer/enskultur entwickelt
sich zu mehr Komplexität und wie ich denke/hoffe Humanität! Wobei aus Stieren keine kastrierten Ochsen
werden sollte! :wink:

Man macht gewisse Zugeständnisse und wird postwendend dafür
bestraft! Nicht von den Positiven, es ist diese verfluchte
Destruktivität, die uns zu schaffen macht! Intern und Extern!

>Kannst du das ein wenig verdeutlichen?

Jemand gibt sich Mühe, hat ein ganz bestimmtes Anliegen/Problem, verfasst es und wird dann von einem Magisterphilosophen auseinandergenommen, nicht mal unbedingt der
Sache wegen, sondern weil jener glaubt, dass der Verfasser nicht seinen geistigen Ansprüchen genügt. Oder 2 Mitarbeiter können ein an sich technisches Problem nicht lösen,
weil der eine eben Rassist ist, der andere ein ausländisch stämmiger. Man muß sie praktisch zwingen, und dadurch natürlich auch ein Stück weit der freien Entfaltung ihres Potentials
berauben.

>Und doch enstand das Meiste aus dem Verlangen das scheinbar >Unmachbare zu erreichen! War das unethisch?

Eins nach dem anderen, laß uns erstmal das Machbare erreichen, dann wenden wir uns dem Unmachbaren zu! :wink:

>Da tu ich mich schwer. So ganz weit weg von deinem Unternehmen. >Das als allgemein theoretische und dann machbare Formel zu >entwickeln wär nen Nobelpreis wert :wink:

Dann entwickle doch das Unmachbare! :smile:)))))) Den Nobelpreis würd ich dir gönnen!

>Was ist denn wenn du es mit den Kunden und Lieferanten >versuchst und mit der Konkurrenz nur dann, wenn sie dir >zuliefern kann, oder du ihr. Es ist doch auch in der >Gesellschaft (ob klein wie ein Betrieb oder groß wie eine >Nation) so, daß Sympathie auch unter dem Nutzeneffekt verteilt >wird.

Ja, sicher! Das tun wir auch, Stichwort Synergie, wobei ich
hier meine Vorstellung von Ethik deutlich machen muß. Was du beschreibst ist imho nicht ethisch sondern bestenfalls moralisch. Wobei ich die Differenzierung Moral/Ethik aus dem Unterschied zwischen Zivilisation und Kultur induziere.
Das eine ist konventionell gewachsen, während das andere kultiviert wird(!).

>Das ist ein SPIEGEL-Titel gewesen, nicht meine Schöpfung.

Spiegelsprache!!! Alles klar!

>Ich wollte keineswegs die Unternehmer in tuto angreifen, >sondern gerade die, die nicht gewachsene Unternehmer sind, >sondern über Vitamin „B“ oder Versagenslebensläufe nach „oben“ >weggelobt werden.

Das dachte ich auch nicht, sonst hätte ich nicht geantwortet. Unternehmer definieren sich schlicht aus dem Eigennamen, das Gegenteilige wären dementsprechend die Unterlasser. Vitamin-Bler outen sich i.d.R. selbst durch ihre gelbe Gesichtsfarbe! :wink:

Grüss Dich
HC

Hallo,

Gerade das aber wäre doch das Reizvolle: Einen im Unternehmen,
der permanent Entscheidungen, Richtlinien, Werbung, etc
hinterfragt und neue Vorschläge macht! Sozusagen, bitte jetzt
nicht falsch aufgreifen, die Funktion des Hofnarren: Er darf
alles sagen, aber man muss sich nicht danach richten, anders
als bei einem Berater!
Es soll ja keine ABM-Maßnahme für Philosophen sein, sondern es
sollte schon eine Zielsetzung, ein Plan vorhanden sein, der
den Nutzen für die Firma beschreibt.

Ich schätze, da verstehtst Du die Funktion des Hofnarren falsch.
Das sollte für den Monarchen ein durchaus intelligenter „Berater“
gewesen sein, der eben auch mal sagen durfte, was andere nie
aussprechen konnten. Er durfte es nur nicht übertreiben.
Aber heutige Unternehmer sollten keine Monachen sein, oder?
Ansonsten gehört es eigentlich selbstverständlich zu einem
guten Unternehmer auch mit ausreichend sozialer Kompetenz
und sozialem Verantwortungsbewustsein ausgestattet zu sein
(Eigentum verpflichtet).
Dann hört der auch auf die kritischen Stimmen seiner Berater,
Mitarbeiter bzw. Unterstellten.
Bei Unternehmern, mit Gier nach Macht und Geld die dann eine
gewisse kriminelle Energie freisetzen, wird die beste Beratung
oder philosophische Betreung nicht nutzen.

Und doch enstand das Meiste aus dem Verlangen das scheinbar
Unmachbare zu erreichen! War das unethisch?

Nein! Das meiste Neue (Erfindungen, Neuerungen) entstanden und
entstehen aus dem Zwang heraus sich seinen Lebensunterhalt
zu verdienen bzw. sich ein möglichst angenehmes und sorgenfreies
Leben zu gönnen, oder auch wegen der Anerkennung oder Macht,
die damit in Verbindung stehen. Natürlich darf das Forschen und
Entwickeln nebenbei auch Spaß machen. Aber das ist wohl nicht
die primäre Triebfeder der Entwicklung.

Das wäre nen Extrathema wert: Ethik als Luxus.
Ich wollte keineswegs die Unternehmer in tuto angreifen,
sondern gerade die, die nicht gewachsene Unternehmer sind,
sondern über Vitamin „B“ oder Versagenslebensläufe nach „oben“
weggelobt werden.

Das ist auch nicht richtig. Es gibt keine gewachsenen
Unternehmer. Es gibt natürlich unterschiedliche Erziehungen,
auch abhängig von der sozialen Herkunft.
Ansonsten werden Unternehmer nicht hochgelobt. Unternehmer sind
nicht mit Beamten zu verwechseln.
Gruß Uwi