Philosophie als Heilmittel

Hallo Weisheitsliebende!

Ich blättere gerade wieder mal durch die nachgelassenen Notizen Nietzsches. Dabei stieß ich auf folgendes Zitat, das mir irgendwie zu manchen „Diskussionen“ auf den philosophisch angehauchten Brettern zu passen scheint:

„Die meisten Philosophien sind erdacht, um Übelstände so für die Empfindung zu verändern, daß man sie ins Nothwendige der Welt verlegt - während die Verstimmung und der Übelstand fugitiv (flüchtig, vergänglich FR) sind!

Und dann schreibt Nietzsche noch:

„Philosophie gehört in den Kampf gegen den Schmerz, ist also bestimmt zu Grunde zu gehen!“

Was meint ihr dazu?

Gruß Fritz Ruppricht

Hallo Fritz,

Ich blättere gerade wieder mal durch die nachgelassenen
Notizen Nietzsches. Dabei stieß ich auf folgendes Zitat, das
mir irgendwie zu manchen „Diskussionen“ auf den philosophisch
angehauchten Brettern zu passen scheint:
„Die meisten Philosophien sind erdacht, um Übelstände so für
die Empfindung zu verändern, daß man sie ins Nothwendige der
Welt verlegt - während die Verstimmung und der Übelstand
fugitiv (flüchtig, vergänglich FR) sind!

Nietzsche kämpft gegen die Stoa (Irgendwo bezeichnet er Seneca mal als einen Vielschwätzer oder so ähnlich.). Dabei schlägt er mit der Verwendung der Superlative wohl manchmal über die Strenge, aber bei einem guten Stilisten wie Nietzsche muss man das wohl in Kauf nehmen.

Was Nietzsche wohl (implizit) sagen will, ist, dass die Aushaltementalität der Stoiker eng mit ihrer Lustfeindlichkeit zusammenhängt. Und Nietzsche als Vertreter einer Lustphilosophie („Alle Lust will Ewigkeit.“) vermutet den Einfluss der Stoa in den meisten späteren Philosophien bis hin zu Hegel und danach (Spinoza nimmt er ja bekanntlich aus). Der Nachweis von (Denk-)Notwendigkeiten diente ja unter anderem Descartes (Cogito), Kant (Kategorien), Hegel (Dialektik) und anderen auch als Trost gegenüber manchen Widrigkeiten der Welt.

Und dann schreibt Nietzsche noch:
„Philosophie gehört in den Kampf gegen den Schmerz, ist also
bestimmt zu Grunde zu gehen!“

Dein zweites Zitat verstehe ich im Moment so nicht. Ist es vielleicht aus dem Zusammenhang gerissen? Ich könnte mir vorstellen - nur als Vermutung bitte - , dass Nietzsche hier den Schmerz genauso als notwendig zu denken versucht, wie die, denen er im ersten Zitat daraus einen Vorwurf macht (Zwei gegensätzliche Meinungen sind ja bei Nietzsche nichts Außergewöhnliches). Warum tut er das? Ganz klar - um seiner Krankheit etwas Positives abzugewinnen.

Gruß

Thomas Miller

Hallo,
Philosophie gehört doch auch mit in den Bereich der Therapien,
hier sucht Nietzsche doch meiner Meinung nach ganz einfach, den Ursprung oder den Rudimenten des Schmerzes nachzugehen, zu erforschen, woher kommt er, dann einmal seine Lebensphilosophie einzusetzen, um aus seinen philosophischen positiven Betrachtungen heraus einmal den Schmerz psychisch zu bekämpfen und sekundär physisch.
Oder wie sehen Sie das ?
Tschüß

Hallo,

Philosophie gehört doch auch mit in den Bereich der Therapien,

Nietzsche plante eine „Unzeitgemäße Betrachtung“ mit dem Titel „Der Philosoph als Arzt der Kultur“.

hier sucht Nietzsche doch meiner Meinung nach ganz einfach,
den Ursprung oder den Rudimenten des Schmerzes nachzugehen, zu
erforschen, woher kommt er, dann einmal seine
Lebensphilosophie einzusetzen, um aus seinen philosophischen
positiven Betrachtungen heraus einmal den Schmerz psychisch zu
bekämpfen und sekundär physisch.
Oder wie sehen Sie das ?

Der erste Satz sagt: dass es den (nach Nietzsche falschen) Philosophien darum geht, Schlechtes zum Notwendigen zu erklären. Genau das macht die Stoa; sie erklärt, dass das Schlechte notwendig ist und dass es deshalb nicht sinnvoll ist, gegen das Schlechte anzukämpfen, sondern dass man es ertragen muss. Also
wird in der Stoa das Schlechte in die Welt verlegt, und zwar als nicht veränderbar, die Einstellung (Empfindung) jedoch zu diesem schlechten wird veränderlich, fugitiv.

Damit aber wird auch der Schmerz bekämpft, und zwar von der Philosophie, die damit auch die Lust mindert. Nach Nietzsche muss man aber den Schmerz ertragen, wenn man die Lust will. Also ist eine Philosophie, die den Schmerz bekämpft, Gegner Nietzsches und muss, weil sie gegen den Schmerz und damit gegen die Lust kämpft, mit dem Sieg der Nietzscheschen Philosophie zu Grunde gehen.

Will man den letzten Satz naturwissenschaftlich deuten, dann steht man vor dem Problem, dass man die Empfindung des Schmerzes, die Nietzsche ja als zumindest mittelbar positiv ansieht, negativ werten muss, was aber der Meinung Nietzsches nicht entspricht.

Meiner Ansicht nach kämpft also Nietzsche hier gegen den traditionellen Philosophiebegriff, den er zu einem großen Teil - auch früher schon - den Stoikern anlastet. Er selbst sieht sich eher als Epikureer. Aus dem Kontext geht auch hervor, dass Nietzsche sich hier mit der oben beschriebenen Art von
„Umwertung“ beschäftigt (vgl. z. B. 2,2; 2,3; 2,16).

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Total einfach!

Denken endsteht aus Kopfschmerz. ( nichtwissen)
wer weis, denkt nicht mehr und hat keinen schmerz.
(und er erzeugt keinen schmerz mehr bei anderen)

Nashino