Hi zusammen.
Die sogenannte Philosophie des Geistes (philosophy of mind) untersucht den Zusammenhang zwischen Geist und Körper. Die dabei entstandenen Positionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Entscheidend durchgesetzt hat sich bisher keine.
Präziser ausgedrückt, geht es um das Problem des Verhältnisses des menschlichen Geistes (mind, das Mentale) zu den Neuronen, Synapsen, synaptischen Spalten, Rezeptoren, Mitochondrien, Gliazellen, Transmittersubstanzen usw., also zu den funktionalen Elementen des Gehirns.
Der amerikanische Philosoph John R. Searle stellt dazu folgende Fragen:
„Auf welche Weise erzeugen die neuroanatomischen Elemente … geistige Phänomene? Und was ist mit der großen Vielfalt unseres geistigen Lebens: mit den Schmerzen, Wünschen, Reizen, Gedanken, visuellen Erlebnissen, Überzeugungen, Geschmacksempfindungen, …, mit der Angst, der Liebe und dem Hass …? … Welches sind die besonderen Merkmale des ´Geistigen´ - Merkmale wie Bewusstsein, Intentionalität, Subjektivität, geistige Verursachung -, und wie funktionieren sie im einzelnen? Was für Kausalbeziehungen bestehen zwischen ´geistigen´ und ´körperlichen´ Phänomenen?“
(aus: Searle, Die Wiederentdeckung des Geistes, 15)
Prinzipiell gibt es in der Philosophie drei Positionen zu der Frage der Beziehung zwischen Geist und Körper.
Die erste ist ein materialistischer Monismus, der mit der Ablehnung der Existenz des Mentalen einhergeht sowie mit der Annahme, dass vermeintliche mentale Phänomene auf neuronale Prozesse reduzierbar sind. In der krassesten Variante behauptet das der Eliminative Materialismus. Bekannte Vertreter sind Richard Rorty und das Wissenschaftlerehepaar Paul und Patricia Churchland. Man nennt diese Richtung auch „Naturalismus“. Hier wird behauptet, dass nur das objektiv real ist, was objektiv messbar ist. Da das Mentale nicht auf die Weise objektivierbar ist wie neuronale Prozesse, hat es – für die Anhänger dieser Richtung – keine wissenschaftlich ernstzunehmende Existenz.
Die zweite Position ist der Dualismus von Mentalem und Physischem. Bekannt ist dabei vor allem das Konzept des Dualistischen Interaktionismus von John Eccles, das zwei verschiedene Substanzen, das Mentale und das Physische, behauptet, die unabhängig voneinander sind, aber miteinander interagieren.
Die dritte Position ist der Idealistische Monismus, der das Materiekonzept prinzipiell in Frage stellt und behauptet, alles wirklich Seiende sei geistig, auch das scheinbar Materielle. Solche Haltungen finden sich in der philosophischen Tradition des Westens bei Plotin, Spinoza und den Deutschen Idealisten und in der Gegenwart vorwiegend bei der durch die asiatische Spiritualität geprägten Philosophie (z.B. Wilber).
In der westlichen Debatte spielt das sog. Qualia-Argument (Singular „Quale“, Inhalt einer mentalen Erfahrung) eine wichtige Rolle, das die Befürworter der selbständigen Existenz des Mentalen gegen die Naturalisten vorbringen. Searle hat es oben in seiner zweiten Frage angesprochen.
Nehmen wir – geläufigstes Beispiel – die Farbe Rot. Objektiv besteht Rot aus elektromagnetischen Schwingungen mit der Wellenlänge 650 - 750 nm und der Wellenfrequenz 462,5 – 400,5 Thz. Dagegen ist Rot in subjektiver Hinsicht eine sinnliche Wahrnehmung mit einer bestimmten Qualität, der man die Frequenzen usw. absolut nicht „ansieht“.
Aufgrund des Qualia-Arguments behaupten viele, dass das Mentale (also die Dimension der Qualia) eine von der physischen Dimension unabhängige Existenz hat, da nicht erklärbar ist, wie sich der Übergang vom Quantitativen (Frequenzen) zum Qualitativen (Farbe) innerhalb der quantitativen Dimension (dem Materiellen) vollziehen kann.
Wie also ist das Mentale zu denken? Existiert es gar nicht objektiv (Naturalismus)? Oder ist es nur ein Effekt neuronaler Prozesse? Wenn ja, wie ist der Übergang vom Quantitativen zum Qualitativen zu denken? Oder ist das Mentale eine eigenständige Substanz, die neuronale (quantitative) Reize aufnimmt und in qualitative Phänomene (Qualia) transformiert? Wie aber ist es dann entstanden, und wie kommt es zu der Verbindung mit dem Physischen?
Für die korrekte Beantwortung winkt mindestens ein Nobelpreis.
Gruß
Horst