Philosophie studieren?

hallo ihr geisteswissenschaftler und interessierte, ich werde in einem jahr mein abi machen und bin noch ziemlich unschlüssig, wie es dann weitergehen sollte. ich interessiere mich wahnsinnig für philosophen, besonders die der aufklärung und habe auch schon einige ganzschriften gelesen. nun frage ich mich, ob es realistisch ist das auch zu studieren, denn leben muss ich ja auch. wenn ihr versteht was ich meine (jaja, das schnöde geld…)
ich freue mich auf anregungen (ermutigungen?) und vielleicht sagt ihr mir ja wie es euch nach diesem studium geht, und ob ihr es eher bereut, oder immer wieder machen würdet.
MFG Christina

Hallo, Christina!

Es gibt zwei extreme moegliche Positionen bei der Auswahl von Studienfaechern. Die Einen wollen etwas studieren, um danach moeglichst schnell moeglichst ohne Anstrengung moeglichst viel Geld zu verdienen. Die Anderen moechten einfach etwas studieren, was sie interessiert, und gehen davon aus, dass sie schon von irgendetwas leben koennen, wenn sie einen Abschluss in einem Fach haben, das sie interessiert, hinter dem sie stehen und fuer das sie sich engagieren koennen.
Wenn jemand Philosophie studiert, dann sicher nicht um spaeter viel Geld zu verdienen. Aber selbst Philosophie-Absolventen koennen von irgendetwas leben, nur leider kommen die meisten Philosohie-Studienanfaenger niemals zu einem Abschluss, was sicher auch daran liegt, dass die meisten „Interessierten“ eine voellig falsche Vorstellung von der „Wissenschaft Philosophie“ haben. Diese unterscheidet sich stark von Philosophie als Schulfach (in welcher Form auch immer), und noch staerker von der Philosophie, die in Saetzen wie „Jeder hat seine eigene Philosophie!“ vorkommt.

Also, informier’ Dich gut darueber, was in einem Philosophiestudium auf Dich zukommen wuerde, und wenn das - inhaltlich - genau das ist, was Du moechtest, dann freue Dich auf ein interessantes, forderndes, anspruchvolles Studium, das Dir zwar in der Berufswelt nichts direkt ermoeglicht, aber auch (fast) alles offenlaesst.

Du wirst rechtzeitig (aber nicht zu frueh!) anfangen muessen, darueber nachzudenken, womit Du nach dem Studium Dein Geld verdienen willst, aber die dabei auftretenden Probleme sind fuer mich kein Grund, vom Studium der Philosophie abzuraten.

Solltest Du noch weitere (speziellere?) Fragen haben, kannst Du mir auch gerne eine mail schicken.

Gruesse,
Vlado

Hi,

unter meinen Kollegen, die in der Philosophie promovieren oder promoviert haben, fällt mir keiner ein, der es nicht ‚bereut‘ – d.h. sagt, er würde es anders machen (ich inklusive).

Entweder Du gehtst nach dem Studium in einen Job für den Du als Philosoph/in null (spezifische) Qualifikation mitbringst – und Jobs für die man null (spezifische) Qualifikation braucht, sind zumeist sehr interessant und gut bezahlt.

Oder Du bleibst an der Uni, wo es auch nicht gerade rosig aussieht, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.

Außerdem – als grobe aber gut bestätigte Erfahrungstatsache – Geld gewinnt mit zunehmendem Alter meist an Bedeutung.

…mal ne etwas andere Frage…
Ich hab gehört, daß die Kombination Mathe-Philosophie als Studienfächer nicht so ungewöhnlich sein soll. Weiß jemand von euch was darüber?

Ich hab gehört, daß die Kombination
Mathe-Philosophie als Studienfächer nicht
so ungewöhnlich sein soll. Weiß jemand
von euch was darüber?

hi anna,
ich weiß nicht, ob sie häufig ist; jedenfalls ist die kombination nicht so widersprüchlich, wie sie sich vielleicht anhört. die kombination ist aber eher für lehrämtler als für magister/diplom-leute, da letzteres zwei studiengänge erfordert…
ciao,
jonas

hi christina,
philo hab ich nie in der schule gehabt, es dann aber doch angefangen zu studieren.
meines erachtens hängt sehr viel von den dozenten ab, ob dir das studium spaß macht; jedenfalls war es bei mir so. und da mir die suche nach dozenten ein zu blödes kriterium war, hab ich ein neues fach studiert. allerdings keins, mit dem meine berufschancen auch nur im geringsten größer würden :wink:
also, ich bin einer von denen, die studieren, was sie interessiert, auch wenns beruflich sehr dünn aussieht. ich will in erster linie mein leben leben, das geld verdienen ist irgendwo an zweiter oder dritter stelle. nach dem studium als philosoph zu arbeiten, hast du so gut wie null chancen. mit glück an der hochschule, vielleicht als lehrerin (wenn du nicht auf magister studierst). ich glaube, philo kann man auch auf wirtschaftspädagogik studieren, aber frag mich nicht, was das ist. vielleicht weiß das wer anders?

berufsvorstellungen können sich aus deinem zweiten fach ergeben (denn du studierst in den geiwis eigentlich immer mindestens zwei fächer), also z.b journalistik gibt dir eine richtung vor, geschichte vielleicht auch…

im übrigen werden die sogenannten soft skills (oder kommunikative fähigkeiten etc.), die man in den „laberfächern“ sich aneignet, verstärkt in der wirtschaft gebraucht. mit einem zusatzprogramm, dass manche unis und wirtschaftsbetriebe gemeinsam anbieten, kannst du neben dem studium noch ein paar grundkenntnisse erlangen, um damit für die wirtschaft gerüstet zu sein. (in hannover hat das programm den intelligenten namen „mit leibniz zu bahlsen“).

ich bin ja nicht mehr in der szene, aber: wenn du philo studieren willst, hör dich um, welche uni in welcher richtung lehrt. frag hier die leute, wie sie das einschätzen, surf die unis an und stöber durch die vorlesungsverzeichnisse…

wenn nichts dich so sehr interessiert wie philosophie und es dir unbefriedigend erscheint, das bloß als hobby zu behalten und es nie richtig gelernt zu haben, dann studier es, quäl dich nciht mit einem fach, dass dir keinen spaß macht un wo du nur mittelmäßige noten kriegst. lieber etwas, was dich wirklich reizt und fordert. aber pass auf, nicht im elfenbeinturm zu landen; will meinen: behalt das leben nach dem studium im blick.

eine möglichkeit ist vielleicht auch, während des studiums mal ein jahr z.b. in die vereinigten staaten zu gehen (es wird ja nicht nur in D philosophiert), und vielleicht kannst du als deutsche muttersprachlerin auch mal dort eine anstellung an der uni kriegen und in forschung und lehre mitarbeiten.

„philosoph“ ist kein beruf. dass heißt nicht, dass philosophen arbeitslos sein müssen, aber es heißt, dass du bei der berufswahl sehr kreativ sein musst - oder darfst.

viele grüße:; und auf dass du dich selbst erkennst :wink:
jonas

Ich hab gehört, daß die Kombination
Mathe-Philosophie als Studienfächer nicht
so ungewöhnlich sein soll. Weiß jemand
von euch was darüber?

yep, zumindest ist philosophie ein durchaus uebliches nebenfach fuer dipl.-mathematiker. Wie das mit magister aussieht, weiss ich aber nicht. Falls du Mathe studieren magst, solltest du dich aber vorher auch gut darueber informieren. Es ist zwar ein sehr schoenes studium (mit guten berufsaussichten), aber nicht leicht (ausser man ist der mathe-freak) und zeitaufwendig.
Aber wenn du es magst… ich kann mir die kombination sehr gut vorstellen, moechte dich eben nur warnen, dass du nicht denkst:
„Eigentlich will ich Philosophie studieren, und um etwas bessere jobaussichten zu haben, nehme ich eben Mathe als Hauptfach.“ Das ist nicht falsch, aber nur wenn Mathe dir liegt. Wenn du es schon in der Schule nicht magst, kann es auch gut gehen, da die Uni-Mathematik mit der in der Schule sehr wenig zu tun hat, muss aber nicht.

Viel Glueck,
michaela

Hi,

unter meinen Kollegen, die in der
Philosophie promovieren oder promoviert
haben, fällt mir keiner ein, der es nicht
‚bereut‘ – d.h. sagt, er würde es anders
machen (ich inklusive).

Mein Lebenspartner auch! (Er hat allerdings noch nicht promoviert.)

Entweder Du gehtst nach dem Studium in
einen Job für den Du als Philosoph/in
null (spezifische) Qualifikation
mitbringst – und Jobs für die man null
(spezifische) Qualifikation braucht, sind
zumeist sehr interessant und gut bezahlt.

Mein Freund mit Philosophieabschluß Diplom ist jetzt seit 3 Wochen arbeitslos, nachdem er ca 5 Jahre die Philosophiebibliothek geleitet hat und dann ein neuer Proff kam…der alle Alten rausgeworfen hat.
Jetzt sucht er dringend was Neues, da er auch nicht mehr promovieren kann.
Was für Jobs sind das denn, von denen Du redest, die gut bezahlt werden und interessant sind???

Oder Du bleibst an der Uni, wo es auch
nicht gerade rosig aussieht, wie ich aus
eigener Erfahrung sagen kann.

Siehe oben!

Außerdem – als grobe aber gut bestätigte
Erfahrungstatsache – Geld gewinnt mit
zunehmendem Alter meist an Bedeutung.

Oh ja, da gebe ich Dir Recht. Mein Lebenspartner ist jetzt 37 Jahre alt und heilfroh, wenn er einen Job hätte.
Gruß
Ilona

Hallo Christina,

ich habe Philosophie studiert, und im Gegensatz zu vielen anderen hier im Thread würde ich auch nicht sagen, daß ich es bereue. Es gibt Dir ein paar Jahre Zeit, um dich mit den relevanten Dingen des Lebens auseinanderzusetzen, und das war mir wichtiger, als die Aussicht auf einen sicheren Job. Du mußt Dir allerdings darüber klar sein, daß ein Job nachher wesentlich von Deinen Zusatzqualifikationen abhängt - mit Philosophie allein kommt man wirklich nicht weit (außer als Uni-Doz., aber die Stellen sind wirklich selten). Sonst stehen eigentlich alle Möglichkeiten offen, von einer journalistischen Laufbahn bis zu einem Consulting-Job, wenn man während des Studiums entsprechende Praktika usw. absolviert. (Ich arbeite momentan als Programmierer und Consultant im E-Commerce Bereich, aber die Qualifikation dafür habe ich mir neben dem Studium angeeignet)

Viele Grüße
Stephan

Hallo Ilona,

die Passage, auf die Du Dich beziehst meinte ich ironisch. Leider sind die Jobs, die Philosophen machen selten gut bezahlt oder interessant. Ich hoffe Dein Freund erwischt eine Ausnahme.

Gruß Paul