Hallo Messalina,
Mein Einwand betraf lediglich sachlich
unzutreffende Aussagen, wie:
„Denken und Fühlen sind zwei voneinander unabhängige Arten,
wie wir mit der Welt umgehen. Fühlen ist wahrnehmen (bemerken)
durch die Sinne, Reflexion geschieht im Kopf und hat mit
Wahrnehmung nichts zu tun.“ oder „Der Grund liegt darin, dass
ich eben unmittelbare Reize empfange, wenn ich wahrnehme und
emotional fühle, dass Denken aber die Verarbeitung dieser
Reize ist und daher mittelbar.“
ich möchte noch einmal begründen, warum diese beiden Aussagen aus meiner Sicht entgegen deiner Formulierung richtig sind. Sachlich falsch sind sie nur aus der Sicht eines objektiven Beobachters, der sich einen Menschen ansieht und sieht, dass Denken und Fühlen einander beeinflussen. Wenn du also so ein Phänomen objektiv beschreiben möchtest, dann ist es selbstverständlich in der Gesamtschau richtig, was du sagst.
Aber der Ausgangsfrage lag etwas ganz anderes zugrunde. Da hieß es:
angenommen, es gibt leute, denen es vor allem um das eigene erleben als um den auslöser des erlebens geht. (oft ist ja die rede davon, dass jemand mehr in die liebe als in das jeweilige objekt verliebt ist.
frage wäre nun: wie kann eine person auslöser eines starken empfindens sein (und das womöglich noch über einen längeren zeitraum), wenn dieses erleben nicht durch die auslösende person bedingt ist?
anders: wo ist der unterschied zwischen der liebe zu einer person und der liebe zu dem empfinden, dessen auslöser die person ist ?
Diese Frage ist mit ziemlicher Sicherheit keine objektive Fragestellung, sondern eine subjektive. Da kennt jemand jemanden (vielleicht ist es er selbst), der von sich meint (oder von dem andere meinen), er liebt nicht das Objekt, sondern er liebt die Liebe des Objektes, m. a. W. er liebt nicht die Person, sondern er liebt das Gefühl der Liebe (unabhängig von der Person, die dieses Gefühl auslöst).
Wenn man an dieser Stelle auf subjektiver Ebene nicht unterscheidet zwischen dem, was man fühlt einerseits und dem, was man denkt andererseits, dann ist die letzte Quintessenz, dass das Lieben des Liebens dasselbe sei wie das Lieben einer Person. Hier haben wir also den Fall, dass eine objektiv richtige Einschätzung zu einer falschen Schlussfolgerung führt, wenn man sie subjektiv anwendet.
Diesem Irrweg kann man nur entgehen, wenn man Gefühl und Denken streng trennt - wohlgemerkt: auf subjektiver Ebene!
Selbstverstänglich hätte ich jeden sachlichen
Widerspruch unterlassen, wäre mir klar gewesen, dass ich damit
die Diskussionsebene verschiebe und merkwürdige
Auseinandersetzungen verursache.
Die Auseinandersetzung, die wir miteinander führen, ist deshalb merkwürdig, weil ich aus objektiver Sicht mit dir einer Meinung bin, es aber so aussieht, als würde ich mir widersprechen, weil ich vorher auf subjektiver Ebene einen Ratschlag gegeben habe, der auch aus subjektiver Sicht nicht falsch ist. Objektiv betrachtet hast du also Recht, subjektiv aus der Sicht des Fragers also betrachtet, führt die objektive Betrachtungsweise aber nicht aus dem Problem heraus.
Wenn ich jetzt dir Recht gebe, sieht es für die Fragerin so aus, als würde ich mir widersprechen. Weil aber Liebe aus der Sicht der Fragerin kein objektives, sondern ein subjektives Problem ist, ist die Ebene verschoben, wenn man die erste der beiden von dir kritisierten Aussagen als falsch dastellt.
Die zweite Formulierung hingegen ist in der Tat unzulänglich, gleichwohl aber auch nicht wirklich falsch.
Genaugenommen geht es auch nicht darum, „wie man mit dem
angesprochenen Problem umgeht“, sondern wie ein bestimmtes, in
diesem Fall postuliertes, psychologisches Phänomen erklärbar
sein könnte.
Nein, da widerspreche ich, denn Erklärbarkeit ist ein objektiv angelegte Sache. So subjektive Angelegenheiten wie Liebe aber objektiv erklären zu wollen, ist bei einer erkennbar subjektiven Fragestellung nicht hilfreich. Das wäre etwa so, als würde man jemandem, der sich ein Bein gebrochen hat, sagen: „Du hast dir ein Bein gebrochen.“, ohne sein Erlebnis als subjekt zu würdigen. Der Patient sagt: Aua, und der Arzt sagt: Das kann aber jetzt gar nicht weh tun! Das Fehler MUSS sozusagen beim Patienten liegen.
Wahrnehmung hat mit der aufgeworfenen Frage nur wenig zu
tun - von der Tatsache mal abgesehen, dass jede kognitive
Reaktion auf einen externen Reiz natürlich irgendeine Form von
Wahrnehmung voraussetzt.
Das verstehe ich jetzt aber wirklich nicht, denn der letzte Halbsatz ist doch genau das, was ich gesagt habe und was aus deiner Sicht falsch sein soll. Genau diese Trennung habe ich angesprochen, weil die Fragerin sie nicht akzeptiert hat(te). Wenn ich nun also den Auslöser der Liebe einmal in der Person und das andere Mal im Gefühl der Liebe selbst auseinanderhalte, dann ist das sehr wohl eine Frage der Wahrnehmung (wenn man den Begriff nicht auf die Goldwaage legt, sondern ihn eben in einem allgemeine rezeptiven Sinn versteht).
Ich bleibe also dabei: Man muss die Ebenen auseinanderhalten.
Gruß
Bona