Philosophische und christliche Verantwortungsethik

Hallo :blush:
Für meinen Religionskurs sollte ich herrausfinden, welche Unterschiede es zwischen der philosophischen oder einer andersgearteten Verantwortungsethik und der christlichen Verantwortungsethik gibt. Dabei habe ich bereits herrausgefunden, dass in der christlichen Verantwortungsethik die Verantwortung vor Gott im Mittelpunkt steht. Bei andersgearteten Ethiken steht die Verantwortung für Toleranz und für eine humanverträgliche Zukunftsgestaltung. Ich wollte fragen, ob jemand noch weitere Unterschiede kennt. Ich würde mich über Antworten freuen.
Grüße :relaxed:

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ könnte man diskutieren.

Bei der Ausbildung zur ersten Hilfe oder bei der Feuerwehr, Bergwacht, … lernt man, dass man zuerst selbst gesichert sein muss, bevor man eine andere Person retten kann.

Eine Mutter / ein Vater liebt sein Kind womöglich wie sich selbst und springt ohne Nachzudenken hinterher, wenn es in einen Strudel gerät oder ins Eis einbricht. Mit guter Chance ertrinken dann zwei Personen.

Gruß, Kurti

Vielen Dank!

Das ist leider falsch.
Siehe Markusevangelium.

zugegeben: ein äußerst „glatteisiges“ Thema.

Was ist denn die Definition von „christlich“?
Die der Bibel folgend? Tja… da gibt es Abschnitte von „macht Untertan“ über „vertreibt“ bis hin zu „verzeiht jedem alles“.
Die der „gelehrten Christenheit“? Die sehe ich zweigeteilt… für Beschäftigte gilt, der Kirche zu ‚gefallen‘ und den Besuchern zu vermitteln, im familiären Umfeld und der Kirche zu „gefallen“.
Die der „gelebten Christenheit“? Reue und Sühne behebt doch ziemlich viel, Hauptsache nicht in den Abgrund fallen.

Gottgefällig … nun, was ist das schon? Wie viele Mafiosi spenden regelmässig an die Kirche - ob das dann schon reicht?

Weltlich gefällt mir immer noch Goethe am besten: edel sei der Mensch, hilfreich und gut.

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Ah, verstehe!

Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten.

Oder hast Du vielleicht doch einen anderen Vers gemeint? Dann hättest Du ihn eigentlich angeben können, sauber zitiert comme il faut.

Schöne Grüße

MM

Hallo Camilla,

die christliche Moral lässt ich unteranderem aus den Zehn Geboten der Bibel erkennen:

Ex 20,2–17

Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.

Bereits das erste Gebot widerspricht dem deutschen Grundgesetz, das Religionsfreiheit garantiert. Auch die Blutschuld (Übertragung der Schuld auf die Nachkommen) ist in Deutschland ungesetzlich.

Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig!
Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht.
An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat.
Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er.
Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt.

In Deutschland gilt nicht der Samstag (Sabbat) als Ruhetag, sondern der Sonntag. Viele christliche Vereinigungen, die die Bibel streng auslegen, begehen ihren Ruhetage und ihre Gottesdienste samstags. Der Wert eines arbeitsfreien Wochentags lässt sich aber auch nichtreligiös ableiten, während die Bibel starken Gottesbezug nimmt - er selbst hat an diesem Tag geruht, also ist er heilig.
Sklaverei lässt sich mit den Menschenrechten nicht vereinbaren.

Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.

Du sollst nicht morden.

Du sollst nicht die Ehe brechen.

Du sollst nicht stehlen.

In älteren Bibelversionen ist von „Töten“ die Rede, währen „Morden“ bereits ein juristischer Begriff ist, der eine unmoralische Handlung beschreibt. „Töten“ lässt sich eventuell moralisch rechtfertigen, etwa im Zuge der Selbstverteidigung. Gott selbst hat an mehreren Stellen in der Bibel zum Völkermord aufgerufen und durch die Sintflut beinahe die gesamte Menschheit ausgerottet.
Mord und Diebstahl gelten religionsunabhängig in allen Gesellschaften als kriminelle Handlungen.

Der Ehe wird auch in der deutschen Gesetzgebung einen besonderen Stellenwert zugeschrieben. Sie gilt dort als „Keimzelle für die Familie“. Ehebruch sowie voreheliche sexuelle Beziehungen als auch homosexuelle Partnerschaften gelten heute nicht mehr als strafrelevant. Der sogenannte Schwulenparagraph, §175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, wurde 1994 in Deutschland ersatzlos gestrichen. Bis Ende der 60er Jahre wurden etwa 140000 Männer verurteilt. Seit 2017 ist die gleichgeschlechtliche Eheschließung möglich.
Die kirchliche Ehe hat keine gesetzliche Relevanz.

Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.

Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.

Wieder ist von Sklaverei die Rede, mit der der Gott der Bibel offensichtlich keine Probleme hat. Auffällig ist die Einreihung der Frau mit Vieh als Besitztum.

Abgesehen von den „10 Geboten“ lassen sich in der Bibel noch zahlreiche andere göttliche Anweisungen finden, die sich mit heutigen moralischen Vorstellungen nicht vereinbaren lassen.
Obwohl deutsche Politiker regelmäßig von den „christlichen Werten“ sprechen, auf denen angeblich unsere Demokratie aufbaut, ist eine stetige Entfernung der staatlichen Gesetzgebung von den göttlichen Geboten erkennbar. So ist z.B. die Züchtigung von (den eigenen) Kindern seit 2000 verboten, während die Bibel sogar dazu auffordert „ungehorsame Kinder gegen den Felsen zu schleudern“.

Die vielzitierte Nächstenliebe oder die Goldene Regel lassen sich auch in früheren Quellen finden. So sagte z.B. Konfuzius etwa 500 Jahre vorher: „Was du selbst nicht wünschest, das tue nicht den Menschen an.“

Servus,

könnte es sein, dass Du Ethik für einen Begriff aus der Rechtskunde hältst?

Schöne Grüße

MM

Hallo Aprilfisch,

Ethik ist die Wissenschaft von den Moralen. (Umgangssprachlich, sowie im englischen Sprachraum, wird „Ethik“ oft synonym mit „Moral“ verwendet, wobei „Moral“ dann eher im religiösen Bereich und „Ethik“ eher im säkularen, humanistischen angesiedelt wird.)

Gesetze lassen sich nur moralisch begründen. Mir wäre spontan kein Gesetz bekannt, das nicht eine moralische Grundlage hätte. Fällt dir eins ein?
Moralische Regeln empfehlen ein bestimmtest Handeln oder schreiben es sogar vor (Sollen).

Gruß
ElBorbah

Oder technisch, oder ökonomisch, oder irgendwie anders, je nachdem, wofür sie gemacht werden.

Darum geht es aber hier nicht, sondern darum, dass @Camilla eine Frage nach „Verantwortungsethik“ (was immer das auch sein mag) im christlichen und in anderem Zusammenhang stellt, und Du darauf eine kleine Abhandlung über Einzelheiten des Grundgesetzes (das beiläufig die christliche Religion nicht verbietet, aber das nur am Rande), des ArbZG, §§ 1303ff BGB und noch ein paar andere Aspekte deutschen Rechtes präsentierst.

Damit drängt sich die Vermutung auf, dass Du Ethik für einen Begriff aus der Rechtswissenschaft hältst.

Ist er aber nicht. Ethik ist ein Bereich der Philosophie, so dass sie sich methodisch nicht mit Betrachtungen behandeln lässt, die sich auf einzelne Gegenstände der Rechtswissenschaft beziehen.

Schöne Grüße

MM

Gesetze werden ausschließlich für Menschen gemacht. Damit liegen sie im Bereich der zwischenmenschlichen Belange und sind daher prinzipiell Gegenstand von Moral.
Ich hatte ja nach einem Beispiel gefragt, bei dem das nicht der Fall ist.

Keine Ahnung, wieso du mir das mitteilst. Ich hatte in meinem ersten Beitrag angemerkt, dass in Deutschland Religionsfreiheit gilt - was gegensätzlich zum ersten Gebot der Bibel ist.

Mir fällt es schwer in diesem Absatz einen Sinn zu erkennen.
Ethik mag zwar kein Begriff aus der Rechtswissenschaft sein - das habe ich auch weder behauptet noch könnte ich erkennen an welcher Stelle ich Anlass für diese Vermutung einer Verwechlung gegeben haben sollte - aber die Rechtswissenschaft bedient sich der philosophischen Methode der Hermeneutik. Davon abgesehen gibt es noch die Rechtsphilosophie sowie die Rechtsethik. Letztere befasst sich genau mit dem, was ich geschrieben hatte - Analyse und Reflektion der moralischen Seite des Rechts.
Bekanntlich gab es in der Vergangenheit und gibt es auch noch heute zahlreiche Rechtssysteme, die sich weitgehend oder ausschließlich religiös begründen.
Was genau du mir vorwerfen willst, ist mir schleierhaft.

und auch hier vermengst Du munter Kraut und Rüben.

Wenn Du dann eine chemische Erklärung für das Phänomen einer Mondfinsternis entwickelt hast, oder den Siedepunkt von Acetylsalicylsäure musikalisch bestimmen kannst, können wir diese muntere Tour quer durch die Fakultäten gerne fortsetzen.

Dass Du eine arglose Fragestellerin, die offensichtlich eh schon ihre Mühe mit Begriffen hat, durch einen Beitrag verwirrst, der mit ihrer Frage in keinem Zusammenhang steht, aber formal den Anschein erweckt, er stünde.

Schöne Grüße

MM

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Genau das ist dein Denkfehler. Ich betreibe Rechtsethik und du meinst es wäre falsch. Um bei deinen Beispielen zu bleiben verhält es sich eher so, dass ich die Mondfinsternis tatsächlich astronomisch bestimme, und du meinst, ich würde behaupten, die Astronomie wäre Bestandteil des Mondes.
Ich vermute, du hast dich über mein Bibel-Bashing geärgert, könntest dem aber nichts sachliches entgegenhalten, aber wolltest trotzdem irgendeine Art von Kritik konstruieren.
Ich denke, diese Diskussion trägt nichts zum Thema bei und führt auch sonst nirgendwo hin.

Das zu beurteilen, solltest du vielleicht der Fragestellerin überlassen.

Nö, das ist nur der Punkt, wo Du am deutlichsten die Fanfare schmetterst „Hurraaa! Wir fahren quer durch den Gemüseladen, da ist es doch egal, was zusammen passt und was uns nur grade eben durch den Kopf schießt!“

Ja, dann tu das. Aber mach eigene Threads dafür auf. Dito für musikalische Ethik und für Chemieethik.

Viel Vergnügen damit wünscht

MM

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Im Sinne dessen, der den Begriff „Verantwortungsethik“ eingeführt hat (du weißt, wer? Und warum er es tat?), ist das genau der normentheoretische Gegensatz dazu. Nämlich eine → Gesinnungsethik.

Eine „christliche“ Verantwortungsethik, die sich mit diesem Attribut also von einer nicht-christlichen unterscheiden will, hat ja als Letztprinzip einzig und allein das Gebot der Nächstenliebe. Sie würde damit also voraussetzen, daß andere, also nicht-christliche Verantwortungsethiken genau dieses Prinzip nicht haben. Das ist aber nicht der Fall: Paradebeispiele für eine reine Verantwortungsethik wären z.B. heute die Handlungs- und Entscheidungs-Motivationen der „Fryday for Future“-Bewegung und diverse „Diversity“-Bewegungen. Was ist darin aber nicht-christlich? Außer, daß sie sich nicht explizit auf den christlichen Ethik-Hauptsatz beziehen?

Das Entscheidende (für Unterschiede von Verantwortungsethiken) ist demnach vielmehr, worin diese Ethik-Hauptsätze wiederum als begründet aufgefasst werden. Das ist ja das normentheoretische Grund-Problem der (philosophischen Disziplin) Ethik: Wie können Normen begründet werden? Wodurch bekommen sie ihre Geltung? Die christliche Nächstenliebe-Norm ist tatsächlich begründet, allerdings auch nur immanent, also auch nicht universell. Und zwar - übrigens einzig und allein - in Joh.-Ev. 13.34 und 17.21-23 (Die Begründung liegt in dem bedeutenden „damit …“ in den dortigen Versen).

Wenn der Christ aber nächstenliebend handelt, um sich einen Sitzplatz im Jenseits zu sichern, und wenn bei sog. „Management Diversity“-Strategien der wirtschaftliche Unternehmenserfolg Zweck und Ziel ist, dann pervertieren diese Ethiken wiederum sich selbst (weil sie zwar einer Norm folgen, die Handlungsmotivation aber einer Begründung der Norm wiederspricht).

Ironischerweise: Wenn ein Reiseverkehr-Flugzeug, das regulär das Gebiet eines Staates überfliegt (also sozusagen „Gast“ im Lande ist), gekapert wird, um eine Person zu inhaftieren, die als Terrorist interpretiert wird (also vorgeblich dem Staat bzw. den Staatsbürgern Schaden zufüge), dann ist das doch eine ergebnisorientierte, also verantwortungsorientierte, politische Handlung? Zum Wohl des Staates? Folgt also einer Verantwortungsethik?

Gruß
Metapher

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Nu sach aber nicht Max Weber?

(wegen der Gesinnungsethik im Gegensatz)

Schöne Grüße

MM

Doch, doch. :slight_smile:

Genau.

Schönen Gruß v. v.