Physik: Luftbläschen im Weinglas

Hallo Experten,
wenn man z.B. Wein in ein Glas gießt, entstehen fast immer kleine Luftbläschen auf der Oberfläche. Nach einigen Sekunden sind diese Bläschen immer an den Glasrand gewandert. Warum?
Ich vermute stark, dass es mit der Oberflächenspannung zu tun hat. Kann mir das jemand etwas genauer erklären?
Danke und Gruß,
Andreas

Hallo!

wenn man z.B. Wein in ein Glas gießt, entstehen fast immer
kleine Luftbläschen auf der Oberfläche. Nach einigen Sekunden
sind diese Bläschen immer an den Glasrand gewandert. Warum?
Ich vermute stark, dass es mit der Oberflächenspannung zu tun
hat. Kann mir das jemand etwas genauer erklären?

Sehr gute Frage! Eine komplette Antwort kann ich Dir auch nicht geben, aber die würde mich auch interessieren.

Nach meiner Beobachtung treiben die Blasen auf der Wasseroberfläche, ohne dem Rand zuzustreben. Oft haben sie jedoch eine zufällige Geschwindigekeit, die sie früher oder Stäter mit der Wand in Berührung bringt. Einmal dort angekommen bleiben sie dort haften.

Die Oberflächenspannung halte ich selbst auch für die richtige Erklärung. Sie will ja die Oberfläche möglichst minimal halten. (Deswegen hat ein freischwebender Tropfen in Schwerelosigkeit eine nahezu perfekte Kugelform). Wenn sich die Luftblase auf einer Seite an der Wand „abstützen“ kann, wird die Fläche der Wasserhaut kleiner.

Kleine Rechnung:

Volumen einer halbkugelförmigen Luftblase auf offenem Wasser:

V = 2/3 π r³ (1)

Fläche der Wasserhaut:

O1 = 2 π r² (2)

Volumen einer viertelkugelförmigen Luftblase an einer geraden Wand:

V = 1/3 π R³ (3)

Fläche der Wasserhaut:

O2 = π R² (4)

Die beiden Volumina müssen dieselbe Menge Luft einschließen, also sind sie gleich groß:

2/3 π r³ = 1/3 π R³

=> R = Kubikwurzel(2) r

Das setzen wir in die Formel für die Wasserhaut (4) ein:

O2 = π R² = 22/3 π r²

Durch vergleich mit (2) ergibt sich:

O2 = 22/3/2 O1
O2 = 2-1/3 O1
O2 = 0,79… O1

(Wenn die Wandfläche konkav gewölbt ist, wird die Fläche der Wasserhaut sogar noch mehr minimiert.)

Jedes trennen der Luftblase von der Wand würde eine Vergrößerung der Oberfläche und damit eine Erhöhung der Oberflächenenergie bedeuten. Man müsste hierzu also Arbeit reinstecken.

Wie gesagt: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Erklärung vollständig war. (Man sehe mir nach, dass ich die Luftblasen als Kugeln angenähert habe. Es ging mir nur darum, die Oberflächenverkleinerung beim Anlehnen an die Wand zu zeigen)

Michael

Hallo Michael,

tolle, ausführliche Antwort. Vielen Dank! Das erklärt zu mindest, warum die Blasen, wenn sie erst mal an der Wandung sind, auch dort bleiben.
Nur deine Erklärung, warum sie an die Wand kommen (zufällige Geschwindigkeit), überzeugt mich noch nicht so ganz: Ich habe beobachtet, dass auch völlig ruhig stehende Blasen anfangen, zur Wandung hin zu treiben, und zwar um so schneller, je näher sie der Wandung kommen. Ich glaube immer noch, dass das auch noch mit der Oberflächenspannung zu tun hat.
Noch jemand weitere Ideen?

Noch mal danke, Michael.
Gruß, Andreas

MOD: Überflüssiges Vollzitat gelöscht.

Hi,

der auf der Oberflächenspannung basierende Kapillareffekt (http://de.wikipedia.org/wiki/Kapillarität) sorgt dafür, dass sich der Wein an den Rändern des Glases nach oben wölbt. Weil nun die Luftblasen auf dem Wein schwimmen, haben sie das Bestreben, sich möglichst noch weiter nach oben zu bewegen. Auf ihrem Weg nach oben müssen sie zwangsläufig auch nach außen an den Glasrand.
Am Rand des Glases ist die Wölbung der Flüssigkeit gut sichtbar. Doch anscheinend ist sie sogar in der Mitte des Glases groß genug, um die Blasen nach außen zu treiben. Ansonsten hilft die von Michael genannte zufällige Bewegung etwas nach.

HTH und Gruß,
V.

MOD: Überflüssiges TOFU-Zitat gelöscht.

Hallo Vladimir,

sehr gute Erklärung! Klingt einleuchtend.

Danke und Gruß,
Andreas

MOD: Überflüssiges Vollzitat gelöscht.

Hallo,
wenn Deine Vermutung stimmt, müssten sich die Bläschen bei übervollen Gläsern, bei denen die Flüssigkeit in der Mitte höher ist als am Rand, in der Mitte sammeln.
Hat das evt. schonmal jemand ausprobiert?
Gruß
loderunner

1 Like

Luftbläschen im Weinglas - Ja, stimmt !
Hallo Loderunner,

hab’s eben ausprobiert: Brausetablette ins Glas und Wasser drauf bis ein Berg entsteht. Die Bläschen kommen an die Oberfläche und driften zur Mitte. Dann den Berg abgießen - und schon treiben sie nach außen.

Das war jetzt ein schönes Teamwork in Experimentalphysik. Danke euch allen.
Andreas

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