Platons Phaidon 'markante' Stellen?

Hallo liebe Wissenden,

ich soll als Vertretung mit einem Philosophie-Kurs 13. Klasse den Paidon lesen. Dabei muss nicht das ganze Werk im Unterricht gelesen werden, sondern nur „markante“ Auszüge. Nun bin ich gerade erst fertig mit der Uni, das Unterrichten ist ganz neu für mich und ich hab etwas Schwierigkeiten mit der Textauswahl.

Kann mir vielleicht jemand dabei etwas helfen? Was haltet Ihr für die wichtigsten Passagen (Ausgabe Reclam) und unter welchen philosophischen Aspekten könnte ich diese mit den Schülern durchgehen?

Ich danke schonmal für die Hilfe
Bianca

Platons Phaidon und die Ideenlehre
Hi Bianca,

um in der 13. Klasse Philosophie-Kurs den Phaidon durchzuackern, wirst du ja doch nicht um hinkommen, ihn auch komplett selbst zu lesen. Die Schüler nehmen dich ja sonst auseinander *kächel*

Die wichtigsten Inhalte kannst du dir beim Lesen ja dann selbst markieren:

Die Situation: Gespräch in den Tagen vor der Hinrichtung.
Die Schüler haben das Schiff für die Flucht bereitgestellt.
Doch Sokrates hat Wichteres zu tun.
Seine Frau Xantippe jammert - Sokrates schickt sie deshalb weg, weil das stört.

Sokrates verweigert die Flucht.
Begründung, warum sich der Philosoph nicht vor dem Tode fürchtet, sondern, wenn er schon bevorsteht, sogar begrüßt:

  • Der Körper als das Gefängnis der Seele
  • Pränatale Existenz der Seele
  • Grundlagen der Ideenlehre: Anamnesis-Theorie
  • Erinnerung an das Vermögen, die Ideen zu sehen (der Philosoph mehr als andere Sterbliche)
  • Grundlagen der Ideenlehre: Ideen = das unvergängliche, ewige Sein
  • Unsterblichkeit der Seele
  • Beweis der Unsterblichkeit mit dem Ideen-Begriff: Die Seele hat zu den Ideen Zugang, der Körper (die materielle Welt des Entstehens und Vergehens) hindert sie daran. Der Tod ist also eine Befreiung. Die Selle kann (wieder) mit den Unsterblichen kommunizieren. Kein wahrer Philosoph würde sich diese Gelegenheit entgehen lassen.

Weitere Begründung für die Verweigerung der Flucht: Die Anerlennung der Staatsräson, auch wenn man Opfer eines ungerechten Urteils ist.
Abschiedsrede des Sokrates, während das Gift seine Wirkung tut.

Das ist jetzt nicht die richtige Reihenfolge, aber das sind die Hauptthemen des Phaidon.

Viel Vergnügen. Denn dieser Text ist einer der Fundamente der gesamten europäischen Philosophiegeschichte.

Gruß
Metapher

Hallo,

Bianca!

Eine sehr detaillierte und ausführliche Aufgliederung des Inhalts findest du VOR der (Schleiermacher-)Übersetzung in
Platon: Phaidon, Politeia. = Platons sämtliche Werke Bd. 3, Rowohlts Klassiker.
Gruß!
Hannes

Danke Metapher,

ich habe den Phaidon natürlich schon mehrmals gelesen. Er war sogar ein kleiner Teil meiner Examensprüfung. Für mich selbst die Inhalte herauszufiltern ist kein Problem. Das Problem ist eher die Umsetzung im Unterricht weil mir da einfach die Praxis fehlt

  • was muss zwingend besprochen werden
  • was kann eventuell weg bleiben
  • wie bringe ich den Stoff für alle interessant rüber
  • gibt es Stellen die besonders diskussionsintensiv sind usw.

Die von dir genannten Stichworte hab ich überwiegend, allerdings sind noch ein paar Ergänzungen aufgetaucht auf die ich noch achten werde:wink:

Vielen Dank also schonmal.

Hallo,

Bianca!

Eine sehr detaillierte und ausführliche Aufgliederung des
Inhalts findest du VOR der (Schleiermacher-)Übersetzung in
Platon: Phaidon, Politeia. = Platons sämtliche Werke Bd. 3,
Rowohlts Klassiker.

Danke Hannes,

werd ich gleich mal schaun obs das irgendwo auf die Schnelle gibt.

Gruß
Bianca

Hallo Bianca,

wir haben es damals in Griechisch gelesen, und mich hat die Sterbeszene schon sehr beeindruckt. Gerade heute, wo man nicht mehr zu Hause stirbt, ist das für junge Menschen sicher eine notwendige Erfahrung.

Nicht zu vergessen ist im Gesamtzusammenhang die alte Frage der christlichen Denker, inweit Sokraktes christliche Lehren vorweggenommen hat, und überhaupt die (künstlich hergestellte) Parallelitär zum Leben und Sterben Christi.

Gruß,
Andreas

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Platon und die Christen
Hi Andreas,

Nicht zu vergessen ist im Gesamtzusammenhang die alte Frage
der christlichen Denker, inweit Sokraktes christliche Lehren vorweggenommen hat

so ist es - auch, wenn sich einem bei dem Ausdruck „vorweggenommen“ die philosphiehistorischen Fußnägel kräuseln :smile:

Ganz zweifellos hat zwar nicht allein der Phaidon, sondern überhaupt der platonische Seelenbegriff und vor allem die sog. „Ideenlehre“ insgesamt einen ganz erheblichen Einfluß auf die christliche Eschatologie gehabt - bis, natürlich, auf die pränatale Existenz der Seele. Aber selbst die spielte ja bei den frühen christlichen Denkern ein kontroverse Rolle.

Insbesondere schon bei Paulus, der in der griechischen Philosophie ausgebildet war, finden sich Stücke, die original aus einem Platon-Seminar, sogar speziell aus einem Phaidon-Referat stammen könnten. So z.B. 1. Korinther 13.9-10:

„Denn in Stückwerk erkennen wir, und in Stückwerk reden wir weise. Wenn aber die Vollendung kommt, wird das Stückwerk zerstört“

und dann 13.12 ist sogar Platon pur:
„Denn jetzt schauen wir durch einen Spiegel in einem Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht“

Ein Hauptthema - btw. - zahlreicher Filme von Ingmar Bergmann.

Gruß
Metapher

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