Platons Theaitetos

Hallo Zusammen!

Ich habe in Platons „Theaitetos“ das Wachsblockgleichnis und das Taubenschlaggleichnis nicht richtig verstanden, bzw. irgendwie wohl zu wenig, um es im Kontext zu verstehen.

Kann mir jemand die beiden Gleichnisse erklären und wie sie in Zusammenhang mit der ersten Definition stehen??

Liebe Grüsse*Diana

Hallo Diana!

Ich habe in Platons „Theaitetos“ das Wachsblockgleichnis und
das Taubenschlaggleichnis nicht richtig verstanden, bzw.
irgendwie wohl zu wenig, um es im Kontext zu verstehen.

Schau auch da mal nach: http://www.gottwein.de/grthem/wesen01.htm

Auf der Suche nach dem Begriff des Wissens (ἐπιστήμη) und ihrem Unterschied zur Wahrnehmung (αἴσθησις) erscheint Wissen (ἐπιστήμη) als die Erkenntnisform, in der sich ohne die Hilfe eines Sinnesorgans die Seele allein für sich auf das Unveränderliche und Wesenhafte (οὐσία) richtet. Während das Vermögen der αἴσθησις Mensch und Tier angeboren ist, bedarf das geistige Erkennen vieler Übung und Erziehung.
οὐσία bezeichnet im Gegensatz zu dem was nicht ist(τὸ μὴ εἶναι), das, dem wir das Sein „ἔστιν“ zusprechen. Dabei ist οὐσία Voraussetzung für Wahrheit (ἀλήθεια) und Wahrheit für echtes Wissen (ἐπιστήμη). Im Bereich der παθήματα(Leid/Erfahrung) gibt es keine ἀλήθεια. Dies führt zur Widerlegung der These, die Theaitetos zuvor unter Berufung auf Protagoras aufgestellt hatte: Wissen sei nichts anderes als Wahrnehmung.

hier etwas ausführlicher:

http://www.sophia.uni-oldenburg.de/texte/mtahlers/th…

Sokrates stellt als neue Erklärungsgrundlage ein Modell des Gedächtnisses vor. Man solle sich vorstellen, in eines jeden Seele befände sich ein Wachsblock, von Mensch zu Mensch von unterschiedlicher Qualität, in den man die Wahrnehmungen oder Gedanken, die man behalten wolle, eindrücke. Der Dinge, deren Abdruck sich in diesem Wachsblock befände, könnten wir uns erinnern; derer, die nicht abgebildet wurden, oder deren Abdruck ausgelöscht sei, eben nicht [191c-e/R 161-163].
Sokrates erklärt, es sei zuvor zu unrecht anerkannt worden, man könne etwas Gewußtes nicht mit etwas nicht Gewußtem verwechseln [191e/R 163]. Zur näheren Untersuchung faßt er nun zunächst die Fälle zusammen, für die es unmöglich sei, etwas Falsches zu meinen. Er bezieht sich dabei auf den Zusammenhang von Erkanntem (d.i. Gewußtem) und Wahrnehmung:
(1) Es sei unmöglich, daß man Dinge, von denen man Kenntnis hat, die man aber nicht wahrnimmt, in der Erinnerung verwechselt.
(2) Es sei unmöglich, daß man etwas, von dem man Kenntnis hat, verwechselt mit etwas, von dem man keine Kenntnis hat.
(3) Es sei unmöglich, daß man etwas, wovon man keine Kenntnis hat und man nicht wahrnimmt, mit etwas verwechselt, von dem man keine Kenntnis hat.
(4) Es sei unmöglich, daß man, wovon man keine Kenntnis hat, mit etwas verwechselt, wovon man Kenntnis hat.
(5) Es sei unmöglich, daß man einen in der Wahrnehmung erkannten Gegenstand für einen anderen Gegenstand der Wahrnehmung hält.
(6) Es sei unmöglich, daß man das, was man in der Wahrnehmung erkannt hat, verwechselt mit etwas, das nicht in der Wahrnehmung vorliegt.
(7) Es sei unmöglich, daß man das, was man nicht in der Wahrnehmung vorfindet, für etwas hält, was nicht in der Wahrnehmung vorliegt.
(8) Es sei unmöglich, daß man das, was nicht in der Wahrnehmung erkannt wurde, für etwas hält, das in der Wahrnehmung vorliegt.
(9) Es sei unmöglich, daß man etwas, das in der Wahrnehmung erkannt wurde, und das mit der Erinnerung daran und der Kenntnis davon übereinstimmt, mit etwas verwechselt, das wahrgenommen, erinnert und erkannt wird, und von dem ich Kenntnis habe.
(10) Es sei unmöglich, daß man etwas, wovon man Kenntnis hat und in der Wahrnehmung vorfindet, für einen anderen Gegenstand der Erinnerung und der Kenntnis hält.
(11) Es sei unmöglich, daß man das, wovon man Kenntnis hat und das erkannt in der Wahrnehmung vorliegt, für einen anderen Gegenstand der Wahrnehmung hält.
(12) Es sei unmöglich, daß man etwas, wovon man keine Kenntnis hat und das nicht in der Wahrnehmung vorliegt, mit etwas verwechselt, das man nicht wahrnimmt und wovon man keine Kenntnis hat.
(13) Es sei unmöglich, daß man das, was man nicht wahrnimmt und von dem man keine Kenntnis hat, für etwas hält wovon man keinen Kenntnis hat.
(14) Es sei unmöglich, daß man etwas, wovon man keine Kenntnis hat und das nicht in der Wahrnehmung vorliegt, für etwas hält, das man nicht wahrnimmt. [192a-c/R 163-165]
Es blieben hingegen als Fälle für falsche Meinung nur übrig:
(1) Die Verwechslung von etwas Gewußtem mit etwas anderem wahrgenommenen Gewußten.
(2) Die Verwechslung von etwas nicht gewußtem Wahrgenommenen mit etwas wahrgenommenem Gewußten.
(3) Die Verwechslung von etwas wahrgenommenem Gewußten mit etwas anderem wahrgenommenen Gewußten. [192c-d/R 165]
Den Akt des falschen Meinens erklärt Sokrates für den Fall, daß eine Wahrnehmung beteiligt ist, also daraus, daß diese dann nicht adäquat mit dem entsprechenden Wissen (d.h. hier: mit dem entsprechenden Abdruck im Wachsblock) verbunden werde [193b-d/R 167-169].
Aus diesem Modell vermag Sokrates nun auch zu erklären, wie es dazu komme, daß manche Menschen „klug“, andere hingegen „dumm“ seien. Nur wenn das Wachs in der Seele eines Menschen von guter Konsistenz und reichlich vorhanden sei, sei es in der Lage, die Abdrücke aus den Wahrnehmungen „ganz deutlich und tief genug und […] somit auch dauerhaft“ aufzunehmen. Diese Menschen hätten ein gutes Gedächtnis und seien gelehrig, und weil die Abdrücke dann deutlich und dauerhaft seien, könnten sie ihnen „das sogenannte Seiende mühelos“ zuordnen, sie meinten deshalb „Wahres“ [194c-d/R 171-173]. All jene aber, deren Wachs weniger gut sei, sei es verschmutzt, zu hart, zu weich oder zu wenig vorhanden, könnten auch nur weniger deutliche Abdrücke in ihrer Seele haben, und ihnen würden dann, wenn sie die Wahrnehmungen mit ihren Abdrücken verglichen, eher Verwechslungen unterlaufen und sie dergestalt „Falsches“ meinen [194e/R 173].
Indem Theätet diesem Modell und der Erklärung des falschen Meinens zustimmt, offenbart Sokrates die Schwäche dieser Erklärung: für die Fälle des sich Irrens, an denen die Wahrnehmung nicht beteiligt sei, wie z.B. beim fehlerhaften lösen einer Rechenaufgabe (für das man sich sicher sein können muß, daß es sich tatsächlich um einen Irrtum handelt, wovon auch Sokrates ja in der Tat ausgeht), versage die angeführte Erklärung des falschen Meinens. Hier scheine es sich also wieder um den Fall eines Wissens und zugleich Nichtwissens zu handeln, denn man hielte ein Ergebnis in Form einer Zahl, für eine andere Zahl [196a-b/R 177]. Daraus, daß es es nicht zugleich ein Wissen und ein Nichtwissen von etwas gäbe, sei aber bewiesen worden, daß es keine falsche Meinung gibt. Es müsse also gezeigt werden, daß Falsches meinen anders bestimmt sei als oben ausgeführt, anderenfalls sei kein rein gedanklicher Irrtum möglich. Entweder gäbe es nun keine falsche Meinung, oder aber man könne, was man nicht weiß, zugleich doch wissen [196b-c/R 177].
Sokrates schlägt nun ein weiteres Modell vor, um das Wissen zu bestimmen. Im ganzen Verlauf der Diskussion sei der Begriff des Wissens u.ä. bereits verwendet worden, als wüßte man, worum es sich dabei handle, obgleich man dies ja gerade erst in Erfahrung zu bringen versuchte. Er entwirft nun also das Modell des „Taubenschlages“: eine jede Taube, die man in seinem Taubenschlag hielte, entspräche einem „Wissensstück“, das man besäße. Es sei aber nun zu unterscheiden, daß man zwar über alle Tauben verfüge, aber nicht zur Zeit alle in den Händen halten könne. Lerne man nun etwas, entspräche das dem Erwerb einer neuen Taube, die man dann ebenfalls in seinen Taubenschlag sperre [197b-e/R 181-183]. Welche Bezeichnung soll man aber dafür finden, wenn jemand, der ein bestimmtes Wissen bereits besitzt (sprich: eine bestimmte Taube besitzt), sich diesem aber zunächst für einen konkreten Zusammenhang nicht bewußt ist, sozusagen also dieser Taube nachjagt, und sie schließlich auch fängt, das Wissen dann also auch bewußt hat? Als Beispiel führt Sokrates denjenigen an, der alle Zahlen zwar kennt, aber natürlich dennoch eine Rechnung durchführen muß -er kennt deren Ergebnis nicht-, obgleich er die Zahl, die das Ergebnis darstellt, eben doch kennt. Würde man sich derart also etwas lehren, was man bereits weiß [198a-e/R 183-185]?
Ohne dieses „terminologische Problem“ lösen zu wollen, hält Sokrates nur die Unterscheidung von „Wissen besitzen“ und „Wissen haben“ fest. Damit ließe sich das Problem umgehen, zugleich Wissen zu müssen und auch nicht, um zu irren. Nun nämlich kann er erklären: für den Fall des falschen Meinens ergreife man eine Taube anstelle einer anderen, und habe dann somit eine falsche in den Händen, die man -geradeso wie die richtige- durchaus auch besaß. Wissen zugleich besitzen und nicht besitzen aber könne man nicht [199a-c/R 185-188].
Doch auch diese Erklärung scheint Sokrates nicht stichhaltig. Immerhin bedeute sie, „daß jemand ein Wissen von etwas haben und dieses doch nicht kennen soll, […] durch sein eigenes Wissen“. Und außerdem, daß die Seele trotz ihres Wissens zweierlei Dinge verwechseln soll. Sogesehen könne auch Unwissenheit Wissen „verursachen“, da ja Wissen bewirken könne, daß man nicht wisse [199d/R 187]. Und auch Theätets Vorschlag, es gäbe vielleicht auch Tauben im Taubenschlag, die einem Stück Nichtwissen entsprächen, deren ergreifen dann zur falschen Meinung führten [199e/R 189], hält Sokrates nur für eine Verschiebung des Problems. Nach dem obigen Modell nämlich, besäße man ja dann Wissen und Nichtwissen, und es sei wiederrum zu erklären, warum man, während man beides weiß, das eine für das andere halten solle. Jemand würde auch nicht, „der beides nicht weiß, was er nicht weiß, für das andere halten, das er auch nicht weiß“. Auch nicht der, der das eine weiß, das andere aber nicht, würde was er weiß, für das andere halten, das er nicht weiß, und schließlich auch nicht was er nicht weiß, für das andere halten, das er weiß [200a-b/R 189-191].
Nach dem Scheitern auch dieses Ansatzes, äußert Sokrates, daß man zunächst hätte das Wissen bestimmen müssen, um dann zu erkennen, was falsche Meinung sei, denn man könne „unmöglich die falsche Meinung erkennen, bevor man hinlänglich erfaßt hat, was Wissen ist“ [200c-d/R 191]. Somit solle von neuem Versucht werden, zu ergründen, was Wissen sei.

hoffe es hat dir etwas geholfen,
Liebe Grüße, Anna

Vielen Dank Anna!

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]