Political Correctness--'bis zur Vergasung'?

PC mal anders
Hallo, Rainer,
ich möchte Dir in dieser Beziehung an die Seite treten.
Auch nach meiner Erfahrung wird der zarte Hinweis auf die „political correctness“ oft als Schlagetot-Argument verwendet, um den Diskussionsgegner als „unanständiges Ferkel“ darzustellen und den Wert seiner Argumente dadurch zu entkräften.
Mir, als ehemaligem Soldaten und Seeman eher ein Freund kräftiger Ausdrucksweise, passiert es immer wieder, dass sich zarte Seelchen an einem etwas deftigeremn Ausdruck wundstoßen.
Dennoch sehe ich ein, dass es Leute geben mag, die sich an der beanstandeten Redewendung stören. Obwohl ich noch nicht so recht an den Zusammenhang mit dem 3. Reich glauben mag, ich muß mal sehen, ob ich mehr über die Herkunft finden kann.
Beste Grüße
Eckard.

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Irgendwie kann man alles bis zur Hysterie hinterfragen.
Wer denkt schon an die Naziverbrecher, die die Gasöfen betrieben, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Motor von „Vergaser“ spricht?

faschistisches Gedankengut
Hallo Rainer

Ich kenne den Begriff nicht so, glaube auch nicht, daß er so
gebräuchlich ist.
Wenn ja, wäre das sicher ein Grund, ihm zu meiden.

Worum es mir ging, war, aufzuzeigen, daß sich unter der Fahne
der political correctness handfeste Eigeninteressen leichter
durchsetzen lassen und man so manipuliert wird.
Die Gefahr ist sicher nicht zu bestreiten.

Ich begreife ehrlich gesagt immer noch nicht, was das ganze mit pc zu tun hat. Hier geht es doch darum, was Menschen mit dem Begriff „bis zur Vergasung“ assoziieren und ich gehe jede Wette ein, dass sehr viele Leute damit den Holocaust assoziieren. pc ist für mich etwas, was von „oben“ kommt, aber das sehe ich hier nicht. Schliesslich haben außer Chemikern oder Autoschraubern wohl sehr wenig Leute andere Assoziation bei dem Begriff. Ich wette, die meisten wissen nicht mal, was Aggregatzustände sind.

Das haben wir in Deutschland ja nach dem Krieg erlebt und
erleben es heute immer noch, da wird gern mal die Nazikeule
heraus geholt, wenn die Argumente ausgehen.
Ich finde, daß ist eine sehr bedenkliche Entwicklung.

hm…tut mir leid, aber ich erlebe so was nicht und habe sowas auch noch nie erlebt. Was ich jedoch viel häufiger erlebe ist, dass Leute völlig überzogen regieren, wenn man mal etwas hinterfragt, was in Richtung „faschistisches Gedankengut“ geht. Grad so, als wären sie gegen so etwas völlig immun. Und das finde ich bedenklich. Wer mit sich selbst im Reinen ist bezüglich dieses Themas, kann nämlich auch sachlich darüber reden und muss auch nicht ausflippen, wenn mal jemand eine Einstellung hinterfragt. ICH hab jedenfalls keine Problem damit, wenn mir jemand faschistisches Gedankengut unterstellen würde. Ich müsste im ersten im ersten Moment vielleicht schmunzeln und würde mich dann, je nachdem, wie ernst dieser Vorwurf gemeint ist, damit auseinandersetzen. Es ist nämlich die Auseinandersetzung mit diesem Thema, was einen immun macht, und nicht der Glaube, man hätte es vermeintlich nicht nötig, sich damit auseinanderzusetzen.

Es dürfte ja wohl klar sein, dass faschistisches Gedankengut sich NICHT Ende 1945 automatisch erledigt hat, sondern dass es in kleinen Kreisen der heutigen Gesellschaft offen und in größeren latent (und zum Teil sogar unbewußt) vorhanden ist.

Ansonsten bin normalerweise höflich, Du kennst ja meine
Postings.

Ja, ich weiss. Deswegen hatte ich mich über dein Aufbrausen hier auch etwas gewundert.

Gruss
Marion

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Und hier die Ergänzung der anderen Seite
Hallo Jeanny,

Darüber hinaus…das Wort „Vergasen“ als Verb, würde ich ja
niemals anwenden, die heutige Bedeutung ist mir klar,
Chemikerin bin ich auch nicht.

Nun ja, aber es wird gemacht in der Energiegewinnung: Man spricht da z.B. von Kohlevergasung und davon, Energie ztu gewinnen, indem man „Kohle vergast“ - ganz ohne dabei an KZ zu denken…

Mag jetzt zwar etwas weit

hergeholt sein, aber ich habe nunmal den Begriff „bis zur
Vergasung“ benutzt, dessen Ursprung mir nie klar war (u.a.
weil ich nie darüber nachgedacht habe). Ich sehe hier eine
Abgrenzung zum Verb, und kann mir zumindest vorstellen (auch
wenn ich es nicht genau weiß),

Ich denke, meine obige Bemerkung zeigt, daß das nicht greift.

Noch eine andere Sichtweise…natürlich wollte ich in meinem
zitierten Ursprungstext, wenn ich genauer drüber nachdenke, im
Endeffekt einen negativen Touch in meine Formulierung bringen.

Das ist klar, den negativen Touch hat die Formulierung auch so.

Gruß, Kubi

Meiner Meinung nach verbietet mir schon die Höflichkeit und
der wenigstens ein klein bisschen sensible Umgang mit anderen
Menschen, „bis zur Vergasung“ in meinem Sprachgebrauch zu
benutzen, wenn ich weiss, dass es Leute gibt, die dies mit der
Nazi-Zeit in Verbindung bringen (egal ob es nun dort
tatsächlich seinen Ursprung hatte oder nicht).

Und wo ist dann Schluß? Es gibt Leute, die einen grausamen Unfall hatten und bei denen allein schon die Erwähnung des Wortes z.B. Autounfall höchste Aufwühlung und negative Emotionen hervorruft. Benutzt Du deshalb jetzt auch den Begriff Autounfall nicht mehr?

Was das mit pc zu tun hat, ist mir völlig schleierhaft. Oder
ist Höflichkeit und sensibler Umgang mit Menschen heutzutage
auch schon pc ?

Keineswegs, und höflich und sensibel sollte man sein. Aber das ist eben nicht dasGleiche wie pc. Und leider gibt es in der pc wilde Auswüchse, die völlig irrational sind. Und das ist der Punkt, an dem ich sage: Schluß, und nicht mehr mitspiele.

Gruß, Kubi

Meiner Meinung nach verbietet mir schon die Höflichkeit und
der wenigstens ein klein bisschen sensible Umgang mit anderen
Menschen, „bis zur Vergasung“ in meinem Sprachgebrauch zu
benutzen, wenn ich weiss, dass es Leute gibt, die dies mit der
Nazi-Zeit in Verbindung bringen (egal ob es nun dort
tatsächlich seinen Ursprung hatte oder nicht).

Und wo ist dann Schluß? Es gibt Leute, die einen grausamen
Unfall hatten und bei denen allein schon die Erwähnung des
Wortes z.B. Autounfall höchste Aufwühlung und negative
Emotionen hervorruft. Benutzt Du deshalb jetzt auch den
Begriff Autounfall nicht mehr?

Wenn ich weiss, dass diese Person diese Assoziationen hat, ja, dann würde ich diesen Begriff im Gespräch mit dieser Person wohl versuchen zu meiden.

Im Gegensatz zu selbst erlebten Autounfällen, irgendwelchen chemischen Vorgängen und Autoteilen düfte aber das Wissen um den Holocaust in der Bevölkerung wohl größtenteils vorhanden sein (hoffe ich zumindest).

Was das mit pc zu tun hat, ist mir völlig schleierhaft. Oder
ist Höflichkeit und sensibler Umgang mit Menschen heutzutage
auch schon pc ?

Keineswegs, und höflich und sensibel sollte man sein. Aber das
ist eben nicht dasGleiche wie pc.

Eben. Sehe ich genau so.

Gruss
Marion

Im Gegensatz zu selbst erlebten Autounfällen, irgendwelchen
chemischen Vorgängen und Autoteilen düfte aber das Wissen um
den Holocaust in der Bevölkerung wohl größtenteils vorhanden
sein (hoffe ich zumindest).

Das Wissen schon, aber nicht die negativen Emotionen des Erlebt-habens. Jemandem gegenüber, der nur das Wissen darum hat, benutze ich den Begriff genauso wie den des Autounfalls gegenüber normalen Leuten, die ja auch das Wissen darüber haben.

Wenn ich weiß, daß jemand Probleme mit einem Thema hat, bemühe ich mich aber natürlich auch, dieses nicht anzuschneiden.

Gruß, Kubi

Wenn ich weiß, daß jemand Probleme mit einem Thema hat, bemühe
ich mich aber natürlich auch, dieses nicht anzuschneiden.

Gut. Ich werde dieses Thema jedoch weiterhin anschneiden, auch wenn ich merke, dass Leute offensichtlich ein Problem damit haben :smile:

Gruss
Marion

Hallo,

vielleicht schilderst Du mal kurz, was Dein eigentliches Problem ist. Die Floskel „Bis zur Vergasung“ erscheint zum Hausgebrauch vor dem Hintergrund des Holocaust als zweifelhaft, weil zynisch und kann somit von mir aus verdammt werden.

Ich würde dennoch zwischen zwei Dingen unterscheiden wollen:

Die Wendung „Jeder ist seines Glückes Schmied“ kann verkürzt wiedergegeben werden mir „Jedem das Seine“. Vom Sinn her ist daran nichts auszusetzen. Nimmt man jetzt aber das Eingangstor eines KZ und schreibt den Spruch drüber, so grenzt Zynismus an Barbarei, okay? Das gleiche gilt für „Arbeit macht frei“. Diese Wendungen wurden von den Nazis aktiv mißbraucht und sollten auch so behandelt werden.

„Bis zur Vergasung“ wurde aber nicht aktiv von den Nazis mißbraucht und ist zur Zeit des Nationalsozialismus auch nicht von der Bevölkerung in Hinblick auf die Judenvernichtung gebraucht worden (Liegt schlicht und ergreifend daran, daß die Nazis die Vergasungen weitgehend geheim hielten).

Es wurde hier schon mehrfach erwähnt: Man sollte seine Worte so wählen, daß man niemanden weh tut. Die Wendung ist fraglich, weil eben viele Menschen glauben, daß sie sich auf die Vernichtungslager bezieht. Man erspart sich also ellenlange Diskussionen, wenn man sie gar nicht erst gebraucht (Auch eine Art von Bequemlichkeit).

Allerdings sollte man auch sehen, wo die Grenzen sind. Konnte man vor 20 Jahren noch einen Negerkuss kaufen, so geht das nicht mehr. Dieser Begriff ist mit einem Mal negativ belegt gewesen. Man sagte Schwarzer. Warum auch nicht, wenn es Seelen glücklich macht. Schwarzer war auch schnell tabu, es folgte Farbiger. Auch der Farbige hatte nur ein kurzes Gastspiel. Was sagt man eigentlich jetzt? In England spricht man von den nichtbleichgesichtigen Einwanderern als Afro-Carabeen. Klingt cool, ist aber auch schon wieder zweifelhaft, weil sich einige der Migranten mit dem Stempel „Afro“ schwer tun.

Ja mei. Sprache verändert sich halt und das ist auch gut so. Wir müssen nur aufpassen, daß normale Begriffe (Vergasung immer noch fraglich) nicht aus sportlichen Ehrgeiz ständig mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden. Mich wundert es, daß man immer noch Volkswagen sagen darf und das der Reichsbund der Kriegsgeschädigten überlebt hat.

Nur so als Anregung

Gruß

Andi

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latente oder nicht so ganz latente…
Sprache ist der Gegenstand einer Untersuchung

http://www.taz.de/tpl/2001/01/27.nf/magText.Tname,a0…

Es ist nämlich
die Auseinandersetzung mit diesem Thema, was einen immun
macht, und nicht der Glaube, man hätte es vermeintlich nicht
nötig, sich damit auseinanderzusetzen.

Es dürfte ja wohl klar sein, dass faschistisches Gedankengut
sich NICHT Ende 1945 automatisch erledigt hat, sondern dass es
in kleinen Kreisen der heutigen Gesellschaft offen und in
größeren latent (und zum Teil sogar unbewußt) vorhanden ist.

Bravo, Marion!

Als Tipp an alle Beteiligten an dieser Diskussionskette:

Dieter E. Zimmer hat in seinem Buch: Deutsch und anders - die Sprache im Modernisierungsfieber, (ISBN 3-499-60525-2 Buch anschauen) einen längeren Aufsatz zu diesem Thema geschrieben: „Die Berichtigung, Über die Sprachreform im Zeichen der Politischen Korrektheit“ (etwa 70 Seiten) geschrieben, der das Problem vielschichtig vorstellt und auch Hinweise zu einer eigenen Stellungnahme bietet.
Ich las den Text mit Gewinn.
Beste Grüße
Fritz Ruppricht

Nee, Marion
nicht mit Gewalt.
Bis zur Vergasung, so hat mir das mal mein Opa erklärt, liefen die alten Holzvergaser-Lkws (Vergaser darf man doch noch sagen, oder?), danach ist der Antrieb erschöpft.
In der Bedeutung wird das Wort auch angewandt, sich verausgaben bis zur Erschöpfung.
Alles Andere sind Konstruktionen und unglaubwürdig.
Wenn das für Dich schon faschischtisches Gedankengut ist, habe ich Dich überschätzt :wink:.
Weißt du, was mich so sehr an den Korrekten stört?
Die sind immer betroffen, je weniger Ahnung sie haben, desto betroffener. Und empört. Und natürlich meinen sie es immer gut, jedenfalls sagen sie das hinterher, wenn sie mal wieder Mist gebaut haben.
Ist wohl der Zeitgeist, nix für mich.
Ich muss nicht jeden Scheiss mitmachen.
Gruß
Rainer

Tja Rainer

In der Bedeutung wird das Wort auch angewandt, sich
verausgaben bis zur Erschöpfung.

hab ich nie bestritten.

Weißt du, was mich so sehr an den Korrekten stört?
Die sind immer betroffen, je weniger Ahnung sie haben, desto
betroffener. Und empört.

Empört bist eigentlich nur du hier. Ich hab lediglich versucht einen Denkanstoß zu liefern und Verbindungen aufzuzeigen, um die es dem ursprünglichen Fragesteller ja wohl ging.

Und natürlich meinen sie es immer

gut, jedenfalls sagen sie das hinterher, wenn sie mal wieder
Mist gebaut haben.
Ist wohl der Zeitgeist, nix für mich.
Ich muss nicht jeden Scheiss mitmachen.

Der heutige Zeitgeist offenbart sich wohl etwas anders, oder was meinst du, hätte dein Opa zu dir gesagt,
wenn er folgenden Satz von dir in einem öffentlichen Forum lesen könnte ?

: Ich muss nicht jeden Scheiss mitmachen.

Die Leute, die sich heute noch über korrekten Sprachgebrauch, bwz. die Feinheiten und Hintergründe der deutschen
Sprache Gedanken machen, werden ja wohl eher weniger. Zlatko (je proller, je doller) lässt grüssen.

mit etwas anderen Grüssen
Marion

2 Like

Ich stimme im Tenor mit dir überein, auch wenn ich mich nicht so ereifere, wie du. Ich habe total unbedacht eine Formulierung benutzt, ich bin ins Nachdenken gekommen, ich habe für mich den Schluss gezogen, es genauso wie du zu handhaben. Das Beispiel, das hier genannt wurden, mit dem Verkehrsunfall…finde ich gut! Interpretationenen gut und schön, ich erkörpere mit meiner Aussage aber nicht mehr oder weniger, als ich damit beabsichtigt habe, sollte es jemand „in den falschen Hals“ kriegen, ist es allein dessen Problem. Bin ich extrem vorsichtig, lasse ich alle annähernd zweideutigen Formulierungen weg, bin ich geradeheraus (wie ich), sag ich einfach, was ich will!!!

Gruß
Jeanny

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Ich stimme im Tenor mit dir überein, auch wenn ich mich nicht
so ereifere, wie du. Ich habe total unbedacht eine
Formulierung benutzt, ich bin ins Nachdenken gekommen, ich
habe für mich den Schluss gezogen, es genauso wie du zu
handhaben. Das Beispiel, das hier genannt wurden, mit dem
Verkehrsunfall…finde ich gut! Interpretationenen gut und
schön, ich erkörpere mit meiner Aussage aber nicht mehr oder
weniger, als ich damit beabsichtigt habe, sollte es jemand „in
den falschen Hals“ kriegen, ist es allein dessen Problem. Bin
ich extrem vorsichtig, lasse ich alle annähernd zweideutigen
Formulierungen weg, bin ich geradeheraus (wie ich), sag ich
einfach, was ich will!!!

Hi Jeanny
sei lieber geradeheraus, das ist ehrlich, das schätzen Andere, das ist die Basis für Freundschaft und Verstehen.
Mag das jemand nicht, kein Problem, auf solche Leute kann man verzichten, die sind keine wahren Freunde.
Gruß
Rainer

Hi Marion

Der heutige Zeitgeist offenbart sich wohl etwas anders, oder
was meinst du, hätte dein Opa zu dir gesagt,
wenn er folgenden Satz von dir in einem öffentlichen Forum
lesen könnte ?

: Ich muss nicht jeden Scheiss mitmachen.

Au weia, der hätte mir gehörig den Hintern versohlt. das hielt man damals für ein probates Erziehungsmittel.

Die Leute, die sich heute noch über korrekten
Sprachgebrauch, bwz. die Feinheiten und Hintergründe der
deutschen
Sprache Gedanken machen, werden ja wohl eher weniger. Zlatko
(je proller, je doller) lässt grüssen.

Da hast Du Recht, das nervt mich auch, das Privatfernsehen wird so langsam zu einer Spielwiese für Gestörte.
Bin mal gespannt, wann der erste Live-Bericht: „Mein Liebesleben mit einem Gorilla im Heißluftballon“ kommt.
Man sollte Thomas Mann zur Pflichtlektüre an Schulen machen, besser konnte keiner mit Sprache umgehen.
Gruß
Rainer

Gut gebrüllt, Löwe! (owT)
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