Hallo Oranier,
In den Grundzügen sind wir uns sicherlich einig
ja, ich wollte auch weniger einen Dissens herstellen, als eher für Samsons Anliegen ein bißchen mitpräzisieren. (ich selbst bin im Gegensatz zu Dir nicht in der Lage, das Gebiet, um das es Samson geht, so ohne weiteres zu überblicken, bin aber ein akzeptabler Spinoza-Kenner bzw. einigermaßener Kenner der Verbindung Hobbes-Spinoza)
, wobei ich
deinen Hinweis auf den seit jeher sträflich vernachlässigten
Spinoza dankend entgegennehme.
seit jeher vernachlässigt ist er ja im Grunde nicht; aber als Naturrechtstheoretiker wurde und wird er unter Gebühr behandelt, gerade weil seine Konzeption so viel „moderner“ ist als etwa die Hobbes’ oder Lockes.
dies zu zeigen ist gerade das Verdienst der neueren französischen Philosophen um Balibar, Matheron, etc.
Dass Hobbes vom Gottesgnadentum abrückt, kennzeichnet eben
gerade die bahnbrechende Neuorientierung auf den Staat und die
Souveränität statt auf die Fürsten.
Dass der mit absoluter Gewalt ausgestattete Monarch aber sein
Favorit ist, ist doch wohl Konsens?
ja natürlich
Wobei er diesen eben
zugegeben funktional zur Staatsmacht sieht und nicht mehr
metaphysisch.
das habe ich mit meinem „Jein“ gemeint. Hobbes favorisiert meines Erachtens nicht die absolute Monarchie per se, sondern eine bestimmte Form absoluter Monarchie, nämlich absolute Monarchie als die Staatsform, welche am besten Frieden und Sicherheit bringen kann;
ich wollte mit meinem „Jein“ Dir gar nicht stark widersprechen, nur auf Nuancen hinweisen, nämlich auf die Tatsache, dass die absolute Monarchie bei Hobbes eine klar formulierte Funktion zu erfüllen hat, und deshalb unter bestimmten Umständen eben „dysfunktional“ sein kann und nach Hobbes durch ein „funktionales Äquivalent“ ersetzt werden muss (Hobbes’ Diskussion der Widerstandsrechte), welches eben in einer bestimmten Konstellation auch eine Aristokratie oder eine Demokratie sein kann.
Damit lehnt Hobbes also beispielsweise die Konzeption einer „absoluten Monarchie“ à la Filmer dezidiert ab, darum mein „Jein“.
Auch Spinoza verwirft, soweit ich sehe, zumindest in seinem
Traktat, nicht eindeutig die absolute Herrschaft, oder irre
ich da?
Nein, Du irrst nicht;
Spinoza verwirft genau wie Hobbes überhaupt keine Staatsform grundsätzlich, sondern stellt die Staatsform in einen Bezugsrahmen, nämlich in dem der Selbsterhaltung;
diese Selbsterhaltung der Menschen ist aber bei Hobbes rein auf das biologische Überleben beschränkt, bei Spinoza sehr viel unbestimmter gelassen und damit weiter gefasst.
Jedenfalls präferiert nun Hobbes die absolute Monarchie deshalb, weil der Souverän aus einer einzigen Person besteht, Spinoza die Demokratie, weil der Souverän eben gerade nicht aus einem Teil oder gar nur einer Person der Gesellschaft besteht, sondern alle Teile abdeckt.
Aus bestimmten Gründen, die in der Unterschiedlichkeit der Auffassung vom Naturzustand liegen, hält also Hobbes die absolute Monarchie für die stabilste Staatsform und Spinoza die Demokratie für die stabilste Staatsform; um Stabilität/Selbsterhaltung des Staates geht es beiden gleichermaßen.
Sagen wir so: Locke differenziert klar die legislative
Funktion von der exekutiven, die bislang in einer Hand
vereinigt waren. Von dieser Differenzierung ist es nur ein
Schritt zur Aufteilung.
ok
Gewaltenteilung heißt aber nicht per se: Gleichgewicht der
Kräfte. Die Legislative hat im ursprünglichen Konzept auch bei
Montesquieu die vorrangstellung.
Auch hier gehts ja nur um Nuancen:
Locke differenziert zwar Legislative und Exekutive, will aber diese Mächte gerade nicht unbedingt in verschiedene Hände legen, d.h. bei ihm gibt es eine Gewaltenteilung der Gewaltfunktionen, nicht aber der Gewalthaber.
Montesquieu dagegen geht es um die funktionale und personelle Gewaltenteilung, damit aber um eine gewisse Autonomie der Gewalten voneinander, während nach Locke die Gewalt der Exekutive auf deren Zuweisung durch die Legislative beruht (vgl. Two Treatises, II, 148, 150)
vgl. zu Montesquieu z.B. „Sobald in ein und derselben Person oder derselben Beamtenschaft die legislative Befugnis mit der exekutiven verbunden ist, gibt es keine Freiheit“
Aus meiner Sicht ist check&balances das Wesen dessen, was wir heute unter Gewaltenteilung verstehen; deshalb halte ich eben Montesquieu für deren Urvater, nicht Locke;
aber wie gesagt: Nuancen, wenn auch interessante.
Viele Grüße
franz