Politische Verantwortung: Raum- oder zeitgebunden?

Hallo Leutz
Zunächst hab iuch mich gefragt, für welches rett das ein Thema sein könnte, hab mich dann aber für dieses hier entschieden, weil „Geschichte“ oder „Politik“ mir weniger zu passen scheint.
Also:
Seit ich ein junger Mann bin, frage ich mich zuweilen, ob ich meine Verantwortung für politisches Gescshehen eher RAUMGEBUNDEN oder eher ZEITGEBUNDEN empfinde.
Für meine Generation war ja der Vietnam-Krieg der USA um 1968 mehr Tagesthema als Nazi-Deutschland. Ich bin zwar in Deutschland geboren, aber Nazu-Deutschland war vor meiner Zeit. Ich bin zwar nicht in den USA geboren, aber die USA haben in meiner Zeit große Kriege in der Welt geführt.
Damals wie heute frage ich mich also manchmal: Womit bin ich politisch mehr identifiziert, wo fühle ich mehr Veranwortung, in meinem „Raum“ oder in meiner „Zeit“ ?
Falls das ein Thema für Euch sein sollte, bitte ich Euch um Eure Meinungen und Assoziationen dazu.
Gruß,
Branden

Hallo Branden,

Seit ich ein junger Mann bin, frage ich mich zuweilen, ob ich
meine Verantwortung für politisches Gescshehen eher
RAUMGEBUNDEN oder eher ZEITGEBUNDEN empfinde.

Es ist meistens das Aktuelle, also die Zeit, für das sich die Leute im Allgemeinen verantwortlich oder betroffen „fühlen“. Also das, mit dem man täglich durch die Medien etc. konfrontiert wird. 68 wurde man eben pausenlos von Vietnambildern berieselt, die entsprechenden individuellen Reaktionen waren Programm! Die Nazis nicht mehr zu verändern, als solche ad acta zu legen, zwangsläufig! (emotional!)
Anders verhält es sich mit dem Verstand!
Durch die Empirie, beispielsweise die deutsche Wiedervereinigung, können wir eben eruieren, dass wir uns einer Verantwortung auch über Mauern hinweg, nicht entziehen können! Früher oder später holt sie uns ein! Obwohl sich die meisten Westdeutschen nicht für das Geschehen in Ostdeutschland verantwortlich gefühlt haben, wurden sie eines Besseren belehrt!
Ergo denke(!) ich, dass man sowohl Raum- als auch Zeitgebunden in der Verantwortung steht, aber fühle mich wohl eher dem Zeitgeist verpflichtet! Auch stellt sich mir die Frage, ob man Raum und Zeit, und das ist jetzt keine physikalische Frage, (also eventuelle Ansichten über die SRT reflektiert, bzw. provoziert :wink:), überhaupt trennen kann? Wären die 68er ohne die Nazierfahrung in ihrer Intensität und Intention überhaupt entstanden? Woher speisten die Protagonisten ihren Mut, sich derart, ohne zwingende Not, gegen die Obrigkeit zu erheben? Spielten da nicht Raum und Zeit ein gemeinsames Spiel?

Sei gegrüßt
HC

Hallo HC

Auch stellt sich mir die Frage, ob man
Raum und Zeit, und das ist jetzt keine physikalische Frage,
(also eventuelle Ansichten über die SRT reflektiert, bzw.
provoziert :wink:), überhaupt trennen kann? Wären die 68er ohne
die Nazierfahrung in ihrer Intensität und Intention überhaupt
entstanden? Woher speisten die Protagonisten ihren Mut, sich
derart, ohne zwingende Not, gegen die Obrigkeit zu erheben?
Spielten da nicht Raum und Zeit ein gemeinsames Spiel?

Ja, das denke ich auch.
Was die VERANTWORTUNG im speziellen betrifft, denke ich, ist man eher an die ZEIT gebunden. Ich kann mich im Hier und Jetzt mehr oder minder stark für oder gegen etwas engagieren.
Wenn man das zugespitzt sieht, ist man -auch als heute lebender Deutscher- MEHR verantwortlich für den Irak-Krieg als für den Holocoust. Und genau hier entsteht ein Missverhältnis. Du wist als nachgeborener Deutscher im Ausland eher mit der Nazizeit in Zusammenhang gebracht als mit z.B. dem Irak-Krieg. Hier spielen also Ressentiments und Projektionen eine starke Rolle.
Gruß,
Branden

Hallo Branden,

auch als heute
lebender Deutscher- MEHR verantwortlich für den Irak-Krieg als
für den Holocoust.

Absolut! Es geht um mehr als nationales oder geschichtliches
Auseinanderdividieren. Vergangene Schuld ist kein Indikator dafür gegenwärtige oder gar zukünftige Schuld und Unmenschlichkeit tolerieren zu müssen! Selbst ein Mörder oder gerade der, aus seiner Erfahrung heraus, hätte die menschlich-humanitäre Pflicht! weiteres Morden zu verhindern. Aber solche Konjunktive sind unrealistisch, ich weiss.

Und genau hier entsteht ein Missverhältnis.
Du wist als nachgeborener Deutscher im Ausland eher mit der
Nazizeit in Zusammenhang gebracht als mit z.B. dem Irak-Krieg.

Ganz schlimm wird das, wenn dir im Ausland dann noch, augenzwinkernd und schulterklopfend, die unverholene Sympathie für die Nazizeit mitgeteilt wird. Da läufts dir dann kalt den Buckel runter. Und du siehst dich in einer noch schlimmeren Zwickmühle als in der des „verbrecherischen Erben“!

Hier spielen also Ressentiments und Projektionen eine starke
Rolle.

Und eventuell auch Kompensationen! Wer selbst „Dreck am Stecken“ hat, kann diesen nicht besser verbergen, als durch den Dreck anderer. Welche Nation ist geschichtlich ohne Schuld(zeitlich)? Die Frage von Schuld und Verantwortung ist eine zutiefst menschliche und keine national (räumlich) begrenzte! Die destruktiven Tendenzen oder die Thanatosenergie, wie du das vielleicht im Fachterminus nennen würdest, ist ein menschlich inhärentes und deshalb jeden betreffendes Phänomen!
Oder glaubst du an die absolut „Guten“? Gibt es die? Oder ist das nur Selbstverleugnung und gar Schlüssel oder Toröffner für die Unmenschlichkeit? Solange ich nicht Willens und in der Lage bin, mich selbst zu erkennen, kann ich das „Böse“ in mir auch nicht kanalisieren.
Oder siehst du das anders?

Gruß
HC

Hallo HC:open_mouth:der glaubst du an die absolut „Guten“? Gibt es die? Oder ist

das nur Selbstverleugnung und gar Schlüssel oder Toröffner für
die Unmenschlichkeit? Solange ich nicht Willens und in der
Lage bin, mich selbst zu erkennen, kann ich das „Böse“ in mir
auch nicht kanalisieren.
Oder siehst du das anders?

Nein, HC, ich sehe das ijn etwa genau so.
Gruß,
Branden

Hallo Branden,

es ist PRINZIPIELL ökonomisch gebunden. Das wird auch hierzulande sehr deutlich.

Gruß
Frank

Hallo Frank

es ist PRINZIPIELL ökonomisch gebunden. Das wird auch
hierzulande sehr deutlich.

Mag sein. Das ist aber ein anderer Aspekt und hat mit meiner Fragestellung wenig zu tun. :wink:
Gruß,
Branden

Vielleicht trifft das Wort Kultur Dein Problem, weil es Raumlich-Zeitlich definiert ist. In welcher Kultur als räumlich-zeitlichem Prozess fühlst Du Dich zugehörig? Der Raum als solcher ist nach der Theorie von Simmel (der sich übrigens mit Regionen, Konflikten, Gebiete als Raumdefinition) nicht da, sondern entsteht mit der Zeit. Der Raum als individuelle Wahrnehmung wäre also Dein persönlicher Raum und somit Deine Identität in der Welt.

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