Servus Karl
Hallo Herbert,
Ich habe eben eine Artikel von Dir weiter
unten gelesen. Nun eine Tatsache: Ich
habe in Wien 2., Vereinsgasse die
Oberschule besucht. Ich hatte einen
Freund in meiner Klasse, mit Namen
Grünwald. Seine Mutter kam mit zwei
Kindern nach 1939 von Iglau im
Sudetenland nach Wien. Nach der vietren
Klasse verabschiedete er sich von seinen
Klassenkameraden. Er würde weiter eine
Textilschule besuchen. Auf unsere Fragen
erklärte er uns, er wäre Halbjude (sein
Vater war Jude, wie bei Dir). Erst jetzt
erfuhren wir, dass er Halbjude war und
diese nur acht Klassen öffentlicher
Schulen besuchen durften (Das war aber
Pflicht).
Nach meiner Rückkehr aus der
Gefangenschaft erfuhr ich, dass er die
Schule abgeschlossen hatte. Ich bin
überzeugt, das liesse sich sogar alles
nachprüfen, geschehen 1942. Also so gross
wäre die Gefahr für Dich wahrscheinlich
nicht gewesen, wenn Du nicht auf
irgendeine Art aufgefallen wärst.
Grüsse von Karl.
Ich weiß nicht. Folgendes habe ich gefunden:
Berliner Zeitung 18.3.1999
"Dann bekam ich meinen neuen Namen: 122 785“
Es hat lange gedauert, bis Willi Frohwein über Ausschwitz reden konnte VON KATHARINA KÖRTING
Willi Frohwein hat zwei Jahre Auschwitz überlebt. In bestem Berlinerisch erzählt er seine Geschichte, als wäre es die eines anderen: nüchtern, die innere Bewegung nur spürbar in den Pausen. “Sein eigenes Elend fühlt man nicht so“, sagt er. “Ich habe immer die anderen um mich herum gesehen und gedacht: Das is gar nich möglich.“ Im April 1943 wurde er mit anderen Häftlingen zum Lehrter Bahnhof gebracht und in einem Waggon gepfercht. Der Zug fuhr “nach Oberschlesien“.
In Auschwitz angekommen, mußten die Neuankömmlinge alle Sachen abgeben und die blauweiß gestreifte Häftlingskleidung anziehen. “Und dann bekamen wir unsere neuen Namen.“ Willi Frohwein zeigt die blaue Tätowierung auf dem Unterarm: 122 785. In Auschwitz war er zuerst bei einem Strafkommando im Außenlager Monowitz. Sie nannten es “Buna“, weil so der dort von der IG-Farben hergestellte Kunstkautschuk hieß. Die Zwangsarbeiter schleppten und stapelten 50 Kilo schwere Zementsäcke, die mehr wogen als sie selber.
Veranstaltung in der Zitadelle
Im Rahmen der Ausstellung “UnEinheitlich“, die Studenten der Freien Universität erarbeiteten, wird Willi Frohwein von seiner Zeit in Auschwitz erzählen: am 24. März abends, bei einem “Zeitzeugengespräch“ in der Spandauer Zitadelle. “Bei der Machtergreifung der Nazis 1933 ahnte ich nicht, was mir bevorsteht“, sagt er. Damals war er zehn Jahre alt. In der Seegefelder Straße verlebte Frohwein bis 1933 “eine ganz normale Kindheit“ in Spandau. Sein Vater Wilhelm war Uhrmacher - und Jude. Daß Wilhelm Frohwein wegen seiner Ehe zum katholischen Glauben übergetreten war, spielte für die Nationalsozialisten keine Rolle: Mit der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze 1935 wurde der Sohn zum “Mischling ersten Grades“ - zum “Halbjuden“.
Er verlor alle Freunde. “Halb und halb ist auch einer!“ riefen sie ihm in der katholischen Knabenschule hinterher. In der Progromnacht 1938 erlebte er, wie die SA-Kolonnen Schaufenster einschlugen und Juden verprügelten. Leute aus der Nachbarschaft verschwanden später nach Oberschlesien. “Zu der Zeit war klar, daß ein KZ kein Sanatorium war, aber viel mehr wußte keiner“, sagt Frohwein. “Auch im Lager erfuhr ich erst nach Monaten, wie die Leute umgebracht wurden, das war ein Tabu, darüber sprach man nicht.“ Es hat lange gedauert, bis er über Auschwitz reden konnte. Bis zum Prozeß gegen den Lagerarzt Horst Fischer 1966 in Ostberlin, in dem er als Zeuge aussagte, hat er das Thema strikt vermieden. Fischer wurde wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt. Zweimal selektierte der Lagerarzt ihn für den Transport in die Gaskammern. Aber jedesmal wurde er kurz vorher zurückgerufen.
“Hunderzweinzwanzigsiemfüm fundachzig - runterkommen!“ schrie der Blockschreiber, “geh zurück auf deine Pritsche!“ Erst nach dem Krieg erfuhr Frohwein den Grund: Seine Mutter habe dem Lagerleiter einen Brief geschickt und von einem anderen Sohn, der “im Felde“ sei, geschrieben. Das habe die Lagerleitung verunsichert, ob Frohwein nun “Arier“ oder ]ude sei. “Und Arier wurden nicht ins Gas geschickt, Halbjuden schon“, sagt er. Kurz bevor die Rote Armee am 27. Januar 1945 Auschwitz befreite, wurde er nach Bergen-Belsen gebracht. Da war er so schwach, daß er nicht einmal die dünne Kohlrübensuppe herunterbekam.
Als er sah, wie SS-Leute eigenhändig einen toten Häftling trugen, daneben britische Soldaten, war ihm klar “daß es vorbei war“. Das von den Alliierten verteilte Brot verursachte bei ihm Durchfall. “Viele liefen mit dem Brot unterm Arm rum un konnten es nicht essen. Für die kam die Rettung zu spät.“ Nach dem Krieg ging Frohwei zur Kripo und wurde später Invalidenrentner. Von seiner Zeit in Auschwitz erzählt er ruhig, aber über “die Politiker mit ihrem Hick hack um die Ausländer“ regt er sich auf. “Es ist schäbig, Minderheiten auszugrenzen und als politische , Waffen zu benutzen“, sagt Willi Frohwein, Deutscher, Jude und Katholik - je nachdem. Das Zeitzeugengespräch mit Willi Frohwein findet am 24.März, 19 Uhr in der Zitadelle statt.
nachzulesen unter:
http://www.fu-berlin.de/uneinheitlich/Pressegross/Be…
Reichsbürgergesetz:
Einem deutschen Staatsbürger mit jüdischem Glauben oder mit zwei Großeltern jüdischen Glaubens wurden ein Großteil seiner Rechte aberkannt.
Volljude war jener der drei jüdische Großeltern hatte, auch wenn ein Großelternteil nur der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte.
Außerdem wurden die Juden noch unterteilt in:
jüdischer Mischling
Halbjude
Vierteljude
Behandelt aber wurde der Vierteljude genau wie der Volljude.
Des weiteren wurde bestimmt , dass kein Jude Reichsbürger sein konnte. Juden durfte kein 6ftentliches Amt mehr bekleiden und mussten spätestens am 31.12.1935 in den Ruhestand treten. Das Stimmrecht in politischen Angelegenheiten wurde ihnen abgesprochen.
Im Reichsbürgergesetz wurde den Juden in jedem nur denkbaren Bereich ihre Freiheiten und Rechte genommen bzw. eingeschränkt.
Weiteres kannst Du unter
http://www.brg-schoren.ac.at/nationalsozialismus/Jud…
nachlesen
Ich glaube ich hätte die ganze NS-Zeit nicht überlebt. Vielleicht verstehst Du jetzt, daß ich es nicht gutheißen kann, wenn jemand den NS verharmlost.
Servus
Herbert