Popper zu Platon

Hallo,

ich las gerade einen Abschnitt aus Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ (Abschnitt V, Kapitel 6). Dort äußert sich Popper sehr scharf über Platon und bezeichnet dessen Position im „Staat“ als Haß auf das Individuum und dessen Freiheit. Aufgrund einer Passage, die Popper zitiert, sieht es tatsächlich so aus, als befürworte Platon so etwas wie den Führerstaat.

Wie wird unter Philosophen Poppers Interpretation von Platon eingeschätzt?

Grüße,

Oliver Walter

Hallo Oliver,

Wie wird unter Philosophen Poppers Interpretation von Platon
eingeschätzt?

das Buch von Popper hat bei seinem Erscheinen zu einem großen Aufschrei unter den Philosophen (besonders unter den altsprachlich orientierten) geführt, weil man Platon ein bisschen wohl schon als „heilig“ empfunden hatte. Die Diskussion hält an, wird aber inzwischen nicht mehr ganz so scharf geführt. Eine gute und relativ aktuelle Darstellung findet sich bei J. Shearmur: The Political Thought of Karl Popper, London 1996. Eine etwas ältere Darstellung gibt es auf deutsch: R. Maurer, Platons „Staat“ und die Demokratie. Historisch-systematische Überlegungen zu politischen Ethik, Berlin 1970.

Gruß

Bona

P. S. Ich bin nur noch heute da, falls du Nachfragen hast. Ab morgen fliege ich für 2 Wochen in den Urlaub.

Hallo,

danke.

Eine Nachfrage habe ich tatsächlich:

Wie siehst Du Poppers Interpretation?

P. S. Ich bin nur noch heute da, falls du Nachfragen hast. Ab
morgen fliege ich für 2 Wochen in den Urlaub.

Dann wünsch ich gute Erholung.

Grüße,

Oliver

Hallo Oliver,

Wie siehst Du Poppers Interpretation?

zwei Punkte kann man Popper meiner Meinung nach vorhalten: erstens bürdet er als Spätgeborener Popper eine Last auf, die er aufgrund seiner historischen Position gar nicht reflektieren konnte, und zweitens ist seine Kritik zumindest zum Teil auch sprachlich nicht auf der Höhe der Diskussion (jedenfalls wenn man der altsprachlichen Sekundärliteratur folgt).

Beide Kritikpunkte kann man zusammenfassen, indem man die historische Gebundenheit von Autoren generell ins Feld führt. Sowohl Platon als auch Popper argumentieren aus ihrem jeweiligen Umfeld. Und da Popper diese Bedingtheit weitgehend außer Acht lässt, wenn er bloß systematische Kritik übt, kann er Platon nicht gerecht werden.

Allerdings bin ich nicht der Ansicht, dass Popper Kritik gänzlich verfehlt ist. Sachlich hat sie schon etwas für sich, nur eben ist es eine Sache, Inhalte auf heutiger Sicht zu kritisieren, eine andere Sache aber, ältere Denker innerhalb ihrer Möglichkeiten zu beurteilen.

Dann wünsch ich gute Erholung.

Vielen Dank.

Gruß

Bona

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Hallo,

danke. Noch eine Frage, wenn Du gestattest:

und zweitens ist seine Kritik zumindest
zum Teil auch sprachlich nicht auf der Höhe der Diskussion
(jedenfalls wenn man der altsprachlichen Sekundärliteratur
folgt).

Möchtest Du damit sagen, daß Poppers Übersetzung oder die Übersetzung, die er verwendet, nicht optimal ist? Aus heutiger Sicht oder auch schon aus Sicht von 1945?

Grüße,

Oliver

Hallo Oliver,

Möchtest Du damit sagen, daß Poppers Übersetzung oder die
Übersetzung, die er verwendet, nicht optimal ist? Aus heutiger
Sicht oder auch schon aus Sicht von 1945?

so weit ich es aus der Sekundärliteratur in Erinnerung habe, versteht Popper bestimmte Begriffe Platons aus heutiger Sicht, nicht aber so, wie sie damals verwendet wurden. Demnach wäre es also ein Problem aller Übersetzungen und nicht einer bestimmten. Literatur finde ich dazu im Moment auf die Schnelle nicht, aber in den großen Platonbibliographien findet sich sicher etwas. Einige sind mit den üblichen Begriffen auch im Internet zu finden, ich habe nur im Moment keine richtige Zeit zum Suchen. Sorry.

Gruß

Bona

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Literatur
Hallo nochmal,

schau mal hier: http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_II…

Gruß

Bona

nochetwas
Hallo,

http://www.gottwein.de/Grie/PlatStaat472b.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper#Gesellschaf… -> Kritik

Gruß

Bona

Hallo,

danke für Deine Mühe trotz Deiner knappen Zeit. Ich bin schon ganz zufrieden mit den Informationen, die Du mir gegeben hast.

Grüße,

Oliver

Hallo, liebe Philosophen!
Ist gesichert, ob Platon nach dem Scheitern des Experiments in Syrakus grundlegende Elemente seiner „politeia“ revidiert hat? (Oder gibt er nur dortigen innenpolitischen und dynastischen Verwicklungen die Schuld am Scheitern?)
Kann man Aussagen im „7. Brief“ für die Antwort heranziehen?
Welche Vorstellungen der „Leges“ kann/muss man als teilweise Revision der „Politeia“ betrachten?
mfg
H.