ich bekomme in Kürze einen Praktikanten, welcher sein
Praxissemester in Maschinenbau bei uns absolvieren will.
Mein Problem ist dabei, wie soll ich Ihm in 6 Wochen das
Drehen, Fräsen, Bohren und CNC-Fräsen beibringen ?
Hallo Rolf,
um die elementaren Dinge gesehen und begriffen zu haben, braucht man keine 6 Wochen.
Ganz konkret. Drehen auf konventioneller Maschine: Ein Stück Rundmaterial in eine Spannzange. Das Werkstück dreht sich, das Werkzeug bleibt stehen. Höhenausrichtung des Drehstahls, zu hoch gestellt drückt er, kurz unterhalb der Werkstückmitte ist es richtig. Richtige Schnittgeschwindigkeit, Schmieren. Erklärung von Spannzangen, Futter und ein paar Begriffen, z. B. Rundlauf, Vorschub, Reitstock usw. Mit einem praktischen Beispiel ist das die Sache einer Stunde. Unfallverhütung nicht vergessen. Danach läßt Du den Studie ein paar praktische Dinge machen, hast ein Auge darauf und variierst die Aufgabe.
Danach das Gleiche an der konventionellen Fräsbank. Das Werkstück steht, das Werkzeug rotiert. Dann hat der Praktikant schon mal den Unterschied von Drehen und Fräsen. Nach Erklärung einiger elementaren Dinge an der Fräse und Hinweisen zur Unfallverhürung (nie mit dem Finger an das rotierende Werkzeug, Späne nie mit der Hand wegwischen, Vorsicht mit langen Haaren, weiten Ärmeln, Ringen und Schmuck) hat der Azubi schnell begriffen, daß beim Fräsen einer Tasche stets ein Innenradius verbleibt und er sieht auch ein, daß der Radius vom Fräserdurchmesser abhängig ist. Er lernt Ablesen der Skalen und Zustellen, Nullpunkt festlegen, ein einfaches Teil zunächst richtig spannen und eine Fläche anfräsen usw.
Nach etwas Übung gehts an einen Außenradius. Da bemerkt der Praktikant die Grenzen der konventionellen Technik, weil es schlicht per Handzustellung nicht funktioniert. Und schon bist Du bei der CNC.
Wenn Du ihm zwischendurch zeigst, wie man einen Naturstahl schleift und ihm zeigst, wie man einen Bohrer anschleift, geht es schon mehr ans Eingemachte. Beim Bohren in Alu zeigen sich längere Späne. Der gleiche Bohrer reißt in Messing. Zeige ihm, wie Du den Bohrer hinterschleifst. Zeige ihm, wie gut sich Bohrer, die man sonst im Baumarkt als Holzbohrer kauft, für dünne Bleche eignen, ohne daß 8eckige Löcher entstehen. Zeige ihm die unterschiedlichen Schleifsteine und daß man mit butterweichem Stahl die Widia-Scheibe zuschmieren würde.
Ein kleines, elementares CNC-Programm, bei dem Du auf zig Details und auf die 4., 5. und 6. Achse verzichtest, hat der Praktikant schnell kapiert. Das geht in kleinen Schritten vorwärts und zwischendurch ist Zeit für die unverzichtbaren Handarbeiten vom Säubern des Werkstücks, über Entgraten bis zum richtigen Umgang mit der Feile.
Vermittle hin und wieder auch ein paar Vostellungen über den Wert der Dinge. Es ist nützlich, wenn der Auszubildende weiß, daß ein Maschinenschraubstock etliche Tausender kostet und ein Messerkopf einen halben Monatslohn.
Nebenbei lassen sich viele Kleinigkeiten vom Lesen einer Zeichnung, Anfertigen einer einfachen Skizze bis zum Sauberhalten des Arbeitsplatzes einbringen.
Es kommt natürlich auch sehr auf den Praktikanten an. Wenn er aber einigermaßen umgänglich, motiviert und aufnahmebereit ist und eine praktische Ader besitzt, zehrt er ein Leben lang von dem Gelernten und Du mußt tief in die Kiste greifen, um die 6 Wochen zu füllen.
Gruß
Wolfgang