Priester im sechzehnten Jahrhundert

Konnten die Söhne von Priestern im sechzehnten Jahrhundert den Familiennamen ihres Vaters bekommen?

Hallo Experten!

Im Rahmen meiner Familienforschung bin ich in einigen Fällen bis in das sechzehnte Jahrhundert gekommen. Aktuell beschäftige mich mit einer Familie in der Diözese Würzburg. Die Möglichkeiten der Kirchenmatrikel sind ausgeschöpft, weil sie zu dieser Zeit noch nicht geführt wurden. Über andere Urkunden (Universitätsmatrikel etc.) konnte ich drei Brüder, die an unterschiedlichen Universitäten studierten, ermitteln. Vom zeitlichen Kontext her würde auch ein Vater mit gleichem Familiennamen perfekt zu diesen Brüdern passen. Er lebte ungefähr zwischen 1480 und 1550. Seine Söhne sind um 1510 geboren.

Das Problem: Der Vater war Priester. Sicher war es zu allen Zeiten möglich, dass ein katholischer Priester Kinder haben konnte. Und das sechzehnte Jahrhundert ist wegen der religiösen Wirren sicher besonders schwierig. Die Frage ist also, ob es denkbar ist, dass die Söhne eines Priesters den Familiennamen des Vaters erhalten konnten und mit diesem studieren konnten. Es geht ja um die Zeit vor dem Konzil von Trient (1545 – 1563). Informationen über eine Frau bzw. die Mutter liegen mir nicht vor.

Gegebenenfalls kann ich per Mail (siehe Visitenkarte) weitere Informationen geben.

Schon jetzt herzlichen Dank für alle Hinweise und Informationen.

Norbert

Die Frage ist
also, ob es denkbar ist, dass die Söhne eines Priesters den
Familiennamen des Vaters erhalten konnten und mit diesem
studieren konnten. Es geht ja um die Zeit vor dem Konzil von
Trient (1545 – 1563). Informationen über eine Frau bzw. die
Mutter liegen mir nicht vor.

Hallo,

Norbert!

Kinder von Priestern werden in den erhaltenen Protokollen der großen Visitatio Bavarica, die in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts zur Bestandsaufnahme in den Pfarreien des Herzogtums Bayern (sowohl in den bischöflichen wie den herzoglichen Pfarreien) durchgeführt wurde, geradezu regelmäßig (auch mehrere) genannt. Im Abschnitt „de vita“, also über die Lebensführung des Pfarrers, heißt es denn auch „hat ein konkubin“ oder „hat khain konkubin“ oder auch, als wäre es besonders bemerkenswert, „hat ein alt köchin, sey nit sein konkubin“.
Mir scheint, wir befinden uns hier noch in der Zeit, in der der Zölibat in ersten Linie Ehelosigkeit bedeutete, um die Erblichkeit der Pfründe im Sinn des Lehenswesens zu verhindern. (Als dieser Grund für den Z. dann wegfiel, kam wohl erst der größte Teil der spirituellen Begründungen hinzu. Aber darüber sollten Kundigere reden.)
Meine daraus folgende Antwort auf deine Frage: Für diese illegitimen Söhne von Konkubinen wird wohl kaum der Status rechtmäßiger Söhne möglich gewesen sein.
Vielleicht dann, wenn der Priestervater zum Protestantismus übertrat.
Schönen Gruß!
Hannes
Ps: Es wird dringend geraten, in den Postings keine persönlichen Webadressen bekanntzugeben.

Konnten die Söhne von Priestern im sechzehnten Jahrhundert den
Familiennamen ihres Vaters bekommen?

Hallo

Ich möchte mich dieser Meinung anschließen. Nachkommen von Priestern wurde jede Legalität oder soziale Anerkennung versagt. Daher ist davon auszugehen, das der Name (ev. noch ein guter Name) da in jedem Falle einzubeziehen ist.

Bei einer Arbeit zu den wendischen (slavischen) Minderheiten und dem s.g. „Wendenparagraphen“, bin ich sehr oft auf Formulierungen gestoßen die das belegen.

Wenn es um die Zunftrechte, Niederlassungsrechte oder Bürgerrechte ging, wurde im Mittelalter die Nachkommenschaft eines Priesters als „unecht“ auf eine Stufe mit geächteten Berufen oder Ständen gestellt. Was ihnen den Zugang zu Zünften, Bürgerrechten oder ähnlichen Privilegien versagte.

„Es ſoll auch niemandt vnſer werck rühren, he ſey den wercks werdigk vnd bringe vns ſeinen bortsbrieff von dützſcher vnd nicht wendiſcher art oder eigen lüden erlike vnd rechte gebohren nach loueliken Brucke der olden Stadt Brandenburgk.“ (CDB A/IX S.119)

Im Ratsstatut für die Schumacher der Stadt Beeskow aus dem Jahre 1353 wird festgehalten, daß „ … badere kinden, vorsprochin, Linenwebin, Schefere, wende, pfaffin unde allen unechten kinderen werk vorsagin yn unsir stat czu ubende.“ (CDB A XX,S. 350)

Die s.g. „pfaffin kinden“ (Pfaffenkinder) oder von „pfiffern zcu geſtammett“ (von Pfaffen abstammenden) galten als „unechte“ und standen mit Berufen Totengräber, Henker, Abdecker, Badern etc. auf einer Stufe in der sozialen Anerkennung.

Die erkennbare Betonung des „Unechten“, verweißt auf einen Makel den eben auch andere Randgruppen vorwiesen und führte zur Ausgrenzung.

Gruß Parzival

z.d. Quelen:
CDB = Codex diplomaticus Brandenburgensis

Hallo Sir.Parzical! Ich danke für die Informationen, auch wenn sie eine andere Region und eine andere Zeit betreffen. Es ist immer wichtig auch über den Tellerrand zu blicken.

Norbert

Hallo Hannes!

Herzlichen Dank für die Antwort. Ich will mal sehen, ob es ähnliche Protokolle für den fränkischen Bereich gibt. Wir wurden ja erst später von Bayern „übernommen“ :wink: Die Nachfahren meines Kandidaten waren später protestantisch. Nur ist im sechzehnten Jahrhundert wohl nicht immer klar die Frage zu entscheiden wer welchem Glauben angehörte. Ich habe noch ein paar Ansatzpunkte für weitere Überprüfungen und wenn ich nachweisen kann, dass schon der Vater den Glauben wechselte, halte ich meine These von der Verwandtschaft weiter für haltbar.

Schöne Grüße

Norbert

Nur
ist im sechzehnten Jahrhundert wohl nicht immer klar die Frage
zu entscheiden wer welchem Glauben angehörte.

Auch wenn ich spontan keine Belegstellen dazu liefern kann, meine ich mich zu erinnern, daß es vorübergehend auch konfessionelle „Zwidder“ gab, also Geistliche, die von beiden Konfessionen bezahlt wurden, um Gottesdienste zu halten.

Gruß, Martinus…

Hallo

Hallo Sir.Parzical! Ich danke für die Informationen, auch wenn
sie eine andere Region und eine andere Zeit betreffen. Es ist
immer wichtig auch über den Tellerrand zu blicken.

In Bezug auf die Priesterkinder spielt die Zeit und die Region vielleicht noch nicht einmal eine so große Rolle meine ich. Denn zum einen verschärften sich die Ab- und Ausgrenungsbestimmungen der Städte und Zünfte im Laufe der Jahrhunderte und zum anderen ist das Priesterkind keine zeitliche oder regionale Eigenheit. (für katholische Regionen)

Die s.g. ehrliche oder echte Geburt war ein Mittel der Auslese, um in bevölkerungsstarken Städten oder Regionen fremde Konkurenz fernzuhalten und gleichzeitig nur einen besonderen Personenkreis in Privilegioen zu wissen. Das galt für Bügerrechte ebenso wie für die Zünfte oder Gilden.

Das dürfte in katholischen Regionen durch das Sakrament der Ehe noch strenger gesehen worden sein. Ev. war diese Ausgrenzung für Priesterkinder in katholischen Regionen sogar noch tiefgereifender.

Gruß Parzival