Hallo Nescio,
Wie vermeidet man intellektuelle Adipositas?
Durch Radikalität.
Fragen wir dazu einen Sachverständigen …
(Autor und Titel brauche ich sicher nicht anzugeben
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Eine andre Klugheit und Selbstvertheidigung besteht darin,
dass man so selten als möglich reagirt und dass
man sich Lagen und Bedingungen entzieht, wo man verurtheilt
wäre, seine „Freiheit“, seine Initiative gleichsam auszuhängen
und ein blosses Reagens zu werden.
Ich nehme als Gleichniss den Verkehr mit Büchern.
Der Gelehrte, der im Grunde nur noch Bücher „wälzt“ — der
Philologe mit mässigem Ansatz des Tags ungefähr 200 — verliert
zuletzt ganz und gar das Vermögen, von sich aus zu denken.
Wälzt er nicht, so denkt er nicht. Er antwortet auf einen Reiz
( — einen gelesenen Gedanken), wenn er denkt, — er reagirt
zuletzt bloss noch. Der Gelehrte giebt seine ganze Kraft im
Ja und Neinsagen, in der Kritik von bereits Gedachtem ab, — er
selber denkt nicht mehr … Der Instinkt der Selbstvertheidigung
ist bei ihm mürbe geworden; im andren Falle würde er sich gegen
Bücher wehren.
Der Gelehrte — ein décadent. — Das habe ich mit Augen gesehn:
<u>begabte, reich und frei angelegte Naturen schon in den dreissiger</u>
<u>Jahren „zu Schanden gelesen“</u>, bloss noch Streichhölzer, die
man reiben muss, damit sie Funken — „Gedanken“ geben. —
Frühmorgens beim Anbruch des Tags, in aller Frische, in der
Morgenröthe seiner Kraft, ein Buch lesen —
das nenne ich lasterhaft!
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Grüße
CMБ