Hallo,
Du meinst geniale Großinvestoren wie Daimler-Benz, ING, BMW,
RWE oder die Allianz?
Diese Unternehmen leiden zwar derzeit unter der Krise aber
deren Groesse beweisst dass sie zuvor meist ein plus vor dem
Komma hatten und somit nicht die groessten Amateure sind.
das, was ich meine, hat nichts mit der Finanzkrise zu tun. Vielmehr fanden diese Transaktionen Jahre und Jahrzehnte vor dieser Krise statt. Die Transaktionen im einzelnen (übrigens keine erschöpfende List, weder hinsichtlich der Käufer noch der Zielunternehmen):
Daimler-Benz: AEG, Fokker, Chrysler
ING: Aetna, BHF-BANK,
BMW: Rover
RWE: Thames Water
Allianz: Dresdner Bank
Diese Superinvestoren haben in den letzten 15 Jahren zig Milliarden versenkt, weil sie vor den Übernahmen weder die Unternehmen noch die Geschäftsmodelle vernünftig überprüft haben (nebenbei: manchmal hätte schon die reine Zeitungslektüre und eine minimale Branchenkenntnis gereicht, um das miiliardenschwere Desaster zu vermeiden). Stattdessen wurden hunderte von Millionen für Berater rausgehauen, die die Unternehmen genauso wenig kannten, aber bunte Präsentationen verfaßten, in denen am Ende zu lesen wr, daß die Übernahme nicht einfach wird, aber Dank der Superexpertise der Berater und des kaufenden Managements ein wahrer Goldregen zu erwarten ist.
Hinzu kommt, daß eine Unternehmenswert- und damit die Kaufpreisermittlung generell und systematisch in aller Regel für den Eimer ist. Da werden die Erträge bzw. Zahlungsmittelzuflüsse der nächsten x Jahre geplant und mit einem Zinssatz abgezinst, der ebenfalls nicht gottgegeben ist. Aus marginalen Änderungen an den Annahmen und am Zinssatz (der ebenfalls auf Annahmen beruht) ergeben sich erhebliche Änderungen des Unternehmenswertes, so daß die Bandbreite der Szenarien problemlos 100% betragen kann und auch gerne mal größer ist. Wohl gemerkt: das alles bei vernünftigen Annahmen ohne Spinnerei oder Übertreibung in die eine oder andere Richtung.
Noch ein kleiner Nachtrag frisch aus der Presse: Barilla versucht derzeit die Bäckereikette Kamps zu verkaufen. Dummerweise wurde der geforderte Preis von 55 Mio. nicht geboten. Zum Vergleich: Barilla hatte Kamps 2002 für 993 Mio. übernommen.
Jeder Businessplan enthaelt verschiedene Szenarien und kein
serioeser Investor wuerde sich nur auf den Best-Case
fokussieren und die anderen ausser Acht lassen.
Habe ich auch nicht behauptet. Dummerweise ist selbst das
übelste Szenario am Ende meist noch zu optimistisch gewesen.
Nach meiner Erfahrung wird sehr genau darauf geachtet das die
Szenarien gut begruendet sind.
Nach Deiner Erfahrung? Wieviele strukturierte Akquisitions- und Projektfinanzierungen siehst Du denn pro Woche?
Ehrlich gesagt halte ich es für schlechten Stil, mir hier
ständig mit Wasserversorgern anzukommen. Mal abgesehen davon,
daß man mit dem Kauf und Betrieb von Wasserversorgern auch
Verluste machen kann (s.o. RWE und Thames Water), ist das ja
nun wahrlich keine normale Branche.
Wasserversorger sind also ein unanstaendiges Beispiel. Was ist
denn eine normale Branche? Wuerde ich den oeffentliche
Nahverkehr, das Gesundheitssystem, das Schulsystem, die
Muellabfuhr, die Energieversorgung… als Beispiele auffuehren
wuerde ich wahrscheinlich den gleichen Einwand hoeren.
Verluste kann jeder machen - was aber nicht heisst das eine
ganze Branche unrentabel ist.
Mein Ansatz war ein ganz anderer: mit Wasserversorgern kann man eigentlich keinen Verlust machen, wenn man vor der Übernahme vernünftig prüft. Dummerweise hat RWE übersehen, daß ein Drittel des Trinkwassers von Thames Water im Untergrund versickerte. Das konnte man zwar schon Jahre vorher in der Zeitung lesen, aber hey, wenn die Berater sagen, daß sich die Sache lohnt, muß es ja stimmen.
Vielleicht ist der Staat so ein schlechter Kaufmann damit es
einen Grund fuer Privatisierungen gibt?
Soll ich das ernsthaft kommentieren? hmmmmmm… nein.
Wenn ich einen Staatsbetrieb guenstig uebernehmen moechte
wuerde ich dafuer sorgen das Rationalisierungsmassnahmen zuvor
vermieden werden. Aber die Gebrueder Grimm haben bestimmt mal
geschrieben das Menschen aus der Politik und der Wirtschaft
noch nie voneinander gehoert haben und sich deshalb auch nicht
gegenseitig beeinflussen koennen.
Hm, ich glaube, ich werde das immer noch nicht kommentieren.
Die Diskussion geht aber nicht um die Qualitaet des Artikels
(der keine wissenschaftliche Arbeit ist und deshalb auch nicht
alle moeglichen Szenarien von Weltfrieden bis Weltuntergang
beinhalten muss) sondern um den (Un)Sinn von Privatisierungen.
Du hast auf den Artikel verwiesen und dieser Artikel enthielt
nur zwei Alternativen, die beide nicht gut waren. Mal
abgesehen davon, daß es mir sowieso ein Rätsel ist, wieso man
ausgerechnet auf einen Artikel der Junge Welt verweist und
damit seinen eigenen Standpunkt selbst unterminiert, ist diese
Darstellung tendenziös. Du wirst Dir gefallen lassen müssen,
daß ich darauf zumindest hinweise.
Dafuer musst Du Dir jetzt von mir gefallen lassen dass ich Dir
unterstelle mehr auf die Verpackung als auf den Inhalt zu
achten. Mir geht es bei Artikeln nicht um Analysen sondern um
die Fakten - und die kann man aus der FAZ wie der Bild ziehen
solange man nur die zu Grunde liegenden Informationen
herausfiltert.
Besser wäre es noch, die Fakten einfach darzustellen und nicht auf einen Haufen Ideologiemüll zu verlinken, aus dem man sich die Fakten nur mit Müh und Not heraussuchen kann. Und wie ich bereits erwähnte, ist das, was als Faktum dargestellt wird, mitunter nicht Fakt sondern Unsinn. So die Behauptung, es gäbe nur die Szenarien Insolvenz des Betreibes und Mörderverluste für den Staat. Da die Artikel der JW mehrheitlich so aussehen, würde ich in meinem eigenen Interesse darauf verzichten, auf diese zwecks Untermauerung meines Standpunktes zu verlinken.
Du hast recht, auf der ganzen Welt regieren Berlusconis, so
daß man sich gar nicht anschauen muß, was außerhalb
Deutschlands passiert.
Ich wuerde Berlusconi nicht als grosse Ausnahme sehen. Der
einzige Unterschied ist das Berlusconi seine krummen
Geschaefte ganz offen macht und dies woanders verdeckter
ablaeuft.
Aha.
Ich wollte eigentlich darauf hinaus, daß andere Länder bei
Infrastrukturprojekten weit mehr Risiken übernehmen als das in
Deutschland der Fall ist und hier wieder auf einem hohen
Niveau herumgemeckert wird.
Genau das will ich auch. Der Staat kann und sollte die Risiken
fuer die noetigen Investitionen selbst tragen und nicht Riskio
und Gewinn an private Investoren weitergeben.
Vielleicht drücke ich mich ja wirklich so unklar aus, daher formuliere ich es noch einmal anders: in anderen Ländern läuft es anders ab als in Deutschland. Den Investoren bleiben zwar Chancen und Risiken, aber die Risiken für einen Ausfall des Investors trägt ggü. den Kreditgebern gerne mal der Staat.
Im übrigen kann man das, was Du schreibst, auch anders formulieren: der Staat trägt kein Risiko, erhält aber Teile der Erträge. Also ein risikoloses Geschäft, wenn man davon absieht, daß man möglicherweise auf Einnahmen verzichtet, von denen man nicht weiß, wie hoch sie einfallen. Mit anderen Worten: der Staat verhält sich wie ein Lottospieler, der nicht spielt und dennoch regelmäßig Gewinne in Höhe von drei oder vier Richtigen bekommt. Die Rolle ist nicht die schlechteste, die man haben kann.
Es ging nicht um die Veränderung des volkswirtschaftlichen
Nutzens nach Verkauf sondern um dessen Berechnung. Die ist so
gut wie unmöglich und nicht kalkulierbare Risiken bzw.
Kosten-Ertrags-Potentiale sollte man anderen überlassen.
Eine exakte Berechnung ist unmoeglich, eine grobe Schaetzung
nicht - das reicht den Investoren auch die damit womoeglich
ihre ganze Existenz aufs Spiel setzen.
Die rechnen nicht mit dem volkswirtschaftlichen Nutzen sondern mit dem betriebswirtschaftlichen. Das ist es doch, wovon ich die ganze Zeit rede: der Staat baut eine Autobahn, ohne zu wissen, ob sich die Sache volkswirtschaftlich lohnt. Er baut sie aber, weil er davon ausgeht, daß es so ist. Der Investor baut und betreibt die Autobahn, weil er davon ausgeht, daß sich die Veranstaltung betriebswirtschaftlich rechnet. Was der bessere Weg ist, sei dahingestellt, aber wenigstens kann der private Investor irgendwann feststellen, wie die Autobahn aus betriebswirtschaftliche Sicht funktioniert. Vieles über die volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Genialität des Staates kann man hingegen in den Jahresberichten des Bundesrechnungshofes nachlesen.
Ein besonders schönes Beispiel war die Debatte um den Metrorapid zwischen Dortmund und Düsseldorf. Um das Projekt auch betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheinen zu lassen, wurden am Ende immer absurdere Annahmen getroffen, die am Ende sogar physikalische Unmöglichkeiten einschlossen (die Fahrzeit zw. Dortmund und Düsseldorf sollte sich um mehr verkürzen als die bisherige Fahrzeit war).
Kurz: Unternehmen muessen nicht privatisiert werden um
profitabler zu werden.
Müssen nicht, aber es hilft ungemein.
Nur wenn Beamte statt Managern die Staatsbetriebe zuvor
leiten.
Du meinst so Supermanager wie die in den oben genannten Unternehmen?
Abschließend: wenn Du jemanden suchst, der Dir Deine offensichtlich schon bestehende Meinung - bzgl. der ich im Moment auch nicht davon ausgehe, daß sie überhaupt zur Disposition steht - bestätigt, bist Du bei mir an der falschen Adresse. Wenn Du weiterhin meine Kommentare, die aus der Erfahrung mit der ein oder anderen Unternehmenstransaktion erwachsen, weiterhin einfach so vom Tisch wischen willst, dann kann ich mir die Mühe fürderhin sparen. Allerdings stellt sich mir dann die Frage, warum Du hier überhaupt nach Meinungen fragst.
C.