Probezeit arbeitszeit stundenänderung kein lohn

Hallo,
Frau X hat Anfang November eine Stelle als Kassiererin angefangen. Anfangs arbeitete sie von 10-16 Uhr. Das klappte, konnte sie vorher ihre Tochter in den KG bringen. Oma hat sie abgeholt. Dann sollte sie probehalber in die Frühschicht (ab 6:20Uhr). Frau X versuchte es. Möglich war das aber nur, weil sie und ihr Kind der bei Oma schliefen und diese die Kleine dann in die Kita brachte und nachmittags abholte. Ein Weg von ihr aus, 2,5km zu Fuß (schlechte Busverbindung, kein Auto). In der 2.Woche sagte dann Oma, sie schaffe den Weg nicht 4x am Tag. Frau X teilte das ihrem Chef mit, sie könne nur in der Arbeitszeit wie zu Anfang oder auf 400€ Basis arbeiten. Er schüttelte mit dem Kopf und ließ sie stehen. Zu einem weiteren Gespräch war er nicht bereit. Die Woche darauf hatte Frau X eine Stirnhöhlenentzündung und reichte auch die Krankmeldung ein. Vom Arbeitgeber kam keine Resonanz, kein Lohn, keine Gehaltsabrechnung oder Arbeitsvertrag, was vorher zugesichert wurde. Lohnzahlung sollte am Monatsende sein. Da Frau X ja noch ALG 2 bekommt, weiß sie nicht, wie es weitergehen soll. Der AG reagiert nicht auf eine schriftl. Gehaltsforderung, das Amt reagiert erst, wenn die Gehaltsabrechnung vorliegt, Frau X solle erst mal bis zum Monatsende warten. Aber, sie habt jetzt kein Geld, kann noch nicht mal mehr Fahrkarten kaufen, geschweige einen kleinen Tannenbaum.
Habt sie überhaupt noch eine Möglichkeit, vor Weihnachten an ihr Geld zu kommen? Und was muss sie in der Probezeit beachten?

Der AG reagiert nicht auf eine schriftl. Gehaltsforderung, das
Amt reagiert erst, wenn die Gehaltsabrechnung vorliegt, Frau X
solle erst mal bis zum Monatsende warten.

Falls im Monat X Gehalt erwartet wird und deshalb das ALG II flach fällt oder geringer ausgefallen ist, kann man ein Darlehen vom Amt erhalten, bis das Gehalt endlich da ist:

§ 24 SGB II: „(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen.“

(So ein Darlehen bis zur effektiven Gehaltszahlung muss man aber beantragen beim Amt, weil das nicht wissen kann, ob man es benötigt.)

Ist das Gehalt, das z. B. am letzten Tag des Monats X fällig ist, an diesem Tag nicht eingetroffen, geht der Anspruch auf das Gehalt am nächsten Tag auf das Amt für ALG II über, das gleichzeitig ersatzweise (mehr) ALG II zahlen kann (und sich das Geld dann vom Arbeitgeber holt - oder diese Arbeit dem Arbeitnehmer überlässt, wie der mag):

SGB II § 33 Übergang von Ansprüchen
„(1) Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären.“

Und was muss sie in der Probezeit beachten?

Falls eine Probezeit vereinbart worden war (mündlich oder schriftlich) zu Beginn eines Dauerarbeitsverhältnisses, können beide Seiten kündigen mit einer Frist von zwei Wochen, ohne Begründung:

BGB § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen.
„(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.“

Für diese und andere Fälle von Probezeiten lese man bitte: http://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Hand…

Gruß aus Berlin, Gerd

Hallo Gerd,

vielen Dank für die schnelle Antwort.
Aber wie soll Frau X die 2 wöchige Kündigungsfrist einhalten, wenn sie die neu aufgelegten Arbeitszeiten nicht bewerkstelligen kann, weil das Kind nicht mehr zu diesen Zeiten untergebracht werden kann.
Und kann die Arge unter diesen Umständen eine Sanktion erteilen, wenn Sie selbst kündigt?

Hallo Gerd,

vielen Dank für die schnelle Antwort.
Aber wie soll Frau X die 2 wöchige Kündigungsfrist einhalten,
wenn sie die neu aufgelegten Arbeitszeiten nicht
bewerkstelligen kann, weil das Kind nicht mehr zu diesen
Zeiten untergebracht werden kann.

weil der arbeitgeber nichts dafür kann!

Michael

Aber wie soll Frau X die 2 wöchige Kündigungsfrist einhalten,
wenn sie die neu aufgelegten Arbeitszeiten nicht
bewerkstelligen kann, weil das Kind nicht mehr zu diesen
Zeiten untergebracht werden kann.

Wenn eine feste Arbeitszeit vereinbart worden war, kann Frau X sich darauf berufen und z. B. erst um 9 Uhr erscheinen. Ansonsten gilt zunächst das Direktionsrecht des Chefs. Aber auch das hat seine Grenzen, wenn die Versorgung eines Kindes nicht gewährleistet ist oder werden kann.

Kann Oma also nicht mehr, dann ist eben Schluss mit der Ausnahme „Arbeit ab 6 Uhr“! Frau X kann nun anbieten, weiterhin wieder von 9 bis 3 zu arbeiten. Nimmt der Chef dies Arbeitsangebot nicht an, muss er dennoch Gehalt zahlen. Je nach ursprünglicher Abmachung natürlich!

Hält Frau X sich nicht an solche Abmachungen, kommt also nicht zur (gemeinsam) vereinbarten oder (zulässigerweise per Direktiosrecht) vom Chef vorgeschriebenen Zeit, erhält sie A) kein Gehalt für die fehlende Zeit, und B) muss sie für einen dadurch entstandenen Schaden zumindest teilweise haften.

Aber, wie gesagt, je nachdem. Eine Zusage von Frau X, „Ja, ich kann künftig ab sechse arbeiten!“, kann ja zurückgezogen werden. Je nach dem.

Im Streitfall entscheidet ein angerufenes Gericht, ob Frau X für den Schaden, der durch Fehlzeiten innerhalb der Kündigungsfrist entstanden ist, haften muss oder nicht. Länger, falls später ordentlich gekündigt wird.

Außerordentlich kündigen kann Frau X natürlich auch, wenn die Gründe dafür reichen. Das nennt man dann in dem Fall eine fristlose Kündigung. Oder sie kann mit dem Chef gemeinsam den Arbeitsvertrag (auch wenn es bislang nur einen mündlichen gab) „einvernehmlich“ auflösen. Mit oder ohne Abfindung. Viele Chefs zahlen sogar dafür. Manche freuen sich, wenn sie unflexible Mitarbeiter schnell los sind

Und kann die Arge unter diesen Umständen eine Sanktion
erteilen, wenn Sie selbst kündigt?

Das ist wein weites Feld. Die Arge, die jetzt Jobcenter heißt, muss dann sanktionieren, wenn ein Grund für eine Sperrzeit des ALG I (eins) nach dem SGB III fällig gewesen wäre - dem Grunde nach (auch wenn gar kein Anspruch auf ALG I bestanden hätte). Und wann ein Grund für eine Sperrzeit des ALG I vorliegt, obliegt im Streitfall dem Sozialgericht. Das ist ein weites Feld. (Insbesondere bei freiwilligen Auflösungsverträgen …)

Beim ALG II gibt es aber eine Hilfe bei Kindern:

1.) Eine Sanktion gibt es nur, wenn eine „zumutbare“ Arbeit abgebrochen wird, sagt SGB II § 31.

2.) Was zumutbar ist, sagt wiederum § 10 SGB II:

„(1) Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass
(…)
3.
die Ausübung der Arbeit die Erziehung ihres Kindes oder des Kindes ihrer Partnerin oder ihres Partners gefährden würde; die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet , soweit die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist; die zuständigen kommunalen Träger sollen darauf hinwirken, dass erwerbsfähigen Erziehenden vorrangig ein Platz zur Tagesbetreuung des Kindes angeboten wird,
(…)
5.
der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.“

Also ein günstig gelegener Hort könnte Oma durchaus ersetzen, sobald das Kind drei ist … Ansonsten wäre eine Arbeit unzumutbar.

Gruß aus Berlin, Gerd