Problem mit Stammzellen besser verstehen

Hallo,
um Stammzellen zu gewinnen gibt es doch mehr Möglichkeiten als nur
embryonale Stammzellen. Zum Beispiel trägt doch jeder Mensch selbst
noch (adulte) Stammzellen mit sich herum. Warum kann man die nicht als
Ausgangsmaterial für Forschungszwecke nehmen? Zumal diese doch besser
sind, denn wenn man ein Organ züchten will, braucht man doch
Stammzellen des Menschen, dem dieses Organ eingesetzt werden soll, da
es doch sonst, wenn embryonale Stammzellen von irgendeinem frisch
befruchteten Ei genommen werden, zu Immunreaktionen kommen kann.
Des weiteren versteh ich nicht, wie das therapeutische Klonen gehen
soll.
Reproduktiv ist mir das klar. Wenn dann die Eizelle wieder dem
Muttertier eingepflanzt wird, kann da dann etwas wachsen durch die
hormonelle Steuerung des Körpers.
Aber wie soll denn etwas(zum Beispiel ein Organ) im Reagenzglas wachsen, woher kommen denn
die Nährstoffe und Energie, die die Organe zum Wachsen brauchen. Es
gibt ja keine Mutter, keine Umgebung, die das Wachstum steuert mit Hormonen oder Enzymen steurt.
Da gibt es doch nur eine Möglichkeit, der Mensch muss alle Enzyme und Nährstoffe hinzugeben, oder?

Es wäre auch noch ganz interessant zu erfahren, wie solche
Stammzellen im Blut oder Knochenmark von den anderen separiert
werden.
Kann man die einfach unter ein Mikroskop legen und mit einem
speziellen Gerät/Werkzeug aussortieren, wie man es auch bei
Zellkernen macht?

Auf die Antwort wartet sehr gespannt
Tim

Hi,

um Stammzellen zu gewinnen gibt es doch mehr Möglichkeiten als
nur embryonale Stammzellen. Zum Beispiel trägt doch jeder Mensch
selbst noch (adulte) Stammzellen mit sich herum. Warum kann man die
nicht als Ausgangsmaterial für Forschungszwecke nehmen?

Kann man doch, mache ich zum Beispiel. Um in vitro Knochengewebe zu züchten, verwende ich z.B. sog. Osteoprogenitorzellen (Knochenvorläuferzellen), die noch keine ‚reifen‘ Knochenzellen darstellen, sondern in gewissem Maß multipotent sind.

Es kommt nur halt immer darauf an, was man machen will. Je komplexer das Vorhaben, desto frühere Stammzellstadien benötigt man. Adulte Stammzellen sind z.B. nicht mehr pluripotent, sie können nur einen Gewebetyp bilden. Embryonale Stammzellen können (unter den richtigen Bedingungen) ektodermal, entodermal und mesodermal differenzieren.

Zumal diese doch besser sind, denn wenn man ein Organ züchten will,
braucht man doch Stammzellen des Menschen, dem dieses Organ
eingesetzt werden soll, da es doch sonst, wenn embryonale Stammzellen
von irgendeinem frisch befruchteten Ei genommen werden, zu
Immunreaktionen kommen kann.

Sagen wir mal besser, wenn man ‚ein Organ züchten könnte, bräuchte…‘. Wenn man mal von mehr oder weniger gut funktionierendem Hautersatz absieht, hat das meines Wissens noch niemand geschafft, in vitro ein Organ zu züchten. Und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. :smile:

Ansonsten hast du prinzipiell recht, es wäre immunologisch immer geschickter, Patientenmaterial zu verwenden. Nur kann man adulte Stammzellen aus reifen Körpergeweben eben nur sehr begrenzt einsetzen. Sie haben schon ein arg begrenztes Proliferationspotential und sind auf eine spezielle Differenzierungslinie festgelegt, können also nicht mehr beliebige Zelltypen bilden.

Des weiteren versteh ich nicht, wie das therapeutische Klonen
gehen soll. Reproduktiv ist mir das klar. Wenn dann die Eizelle
wieder dem Muttertier eingepflanzt wird, kann da dann etwas wachsen
durch die hormonelle Steuerung des Körpers.
Aber wie soll denn etwas(zum Beispiel ein Organ) im
Reagenzglas wachsen, woher kommen denn
die Nährstoffe und Energie, die die Organe zum Wachsen
brauchen.

Es geht ja bisher auch noch nicht! Die Energie und die Nährstoffe sind da nicht mal das Problem, es gibt da schon Bioreaktoren und Zellkulturmedien, welche eine ordentliche Vermehrung der kultivierten Zellen sicherstellen. Nierenzellen züchtet man z.B. auf der Oberfläche von mediendurchströmten Kapillaren, Hautzellen auf Kollagenschäumen usw.

Das große Problem ist vielmehr die von dir angesprochene, fehlende hormonelle Steuerung der Organbildung. Zellen dedifferenzieren in der Zellkultur ohne die komplexe biochemische Steuerung des menschlichen Körpers oft sogar. Sie entwickeln sich von reifen, funktionellen Zellstadien zu unspezifischen Zellen zurück, die keine speziellen Gewebsfunktionen mehr wahrnehmen können.

Es gibt aber primitivere Ansätze des therpeutischen Klonens, die sicher besser funktionieren und prinzipiell schon heute durchführbar sind. Mann kann z.B. die aus einem frühen Empryonalstadium gewonnenen Stammzellen entnehmen und direkt in ein Zielgewebe des Körßers spritzen. Z.B. könnte man nach einem Herzinfarkt geklonte, embryonale Stammzellen in den geschädigten Herzmuskel spritzen und darauf hoffen, dass sie - an der richtigen Stelle - unter der Steuerung des Körpers zu funktionierenden Herzmuskelzellen differenzieren.

Es wäre auch noch ganz interessant zu erfahren, wie solche
Stammzellen im Blut oder Knochenmark von den anderen separiert
werden.
Kann man die einfach unter ein Mikroskop legen und mit einem
speziellen Gerät/Werkzeug aussortieren, wie man es auch bei
Zellkernen macht?

Gibt mehrere Möglichkeiten. Bei der Stammzellspende wird das AFAIK so gemacht: dir wird ein Mittelchen gespritzt, welches eine Immunreaktion auslöst, so dass der Körper wie wild weiße Blutkörperchen produziert und ins Blut ausschüttet. Dabei gelangen dann auch Voräufer-/Stammzellen mit ins Blut und werden über eine sog. Leukapherese durch Adhäsion an Kuststofffasern separiert.
Letztlich kann man mittels moderner Technik Zellen maschinell sehr genau unterscheiden und trennen, dazu gibt es neben der Trennung über die Oberflächeneigenschaften auch die Trennung über optische Unterschiede (Flow Zytometrie), Dichteunterschiede (Zentrifugation), über immunologische Methoden (Bindung an Antikörper) usw. usf.

LG Jesse