Problem mit Umschulung

Hallo erstmal!

Aufgrund eines Unfalles (ich flog vom Dach) habe ich extreme Angst wieder meine Arbeit als Dachdecker auszuüben. Daraufhin stellte ich einen Antrag beim Arbeitsamt auf Umschulung. Ich wurde zu einem Psychologen und zum Arzt geschickt. Beide bestätigten mir die Höhenangst und empfohlen die Umschulung.
Da ich drei Monate nichts mehr von der Agentur für Arbeit gehört habe, rief ich letzte Woche bei der Sachbearbeiterin an. Diese meinte alles wäre soweit genehmigt und eine Einladung würde am selben tag noch versendet.

Nun das Problem:
Ich wurde zu einer Rehaberaterin geschickt, die nicht mal den genauen Sachverhalt kannte. Sie verlangt jetzt von mir, dass ich mich in eine Therapie zur Bekämpfung der Höhenangst begebe. Alle kosten die entstehen würden muss ich selbst tragen. Die Therapie würde mindestens ein Jahr dauern und danach würde ich eh geheilt sein.

Meine Fragen:
Muss ich eine solche Therapie machen? Kann ich die Sachbearbeiterin ablehnen?

Es grüßt der Frank

Hallo Frank,

als Leidensgenossin (ich fiel als Kind aus dem Fenster) kann ich Dich gut verstehen. Ich kann noch nicht einmal Fenster putzen.

Ich würde mich durch einen Anwalt beraten lassen, wenn ich in Deiner Lage wäre.

Ängste werden ja, so weit mir bekannt, durch Konfrontation bekämpft. Nie im Leben wäre ich in der Lage, mich mit meiner Höhenangst zu konfrontieren, und das, obwohl ich sonst wirklich vor (fast) nichts und niemandem Angst habe.
Wie sollst Du denn gegen Deinen Willen eine solche Therapie durchhalten? Sie funktioniert doch gar nicht, wenn Du innerlich nicht bereit bist.

Alles Gute!

Annette.

Hallo Frank,

hmm, versuchen wir uns mal in einen Aussenstehenden zu versetzen. Der hat also einen Dachdecker mit Berufserfahrung vor sich, der sich nicht aufs Dach traut. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit eine Therapie anzuleiern, in dem das Problem gelöst werden kann um dann dem Dachdecker wieder die Möglichkeit zu geben in seinem Beruf weiterzuarbeiten. Klingt also gar nicht soo schlecht, oder?

Auf der anderen Seite, könnte man sich auch entscheiden, aus dem Dachdecker einen unerfahrenen (weil umgeschulten) Bäcker/Schreiner/Schlosser/Sekretär zu machen. Der Nachteil ist, dass in der heutigen Arbeitsmarktsituation so ein Mensch einfach sehr geringe Chancen hat im umgeschulten Beruf unterzukommen. Oder krass gesagt: jeder ausgelernte Lehrling kann mehr und ist billiger. (Das ist ausdrücklich immer noch von dem Blickpunkt eines absolut Aussenstehenden betrachtet und soll nicht ein bisschen Wertung über Dich sein). Macht aber doch im ganzen Variante 1 noch viel klüger.

Aber — und jetzt kommt das grosse, dicke, fette aber. So eine Therapie KANN helfen, muss sie aber nicht. Und genau da liegt der Denkfehler von unserem Aussenstehenden (in dem Fall Deiner Beraterin): Diese Therapie wird nur dann eine Chance haben ihr Ziel zu erreichen wenn Du zu 100% bereit bist mitzumachen und Deine Angst wieder loszuwerden. Diese Sache kann jedoch nur einer bestimmen: und zwar Du selber. Und wenn Du dazu - aus welchen Gründen auch immer - (noch) nicht bereit bist, hilft das nicht ein bisschen.

Sprich, es gibt jetzt genau zwei Auswege aus der Sache: Entweder Du willst jetzt auf der Stelle so ne Therapie durchmachen (genau so gemeint) oder Du redest mit Deiner Betreuerin und sagst, dass Du aus folgenden Gründen dafür nicht bereit bist. Ferner sagst Du, dass Du Dir gute Berufschancen ausrechnest, wenn Du in xxx umgeschult wirst, weil nämlich (insbesondere Argument: in dem Bereich werden grad Leute gesucht *fg*)

*wink* und viel Erfolg

Petzi

PS: Nochmal wegen der Deutlichkeit: das alles ist kein bisschen als persönlicher Angriff gemeint sondern soll nur Denkanstösse geben :wink:

Hallo Frank,

Petzi hat in Ihrem Beitrag schon einige sehr gute Gedanken vorgetragen. Dazu möchte ich - ebenfalls völlig ohne jede Absicht des persönlichen Angriffs - noch folgendes sagen:

Durch die bestehende allgemeine Finanzmisere, die in den Bereichen in denen du dich gerade bewegst u.a. auch von sog. Sozialschmarotzern hervorgerufen wurde, wird jede Geldausgabe heutzutage auf dem Prüfstand stehen.

D.h. nicht, dass ich dir vorwerfe auch ein Sozialschmarotzer zu sein, aber auf jeden Fall möchtest du Geld vom Staat haben. Der Staat, der Landkreis, die Stadt, wer auch immer, behält sich vor, dich zu veranlassen zunächst eine Besserung deines Zustands zu erreichen. Dazu muss die Dame von der Reha vielleicht gar keine genaue Kenntnis von deinem Fall haben. Sie spult da erst einmal ein vorgegebenes Programm ab.

Sicherlich ist es dein Recht, sowohl die Sachbearbeiterin, als auch deren Ansinnen zurückzuweisen. Inwiefern dies deinem Antrag auf Kostenübernahme für eine Umschulung positiv beeinflusst, mag aber dahingestellt sein.

Du bist jetzt gefragt für dich zu entscheiden. Der Staat gibt dir gerade ein großes Stück Eigenverantwortung zurück. Leider auch finanziell, was dir evtl. gar nicht schmeckt. M. E. werden aber in Zukunft eine Menge ganz integrer Leute unter dem ganzen Sch… leiden, den wir uns in der Vergangenheit eingebrockt haben.

Ich hoffen, du findest den für dich richtigen Weg.

Gruß
Nita

Hallo und danke für die Antworten!

@Petzi
Ich denke mit deiner Argumentation " jeder ausgelernte Lehrling kann mehr und ist billiger" gibst du nicht nur eine Wertung über mich sonder eher eine Abwertung über alle Umschüler ab. Das diese Aussage absolut nicht der Wahrheit entspricht solltest du dir eingestehen.
Wie Annette schon gesagt hat ist die Konfrontation für Betroffene sehr sehr schwer. Ich sehe für mich in der Zukunft keine Möglichkeit diesen Beruf wieder auszuüben.
Um nicht auf Arbeitslosengeld angewiesen zu sein, arbeite ich momentan in einer Tankstelle. Das Geld reicht gerade noch aus um zu überleben. Sollte ich in einen anderen Job mehr verdienen, würde der Antrag eh sofort abgelehnt (lt. Beraterin). Soll das besser sein? Ein Hilfsarbeiter der in seinem Ausbildungsberuf nicht mehr arbeiten kann?
Nochmal die Frage: Kann mir das Arbeitsamt eine solche Therapie vorschreiben?

Nochmals danke für die Antworten

Es grüßt der Frank

Hallo nita!

Wie ich bereits bei der Antwort auf Petzi geschrieben habe, arbeite ich schon seit einiger Zeit an einer Tanke. Am anfang reichte das Geld nichtmal für eine Krankenversicherung (da ich keine Unterstützung vom Arbeitsamt beantragt habe). Als meine Beraterin das erfuhr fragte sie zünisch „was haben sie zum befürchten, haben sie etwa zuviel Geld auf dem Konto? Sie müssen sich Arbeitslos melden!“ Das ist natürlich auch eine Logik! Umschulung durch „Schikane“ verweigern (wie gesagt der Psychologe und der Arzt, beide vom Arbeitsamt beauftragt, haben bestätigt das ich nicht mehr als Dachdecker arbeiten kann) und einem gleichzeitig Harz IV aufs Auge drücken!

Es grüßt der Frank

Hallo Frank,

seufz! Undank ist der Welten Lohn - kennst du den Spruch? Die Bearbeiter vom Amt sehen Tag für Tag einen Strom von Menschen, der nur eins will: Geld. Soviel wie möglich mit sowenig wie möglich eigener Anstrengung.

Jetzt kommst du daher und beantragst noch nicht einmal ein dir zustehendes Arbeitslosengeld, kannst dich deshalb nicht krankenversichern? Da wird die Dame dann auf einmal zynisch und du fühlst dich ungerecht behandelt, das ist dann das Ergebnis.

Wahrscheinlich hast du sogar noch so argumentiert? Ich stelle mir folgende Szene vor: „Na, hören Sie mal, gute Frau, ich hab ja noch nicht mal Arbeitslosengeld beantragt! Stellen Sie sich vor, ich kann mich nicht mal krankenversichern! Jetzt arbeite ich bei einer Tanke, um wenigsten etwas zu verdienen! Und Sie wollen mir eine Umschulung verweigern? Das ist ja wohl die Höhe!“

Ich sags nochmal: Undank ist der Welten Lohn. Und folgendes auch noch einmal: Ich sage nicht, dass du wieder als Dachdecker arbeiten kannst. Ich sage auch nicht, dass man dich zwingen kann eine Therapie zu machen.

Was ich allerdings sage, ist: Du möchtest eine Umschulung bezahlt haben. Das Amt hat dich bereits zu einem Arzt und einem Psychologen geschickt. Jetzt verlangt man zusätzlich eine Therapie. Wenn du sie nicht machst (man kann dich wohl schlecht hinprügeln) wird sich das Amt vorbehalten, dies bei der Beurteilung deines Antrages zu berücksichtigen.

Du entscheidest also mit über deinen Antrag. Bleibe bei deiner Aussage und lehne die Therapie ab. Sollte deine Umschulung ebenfalls abgelehnt werden, gibt es sicher noch Einspruchsmöglichkeiten etc. Weise dann noch einmal auf die Expertisen der Ärzte hin und beantrage neu. Evtl. klappt es ja beim zweiten Anlauf.

Gruß
Nita - die noch einmal darauf hinweist, dass wir hier nicht versuchen, dich persönlich anzugreifen.

Umschulung [OT]
Nochmal hallo Frank,

Ich denke mit deiner Argumentation " jeder ausgelernte
Lehrling kann mehr und ist billiger" gibst du nicht nur eine
Wertung über mich sonder eher eine Abwertung über alle
Umschüler ab.

Aehm, auch das war nicht so gemeint. Es war NICHT im Sinne von „Umschueler sind doof. Alle. Immer.“ gemeint, sondern im Sinne von „Wie soll es denn einem Menschen gelingen, innerhalb weniger Wochen einen Beruf zu erlernen, der 3 Jahre Lehrzeit erfordert?“ Sprich, in einer solchen kurzen Umschulungsphase KANN man einfach nicht alle Facetten und Feinheiten eines Berufes lernen, die waehrend einer Lehre sozusagen nebenbei einfliessen. Das ist um es nochmal zu betonen keine Be- Ab- oder Sonstwie-Wertung sondern einfach ein Zeitproblem.

Das diese Aussage absolut nicht der Wahrheit
entspricht solltest du dir eingestehen.

Okay, dazu wuerde es mir aber tierisch viel helfen, wenn Du mir entsprechende Argumente liefern wuerdest.

Wie Annette schon gesagt hat ist die Konfrontation für
Betroffene sehr sehr schwer.

Und nochwas zur Klarstellung: das glaube ich Dir voll.

Ich sehe für mich in der Zukunft
keine Möglichkeit diesen Beruf wieder auszuüben.

Auch das ist voll verstaendlich.

*wink* und viel Erfolg

Petzi

Mal eine dumme Frage
Hallo!

Du bist also vom Dach gefallen und hast jetzt Angst, wieder hinaufzusteigen.

Wenn Du beim Ausüben Deines Berufs vom Dach gefallen bist, dann war das doch ein Berufsunfall!!

Wenn es ein Berufsunfall war, ist doch dafür die Berufsgenossenschaft zuständig. Und wenn Du jetzt berufsunfähig bist, wäre doch eigentlich die Rentenversicherung zuständig.

Warum fragst Du dann die Arbeitsagentur nach einer Umschulung?

Wie wäre es also, wenn Du einen Antrag auf eine Unfall- oder Erwerbsunfähigkeits-Rente bei der Berufsgenossenschaft oder Rentenversicherung stellst? Vermutlich will die Berufsgenossenschaft/Rentenversicherung genau das vermeiden und schlägt Dir stattdessen entweder eine Therapie oder eine Umschulung vor. Als Umschüler der Rentenversicherung geht es Dir besser als als Umschüler der Arbeitsagentur - die bekommen mehr Geld und werden weniger kontrolliert. Bei der Berufsgenossenschaft wird es ähnlich sein.

Du bist doch kein normaler Arbeitsloser - Du leidest doch an den Nachwirkungen eines Arbeitsunfalls, oder sehe ich das falsch? Du wirst doch hoffentlich nicht bei der Schwarzarbeit vom Dach gefallen sein?

Viele Grüße

Anne

Hallo,

ich habe nicht den Eindruck, dass du einen SCHRIFTLICHEN Antrag auf „Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben“ gestellt hast - oder täusche ich mich? Wenn du dies gemacht hättest, hättest du auch einen schriftlichen Ablehnungs-Bescheid erhalten. Dort würde stehen, wie du gegen diese Entscheidung vorgehen kannst, nämlich Widerspruch einlegen. Dann kommt es erneut zu einer Entscheidung durch einen anderen Sachbearbeiter und wieder zu einem schriftlichen Bescheid. Sollte auch jetzt wieder eine Förderung abgelehnt werden, kannst du beim Sozialgericht klagen (kostenlos und ohne Rechtsanwalt - wäre aber hilfreich). Dann entscheidet ein Richter über deinen Antrag.
Und noch etwas: wenn es ein Arbeitsunfall gewesen wäre, dann hätte das Arbeitsamt nach Eingang deines Antrages die Berufsgenossenschaft eingeschaltet, weil diese dann für die Förderung zuständig ist.

Gruß
Otto

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