Probleme beim Drehen

Hallo!

Wie sich ev. mancher noch erinnern kann, der mir vor paar Jahren schon hilfreichen Rat gegeben hat,
zwecks meiner Drehbank, und der Futteraufnahme,
habe ich also eine alte Drehbank aus DDR-Produktion.
Nichts gutes, ohne Z+L, manuell also.
Bischen ausgeklappert, aber es hält sich noch in Grenzen.

Ich habe die bisher nur sehr selten benutzt, und das was ich damit gedreht / nachgearbeitet / geändert hab, hat auch immer letztendlich irgendwie funktioniert.

Aber so richtig gut geht es nicht.

Problem ist, dass ich mit den HM-Meisseln irgendwie kein Glück habe.
Die schneiden schlecht, es brechen auch Stücke aus der Schneide aus, manchmal hab ich den Eindruck, dass das Werkstück irgendwie „wächst“ vermutlich durch Wärmeausdehnung, was dann so einen selbstverstärkenden Effekt erzeugt.
Das waren bisher nur so HM-Drehmeissel für 7 € aus dem Werkzeugladen, oder uralte Wendeplattenhalter.
Irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr.

Heute nochmal einen Versuch gemacht, ein neuer HM-Meissel, auch unbefriedigend.
Und dann, aber, hab ich im Werkzeugladen den letzten HSS- Drehzahn aus DDR-Zeiten gekauft, hab den so nach den Winkeln der HM-Meissel halbwegs zurechtgeschliffen,
das hat super funktioniert,
der hat richtig gut geschnitten.

Spricht eigentlich was gegen die HSS- Meissel?
Versuchsobjekt war ein 3/4 Zoll Stahlrohr / Wasserleitungsrohr.

Ansonsten, noch paar Fragen:

Die Drehbank steht auf so 5 cm Beton, oder nennen wir es mal so, was man so 1950 als Hühnerstall gebaut hat, ist auch nicht angeschraubt.
Die Drehbank läuft recht ruhig, aber die relativ grosse Schleifmaschine daneben bringt bei einer bestimmten Drehzahl beim Auslaufen die ganze Bude zum wackeln.
Würde es was bringen, da mal eine ordentliche, 25 cm. dicke Betonbodenplatte einzubauen, und die Maschine richtig zu befestigen?

Ansonsten, die Höhe über dem Tisch, wo der Meissel gespannt wird, bis zur Mitte Futter beträgt ca. 18 mm,± ~1mm aber so ganz genau hab ich es noch nicht gemessen.
18 mm ist irgendwie ein komisches Mass, da finde ich gar keine Meissel.
Ist es problematisch, da „irgendwelche“ Blechstreifen unterzulegen, zwecks ev. Vibrationen?
Wie genau muss den die Höhe der Schneide auf Spindel-Mitte eingestellt werden`
halber mm, zehntel mm ?

Das sollte wohl erstmal reichen.

Grüße, Steffen!

Hi Edel…

Also ich versuch es mal der Reihe nach aufzubröseln…

  1. Mit HM Meißeln hat die Maschine Probleme, mit HSS aber nicht.
    Ich kenne deine Maschine zwar nicht… ist aber wohl ein kleineres und älteres Modell, wie ich annehme. Im allgemeinen ist es so, dass HSS Meißel „schärfer“ sind und daher geringere Schnittkräfte auftreten. Das bedeutet, dass die Maschine dadurch weniger belastet wird. Es könnte also sein, dass die Maschine nicht steif genug dimensioniert ist oder die Führungen und Lager schon durch Verschleiß so viel Spiel haben, dass das System durch HM Meißel überlastet wird und es dadurch zu Schwingungen und Ungenauigkeiten kommt - mal vereinfacht gesagt.

  2. Das Alter der Meißel spielt eigentlich keine Rolle, so lange sie noch in Ordnung und scharf sind. Zu den Dingern aus dem „Werkzeugladen“ kann ich nix sagen. Aus dieser Beschreibung lässt sich nicht auf die Qualität schließen.

  3. Es spricht überhaupt nichts gegen HSS Meißel. Ich benutze die auch für viele Sachen. Die lassen sich vom Winkel der Schneide her viel schärfer schleifen, ohne auszubrechen - im Vergleich zu HM meine ich und haben auch weniger Probleme mit unterbrochenem Schnitt.
    HSS ist halt nur weicher als HM und viel Hitzeempfindlicher. Kannst halt nicht mit so hoher Drehzal arbeiten oder musst kühlen.

  4. Eine ordentliche Aufstellung der Maschine ist schon sinnvoll. Sie sollte zumindest gut ausgerichtet in Waage stehen. Größere Schwingungenn treten aber eigentlich nur dann auf, wenn extrem unwuchtige Teile mit höherer Drehzahl bearbeitet werden. Dann sollte die Maschine schon gut befestigt sein.
    Meine steht auch nur „lose“ auf Gummifüßen auf einer Betonplatte und macht dabei keine Probleme, hat aber auch entsprechen Gegengewicht (ca. 2t).
    So lange die Maschine also ruhig steht und sich bei der arbeit nicht erkennbar bewegt, sollte es nicht die Ursache des Problems sein.

  5. Die Beschreibung mit der Höhe des Meißels über dem Tisch hab ich nicht so ganz durchblickt.
    Es gibt verschiedene Einspannvorrichtungen für Drehmeißel. Im einfachsten Fall wird dieser mit einer Klemmvorrichtung auf den Support gespannt und muss mit entsprechenden Unterlegblechen auf Höhe gebracht werden.
    Die etwas komfortableren Spannvorrichtungen (Schnellwechselhalter, z.B. Multifix) haben zur Höhenausrichtung eine Stellschraube.

Grundsätzlich sollte die Oberkante der Meißelschneide immer genau auf Mitte der Drehachse ausgerichtet sein. Wenn das Schneidergebnis unbefriedigend ist, kann man mit etwas höher oder etwas tiefer experimentieren. Wenn man den Meißel zu hoch über Mitte einstellt, dann wird der Freiwinkel wirkungslos. Der Meißel „drückt“ und wird heiß.
Steht der Meißel zu tief, wird der Freiwinkel zwar größer, die Spanbildung an der Schneide wird aber ungünstig und das Werkstück neigt zum Rattern, da es auf den Meißel aufläuft und sich anhebt.
In beiden Fällen passen hinterher auch die Maße nicht mehr genau.
Dies könnte auch das Problem mit dem „wachsenden Werkstück“ erklären.

Die Wärmeausdehnung des Werkstückes ist natürlich auch zu berücksichtigen. Das interessiert aber eigentlich nur, wenn man genaue Passungen, z.B. für Lager, drehen möchte. Die Dehnung liegt bei kleineren Werkstücken nur im hundertstel mm Breich.
Ist Genauigkeit gefragt, muss man Kühlen oder einfach vor der Endbearbeitung warten, bis das Werstück abgekühlt ist und dann erst den letzten 10tel wegnehmen.

So, viel Text… aber ist nicht so einfach, mit wenigen Worten zu erklären.
Falls noch Fragen offen sind… bitte schön.

Gruß, Jörg.

Hallo Steffen,

Ist es problematisch, da „irgendwelche“ Blechstreifen
unterzulegen, zwecks ev. Vibrationen?

Bei diesen alten Meisselhaltern gehört eine Schachtel mit passenden Blechstreifen unterschiedlicher Dicke zum Zubehör.

Wie genau muss den die Höhe der Schneide auf Spindel-Mitte
eingestellt werden

Normalerweise spannt man irgend ein Teil ein und dreht die Stirnseite plan. Es sollte dann in der Mitte der Fläche möglichst keine Spitze stehen bleiben.

MfG Peter(TOO)

Hallo Jörg!
Danke für die Antwort!

Wenn Du schreibst, dass HSS schärfer sein kann als HM, dann glaube ich Dir das glatt,
und dass es niedrigere Schnittkräfte erzeugt, hab ich ja wohl nun selbst mitbekommen.
Ich dachte immer, Hartmetall sei das Wunderwerk… naja, vielleicht schon für die Industrie…, und HSS ein absolutes no go.
Scheint aber wohl nicht so.

Ich denke mal so, dass ich in der Laage bin, den HSS-Stahl vernünftig anzuschleiffen, weil das heute beim ersten Versuch so gut geklappt hat,
also werde ich das mal so beibehalten und weiter perfektionieren / üben.

Und ja, die Drehbank ist nicht so wirklich massiv /stabil, und war ursprünglich auch nicht für solche Arbeiten gedacht.
Die Drehbank vom Grundaufbau ist schon sehr massiv, aber die Werkzeugschlitten, oder, wie man das nennt, sind bischen klein geraten. Na, für meine Zwecke reicht es erstmal, ich halte aber immer die Augen auf, ob ich mal was „richtiges“ bekommen kann.
Meisselspannung ist, wie Du schon als einfachsten Fall vermutet hast, einfach mit einer Klemme, und bei Bedarf wohl mit Unterlegblechen.

Viele Grüße,
Steffen!

Hallo Peter!

Nun, ich hab zwar die komplette Maschinenakte seit 1960, und sämtliches Zubehör,
aber die Unterlagstreifen leider nicht. Das sollte aber kein Problem sein.
Das mit dem Abstechen/ plandrehen zwecks Höheneinstellung ist aber genial, das werde ich so machen.

Danke, viele Grüße,
Steffen!

Hallo

Hartmetall hat natürlich Vorteile.
Schnelles, langes, sauberes Drehen ohne Kühlung.

Folgendes muss dazu sein:
Die Spindel darf kein Spiel gaben.
Dazu nimmt man eine Messuhr und versucht mit einem Holz die Spindel gegen die Uhr anzuheben um das Spiel zu untersuchen.
Die Schlitten sollten nicht wackeln. Dazu muss innen alles sauber sein und gerade. Meist kann man dann das Spiel einstellen.
Es dürfen auch keine Teile durchfedern.
Das Spiel der Gewindespindeln zum Kurbeln verursacht normal kein Brechen/Absplittern von Hartmetall. Das ist praktisch normal und lässt sich nur durch neue Teile verringern.
Auf Mitte stellen wurde schon 2* erwähnt.

Wenn man Hartmetall nicht anschleifen kann, weil man spezielle Scheiben nicht hat, kommen nur Plättchen in Frage. Es kann schlechte Qualität bei Hartmetall geben. Das beste anschleifen von HM geht mit Diamantscheibe, es gibt aber auch spezielle Scheiben für HM und den Bock.

Bei HSS muss man immer gut kühlen, was ganz schön herumspritzt.

MfG
Matthias

Hallo Mathias!

Auch Dir vielen Dank für die Antwort.

Ich habe heute die Schlitten der Drehbank nachgestellt, den Meissel sehr genau auf Mitte gestellt,
meine Anschleifkünste noch bischen weiterentwickelt,
ich meine, das klappt jetzt schon recht gut.
Hab mal einige Probedrehungen gemacht, ich finde das jetzt so in Ordnung. Ich werde dann bei den HSS- Stählen bleiben.

Viele Grüße, Steffen!

Kleiner Zusatz…

Die hier beschriebene Methode ist gut, sollte aber nur zur Überprüfung der korrekten Ausrichtung auf Mitte angewendet werden. Also zunächst mal mit Augenmaß möglichst genau ausrichten und dann erst plan drehen. Und zur Mitte hin mit größerer Vorsicht.
Wenn der Meißel noch etwas zu tief steht, läuft er sonst unter dem kleinen Zapfen, der dann in der Mitte stehen bleibt, durch. Bei Spiel in der Spindel wird der Support dann ein Stückchen nach vorne gezogen. Im besten Fall bricht dann der kleine Zapfen weg. Im schlechten Fall nimmt die Meißelschneide Schaden.
Insbesondere beim Abstechen bis zur Mitte ergibt sich dieses Problem, kann aber auch beim Planen vorkommen, wenn man unvorsichtig ist.

Ich kann dir nur empfehlen, einen Schnellwechselhalter zu besorgen. Das spart wirklich viel Zeit und die Einstellung auf Mitte wird sehr erleichtert.
Der Haken ist nur, das die Dinger so schw…teuer sind und man mindestens 3-5 Halter braucht damit man den Vorteil gut nutzen kann. Selbst gebraucht sind die kaum günstig zu bekommen.