Proteinfaltung

Liebe/-r Experte/-in,
Ich habe nächste Woche eine Prüfung in Biophysik. (Ich studiere Biologie und habe Biophysik als Nebenfach) Das ist eine mündliche Prüfung, aber ich habe ein paar Prüfungsprotokolle. Eine Frage kann ich aber nicht beantworten, und die Antwort, die dabei steht verstehe ich nicht… Im Prüfungsprotokoll steht Folgendes:

„Der Prof wollte dann wissen, warum mal random coils und mal alpha-Helices entstehen. (Erst ab der 4 Aminosäure gewinnt man an Energie H-Brücken, davor nur Entropieverlust weil weniger Freiheitsgrade)“

Kennt jemand eine Quelle, in der das genauer beschrieben wird? Oder kann mir das jemand erklären? Vor allem: wie erklärt diese Antwort die Entstehung von alpha-Helices und random coils?

Vielen Dank schon mal für eure Mühe!

Lg Lisa

Hallo Lisa,

ist nicht mein Spezialthema, aber ich habe mich am Rande mal mit Proteinfaltung beschäftigt.
Zunächst mal:
-generell wuerde ich alpha helix durch „geordnete struktur“ ersetzen; alpha helix trifft wohl nur auf einige bestimmte proteine zu.
-die proteinfaltung ist als ein energieminimierungsfrage zu sehen. zwei konkurrierende terme: 1.)die „strukturelle“ energie (laesst sich minimieren durch die ausbildung von H-Bruecken) und 2.) die entropie des proteins; vereinfacht die bewegunsgfreiheit die es hat. die entropie nimmt ab, je starrer das protein in eine struktur gebunden ist=je mehr H-Brücken vorhanden sind. jedes system strebt nach vergroesserung seiner entropie, also hier nach weniger H-Bruecken.

Gemaess dem Kommentar dieses Prof ist es wohl so, dass sich bis 4 Aminosaeuren ungefaltete („frei formbare“) Proteine bilden, darueber aber der energiegewinn durch H-Bruecken die Abnahme an Entropie, die man durch ein starres gefaltetes system hat, ueberwiegt.

Ich hoffe das hilft

Sven

Hallo Lisa,

Ich fürchte, die Biophysik hat nicht soviel mit der eigentlichen Physik zu tun, wie der Name verspricht.
Daher gebe ich kein großes Gewähr auf meine Erklärung.

Im Allgemeinen gilt das Prinzip der Energieeffizienz, also Formen und Zustände, die möglichst geringe Energie zur Entstehung und Erhaltung fordern werden bevorzugt.
Die so genannten Freiheitsgerade stellen dabei veränderbare Variablen, die getrennt voneinander Energie aufweisen können, dar. Beispielsweise besitzt ein frei-beweglicher Punkt im 3-dimensionalen Raum 3 Freiheitsgerade (Richtungen zur Bewegung), ein Ball hingegen schon 6 (3 Richtungen zur Rotation), ein Atom im Molekülgitter je nach Modell bereits 9 (3 Richtungen zur Schwingung).

Ich schließe aus der Aussage des Professors, dass bei zu geringer Anzahl an Freiheitsgeraden und Energien zu wenige Möglichkeiten erzeugt werden, die benötigte Nähe zwischen Molekülteilen zur Herstellung einer Wasserstoffbrückenbindung herzustellen. Die Bewegung führt zu willkürlicher, nicht bestehender Verformung, also kann die Bewegungsenergie als Entropieverlust angesehen werden.
Kommen sich nun die Molekülteile entsprechend Nahe (durch mehr Freiheitsgrade & höhere Energie) um Wasserstoffbrückenbindungen einzugehen, entsteht in den Molekülen eine Struktur (tertiäre Struktur nennt man es evtl.).
Somit würde durch die Hohe Entropie („Chaos“) eine zufällige Struktur entstehen (random coil?) und durch höhere Energien/Freiheitsgerade und damit weiteren Bindungen die geordnete Struktur (alpha-Helix).

Eventuell fragst du dazu aber besser einen Biologen oder jemand aus dem Biophysik-Bereich.

mit freundlichen Grüßen
Julian

Hallo Lisa,

ich hätte die Antwort zwar nicht gewusst, bin mir aber relativ sicher sie zu verstehen und versuche jetzt mal das zu erklären.

Die (statistische) Physik ist ja praktisch ein immerwährender Kampf zwischen (potentieller) Energie und Entropie. Natürlicherweise versucht ein System die potentielle Energie zu minimieren und die Entropie zu maximieren. Bei niedriger Temperatur ist der Entropiebeitrag klein (T*S), daher „gewinnt“ die Energie und das System befindet sich im Grundzustand - also dem Zustand mit der geringsten potentiellen Energie. Sobald die Temperatur höher ist, wächst aber der Beitrag des Entropieterms, und die Entropie gewinnt an Bedeutung. Die Entropie ist um so größer, je mehr Zustände ein System einnehmen kann. Bei der niedrigsten (potentiellen) Energie eines Systems gibt es nur genau einen Zustand, eben den Grundzustand - die Entropie ist also sehr klein. D.h. der Grundzustand ist entropisch gesehen ungünstig. Für T>0 wird sich das System also einen Zustandsraum suchen, der für die spezifische Temperatur eine „sinnvolle“ Mischung aus Anregungsgrad der Zustände (also potentieller Energie -> eigentlich schlecht) und Anzahl der möglichen Zustände (Entropie -> je mehr, desto besser) suchen.

Entropisch gesehen ist der Unterschied zwischen Random Coil und Helix ganz klar: die Helix hat einen hohen Grad von Ordnung, d.h. bis auf die Lage im Raum und ein bißchen Schwingung um die Helix-Struktur gibt es kaum Freiheiten -> der Zustandsraum „Helix“ ist also sehr begrenzt -> die Entropie ist klein. Random Coil bedeutet das Gegenteil: Hier ist nichts festgelegt, das Ding kann aussehen wie es will und wild rumwabern -> der Zustandsraum, und damit die Entropie, sind riesig.
Entropisch gesehen gewinnt also ganz klar die Random Coil. Allerdings gibt es in der Helix eben Wasserstoffbrückenbindungen, die energetisch sehr günstig sind (die haben eine große „negative“ (effektiv) potentielle Energie). Diese H-Brücken können aber frühestens nach mindestens einer vollen „Umdrehung“ (3,6 Aminosäuren) auftreten. Davor gewinnt die Entropie -> es bildet sich eine Random Coil. Danach gewinnt die H-Brücke (=die niedrige Energie) -> es bildet sich (evtl. - meiner Ansicht nach aber nicht zwingend, das würde keinen Sinn machen - schließlich gibt es ja auch längere Random Coils) eine Helix.

So verstehe ich jedenfalls die Antwort, und es ist auch halbwegs plausibel.

Ich hoffe das hilft Dir ein bißchen?

Viele Grüße,
Jakob

„Der Prof wollte dann wissen, warum mal random coils und mal
alpha-Helices entstehen. (Erst ab der 4 Aminosäure gewinnt man
an Energie H-Brücken, davor nur Entropieverlust weil weniger
Freiheitsgrade)“

Ein Grund für die Entstehung von Random Coils ist Prolin. Prolin hat keinen normalen N-Terminus, es ist ringförmig und es tritt eine sterische Raumhinderung auf, die oft die Bildung von alpha-Helizes stört und somit die Bildung von Random Coils fördert.
Generell ist die Frage nicht einfach zu beantworten. Es treten diverse Effekte und Kräfte auf (Dipolmomente, van-der-Waals Kräfte etc.) die je nach Aminosäure unterschiedlich sind. Die Primärstruktur ist also ausschlaggebend.

hi Lisa,

bin da nicht mehr so fit drin aber als Anhaltspunkt solltest du mal in der Literatur nach Freiheitsgraden bei der Proteinfaltung schauen. Meine Kommentare hier sind ggf. nicht korrekt … schau das auf jeden Fall nochmal nach.

Liebe/-r Experte/-in,
Ich habe nächste Woche eine Prüfung in Biophysik. (Ich
studiere Biologie und habe Biophysik als Nebenfach) Das ist
eine mündliche Prüfung, aber ich habe ein paar
Prüfungsprotokolle. Eine Frage kann ich aber nicht
beantworten, und die Antwort, die dabei steht verstehe ich
nicht… Im Prüfungsprotokoll steht Folgendes:

"Der Prof wollte dann wissen, warum mal random coils und mal
alpha-Helices entstehen.

  • das liegt (soweit ich das noch weiß) an der AS Zusammensetzung des Proteins. Jede AS hat unterschliedliche Atome und Seitengruppen --> unterschiedliche elektrostatische/ionische etc. Wechselwirkungen (steht bestimmt bei Wiki was zu). Je länger das Protein wird, desto mehr werde diese sich in höheren Strukturen auswirken --> Freiheistgrade???(mal nachlesen. Z.b. spielt auch die Lösung, in der das Protein liegt eine wichtige Rolle hierfür --> Denaturierung

(Erst ab der 4 Aminosäure gewinnt man
an Energie H-Brücken, davor nur Entropieverlust weil weniger
Freiheitsgrade)"

  • Die Antwort im Protokoll schein mir nicht vollständig: wenn ich das richtig sehe, nimmt mit der Länge der Peptidkette des Proteins auch die Anzahl der Freiheitsgrade zu. Kann sein, dass 4 AS hier die min. Länge für erste Verdrehungen/Faltungen ist.

Kennt jemand eine Quelle, in der das genauer beschrieben wird?
Oder kann mir das jemand erklären? Vor allem: wie erklärt
diese Antwort die Entstehung von alpha-Helices und random
coils?

-Such mal bei Google books, oder wikipedia (da auch in der weiterführenden Literatur!

bg georg

Vielen Dank schon mal für eure Mühe!

Lg Lisa

Ich muss leider passen - zu lange raus.

Liebe Lisa,
Deine Anfrage habe ich verpasst, ich hatte einige Zeit dieses E-Mail-Account vernachlässigt. Wieauchimmer, im Bereich der mikroskopischen Kräfte, Energien und Geometrien kleiner Moleküle bin ich recht firm (das sind schliesslich Grundlagen der analytischen Verfahren), grosse Moleküle sind nicht mein Fachgebiet. Deine Frage hätte mich viel zu viel Recherche-Arbeit gekostet. Leider! Also hätte ich sie sowieso ablehnen müssen.
Solange Du ein ‚Nein‘ nicht scheust, darfst Du es gerne wieder probieren und mich auf die Liste Deiner Expertenanfrage nehmen :wink:

Griessli
Berchthold