Psychisch auffälliger Jugendlicher

Hallo Inka,

Hallo Chili,

Bei Kindern ist es anders, wenn man einen begründeten Verdacht
hat, dass es misshandelt oder vernachlässigt wird.

Naja, so heftig war weder mein Verdacht, noch (hoffentlich)
meine Formulierung. Es geht mir um Himmels Willen nicht um
Stigmatisierung der Eltern, die mit Sicherheit ihren Jungen
sehr lieben und in jeder erdenklichen Form für sein
Wohlergehen sorgen.

Da hast Du mich vollkommen falsch verstanden oder ich mich misverständlich ausgedrückt: ich kann bei Dir überhaupt keinen Verdacht herauslesen, dass das Kind misshandelt oder vernachläsigt wird und daher besteht auch von Fremden Menschen kein Handlungsbedarf, den Du aber wiederum befürwortest. Ich dachte und meinte auch nicht die Stigmatisierung der Eltern, sondern des Jungen!

Die Quellen, die Du nennst (Kirchengemeinde, Nachbarn, Freunde
von Freunden) bedienen das klassische Klischee der
Klatschküche.

Ich kann verstehen, dass das so rüber kommt, du bist ja auch
nicht der einzige, der das so antwortet. Ich kann an der
Stelle nur nochmals versichern, dass mir die Quellen
vertrauenswürdig erscheinen, und dass es an keiner Stelle
darum ging, skandalöse Neuigkeiten auszutauschen. Aber
gelegentlich unterhalte ich mich eben mit meiner Mutter über
Neuigkeiten aus ihrem Freundeskreis, und zu meinem
Freundeskreis gehören eben auch Familienmitglieder des Jungen.
Klar, die Grenze zum Tratsch ist immer fließend, ich denke, da
kommt es immer ein bisschen auf die Motivation an.
Ich habe mich hier jedenfalls mit Bedacht an ein anonymes
Forum gewendet, und habe nicht angefangen, in der
Nachbarschaft oder Gemeinde was von meinen offensichtlich
übers Ziel hinausgeschossenen Vermutungen zu erzählen.

Es kann hier keiner ein qualifizierte Antwort geben, da die Informationen trotz Deiner Zeilen zur Erklärung einen starken Klatsch-Charakter haben. Man könnte höchstens sozialmotivierte Handlungen und deren Konsequenzen ausspinnen und das wäre, dass der Junge keine Chance hat sich in den Mikrokosmos in dem er lebt zu integrieren, da er von der Gemeinde hinterrücks für „verrückt“ erklärt wird.

Ich vermute ihr lebt in einem Dorf oder in einer
Kleinstadt, wo man lieber über andere spricht als über sich
selbst.

Nö.

Das soll kein Vorwurf sein, aber es ist eben oft so,
dass die meisten Menschen, die andere für „unnormal“ halten,
selber ein Problem haben, von dem sie ablenken wollen - und
sei es nur das Fehlen von aufrichtigem und wohlwollendem
Interesse.

Auch nö. Ich komm sehr gut damit zurecht, wenn Leute ihren
eigenen Kopf und Charakter haben. Und wenn man mich fragt,
haben die Jugendlichen irgendwie alle ihren eigenen Knall, der
sich im Lauf der Zeit von allein wieder gibt, da bin ich
relativ entspannt. In dem Fall hatte ich persönlich einfach
das Gefühl, dass der Junge ein ernstzunehmendes Problem haben
könnte. Daher mein Gesuch um Rat.
Es ist auch immer ein bisschen schwierig, so ein Gefühl
schriftlich in Worte zu fassen und zu begründen, vielleicht
liegt darin ein Teil des hier aufgetretenen
Missverständnisses.

Das mag sein.

Der Junge ist das Nesthäkchen, hat wenig Freunde und versucht
ab und zu Aufmerksamkeit auf sich zu lenken - so what? Was ist
denn daran übermäßig auffällig?

Ich weiß nicht - mir erschien es irgendwie bedenklich, weil es
so völlig überreagiert war. Ich neige aber, nach den vielen
verschiedenen Antworten hier, auch zu der Ansicht, erstmal
stillzuhalten, und das ganze nicht überzubewerten.

Gut. Man kann auch beobachten ohne gleich alles bewerten und urteilen zu müssen.

Ja, das ist ein guter Gedanke, den ich mir aus der Diskussion
mitnehme - die Lehrer habe ich tatsächlich nicht bedacht. Mag
auch an schlechten Erfahrungen meinerseits, was das
aufmerksame Hinsehen von Lehrern betrifft, liegen.

Bei demotivierten Lehrern ist das oft so. Das trifft dann besonders sehr stille und introvertierte Schüler hart. Wenn sie ein Problem haben, ziehen sie sich zurück, was dem Lehrer nur Recht sein kann, denn ein leises Kind stört nicht. Wenn aber ein Schüler laut und aufsessig wird, dann wird auch der unaufmerksamste Lehrer plötztlich hellwach und motiviert den Störenfried auszuschalten - positiv formuliert: es sucht den Kontakt zu Eltern, zu anderen Lehrern oder auch zu einem Schulpsychologen (sofern einer an der Schule vorhanden ist).

Wie kommst Du darauf, dass er eine Gefahr darstellt? Hat er
jemals sich oder andere willentlich verletzt?

Nein, nicht das ich wüsste. Ich nehme ihn halt als extrem
introvertiert wahr, und ehrlich gesagt habe ich diese völlig
ungerechtfertigten Anschuldigungen schon als eine Art
Aggression gegen andere erlebt. Aber nein, ich habe dafür
keine konkreten Anhaltspunkte, und mache mir auch keine
weiteren Gedanken darüber.

Eine Gefahr, wenn Du es so nennen möchtest, stellt er in der Tat für sich selbst dar: es steht sich selbt und den anscheinenden Wunsch nach Anschluss und Kontakten im Weg. Aggressiv würde ich es nicht unbedingt nennen, eher hilflos.

Lieben Dank für deine ausführliche Antwort und die Gedanken,
die du dir gemacht hast.

Nicht dafür.

Viele Grüße

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Hi!

Ob DSM oder ICD, ob im ICD der F6- oder F2-Bereich, wird
dürften uns darüber vollkommen einig sein, dass bei einem
12jährigen die „Schizoide Störung“ nicht sehr sinnvoll der
erste Verdacht sein sollte.

E.T.

Da lasse ich mich sehr gerne belehren. :smile:

Ist das als Rückfrage nach dem Warum zu verstehen?
Bei Kindern haben a) Entwicklungsstörungen klare diagnostische Priorität gegebenüber Persönlichkeitstörungen.
Bei Kindern tritt b) der ganze F2-Bereich sehr selten auf, und ist, wenn dann, sehr schwer diagnostizierbar. Durch bloße äußere Beobachtung ist F21 überhaupt nicht zu differenzieren z.B. von der -bei Kindern viel häufigeren- Asperger-Störung.
Insofern halte ich in dem von dir geschilderten Fall den Gedanken an eine „schizotype Störung“ für ziemlich ‚exotisch‘, allein schon, wie gesagt, des Alters wegen.

E.T.

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Hallo Janina,

ich stimme Dir inhaltlich voll und ganz zu.

Da Du aber auf ihre angehende Rolle als Psychologin ansprichst, wollte ich noch eine Bemerkung loswerden, die etwas off topic ist.

Die meisten Antworten spiegeln in etwa auch Deine Statements wieder, vielleicht in einer etwas abgemilderter Form. Die Fragende hat sogar Antworten gegeben und zeigt, wie ich finde, ein reflektiertes Verhalten und ist teilweise einsichtig (es tratschen die anderen, nicht sie und ihre wilden Vermutungen lässt sie nur im Internet und nicht in der Gemeinde aus). Kann man doch so erstmal akzeptieren, oder?

Bei Dir löste es bei ihr eine Verteidigunghaltung aus, die in Ablehnung kippte. Worauf ich hinaus will: das Dilemma mit der Kommunikation, Sender und Empfänger…

Möchte man jemanden helfen oder unterstützen, muss man eine gemeinsame Sprache finden und sich nicht gegenseitig beschießen, sonst wird das nix und führt zu nix.

Weiter unten im Eltern-Kind-Brett hat einer seiner trotzdenden 3-jähirgen Tochter den Hintern versohlt. Jetzt kann man die Hände über den Kopf zusammenschlagen und laut nach der Polizei schreien, oder man setzt an der Hilflosigkeit des Mannes an und versucht ihn bewusst zu machen, dass er durch sein Verhalten Einfluss auf das Verhalten des Kindes nimmt. Ein guter Psychologe wird dem hauenden Mann Verständnis gegenüberbringen und dadurch einen Zugang zu seinem Handeln gewinnen, was die Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit ist. Der Stammtischpsychologe hingegen wird sich ganz offensichtlich auf die Seite des Opfers begeben und somit ist die Verbindung zum Täter gebrochen - aber gerade ihn will man ja erreichen!

Als Psycholge sollte man also ganz genau wissen für wen man arbeitet. Das Resultat ist dann nicht (nur) die Hilfe und Unterstützung eines Stinkstiefels oder einer Traschtante, sondern eben auch die einzige Möglichkeit deren Umfeld zu helfen und vor weiteren Attacken zu schützen.

Viele Grüße

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Hallo,

also, ich habe hier mal so mitgelesen und finde den Ton einiger Antworten wegen ihrer auffällig starken Aggression absolut unangebracht.

Man darf auch mal aggressiv sein, aber hier ist das auf jeden Fall ungerechtfertigt.

Woher denn diese Wut?

Manchmal kochen die Emotionen schnell hoch, wenn das Thema mit einem selbst zu tun hat. Vielleicht weil man auch mal Opfer von Tratsch war und dabei sehr verletzt wurde. Wer das nicht verarbeitet hat, wird immer wieder an die Decke gehen, anstatt sachlich zu bleiben.

Es kann aber auch einfach ein schlechter Tag gewesen sein, und der Frust hat eine Zielscheibe gesucht? Das wäre dann nicht viel besser!

Am schlimmsten wäre es jedoch, wenn die Person für gewöhnlich so diskutiert. Auf diese Weise gelingt jedenfalls nie und nimmer eine vertrauens- und respektvolle Kommunikation, denn sie wird sofort im Ansatz erstickt.
Ein Kind von solch einem Menschen würde innerlich höllisch rebellieren.
In einem gemeinsamen Gespräch eine neue Sichtweise zu erschaffen, würde sofort scheitern. Es ensteht in jedem Fall großer Hass und am Ende hätten sich beide nicht mehr viel zu sagen!

Ich jedenfalls möchte nicht solche Antworten von einem Psychologen um die Ohren geschmissen bekommen, denn wie gesagt: das sorgt für eine immense Störung der Beziehung, die danach sicher nicht mehr zu kitten sein dürfte, außer mit einer ernstgemeinten Entschuldigung und entsprechendem Verhalten in späterer Zeit.

Allgmein fällt mir immer mehr auf, dass es hierzulande an guten Pädagogen mangelt :confused:

LG

-BARBARA-

Danke
Hallo zusammen,

vielen Dank für eure vielen verschiedenen Beiträge. Ich hatte mir hier Hilfe erhofft bezüglich einer Einordnung für mich persönlich, um eine Entscheidung treffen zu können, ob man handeln müsste oder nicht. Eure Beiträge waren für mich tatsächlich hilfreich, der Grundtenor ging in die Richtung, dass ich mir erstmal nicht so viele Gedanken machen sollte. Das werde ich annehmen und erstmal still halten.
Lieben Dank!

Inka