Psychische Probleme

Ich wünsche einen schönen guten Abend.
Auch ich muss heute einmal etwas loswerden.

52 Jahre bin ich nun, habe immer gearbeitet, noch eine fast 4-jährige Ausbildung Mitte 30 gemacht.

Das Leben war nicht immer leicht, aber ich habe mich durchgeboxt und war immer eine Kämpfernatur. Jetzt verließen mich allerdings meine Kräfte und ich bin praktisch nur noch am Heulen.

Also versuchte ich das meiner Arbeitsvermittlerin zu erklären, denn ich bekam rein gar nichts mehr hin, trotz Antidepressiva. Sie riet mir dann zu einer Therapie.

Dort war ich heute. Und jetzt bin ich ganz platt. Der Therapeut wollte schon gar keine Behandlung anfangen, da das Aufarbeiten mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Er sprach dann von einer Psychoanalyse, die mehr Stunden zur Verfügung hätten. Aber er sehe auch da nicht wirklich Hoffnung.

Er meinte auch noch, ich sei überheblich, weil ich die Gesellschaft verändern wolle. Dabei erklärte ich mehrmals, dass es mir sehr bewußt ist, dass ich das nicht kann, aber wie kann ich damit klarkommen? Ich weiß nämlich einfach nicht mehr, um was und wie ich kämpfen soll. Mir fehlt einfach die Kraft (ich bin z.B. auch von Süddeutschland nach HH gezogen, wegen einer Arbeitsstelle, also mangelnde Flexibilität kann man mir wirklich nicht vorwerfen.

Das Ende vom Lied war dann, dass er mir im empfahl, mich an einen Psychiater zu wenden, um mir neue Medikamente zu verschreiben. Und jetzt reicht es. Ich soll mich mit dem Zeug vollstopfen und das Kämpfen aufhören. Es hätte eh keinen Sinn.

Ich weiß ja, was mir fehlt, ein Job von dem man leben kann und eine Wohnung näher an meinem Sohn. Was die Wohnungssuche bei Hartz betrifft, brauch ich mich nicht weiter auszulassen, denke ich.

D.h. also, ich kann definitiv nichts mehr entscheiden und fühl mich entmündigt, was mich jetzt natürlich nicht grad aufbaut.

Mir wurde schon viel genommen, aber ich würde gerne noch etwas Stolz behalten. Nicht Probleme zudecken, sondern Perspektiven. Ja, ja. SO anspruchsvoll bin ich.

Meine Frage an die Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und nun auf diese Schiene abgerutscht sind, wie geht ihr damit um. Was hält euch aufrecht?

Hallo rubinia,

ich würde Dir auf jeden Fall raten, noch zu einem anderen Therapeuten oder einer anderen Therapeutin zu gehen. Vielleicht hat er/sie eine ähnliche Einschätzung, vielleicht sieht er/sie aber auch noch andere Chancen.
Es ist ganz normal, dass man verschiedene Therapeuten kennenlernen muss, um jemanden zu finden, mit dem es passt. Die Kassen zahlen daher sogenannte probatorische Termine.

Unter Umständen ist auch der Rat gar nicht verkehrt, Dich an einen Psychiater zu wenden. (Oder bist Du schon bei einem, da Du ein Antidepressivum nimmst?)
Nicht unbedingt, um möglichst viele Medikamente zu nehmen, sondern um abzuklären, ob Dir ein anderes Medikament besser hilft und Dir ermöglicht, mit besseren Voraussetzungen eine Therapie zu beginnen, auch, welche Therapierichtung Dir helfen kann.

Alles Gute wünsch ich Dir!

Jule

Hi,
vielleicht hilft es dir wenn du dir ehrenamtliche Arbeit suchst.
Die brauchen nämlich Leute die zuverlässig sind und durchhalten und du klingst wie jemand der eine Sache die er anfängt auch weitermacht.
Ehrenamt gibt es von Besuchsdienst bis Gartenarbeit und die meisten Städte und Gemeinden haben eine Art Ehrenamtsbörse.
Neue Leute lernt man so auch kennen und manchmal ergibt sich auch was in Richtung Arbeit oder Wohnung.

viele Grüße und alles Gute

Susanne

Hi rubinia,

52 Jahre bin ich nun, habe immer gearbeitet, noch eine fast
4-jährige Ausbildung Mitte 30 gemacht.

welche® Depressive hat das nicht gemacht? Da gibt es nach meiner Erfahrung keine klassischen Asis (oder egal welches Wot du dafür wählst), alle waren gut, erfolgreich und leidlich fleißig.

Das Leben war nicht immer leicht, aber ich habe mich
durchgeboxt und war immer eine Kämpfernatur. Jetzt verließen
mich allerdings meine Kräfte und ich bin praktisch nur noch am
Heulen.

Weil du, auch das ist ein klassisches Bild, für die anderen gelebt hast, oder deren Erwartungen …

Also versuchte ich das meiner Arbeitsvermittlerin zu erklären,
denn ich bekam rein gar nichts mehr hin, trotz Antidepressiva.
Sie riet mir dann zu einer Therapie.

Arbeitsvermittler sind meiner Erfahrung nach eher Komplizen des Arbeitsamtes als „Berater“. Wenn du krank, also unvermittelbar bist, bekommst du Hartz IV statt Arbeitslosenhilfe. Wenn du zu denen offen sprichst, belastet du dich selbst ohne Hinweis auf $ 55 StPO.

Dort war ich heute. Und jetzt bin ich ganz platt. Der
Therapeut wollte schon gar keine Behandlung anfangen, da das
Aufarbeiten mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird.

Also gar nicht anfangen weil’s lange dauert, seltsame Logik.

Er sprach dann von einer Psychoanalyse, die mehr Stunden zur Verfügung hätten. Aber er sehe auch da nicht wirklich Hoffnung.

Die Aufarbeitung dessen, was du bislang falch gemacht hast, ist dennoch nötig. Ob dies jahrelange „auf der Coutch liegen“ heißen muss, möchte ich bezweifeln.

Er meinte auch noch, ich sei überheblich, weil ich die
Gesellschaft verändern wolle. Dabei erklärte ich mehrmals,
dass es mir sehr bewußt ist, dass ich das nicht kann, aber wie
kann ich damit klarkommen? Ich weiß nämlich einfach nicht
mehr, um was und wie ich kämpfen soll.

Zunächst solltest du deinen Psychologen wechseln. Mit denen kann man solche und solche Erfahrungen machen, sogar mit denselben in der selben Klinik.

Es gibt auch gute Psychologen und Psychiater.

Mir fehlt einfach die
Kraft (ich bin z.B. auch von Süddeutschland nach HH gezogen,
wegen einer Arbeitsstelle, also mangelnde Flexibilität kann
man mir wirklich nicht vorwerfen.

Kann ich verstehen, dass irgendwann auch einem ansonsten flexiblen/engagierten Menschen bei ellenlangen Listen von Ansprechpartnern der Mut verlässt.

Das Ende vom Lied war dann, dass er mir im empfahl, mich an
einen Psychiater zu wenden, um mir neue Medikamente zu
verschreiben. Und jetzt reicht es. Ich soll mich mit dem Zeug
vollstopfen und das Kämpfen aufhören. Es hätte eh keinen Sinn.

Wenn er das so gesagt hat, dann gib ihm im Geiste einen Tritt in den Allerwertesten, denn einerseits wirken Medikamente, und zweitens bei jedem anders. Man muss also, so blöd das klingt, ausprobieren.

Jedenfalls solltest du nicht leichtfertig entscheiden, ob du Medikamente nimmst oder nicht.

Und du solltest auch das Kämpfen nicht aufgeben, auch wenn dir momentan noch die Richtung fehlt.

Ich weiß ja, was mir fehlt, ein Job von dem man leben kann und
eine Wohnung näher an meinem Sohn. Was die Wohnungssuche bei
Hartz betrifft, brauch ich mich nicht weiter auszulassen,
denke ich.

Kann ich verstehen, will auch nur in Würde arbeiten und leben, aber es gibt einige (und da wären wir bei deiner Eigenart, die Gesellschaft zu verändern), die das nicht zulassen. Nennt sich Klassenkampf, und den kannst du allein nicht gewinnen.

D.h. also, ich kann definitiv nichts mehr entscheiden und fühl
mich entmündigt, was mich jetzt natürlich nicht grad aufbaut.

Was für eine Überraschung! Wer arbeitet schon in einem Amt um die Welt zu verbessern? Das sind alles unfähige Gestalten, die ihren Frust an ihren „Kunden“ auslassen.

Mir wurde schon viel genommen, aber ich würde gerne noch etwas
Stolz behalten. Nicht Probleme zudecken, sondern Perspektiven.

Ich bin in etwa der gleichen Lage, und habe von gewissen Leuten sehr profitiert.

Ja, ja. SO anspruchsvoll bin ich.

Und das sollst du auch sein!

Meine Frage an die Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet
haben und nun auf diese Schiene abgerutscht sind, wie geht ihr
damit um. Was hält euch aufrecht?

Vor allem meine „Leidensgenossen“, alle trotz oder wegen des Rutschens eine Sorte Mensch, die den anderen wirklich sieht, und auf Fassaden einen …

Da ich auch in Hamburg wohne, kannst du mich auch gern per E-Mail kontaktieren.

Zoelomat

Guten Morgen Zoelomat, ich danke dir für deine Worte.
Gestern schwankte ich wirklich zwischen Wut und Hilflosigkeit.

Inzwischen habe ich hier wie wahnsinnig rumgegoogelt, in der Hoffnung, eine Selbsthilfegruppe o.Ä. in meiner Gegend zu finden. Aber anscheinend ist es wirklich so, dass die meisten schon komplett aufgegeben haben.

Noch habe ich Kampfgeist (wenigstens das hat dieser Psychologe gestern bei mir geschafft).

2 Ziele habe ich noch. Zum einen ein Job, von dem ich leben kann und eine Wohnung, in der man sich wohlfühlen kann. Dazu brauche ich kein Luxusloft, aber ich möchte gerne auch mal wieder Besuch empfangen können, ohne dass ich mich schämen muss.

Was mir einfach zu schaffen macht, ich hab das Gefühl nicht zu wissen, wo ich beginnen soll. Mein Verstand sagt, erst mal Kraft auftanken.

Manchmal denke ich, ich platze gleich, weil man immer den gleichen Schmarrn hört. Klar gibt es Dinge, mit denen man sich abfinden muss, weil sie nicht zu ändern sind. Aber ich tu mich in diesem Fall dermaßen schwer und solche Ratschläge, wie von diesem Psychologen machen mich dann wirklich fast aggressiv.

Ich wünsche dir einen schönen Tag Zoelomatund nochmals Danke für deine Worte.
rubinia

Guten Morgen Susanne,
daran hab ich auch schon gedacht, und werde es wahrscheinlich auch tun. Ich hab natürlich auch 1-Euro-Jobs gemacht, nein, nein, nicht wegen diesem Riesenverdienst, sondern um in meinem Beruf auf dem Laufenden zu bleiben. Und du wirst es nicht glauben, das waren bisher die Tätigkeiten, die mir am meisten Spaß machten.
Leider ist es so, dass das ja soziale Einrichtungen sind und kaum eine Chancen haben fest einzustellen.
Dazu kommt noch, ich werde definitiv nichts mehr für die Kirche machen, denn die war mein letzter Arbeitgeber. Das war dann auch der Job, der mir den Rest gegeben hatte. Heute kämpfe ich um ein Arbeitszeugnis, nicht mal nen warmen Händedruck vom Chef. Und das Schlimmste war, es war ein Chef, der sehr unchristlich mit seinen Mitarbeitern umging. Also nicht nur mit mir.
Aber ich danke dir für deinen Vorschlag, nur suche ich eigentlich momentan eher Leute, die kämpfen, und denen ich mich anschließen kann.
Liebe Grüße
Gabi

Guten Morgen Jule, das mache ich sicherlich, ich hab mich insofern ja abgefunden, dass es wohl erst Mal ohne diese Antidepressiva nicht geht. Ich war ja anschließend auch gleich bei meinem Hausarzt, um eine Überweisung für den Psychiater zu holen, er meinte, brauch ich nicht, auch ER könnte mir ein anderes Mittel verschreiben. Aber ich werde den Arzt wechseln, nur nicht im jetzigen Quartal. Das ist ja nicht das 1. Mal, dass ich IHM sagen muss, was evtl. gut für mich sein könnte.

Bei den letzten Antidrepessiva ging es mir ziemlich schlecht. Total unkonzentriert und fahrig. Ich bekam nicht mal mehr eine anständige Bewerbung hin. Aber ich sollte sie weiternehmen. Warum auch immer.

Vielleicht hilft es mir auch, einfach Kontakte mit Leuten aufzubauen, die genau so empfinden wie ich. Denn irgendwie hab ich grad das Gefühl, die älteren sind nur noch störende Mitläufer und ich weigere mich, mir von der Gesellschaft einreden zu lassen, ich sei zu alt für alles.

Lieben Gruß Gabi

Liebe Rubinia,

ich würde Dir auf jeden Fall raten nochmal einen anderen Therapeuten aufzusuchen. Ich habe auch einige hinter mir, bis ich den passenden gefunden habe. Und ich habe mit Therapeuten auch gestritten und ihnen die Meinung gesagt, wenn mir was nicht gepaßt hat. Einer meinte mal zu mir, ich wäre aber kein netter Patient…nur weil ich nicht mit seiner Therapieform einverstanden war.

Die Kombi Therapie und Medikamente halte ich für absolut notwendig. Bei einigen Medis kann es ein bischen dauern, bis die Wirkung einsetzt. Vielleicht findest Du einen Therapeuten, der sich wirklich gut mit Medis auskennt, denn der Hausarzt weiß meiner Meinung nach darüber viel zu wenig.

Ich wünsche Dir viel Erfolg und viel Kraft aus Deinem Loch rauszukommen, nicht aufgeben, ist ein oft steiniger Weg, aber man kann das wirklich schaffen.

Liebe Grüße

Sabine

Hallo Gabi,

Ich war ja anschließend auch gleich
bei meinem Hausarzt, um eine Überweisung für den Psychiater zu
holen, er meinte, brauch ich nicht, auch ER könnte mir ein
anderes Mittel verschreiben.

*kopfschüttel*

Aber ich werde den Arzt wechseln,
nur nicht im jetzigen Quartal. Das ist ja nicht das 1. Mal,
dass ich IHM sagen muss, was evtl. gut für mich sein könnte.

Das scheint mir weise zu sein! Ich würde für die Beratung (!) und die Verschreibung von Antidepressiva auf jeden Fall zum Psychiater (oder verwandten Facharzt) gehen. Die kennen sich einfach genauer aus und können noch mehr im Blick haben. Es mag sicherlich auch Hausärzte geben, auf die das auch zutrifft, aber im großen und ganzen denke ich, die Facharztausbildung hat ja nun ihren Sinn.

Ich drück Dir kräftig die Daumen, dass Du Wege findest und auch die Kontakte, die Du suchst!

Jule

1 „Gefällt mir“

Grüß dich Sabine, danke für deine Worte. Ich weiß bereits, dass die Krankenkasse erst mal 5 Besuche bei diversen Psychologen übernimmt, damit man die Chance hat, den für sich richtigen zu finden.

Aber auch dazu wußte der gestrige was zu sagen. Er hat mir sämtliche Psychologen bzw. Psychiater hier an meinem Wohnort aufgezählt, in dem er mir gleich klarmachte, bei denen hätte auch jeder so seine Fehler. Wie z.B. der eine mag nicht, wenn man ihm widerspricht. Da mußte ich grinsen. Wenn ich merke, er ist auf der falschen Spur unterwegs, dann sollte ich den Mund wohl aufmachen, sonst kann das nie was werden.

Ich kann Tabletten für eine gewisse Zeit respektieren, wenn sie dann die richtigen für mich sind (mit den letzten ging es mir schlechter, als je zuvor). ABER: Es soll kein Dauerzustand sein.

Lieben Gruß
Gabi

Grüß dich Jule,
man lernst sich selbst ja auch kennen. Und ich denke, ich bin ganz realistisch mit meiner Selbsteinschätzung.
Manchmal denke ich mir, mir hilft es eher, mich mit Leuten auseinanderzusetzen, die dasselbe erleben wie ich. Aber ich bleibe dran, weil ich mir nicht vorwerfen möchte, nicht ALLES versucht zu haben.
Lieben Gruß
Gabi

Hallo Gabi,

Wie z.B. der eine mag nicht, wennn ihm widerspricht.

Sorry, aber der Therapeut scheint wohl ne Nullnummer zu sein. Da hilft nur wirklich probieren und klar sagen, was Du von ihm erwartest. Die Therapeuten sind für Dich da, dafür werden sie bezahlt und Widerspruch von Seiten des Patienten muß da ja wohl drin sein.

Ich kann Tabletten für eine gewisse Zeit respektieren, wenn
sie dann die richtigen für mich sind (mit den letzten ging es
mir schlechter, als je zuvor). ABER: Es soll kein Dauerzustand
sein.

Ich finde das kommt drauf an. Wenn Du eine Depression hast, die nur vorübergehend ist, weil Du jetzt z.B. keinen Job hast, gebe ich Dir Recht, dann wird es Dir vermutlich schnell besser gehen, wenn Du wieder Arbeit hast.

Viele Depressive müssen aber langfristig Medis nehmen, und ich stelle mir dann die Frage: Was ist besser? Ein Mensch der einen hohen Blutdruck hat, oder ein Zuckerkranker muß auch evtl. ein Leben lang Medis nehmen. Was wäre also daran so schlecht. Es gibt sicher Medikamente, die auch für eine längerfristige Einnahme geeignet sind.

Gruß Sabine

Guten Morgen Zoelomat, ich danke dir für deine Worte.
Gestern schwankte ich wirklich zwischen Wut und Hilflosigkeit.

Wut ist ja erst mal nicht schlecht, wenn deine Gedanken nicht ständig um dasselbe kreisen.

Inzwischen habe ich hier wie wahnsinnig rumgegoogelt, in der
Hoffnung, eine Selbsthilfegruppe o.Ä. in meiner Gegend zu
finden. Aber anscheinend ist es wirklich so, dass die meisten
schon komplett aufgegeben haben.

Ich habe meine Selbsthilfegruppe gefunden, nicht offiziell, aber recht stabil, einfach eine Gruppe von Betroffenen. Und dort fühle ich mich verstanden. Da ist man nicht beleidigt, wenn jemand auf Kontaktversuche nicht reagiert, sondern versucht es später noch mal, weil jeder die Phasen kennt, wo man monatelang nicht mal das Telefon abnimmt.

Und ich kann nicht bestätigen, dass sich Menschen aufgeben. Der eine fällt nur einmal ins Loch, der andere mehrmals, aber alle stehen wieder auf. Dafür braucht es aber Unterstützung. Man wird ja depressiv, weil man sich selbst jahrelang vernachlässigt hat.

Noch habe ich Kampfgeist (wenigstens das hat dieser Psychologe
gestern bei mir geschafft).

Die Gefahr besteht, dass dies nur ein Strohfeuer ist.

2 Ziele habe ich noch. Zum einen ein Job, von dem ich leben
kann und eine Wohnung, in der man sich wohlfühlen kann. Dazu
brauche ich kein Luxusloft, aber ich möchte gerne auch mal
wieder Besuch empfangen können, ohne dass ich mich schämen
muss.

Was mir einfach zu schaffen macht, ich hab das Gefühl nicht zu
wissen, wo ich beginnen soll. Mein Verstand sagt, erst mal
Kraft auftanken.

Die Ziele sind natürlich goldrichtig. Aber Kraft gewinnst du auf Dauer nur durch Erfolge.

Manchmal denke ich, ich platze gleich, weil man immer den
gleichen Schmarrn hört. Klar gibt es Dinge, mit denen man sich
abfinden muss, weil sie nicht zu ändern sind. Aber ich tu mich
in diesem Fall dermaßen schwer und solche Ratschläge, wie von
diesem Psychologen machen mich dann wirklich fast aggressiv.

Wie gesagt, es gibt auch gute.

Hallo Rubinia,

nütze deine probatorischen Sitzungen und suche dir den zu dir passenden Therapeuten. Der Aktuelle ist es sicherlich nicht. Ein Therapeut, der vor Patienten an Kollegen rummäkelt, hat zumindest kein Format und qualifiziert sich damit auch fachlich ab.

Und: Versuche einigermaßen entspannt an diese Suche ranzugehen, trotz des durchaus ernsten Hintergrunds. Je weniger Druck du dir selbst machst, desto offener kannst du dich auch einlassen. Und das ist für eine funktionierende therapeutische Beziehung durchaus hilfreich.

Depressionen treffen jeden hart, aber wenn Kämpfernaturen plötzlich die Erfahrung machen müssen, dass ihnen die Fähigkeit zum Kämpfen abhanden gekommen ist, kann das Loch schon mal besonders tief sein. Alle bislang erfolgreichen Strategien der Lebensbewältigung versagen auf einmal - das macht Angst und schwächt zusätzlich.

Dennoch scheint es, als fehle dir zwar aktuell die Kraft, aber nicht der Kampfgeist. Und damit hast du ein dickes Plus auf deinem Konto, das dir mit Sicherheit helfen wird, dich wieder aufzurappeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass du - wenn dir der richtige Therapeut den Strick hinhält - auch in der Lage sein wirst, ihn zu ergreifen und daran hochzuklettern. Auch dann, wenn das Klettern dir einiges an Mühen abverlangen wird.

Medikamente auf Dauer kann keiner leiden. Bei psychischen Störungen schon gar nicht. Aber: Es gibt Zeiten im Leben, da braucht man Krücken, um wieder gehen zu können. Gerade Antidepressiva machen einem die Akzeptanz nicht immer leicht, da einen zu Anfang die Nebenwirkungen stark beschäftigen können. Viele Menschen geben auf, bevor die Medis eine Chance haben, auch zu wirken - und das tun sie oft erst nach einigen Monaten gut. Manchmal muss man auch ein bisschen rumprobieren, denn nicht jedes Antidepressivum passt auch zum Patienten. Ich kann dir nur raten, dich nicht entmutigen zu lassen und dir die für sich beste Krücke auszusuchen. Handlungsfähig zu sein ist in meinen Augen ein ausreichend gutes Argument für die Einnahme von Medikamenten.

Dass du dich gegen Hartz wehrst, ist nachvollziehbar: Jemand, der immer auf eigenen Beinen gestanden hat, lässt sich nicht gerne aushalten. Aber: Versuch’ doch mal, die Stütze als das zu sehen, was sie sein kann: Eine Unterstützung, die es leichter macht, sich neu zu orientieren. Du kannst versuchen, das zu tun, was dir Spaß macht, ohne Angst haben zu müssen, dass du dabei verhungerst. Und wenn es dir erst mal wieder gelingt, dich am Leben zu freuen, findet sich auch alles andere wieder.

Schöne Grüße,
Jule

Natürlich mag es Patienten geben, denen diese Patienten gut tun. Aber ich denke, in meinem Fall ist es wirklich so, dass es einfach nur der jetzige Lebensumstand ist.
Ich habe nur dabei immer den Hintergedanken, es wird nur zugedeckt mit Medikamenten, aber halt nicht wirklich geheilt

Sicher wird es „Strohfeuer“ sein, aber diese Zeiten nütze ich dann massiv aus, um mich um die wichtigen Dinge zu kümmern. Und natürlich weiß ich auch, dass dieses dunkle Loch sich wieder auftut, in diesen Zeiten hab ich sogar Angst vor dem Briefkasten oder ich achte darauf, dass ich möglichst niemanden im Treppenhaus treffe.
Ich habe zwar einen sehr geduldigen Zuhörer, aber dadurch, dass ich selbst 3 Jahre mit einem psychisch Kranken zusammenlebte, einfach Angst, ihn zu überfordern. Das bremst mich halt oft aus.

Liebe Gaby,

mit großer Sicherheit gibt es in HH Selbsthilfegruppen von Hartz IV-Betroffenen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dir dies im Moment gut tun würde. Du könntest deine ganze Wut konstruktiv in pol. Aktionen kanalysieren. Das wäre gesamtpolitisch gesehen nicht nur sinnvolles Engagement, sondern vielleicht würde es dich auch aus deiner Lethargie holen und du könntest mit neuer Kraft durchstarten für die neue Wohnung und den neuen Job?!?

Hier nur ein paar links, vielleicht ist was Interessantes dabei?:
http://www.groops.de/netzwerk-eimsbuettel
http://www.hartz4-im-netz.de/PagEd-index-topic_id-23…
http://www.owl-shi.de/index.php?name=PagEd&file=inde…

Alles Gute für dich,
jeanne

Guten Morgen Jule, du hast genau verstanden, wie mein Zustand momentan ist.
Und ich gebe zu, dass es nach dieser Erfahrung mit dem Psychologen dazu kam, auch dieses gleich wieder als sinnlos anzusehen. Mir kam es fast vor, als fühlte er sich überfordert (es ist ein ziemlich dicker Packen).

Vielleicht sträubt sich auch mein Unterbewußtsein gegen eine solche Therapie. Zum einen, weil alles, was bisher passiert ist in meinem Leben sich nicht mehr ändern läßt und zum anderen, weil ich glaube, nur dann richtig verstanden zu werden, wenn Menschen diese Situation am eigenen Leib erlebt haben.

Und du hast auch damit recht, Medikamente sehe ich in meinem Fall nur für eine zeitweise Unterstützung.
Einfach, um meinen Kopf klarzubekommen, wo ich beginne, dieses Knäuel zu entwirren.

Es ist nicht so, dass ich nicht weiß was ich möchte. Ich weiß sehr genau, in welchem Job ich stark bin und sehr viel leisten kann. Es ist nur so, dass einfach das Gefühl aufkommt, nichts mehr in eigenen Händen zu haben.

Und in diesem Forum bin ich gelandet, weil ich einfach niemanden aus meinem Mini-Bekanntenkreis überfordern möchte. Ich sehe mich momentan nur als jammerndes Etwas, das ich nie sein wollte.

Meine Gedanken gehen dahin, dass ich das Gefühl habe, mich und meine Lebenseinstellung komplett umstellen zu müssen. Ob das der Umgang mit meinen Mitmenschen, der Job, oder der Gang zum Arbeitsamt ist. Und ich wollte mich noch nie verbiegen lassen (wer möchte das schon?)

Das Einkommen dabei spielt nicht mal die Hauptrolle, ich bin es gewohnt mit wenig Geld auszukommen, sondern dafür hinzugehen, alles offen zu legen zu müssen, mich auf Stellen bewerben zu müssen, bei denen von vornherein schon klar ist, dass ich sie nicht ausüben kann, weil Kenntnisse verlangt werden, die ich einfach nicht habe.

Oder in der Küche (man beachte mein Alter). Meine Knochen sind wirklich nicht mehr die besten. Dazu bin mein Leben lang bürotechnisch unterwegs. Aber bitte nicht falsch verstehen, ich hab auch DAS durch, 1 Jahr lang. Ebenso putzen und diese Dinge. Nur gehts nicht mehr so.

Mich abzufinden mit diesen Sachen fällt mir einfach ungelaublich schwer vom Verstand her weiß ich, dass mir nicht mehr übrigbleibt, aber ich habe auch Angst davor, zur alten Dauernörglerin zu werden.

Guten Morgen Jeanne,

zunächst vielen Dank für deine Links. Leider lebe ich jetzt nicht mehr in Hamburg sondern wieder im Bayerischen. Aber ich sehe sie mir natürlich an, vielleicht hilft ja schon eine moralische Stärkung per email.

Ich danke dir.

Lieben Gruß
Gabi

Hallo Rubinia,

Vielleicht sträubt sich auch mein Unterbewußtsein gegen eine solche Therapie. Zum einen, weil alles, was bisher passiert ist in meinem Leben sich nicht mehr ändern läßt

Es gibt Therapieformen, die nicht darauf ausgelegt sind, das Unterste zuoberst zu kehren, sondern die dabei helfen, Strategien zur aktuellen Lebensbewältigung zu entwerfen. Nach meiner Erfahrung ist es nicht immer und nicht für jeden hilfreich, in der Vergangenheit zu wühlen - eben weil sie vergangen ist. Manchmal ist es auch gut, Vergangenes ruhen zu lassen. Das klappt aber nur, wenn man mit dem, was gewesen ist, auch seinen Frieden machen und es als „erledigt“ betrachten kann.

und zum anderen, weil ich glaube, nur dann richtig verstanden zu werden, wenn Menschen diese Situation am eigenen Leib erlebt haben.

Das unterscheidet professionelle Therapeuten von Bekannten und Freunden: Sie sind sehr wohl in der Lage, zu verstehen, was beim Klienten passiert, auch wenn sie dessen Erfahrungen nicht teilen. Und so wie ein Therapeut, der sich mit Suchtkranken beschäftigt, nicht abhängig gewesen sein muss, um ihnen zu helfen, muss dein Therapeut nicht dein Leben gelebt habt, um für dich hilfreich zu sein. Ich könnte mir aber vorstellen, dass du einen älteren Therapeuten leichter akzeptieren könntest als einen, der dein Sohn /deine Tochter sein könnte.

Es ist nur so, dass einfach das Gefühl aufkommt, nichts mehr in eigenen Händen zu haben.

Aber das hast du doch: Du hast die Wahl deines Therapeuten ebenso in der Hand wie die Entscheidung, wo du arbeiten willst und wo nicht. Kein Amt auf der Welt kann dich wirklich in Jobs zwingen, die du nicht machen willst :smile:.

Meine Gedanken gehen dahin, dass ich das Gefühl habe, mich und meine Lebenseinstellung komplett umstellen zu müssen.

Ich würde vermuten, dass es weniger um deine Lebenseinstellung geht, sondern eher um die aktuelle Gestaltung. Du bleibst doch du. Und wenn du dir mal deine bisherige Entwicklung betrachtest, dann war es doch immer auch die Veränderung (von Umständen, Beziehungen…), die dir geholfen haben, dich weiterzuentwicklen und deine Persönlichkeit zu prägen. Du gibst auch jetzt nichts auf, du gewinnst lediglich eine Facette an neuer Erfahrung dazu. Mag sein, dass das mit zunehmendem Alter ein wenig schwerer fällt :smile:.

Und ich wollte mich noch nie verbiegen lassen

Ah geh :smile:! In deinem Alter verbiegt dich keiner mehr. Vielleicht solltest du es eher so betrachten, dass die neuen Herausforderungen dich vor Verknöcherung bewahren :smile:. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das ein bisschen mühsamer ist als früher, weil man dachte, dass man endlich aus dem Gröbsten draußen ist. Das heißt aber nicht, dass man das nicht mehr hinkriegt.

Das Einkommen dabei spielt nicht mal die Hauptrolle, ich bin es gewohnt mit wenig Geld auszukommen

Das ist doch eine prima Voraussetzung dafür, einigermaßen entspannt an die Situation herangehen zu können. Müsstest du eine Fassade aufrecht erhalten, wäre das ungleich mühsamer.

sondern dafür hinzugehen, alles offen zu legen zu müssen,

Du entscheidest. Vielleicht musst du die eine oder andere Unannehmlichkeit akzeptieren, wenn du dir nicht komplett in die Karten schauen lassen willst - aber zwingen kann dich letzten Endes niemand zu nichts.

mich auf Stellen bewerben zu müssen, bei denen von vornherein schon klar ist, dass ich sie nicht ausüben kann, weil Kenntnisse verlangt werden, die ich einfach nicht habe.

Du bist erfahren und klug genug, um Jobs nicht zu kriegen, die du nicht haben willst :smile:.

Mich abzufinden mit diesen Sachen fällt mir einfach ungelaublich schwer

Musst du doch gar nicht. Du musst akzeptieren, dass Veränderungen passieren - aber du bist diesen nicht hilflos ausgeliefert.

Schöne Grüße,
Jule

1 „Gefällt mir“