Psychologe nach Autounfall?

Guten Tag,

letzten Donnerstag hatten wir einen schlimmen Autounfall. Ein betrunkener Fahrer zog hierbei auf einer dreispurigen Autobahn ohne Blinken oder andere Anzeichen einfach auf unsere mittlere Spur (fuhren 140 km/h) mit einer viel zu langsamen Geschwindigkeit sodass unser Fahrer (ich war nur Mitfahrer) ins Schleudern kam, wir gegen die Leitplanke knallten und uns überschlugen (kamen auf dem Kopf zum stehen). Wie durch ein Wunder ist allen Insassen bis auf leichten Verletzungen nichts passiert und zum Glück ist uns keiner in den Wagen gefahren.

Mich plagen seitdem die Gedanken an diesen Unfall sehr. Ich zitter noch immer sehr stark, denke sehr oft daran und rede auch mit vielen über dieses Erlebnis (man sagte mir das soll viel helfen). Ich fahre auch schon wieder Auto, jedoch plagt mich dieses ungute Gefühl jedes mal und meine Hände sind feucht/zittrig.

War vorgestern noch einmal bei meinem Hausarzt weil ich auch sehr schlecht seitdem schlafe, einschlafen ohne Beruhigungsmittel ist so gut wie nicht möglich und ich werde Nachts sehr oft wach.
Mein Hausarzt gab mir eine Überweisung für einen Psychologen mit, da ich hierbei aber keinerlei Erfahrungen habe und nie zu einem musste würde ich mich über Antworten sehr freuen. Vielleicht braucht es auch erstmal nur seine Zeit um alles zu verarbeiten sodass ein Besuch beim Psychologen vielleicht doch zuviel des Guten wäre?

Vielen Dank im Voraus für Antworten.

Hallo Tanja.

Ein Psychologe oder eher Psychotherapeut wäre schon gut, wenn du kurzfristig einen kriegen könntest.

Da die aber durchschnittlich ein Jahr Wartezeit haben, wir dir das leider nichts bringen.

Ruf auf jeden Fall trotzdem mal an, vielleicht hast du ja Glück.

mfg

Hallo, vor nunmehr einem Vierteljahr hatte ich auch einen Unfall.
Noch eine ganze Zeit danach sah ich diesen Menschen auf meiner Frontscheibe liegen, wenn ich die Augen schloss.

Oft hatte ich regelrecht Panikattacken beim Fahren, wenn sich eine ähnliche wie die Unfallausgangssituation anzubahnen schien.

Es verliert sich aber mit der Zeit mehr und mehr. Das kann ich dir versprechen.

Einen Vorteil hat es aber: Du siehst viel eher potenzielle Gefahren und fährst dadurch defensiver.

Grüße

Da die aber durchschnittlich ein Jahr Wartezeit haben

„In ländlichen Regionen und in Kleinstädten beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf einen ambulanten Therapieplatz über einhundert Tage (104), in Großstädten und Ballungsgebieten etwa 62 Tage.“

Das ist das Ergebnis einer Mitgliederbefragung der Deutschen Psychotherapeutenkammer. (Zitiert nach:
http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/…)
und:
http://psychologienachrichten.de/?p=2438)
Die Psychotherapeutenverbände prangen das gegenüber den Kassen an, weil sie möchten, daß mehr Therapeuten zugelassen werden, haben hier also keinen Grund, das zu beschönigen.

Man darf aber auch nicht vergessen, was „Durchchnitt“ heißt: Nämlich dass die Wartezeit sowohl deutlich länger als auch deutlich kürzer sein. In meinem Umfeld wüsste ich niemandem, der lnger als zwei Wochen hätte warten müssen, trotz GKV.

Gruß,
M.

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Ausführliche Zahlen
http://www.bptk.de/uploads/media/110622_BPtK-Studie_…

In diesem ausführlichen Papier wird die durchschnittliche Wartezeit mit 12,5 Wochen angegeben. Vertieft man sich weiter in die Zahlen, sieht man aber auch, daß die Wartezeiten je nach Bundesland oder Region sehr unterschiedlich ausfallen.

Wenn es heißt, dass 71 Prozent länger als drei Wochen warten, heißt das umgekehrt aber auch, das 29 Prozent - und das ist jeder vierte - weniger als drei Wochen wartet.

Ja, die Wartezeiten in der Psychotherpie sind ein Problem, ein großs sogar. Und drei Wochen sind in einem akuten Notfall eine sehr lange Zeit. Trotzdem sind die realen Zahlen weit von „durchschnittlich ein Jahr“ entfernt.

Gruß,
Max

Hallo Tanja,

unabhängig davon, ob du zu einem Psychologen gehst oder nicht, solltest du unbedingt eines tun: Bewusst viel Autofahren. Und zwar auf der Autobahn.

Wenn du das nicht tust, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich deine Angst festsetzt und im schlimmsten Fall dazu führt, dass du entweder nicht mehr auf der Autobahn oder überhaupt nicht mehr Auto fährst. Deswegen fang jetzt sofort damit an und tue es auch dann, wenn du Anzeichen von Panik kriegst.

Schöne Grüße
Jule

Hallo,
ein Psychologe kann die Verarbeitung beschleunigen und deren Qualität lenken, sonst kann die „Verarbeitung“ schnell zu einer Verdrängung werden.

Warum die Zweifel? Wenn Dir ein Knochen gebrochen wäre, wärst Du doch auch zum Arzt gegangen und hättest nicht darauf vertraut, dass irgendwann irgendwie wieder zusammenwachsen werden?

Viele Grüße und gute Besserung

Psychologe für Privatversicherte
Hallo,

beskommt man innerhalb von 3 Monaten keinen Termin beim Psychologen, kann man auch einen Psychologen für Privatpatienten in Anspruch nehmen und es wird von der Kasse übernommen.

Viele Grüße

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hallo!

gleich mal der link, bevor ich´s umständlicher erkläre:

http://de.wikipedia.org/wiki/Posttraumatische_Belast…

als ausserordentlich hilfreich in fällen wie deinem habe ich somatic experiencing nach levine,

http://de.wikipedia.org/wiki/Somatic_Experiencing

und emdr,

http://de.wikipedia.org/wiki/EMDR

http://www.emdria.de/ (hier ein link zur therapeutensuche)

kennen gelernt.

nur mut, es ist nicht der fall, dass man zwangsläufig monate warten muss auf einen platz.
ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass, wer wirklich will und braucht, innerhalb angemessener zeit einen platz findet.

in manchen städten gibt es auch traumaambulanzen.

dir alles gute auf deinem weg!

zahira

Hallo,
desweiteren gibt es bei den Krankenkassen den LOTSE-Dienst, wo man sich ganz entspannt mit einer Kanne Kaffee in die Warteschleife begibt und nach vielen, vielen Minuten bis zu fünf Kontakte zu Therapeuten in seiner Nähe bekommt, die gemeldet haben, dass sie Plätze frei haben.

Es ist kein Problem einen Therapeuten zu finden. Es dann nur die Frage, ob’s der Richtige ist und die Frage war ja hier, ob überhaupt zu einem Therapeuten.

Wenn es sich um psychische Beschwerden handelt, die bereits in das psychosomatische abdriften und akut sind, d.h. das tägliche Leben massiv beeinträchtigen, kann man auch ein Krankenhaus aufsuchen - Ärzte können nicht so einfach abwinken. Für eine Therapie sind dort zwar auch mit Wartezeiten zu rechnen, aber für ein Erstgespräch wird es funktionieren.

Das Ganze würde ich im Übrigen auch der gegenerischen Versicherung melden.

Viele Grüße

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Hallo Tanja,

was du brauchst, dass kann dir keiner sagen, sondern das kannst du nur selbst entscheiden.

Ein paar Dinge kann man aber schon sagen: Es ist völlig normal, dass man nach solch einem Ereignis erst einmal eine Weile Problem hat, weil man das Ereignis erst verarbeiten muss. Dazu gehört auch, dass es eine zeitlang völlig in Ordnung ist, wenn du Schlafmittel nimmst. Wenn du einen Arzt hast, dem du vertraust, kannst du evt. Sorgen da offen ansprechen.

WIE man es verarbeitet, ist individuell unterschiedlich. Solange es „nur“ bei ungutem Gefühl und nassen Händen bleibt, ist es sicherlich gut, wenn du weiter dich dem Autoverkehr aussetzt. Du kannst ja falls erforderlich die „Dosis“ derart regulieren, dass du nicht gerade stundenlang in der Rushhour oder auf bekannten Rennstrecken unterwegs bist.

Ob du drüber redest oder nicht, da solltest du in dich rein hören. Wenn du das Gefühl hast, dass dich das eher belastet, dann lass es! Die Aussage, dass darüber reden immer hilft, ist eindeutig falsch. Manchen tut es gut, andere belastet das umso mehr.

Wenn du das Gefühl hast, du kannst im Moment nicht alleine entscheiden, dann kannst du dich auch an einen „Profi“ wenden, nur um erst einmal zu klären, ob du jetzt überhaupt professionelle Hilfe brauchst. Vielleicht reicht dir auch nur zu wissen, was es für Möglichkeiten gibt und wann du Hilfe abrufen kannst, wenn du sie brauchst.

Das, was man dir noch zur Perspektive sagen kann (auch in Hinblick auf andere Antworten): Es kann dir keiner versprechen, dass sich das im Laufe der Zeit verliert. Allerdings stehen die Chancen bei einem einmaligen Ereignis sehr gut! Insofern brauchst du dich mit dem, was man Posttraumatische Belastungsstörung nennt auch noch gar nicht beschäftigen. Darüber könnte man dann anfangen nachzudenken, wenn du noch in einem halbem oder ganzen Jahr ständig schweißgebadet wach wirst und du die Bilder gar nicht aus dem Kopf bekommst. Dann wäre nämlich das, was jetzt noch zur normalen Verarbeitung gehört, nicht mehr „normal“ in dem Sinne, dass Handlungsbedarf besteht.

WENN du dich nach einem Profi umgucken willst, dann solltest du schauen, ob es in deiner Nähe eine Traumaambulanz gibt. In manchen Städte ist derartiges inzwischen installiert. Ansonsten auch hier nochmal der Link:
http://www.degpt.de/informationen/fuer-betroffene/
Inklusive der Möglichkeit, sich dort einen ambulanten Therapeuten zu suchen.

Hallo.

Wenn der Arzt dich zu einem Psychologen schicken will, dann kannst du getrost einen aufsuchen. Manchmal gehen solche Plagen von selbst über, manchmal gehen sie von selbst nicht über. Der Arzt hat dich schon beurteilt und einen Psychologen empfohlen, das reicht als Begründung. Wenn der Psychologe seinerseits findet, dass du ihn trotzdem nicht brauchst, wird er es dir sagen.

Auf zum Psychologen!

Beste Grüsse,
TR