Qualifikation zum Meister im frühen 20. Jahrhundert

Ich recherchiere dasLeben meines jüdischen Großvaters, der 1920 in Offenbach a.M. seine eigene Metzgerei eröffnete. Er war Metzgermeister und ich würde gerne wissen, wie er zu dieser Qualifikation gekommen ist. Welche Ausbildung war damals erforderlich und wie lange hat sie gedauert? Danke für deine Hilfe. Bitte entschuldigen Sie eventuelle Fehler in meiner deutschen Sprache - ich bin Engländer.

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Glück Auf,

ich wäre froh, wenn manche Deutsche hier so gutes Deutsch schreiben würden, wie du.

Berufsausbildungsinhalte und -zeiten sowie die Prüfungsbedingungen regelte seit der Reichsgründung die jeweils gültige Handwerksordnung.

Dein Großvater hat den Beruf des Fleischers (Schlachters, Metzgers sind regionale Bezeichnungen und bedeuten das gleiche) in Praxis und Theorie erlernen müssen. Die Lehre wurde (und wird heute noch) mit einer Gesellenprüfung abgeschlossen. Die Mindestlehrzeit im Handwerk betrug damals 2 Jahre.

Um ein Handwerk selbstständig ausüben und in ihm Lehrlinge ausbilden zu dürfen, bedurfte es einer erfolgreichen Meisterprüfung. Zu dieser wurde man erst zugelassen, wenn man 3 (manchmal 5) Jahre in dem Handwerk gearbeitet hat und dies nachweisen konnte.

Für das Betreiben des Handwerkes war (und ist) die Mitgliedschaft in der zuständigen Handwerkskammer Pflicht. Die Mitgliedschaft in der Innung jedoch ist heute freiwillig. Für die damalige Zeit müsstest du das noch einmal recherchieren oder hier jemanden finden, der das weiß.

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Glück Auf (ich habe eine neue Begrüßung gelernt!)
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort und die netten Worte. Die von Dir bereitgestellten Informationen sind äußerst hilfreich. Also, wenn ich das richtig verstehe, hätte es mindestens fünf Jahre gedauert, um sich als selbstständiger Fleischer/Metzger zu qualifizieren, zwei Jahre Lernen und drei Jahre Berufserfahrung.

Glück auf war meines Wissens der Gruß der Bergmänner.
Metzger hatten so etwas, glaube ich, nicht.

Für die Historie des Metzgerhandwerks ist der folgende Link sehr interessant:

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Und ihr Plural ist „Bergleute“ - :wink:

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Das ist mein heimlicher Widerstand gegen das Gendern. :innocent:

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Du schreibst besser als sehr viele Deutsche.
Konnte in deinem Text nur ein fehlendes Leerzeichen entdecken. :+1:
(kann man etwas fehlendes entdecken?)

Das stimmt. Ich habe @Sohail einen Schnappschuss in regionale bzw soziokulturelle Grußkultur gezeigt, ohne ihn näher zu erklären.
Das war eventuell ungeschickt.

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Das ist richtig.

Nur in Ausnahmefällen gestattete (und gestattet heute) man Gesellen, ohne die entsprechende Gesellnzeit die Meistausbildung eher zu beginnen, etwa beim Tod des bisherigen Meisters, der sehr oft der Vater oder ein anderer naher Verwandter war.

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Und Glück ab der Gruß der Fallschirmjäger (wen es interessiert)

Und auch der Heißluftballonfahrer.

Einige Briten nehmen wahr, dass Deutsche keinen Sinn für Humor haben! Ich denke, dieses Forum beweist, dass sie falsch liegen! Ich danke Euchallen für Eure hilfreichen Vorschläge und Eure Unterhaltung.

Hallo!
Ein jüdischer Metzger hatte unter Umständen noch mehr/andere Regeln zu beachten. Vielleicht sah auch die Ausbildung anders aus?
http://www.sgsaar.de/index.php?seite=schechita
Gruß,
Eva

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Der Verweis auf die Ausbildung im Metzgerhandwerk führt hier wahrscheinlich in die Irre, wie @newcallas schon schrieb, wenn wir von einem gläubigen Juden reden, der die religiösen Gesetze einhält. Denn diese sind mit dem Erlernen des Metzgerhandwerks nach Handwerksordnung mE nicht in Einklang zu bringen. Insoweit frage ich mich, ob hier tatsächlich ein Metzgermeister im Sinne der Handwerkordnung beschrieben wird, oder ob „Meister“ hier nicht einfach im Sinne einer selbständigen Tätigkeit oder in einer parallelen jüdischen Definition verwendet worden ist.

Die in der jüdischen Tradition ausgebildeten Fachleute Schochet (Schlachter im Sinne von Tiere gemäß den jüdischen Vorschriften für den Verzehr durch Juden töten und so präparieren, dass das Fleisch hinterher koscher ist) und Katzav (finales Ausbluten durch Entfernung der großen Adern, Einsalzen, Zerlegen in handelsübliche Zuschnitte, Produktion von Wurst, etc. und Verkauf von Fleischwaren) standen mW immer außerhalb des Handwerksrechts, zumal ihnen nicht nur eine Rolle in Bezug auf die handwerkliche Tätigkeit zukommt, sondern sie auch in der Religion eine bedeutende Funktion haben, insoweit auch diesbezüglich eine Ausbildung genießen, Gebete/Segen sprechen, … Zum Teil gibt es sogar Schochet, die gleichzeitig auch Rabbiner sind.

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Leider kann ich nicht viele eindeutige Informationen über meinen Großvater hinzufügen, die verdeutlichen würden, wie religiös er war. Es ist nur mein Eindruck, dass er und seine Frau nicht besonders fromm waren. Aber auch sein Vater, sein Onkel und einige andere Familienmitglieder waren Metzgermeister. In den damaligen Adressbüchern, Firmenverzeichnissen und Gewerberegister der Stadt werden sie als „Metzgermeister (selbst)“ geführt.

Wenn die ganze Familie entsprechend tätig war und auch so offen und eindeutig als Metzger in Verzeichnissen aufgetreten ist, dann spricht natürlich einiges dafür, dass sie ggf. doch als Metzger nach Handwerksordnung tätig waren. Gibt ja in allen Religionen Menschen, die es damit nicht „so genau“ nehmen. Wobei die Vorstellung eines Juden, der den ganzen Tag mit Schweinefleisch und Blut arbeitet, schon fast nach einem Woody Allen Film klingt :wink:

Aber ich hatte auch schon mal einen Rabbi hier zu Besuch, der unbedingt in einem Restaurant Leberknödelsuppe, hergestellt aus blutiger Schweineleber, probieren wollte. Auf meine Erklärung des Rezeptes und den Hinweis „ganz sicher nicht koscher“ hin meinte er nur, er sei schließlich auf Reisen.

Oder:
Rabbi: Was kostet der Lachs?
Metzger: Das ist kein Lachs, das ist Schinken!
Rabbi: Ich will nicht wissen, wie heißt, ich will wissen, was kostet!

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An diesen Aspekt habe ich zwar beiläufig mit gedacht, aber mir mangels Kenntnissen keine Mühe gemacht, auch diesen mit zu beleuchten.

Hier in unserer Gegend gab es Fleischereien, die schlachteten nach den Geboten hier ansässiger Religionsgemeinschaften. Das war nicht offiziell beworben, aber gemeinhin bekannt.
Dennoch war bei denen der befufliche Werdegang wie bei allen anderen ihrer Zunft.

Hast du das ungefragt erläutert?
Die Leute kümmern sich meines Wissens schon selber darum, ob sie, und wenn ja was, woanders essen sollen/dürfen.

Es war nicht ungefragt. Der Mann kam aus Bosnien-Herzegowina als Teil einer nicht so ganz offiziellen Delegation (daher auch kein Dolmetscher) und es war eine äußerst schwierige Verständigung um drei Ecken mit diversen Sprachen quer über den Tisch, Händen und Füßen, … Um die Sache nicht noch komplizierter zu machen, als sie ohnehin schon war und uns die Übersetzung einer kompletten Speisekarte zu ersparen, hatte ich als neben dem Rabbi sitzend eine gewisse ansatzweise koschere Vorauswahl getroffen (mach das mal in einem auf bairisch getrimmten deutschen Wirtshaus :wink: und, wenn ich mich recht erinnere, das anhand genau dieses Extrembeispiels zu erläutern versucht. Jedenfalls war ich bass erstaunt, dass er dann ausgerechnet die Leberknödelsuppe als Vorspeise haben wollte. Geschmeckt hat sie ihm übrigens nicht.

OK, ich wollte keine Kritik damit ausdrücken!

Das mit der Leberknödelsuppe hätt’ ich ihm gleich sagen können.
Ich geb dir mal meine Mobilnummer; falls solche Probleme nochmal anstehen, kann ich euch beraten.