Mit der NPD hat man es versucht. Zweimal erfolglos. Einmal, weil dem Gericht die Rolle der V-Leute zu unklar war. Beim zweiten mal war die Partei zu bedeutungslos. Schön und gut. Aber wann hätte man denn die NSDAP verbieten können? Bis 1928 wäre sie zu unwichtig gewesen, wenn man das Urteil zur NSDAP heranzieht. 1930 hatte sie schon 18,3%. Kann bzw. wird man ernsthaft eine Partei verbieten, die jeder fünfte gewählt hat? Das bezweifle ich.
Ich sehe dafür an und für sich keine Notwendigkeit, aber auch ich sehe die Strukturen bröseln - national und international. Das ist nicht gut, weil uns diese Strukturen 70 Jahre lang vor Krieg bewahrt haben und zwar nur diese Strukturen. Mit Frau Merkel tritt nächstes Jahr die letzte große, erfahrene und respektierte Europäerin ab, die vor allem noch die Zeiten ohne EU, ohne vereintes Deutschland erlebt hat.
Ich sehe niemanden, die ihre Nachfolge antreten und ihre Fußstapfen ausfüllen wird. Ich erwarte, daß die EU an Einigkeit verliert und wahrscheinlich auch Mitglieder. Wirklich ernstgenommen wurde sie bisher ohnehin schon nicht in weiten Teilen Europas - höchstens als Geldgeberin.
Der Tod der EU wird ihr Erfolg sein. Der Jahrzehnte währende Wohlstand und Friede wurde irgendwann als selbstverständlich wahrgenommen und man begann, sich an Kleinigkeiten zu reiben und sie auszunehmen und auszunutzen. Das hat auch die Akzeptanz in der Bevölkerung geschwächt. Und anstatt dem orangefarbenen Idiot aufzuzeigen, wie groß, wichtig und mächtig die EU ist (wenn man von Juncker absieht, der Trump das ja tatsächlich klarmachen konnte), duckt man sich weg und spielt das Schoßhündchen. Alles nicht hilfreich.
In Deutschland das gleiche: größter Wohlstand der Geschichte, aber es haben eben nicht alle genug Geld für zwei Handys, Spotify und zwölf Ratenkredite. Deswegen fühlen sich so viele abgehängt, weil man es ihnen ja nun auch oft genug gesagt hat - gerade im Osten. Daß das Problem in vielen Fällen eines des Ausgebens und nicht eines des Einnahmens, hat ihnen niemand gesagt. Und auch nicht, daß auch im Westen nicht alle nicht wissen, wohin sie mit dem vielen Geld sollen.
Naja, und in vielen anderen Bereichen reden wir uns ja auch schlecht. Digitalisierung, schnelles Internet, Gesundheitssystem und was weiß ich nicht alles. Klar, jeder muß drei Spielfilme gleichzeitig runterladen können und in der Schule brauchen wir ganz viel digital. Wofür weiß ich bis heute nicht. OK, man könnte die Landkarten durch online-Versionen ersetzen, damit man nicht alle paar Jahre neue braucht, aber sonst? Die Kinder müssen schreiben lernen und nicht tippen. Letzteres machen sie nämlich zu Hause den halben Tag und das auf neueren Geräten als sie die Schule jemals vorhalten kann. Ob nun digitales Whiteboard oder Tafel: das Prinzip bleibt das gleiche. Es wird geschrieben und es wird gesäubert. Das Ergebnis, der Lernerfolg ist der gleiche. Manches ginge digital vielleicht schneller, aber davon lernt keiner schneller oder mehr. Wichtiger wäre, daß die Gebäude in einem guten Zustand sind und man die Toiletten benutzen kann, ohne durch Wind und Wetter zu laufen und sich anschließend zu ekeln. Auch davon lernt man nicht schneller oder besser, aber die Schüler fühlen sich wohler und holen sich weniger Krankheiten. Naja, und was das Gesundheitssystem angeht - man muß sich nur umschauen. In Deutschland und in der Welt.
Wie auch immer: auch Deutschland ist Opfer seines Erfolgs. Arme Menschen freuen sich über Essen und Wohlstand. Satte Menschen wollen immer noch mehr und dann noch mehr Geld am Monatsende übrig haben. Und wenn das nicht funktioniert, wählt man entweder die Linke (vor allem, wenn man Geld vom Staat bezieht) oder afd (vor allem, wenn man arbeiten geht und/oder blöd ist). Und so zerbröselt die Mitte, die unseren Wohlstand geschaffen, gesteigert und erhalten hat.
Gruß
C.