Radikale Religionsausübung - nur die Islamisten?

Hi

Religion ist Deutungssache. Mir ist nicht eine Religion
bekannt, die sich grundsätzlich nur nach ihrer Schrift richtet
und sonst nichts, nichteinmal die Protestanten schaffen das.
Warum? Weil jeder Kanon begrenzt ist, es gibt keine 100%ige
Abdeckung. Was der Kanon nicht abdeckt, wird gedeutet oder
zusammengereimt.

Du begreifst nicht den qualitativen Unterschied zwischen den Anspruechen verschiedener Religionen, bzw. deren kanonisierten Texten (und darauf hatte ich bereits hingewiesen).

Dazu kommt, dass du vergisst, dass Religionn nicht nur aus
Kodex bestehen (wie ist es beispielsweise bei Religionen, die
gar keine Schrift haben?), sondern auch aus Lehrern.

Obiges Statement deckt dieses ab. Wieso unterstellst du mir hier was, wo ich doch explizit darauf eingegangen bin?

Du vergisst, dass die Leute ihre heiligen Schriften KENNEN
müssen um zu beurteilen, ob etwas damit übereinstimmt oder
nicht. Sehr viele Religionsanhänger kennen sie aber nicht.
Religion wird von Menschen erschaffen und ausgeführt, Menschen
sind fehlbar.

Dies ist belanglos fuer den Sachverhalt. Es geht hier um das Selbstverstaedniss eines Glaubens.

Und Religion wurde schon immer als Begründung für Kriege
genutzt - Kriege sind grundsätzlich ideologisch, diese
Ideologien können durch falsch verstandene Religion entstanden
oder rein politisch sein - die Religionen geben eine
Möglichkeit Begründungen herauszudeuten.

Anscheinend liest du nicht was andere hier schreiben. Ich habe bereits hingewiesen, dass zwischen Gewalt auf Eigeninitiative und religioes Sanktionierter Gewalt unterschieden werden sollte.
(Nebenbei bemerkt, es geht hier um Gewalt, und nicht die Partikularitaet Krieg)

Die Religionen geben generell Begründungen für alles.

Stimmt nicht.

Hi

In Japan gab es mehrere Wechsel zwischen dominanten Buddhismus und dominanten Shintoismus, welche auch sehr gewaltsam von Statten gingen.

Anders gefragt: wann und wo gab es in Japan einen Wechsel von
„dominantem Shintoismus“ zu „dominantem Buddhismus“, der „sehr
gewaltsam“ vonstatten ging?

Das Gegenteil - also eine Unterdrückung des Buddhismus
mit dem Ziel der Förderung des Shintoismus als einer
nationalen Ideologie - ist ja bekannt: die haibutsu kishaku -
Kampagne (廃仏毀釈) während der Meiji-Restauration (ab 1868).

Die politische Einflussnahme insbesondere der Tendai-Klöster
des Hiei-san auf die Politik der Regierung in Kyoto durch
bewaffnete Mönchssoldaten (Kohei) will ich gar nicht in Abrede
stellen - aber sehr wohl die von Dir unterstellte religiös
inspirierte Unterdrückung nicht-buddhistischer Religionen.
Auch die Unterdrückung der Christen durch Hideyoshi (1587) war
eindeutig politisch und nicht religiös (schon gar nicht
buddhistisch) motiviert.

Moooooomentmal. Von einer Unterdrückung nicht-buddhistischer Religionen war nirgends die Rede, das setzt einen grundlegenden Erfolg voraus. Ich sprach von durchaus gewaltsamen Wechseln. Gut, es kommt auf die Definition von Gewaltsam und Wechsel an. Einen gewaltsamen Wechsel zum panbuddhistischen Japan gab es nicht, doch im jap. Altertum (Zeit nach 552) waren v.a. in Nordwest Japan einige Landstriche auch mit Gewalt unter Druck gesetzt worden und fügten sich schließlich, indem sie den Buddhismus annahmen (bzw. erstmal nahmen die Siedlungsoberhäupter und was man sonst als „Elite“ bezeichnen könnte diesen an, dann das einfache Volk). Ich habe mich allerdings falsch ausgedrückt als ich sagte es gäbe einen Wechsel vom Shinto… zu jener Zeit waren das natürlich eher antike religiöse Vorstellung deren Bezeichnung als „Shinto“ eher problematisch ist´auch wenn der Begriff aus alten Quellen stammt.

Größere Auseinandersetzungen mit dem Buddhismus aus Paekche waren freilich auch eher wirtschaftlicher Natur.
Das waren aber alles beschränkte Gebiete und nicht ganz Japan, das stimmt. Panjapanisch gesprochen fiel das Eindringen der Buddhisten nicht so stark auf und offiziell wurde das ganze erst mit der Augenöffnung des Buddha von Nara im 8. Jahrhundert.

Im Mittelalter wirkten Buddhismus und Shinto dann eher gemeinsam und erst um 1477 gibt es die von dir genannten Auseinandersetzungen in Kyoto.

Es ging mir nicht darum eine Religion als ganzes als gewaltsam zu verurteilen oder sowas, sondern eher, dass es immer Gruppen gibt - egal welcher Größe- die in jeder Religion gewaltsam vorgehen, egal wie friedlich die Religion eigentlich ist oder sein könnte. Dazu ist keine Komplettherrschaft nötig, ich habe hier mit „dominant“ bestimmt das falsche Wort gewählt - beim Nationalshintoismus passt das wesentlich besser.

Ein anderes Beispiel für solche Gruppen wäre etwa der Nichiren-Buddhismus.

Nebenbei bemerkt - auch diese Behauptung

In China gab es die Taiping […] Aufstände, die alle aus einer älteren Quelle stammen und eine Synthese aus Daoismus, Buddhismus und dieser Quelle mit stark millenaristischer Ausrichtung darstellen.

ist grob irreführend. Der Taiping-Aufstand war ganz wesentlich
von christlichem Ideengut inspiriert und er richtete sich u.a.
auch gegen Buddhismus und ‚Daoismus‘ (genauer: die
chinesische ‚Volksreligion‘). Da gerade dies Dein
Spezialgebiet ist, erstaunt mich diese Verdrehung um so mehr.

Freundliche Grüße,
Ralf

Nana, ich habe nirgendwo gesagt, dass da keine christlichen Einflüsse waren, nur darum ging es hier nicht: Der Millenarismus, auch in dieser Bewegung, stammte nicht (nur) aus dem Christentum sondern hat eben auch in China eine genuine Quelle.
Ob sich eine Bewegung gegen „den“ Buddhismus oder Daoismus richtet ist dabei ziemlich egal, denn wenn du dir die Geschichte der Taiping-Bewegungen, zu denen auch der letzte Aufstand zählt, ansiehst sind die weder die Einflüsse des einen, noch des anderen zu vermeiden. Sie sind eine ziemlich gut verrührte Mischung die sich im Laufe der Zeit auch immer wieder gegen Buddhismus, Daoismus oder beide gewendet hat.
(Es gibt ja auch „christliche“ Absspaltungen die sich gegen große Teile des Christentums wenden, sind sie darum nicht mals mehr in Teilen christlich?)
„Die“ Chinesische Volksreligion gibt es eh nicht, höchstens Volksreligionen. Und das ist Teil des Problems: Die Taiping Anhänger waren ja selbst eine Volksreligion und sie machten durchaus Zugeständnisse, einige Volksreligionen wurden einfach als ihr Teil angesehen während andere als fremd angesehen und verurteilt wurden.

Ich besuche momentan (mal wieder) ein Seminar, dass sich speziell mit Millenarismus und Utopien in China beschäftigt, habe das also grade frisch (nochmal -_-) durchgekaut… falls du eine Literaturliste haben möchtest oder digitalisierte Teile des Taipingjing kann ich sie dir zumailen.

lg
Kate

Dies
indiskrimninierend mit wumms zu übersetzen ist nicht löblich.

Solange ich nicht diskriminierend, sondern nur indiskriminierend wirke, bin ich ja beruhigt.

Hallo Kate,

Moooooomentmal. Von einer Unterdrückung nicht-buddhistischer
Religionen war nirgends die Rede,

genauso konnte man Dein Posting aber interpretieren - als hätte es da wechselseitige religiöse Unterdrückung gegeben. Deswegen meine Wortmeldung.

Es ging mir nicht darum eine Religion als ganzes als gewaltsam
zu verurteilen oder sowas, sondern eher, dass es immer Gruppen
gibt - egal welcher Größe- die in jeder Religion gewaltsam
vorgehen, egal wie friedlich die Religion eigentlich ist oder
sein könnte.

Das ist zweifellos richtig. Ein bedeutsamer Aspekt dabei ist jedoch die religiöse Legitimation gewaltsamen Verhaltens, und genau darum geht es mE in diesem Thread. Diese ist in manchen Religionen explizit gegeben, in anderen lässt sie sich indirekt herleiten (z.B. aus einem expliziten Missionsauftrag) und in dritten wiederum ist weder das eine noch das andere der Fall. Da kann man dann eben nicht mehr von einer „radikalen Religionsausübung“ im Sinne des Ursprungsposters sprechen.

Nana, ich habe nirgendwo gesagt, dass da keine christlichen
Einflüsse waren, nur darum ging es hier nicht: Der
Millenarismus, auch in dieser Bewegung, stammte nicht (nur)
aus dem Christentum sondern hat eben auch in China eine
genuine Quelle.

Aber keine buddhistische - das wäre mir jedenfalls neu …

Ich besuche momentan (mal wieder) ein Seminar, dass sich
speziell mit Millenarismus und Utopien in China beschäftigt,
habe das also grade frisch (nochmal -_-) durchgekaut… falls
du eine Literaturliste haben möchtest oder digitalisierte
Teile des Taipingjing kann ich sie dir zumailen.

Danke - das Angebot nehme ich gerne in Anspruch.

Freundliche Grüße,
Ralf

Dies
indiskrimninierend mit wumms zu übersetzen ist nicht löblich.

Solange ich nicht diskriminierend, sondern nur
indiskriminierend wirke, bin ich ja beruhigt.

Nicht überraschend geht dir allerdings völlig ab, dass du damit allgemein gegen Religionen diskrimminierst. Nicht, dass ich glaube, dass solch unsaubere Argumentation dich stören würde.

Du begreifst nicht worum es hier geht und wiederholst dein
Postulat.

Du offensichtlich auch nicht, deine obige Antwort war ja auch nicht umfassend, obwohl lang.

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Du offensichtlich auch nicht, deine obige Antwort war ja auch
nicht umfassend, obwohl lang

Wovon sprichst Du?
Ich habe ein Argument vorgebracht. Diesem wurde widersprochen. Der Widerspruch wurde allerdings bereits im Originalposting angemerkt, also ist der Widerspruch nicht Equivalent zum Originalposting.
Dein Ein-wurf ist deplatziert.

Hi

Doch eben auch der Buddhismus hat starke Einflüsse auf die Taipingbewegung gehabt, noch bevor ein Daoismus dazu kam. Zeitweise war Buddhismus und Daoismus im Volk ohnehin nicht auseinander zu halten. Grade der Lingbao Daoismus ist extrem buddhistisch beeinflusst und grade dieser war für einie Taipingaufstände (die kleineren jetzten) wichtig.

Mail kommt

lg
Kate

Hallo Karl Heinz,

Ein Moslem der seinen Sklaven freilässt ist bereits vor diesem
gesichert, kann sich also ruhig dem Selbstmord hingeben.

was meinst Du, wieviele Sklaven so ein durchschnittlicher Selbstmordattentäter wohl besitzt bzw. freilasssen kann?

Gruß

=^…^=

Hallo Karl Heinz,

Ein Moslem der seinen Sklaven freilässt ist bereits vor diesem
gesichert, kann sich also ruhig dem Selbstmord hingeben.

was meinst Du, wieviele Sklaven so ein durchschnittlicher
Selbstmordattentäter wohl besitzt bzw. freilasssen kann?

Es reicht einer. Und wenn diese nicht grad vorhanden sein sollten, gibt es auch andere Wege um einen Persilschein in den siebten Himmel zu erlangen.

Weiterhin ist ein Selbstmordattentat noch lange kein Selbstmord. Mohammed selbst hat viele Meuchelmorder ausgeschickt, die damit rechnen mussten bei ihrer Mordtat selber draufzugehen. Wenn nun Moha dies bewilligt, ist man also Shahid. Und wer im Kampf fuer den Glauben stirbt, der hat das grosse islamische Los gezogen.

Hi,

die Frage hieß doch:

Ist das so? Gibt es noch andere Religionen, die ihren GLauben auf die
eine oder andere Weise radikal ausüben? Das musst ja nicht
unbedingt was schlechtes sein (zumindest nicht für unbeteiligte…?)

und die Antwort war sinngemäß: Religionen sind nicht per se radikal, sondern nur immer ein Teil der Menschen, die sie ausüben.
Da magst du ja, was den Islam betrifft, anderer Ansicht sein, aber deshalb muß man ja andere nicht als dumm hinstellen.

Gruß
Torsten

radikale (oder gewalttatige?) Religionsausübung
Aufgrund der unglucklichen Wortwahl radikal, ist er mir nicht ganz ersichtlich wohin du tendierst. Wenn du mit radikal eine Religion meinst die Gewalt als legitimes Mittel akzeptiert, gar foerdert, sieht die Sache namlich anders aus.

Dann, ist mir namlich keine andere Religion bekannt, die Gewalt in dem Masse sanktioniert wie der Islam. daher auch die expliziten und detaillierten Verweise von muslimischen Terroristen auf den Islam.

Hi Juli,
wie ich in meinem EingangsArtikel Religiosität, d.h. Liebe in Demut vor Höherer Gewalt, der unsrigen überlegen, als einzigartig dem Menschen zugeordnet sehe, ist es nicht mehr als recht und billig, die reliösen Regeln konsequent zu beachten, was natürlich vollkommen nicht gelingt, weil niemand vollkommen ist.
Und Terror ist eine solche Unvollkommenheit, die nicht auf irgendeine ReligionsForm reduziert sein darf. Allerdings liegt Terror, wozu Unrecht und Willkür zählen in großer Vielfältigkeit vor.
Denken wir mal an Pol Pot, der in Kampodscha u.a. Religiosität verfolgte und KrawattenTräger, Unternehmer wie Priester in den Suizid trieb, so seine willigen SterbeHelfer bei ihrer Arbeit entlastete, um einer „Reinen Lehre“ als einer Art ErsatzReligion zu dienen und Orwells AlbTräume eines StaatsWesens weit in den Schatten stellte und zur Vergangenheit machte.
liebe Grüße
chris