Radioaktiver Zerlfall

Hallo,

ich habe ein paar Fragen zum Radioaktiven Zerfall, zu der ich auf Wikipedia und sonst wo keine Antwort finden konnte.

Schwere Atomkerne zerfallen sowohl spontan, alsauch unter Einwirkung von Alpha-Strahlung. Beim Zerfall gibt es ja die sog. Halbwertszeit, in der sich die Anzahl der Atomkerne eines radioaktiven Elemnts halbiert. Wenn man nun Uran zB anreichert, um einen Kernreaktor zu betreiben, dann kommt es ja ab einer bestimmten, kritischen Masse eine Kettenreaktion, welche es so in der Natur nicht gibt. Ich frage mich nun, Zerfällt das Uran in einem Kernreaktor nicht deutlich schneller als in der Natur? Da schwirren doch milliarden neutronen rum, die die Uran Atome aufnehmen können, also sollte doch die Halbwertszeit niedriger sein, oder? Das ist doch gerade der Sinn der kritischen Masse?! Wenn das Uran nun in einem Reaktor schneller zerfällt, sollte das doch auch für seine Spaltprodukte gelten. Warum kann man nicht auch die Spaltprodukte zur Energiegewinnung nutzen, die zerfallen doch auch. Wieso ist es nicht möglich die Brennstäbe, die nicht mehr genug Uran für die Energiegewinnung enthalten mit Alphastrahlung zu beschießen, sodass der Zerfall beschleunigt wird und nicht 100.000 Jahre dauert?

Fragen über Fragen, aber vlt kennt sich hier irgendwer genauer mit dem Thema aus…

Hallo,
ich fange mal an, was ich aus dem Kopf zusammenbringe und versuche so wenig wie möglich Fachbegriffe zu verwenden, wodurch es gelegentlich wissenschaftlich nicht exakt sein kann.

Schwere Atomkerne zerfallen sowohl spontan, alsauch unter
Einwirkung von Alpha-Strahlung.

Bleiben wir mal, der Einfachkeit halber und, weil es das wichtigste Isotop ist, bei U235. Das zerfällt bei Aufnahme eines langsamen Neutrons (Alpha-Teilchen sind He-Kerne und etwas ganz anderes). Dabei entstehen neben den großen Spaltprodukten etwa 3 schnelle Neutronen. Glaub mir einfach, daß die nicht in der Lage sind U235 zu spalten, daher muß man sich was einfallen lassen, wie man sie verlangsamt.
In Tschernobyl hat man dafür Graphit als sogenannten Moderator verwendet, normalerweise nimmt man Wasser (bekanntlich H2O). Genau genommen die H-Atomkerne darin, mit denen sie zusammenstoßen und einen Teil der Energie (und damit Geschwindigkeit) abgeben - ähnlich wie beim Billard. Da man keine Atombombe bauen will muß man außerdem etwa 2/3 der Neutronen abfangen, wozu man geeignete Materialien (z.B. Bor) bei gibt.

ja ab einer bestimmten, kritischen Masse eine Kettenreaktion,
welche es so in der Natur nicht gibt.

Siehe das schon zu langsamen und schnellen Neutronen gesagte.

Ich frage mich nun,
Zerfällt das Uran in einem Kernreaktor nicht deutlich
schneller als in der Natur?

Spaltung ist etwas anderes (nämlich das oben beschriebene), als der natürliche Zerfall. Kontrollierte Spaltung nochmal was anderes. Da macht der Begriff der Halbwertszeit keinen Sinn mehr, das ist eher mit einem Lagerfeuer vergleichbar, bei dem das Holz irgendwann - mehr oder weniger kontrolliert, mehr oder weniger vollständig - abgebrannt ist.

Warum kann man nicht auch die
Spaltprodukte zur Energiegewinnung nutzen, die zerfallen doch
auch.

Die zerfallen, lassen sich aber nicht spalten. Der Zerfall ist nicht zu beschleunigen. Physikalisch hängt das damit zusammen, daß dazu Energie benötigt würde (und zwar nicht zu knapp) und nicht frei wird (das will man ja, weil man damit Wasser „kochen“ will).

Cu Rene

Hallo,

Warum kann man nicht auch die Spaltprodukte zur Energiegewinnung
nutzen, die zerfallen doch auch.

Die zerfallen, lassen sich aber nicht spalten. Der Zerfall ist
nicht zu beschleunigen. Physikalisch hängt das damit zusammen,
daß dazu Energie benötigt würde (und zwar nicht zu knapp) und
nicht frei wird

Sorry, aber das ist so wie es da steht schlicht falsch. Natürlich wird beim Zerfall der Spaltprodukte auch Energie frei und natürlich lässt sich der beschleunigen, z.B. durch Beschuss mit Neutronen. Was glaubst du was in einem Kernreaktor passiert? Dort wird der natürliche Zerfall von Uran beschleunigt. Und die umherschwirrenden Neutronen können auch den natürlichen Zerfall der Spaltprodukte beschleunigen.

Selbst nicht-radioaktive Stoffe können durch Neutronenbeschuss in radioaktive Isotope verwandelt werden, die dann zerfallen. Prinzipiell lassen sich quasi alle Atome die schwerer als Eisen sind unter Energiefreisetzung spalten.

Und natürlich trägt der Zerfall der Spaltprodukte - vollkommen unabhängig ob spontan oder induziert - auch zur Energiegewinnung in einem Kernreaktor bei. Allein der Zerfall des im ersten Schritt entstehenden Thorium-231 setzt eine Zerfallsenergie frei, die immerhin 8% der Zerfallsenergie der ursprünglichen Uran-235 Spaltung entspricht. Und das Thorium-231 zerfällt beim Betrieb schon ganz natürlich praktisch komplett, da es eine sehr kurze Halbwertszeit von nur etwa 1 Tag hat.

Spaltprodukte können außerdem durch die umherschwirrenden Neutronen ebenfalls gespalten werden und dadurch deutlich schneller zerfallen, als ihre Halbwertszeit nahelegt. Es gibt aber auch Spaltprodukte, die durch Neutronenabsorbtion die Kettenreaktion bremsen können. Eine ganz elementare Aufgabe im Reaktordesign ist es ja gerade, die Eigenschaften der Spaltprodukte auch möglichst effektiv zu nutzen.

vg,
d.

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Wenn man nun Uran zB
anreichert, um einen Kernreaktor zu betreiben, dann kommt es
ja ab einer bestimmten, kritischen Masse eine Kettenreaktion,
welche es so in der Natur nicht gibt.

Sowas gibts auch in der Natur:

http://de.wikipedia.org/wiki/Naturreaktor_Oklo

Wieso ist es nicht möglich die Brennstäbe, die nicht
mehr genug Uran für die Energiegewinnung enthalten mit
Alphastrahlung zu beschießen, sodass der Zerfall beschleunigt
wird und nicht 100.000 Jahre dauert?

Das ist möglich:

http://de.wikipedia.org/wiki/Transmutation

Hallo,

Dort wird der natürliche Zerfall von Uran beschleunigt.

Für mich sind der natürliche/spontane Zerfall und die induzierte Spaltung (die spontane Spaltung gibt es zwar auch, spielt aber eine untergeordnete Rolle) zwei verschiedene Dinge.

Allein der Zerfall
des im ersten Schritt entstehenden Thorium-231

Ja, beim Zerfall aber bei der Spaltung entstehen Elemente mit etwa der halben Ordnungszahl (die Protonen müssen ja irgendwo hin). Ständig durch die Presse schwirren Strontium, Jod und Cäsium, aber da gibt es noch einige mehr, vor allem Barium und Krypton.

Prinzipiell lassen sich quasi alle Atome die schwerer als Eisen sind unter
Energiefreisetzung spalten.

Stimmt, wobei imo das prinzipiell hervorzuheben ist.

Cu Rene

Ok, erstmal vielen Dank für die Antworten, wenn ich das mal so grob zusammen fasse heißt das, dass ein Uran-Atom in einem Reaktor durchschnittlich kürzer „lebt“ als in der freien Natur, weil die Wahrscheinlichkeit einer Spaltung durch ein Neutron einfach viel höher ist.

Und die Spaltprodukte, die ja auch strahlen zerfallen dann auch schneller (?) und geben dadurch auch Energie ab, die dann letztendlich zu Strom wird.

Aber alle radioaktiven Substanzen eines Brennstabes künstlich zu spalten scheint ja nicht möglich (Stichwort Transmutation/zu hoher Energieaufwand?), bzw. auch die Kettenreaktion bringt dies nicht fertig. Dann sollte duch in „abgebrannten“ Brennstäben immer noch Uran vorhanden sein.

Und zu den „Moderatoren“, die die Kettenreaktion erst möglich machen, da die Neutronen sonst zu schnell wären, ist ohne diese eine Kettenreaktion garnicht möglich? Sind die auch in einer Atombombe drin, wo die Kettenreaktion ja möglichst heftig ausfallen soll? Und wird in einer Atomaren, unkontrollierten Explosion prozentuell mehr Uran gespalten, sodass weniger übrigbleibt?

Hallo,

wenn ich das mal so grob zusammen fasse heißt das, dass ein
Uran-Atom in einem Reaktor durchschnittlich kürzer „lebt“ als in der
freien Natur, weil die Wahrscheinlichkeit einer Spaltung durch ein
Neutron einfach viel höher ist.

Ja, weil Uran normal nicht in so starken Konzentrationen in der Natur vorkommt, dass eine nennenswerte Zahl der beim Zerfall entstehenden Neutronen wieder andere Atome zum Zerfallen bringt. In sehr seltenen Fällen kommt es aber auch in der Natur zu solchen Konzentrationen und damit einem „reaktor-ähnlichen“ Verhalten. Siehe z.b.
http://de.wikipedia.org/wiki/Naturreaktor_Oklo

Und die Spaltprodukte, die ja auch strahlen zerfallen dann
auch schneller (?) und geben dadurch auch Energie ab, die dann
letztendlich zu Strom wird.

Zumindest teilweise zerfallen die Spaltprodukte auch schneller, weil sie ebenfalls von einigen Neutronen mit der für sie richtigen Geschwindigkeit getroffen und so zum Zerfall angeregt werden. Und die Energie die beim Zerfall der Zerfallsprodukte frei wird, die erhitzt natürlich auch das Wasser und dient damit zur Stromerzeugung. Dem Wasser ist es ja letztlich egal, ob es durch den Zerfall eines Uran-Atoms oder eines Thorium-Atoms erwärmt wird :wink:

Aber alle radioaktiven Substanzen eines Brennstabes künstlich
zu spalten scheint ja nicht möglich (Stichwort
Transmutation/zu hoher Energieaufwand?), bzw. auch die
Kettenreaktion bringt dies nicht fertig.

Das Problem ist, dass sich unterschiedliche Isotope nicht auf die gleiche Weise spalten lassen. Die Geschwindigkeiten der Neutronen, die für Uranspaltung gut geeignet sind, können für andere Isotope schlecht geeignet sein. Du müsstest deshalb im Prinzip für jedes Isotop die geeigneten Bedingungen schaffen und das ist in einem Kernreaktor kaum möglich.

Dann sollte duch in „abgebrannten“ Brennstäben immer noch Uran
vorhanden sein.

Da ist schon noch Uran drin, etwa ein Viertel bis ein Fünftel des ursprünglich vorhandenen Uran-235 ist auch in abgebrannten Kernbrennstäben noch zu finden. Irgendwann wird halt der Anteil an Uran-235 zu gering und die Brennstäbe setzen nicht mehr die gewünschte Energie frei. Dann tauscht man sie aus.
Außerdem bestehen die Brennstäbe ja zu rund 95% aus Uran-238. Das eignet sich aber nicht für die Kernspaltung im Reaktor, bleibt ungenutzt und ist auch in ausgebrannten Brennstäben noch drin.

Und zu den „Moderatoren“, die die Kettenreaktion erst möglich
machen, da die Neutronen sonst zu schnell wären, ist ohne
diese eine Kettenreaktion garnicht möglich?

Doch, aber nicht bei der niedrigen Konzentration von nur 4% Uran-235. Es sind ja nicht alle Neutronen die dort entstehen gleich schnell. Es gäbe deshalb auch ohne einen Moderator Neutronen, die die richtige Geschwindigkeit hätten. Aber das wären zu wenige, um die Kettenreaktion in Gang zu halten. Deshalb kommt die Kettenreaktion bei dieser niedrigen Konzentration ohne Moderator zum Erliegen.

Sind die auch in einer Atombombe drin, wo die Kettenreaktion ja
möglichst heftig ausfallen soll?

Grob gesagt: Nein. Dort ist der Anteil an Uran-235 einfach viel höher, rund 90%. Dadurch entstehen einfach so viele Neutronen, dass genügend davon mit der richtigen Geschwindigkeit nahe genug an den Atomkern eines U-235 Atoms kommen und dieses zum Zerfallen bringen. Wenn die Konzentration und die nötige Masse so groß sind, dass dies passiert, dann nennt man das „überkritisch“.

Und wird in einer Atomaren,
unkontrollierten Explosion prozentuell mehr Uran gespalten,
sodass weniger übrigbleibt?

Ich denke, dass in einer Atombombe eher prozentual weniger Uran gespalten wird. Das meiste wird afair nicht gespalten. Die heftige Kettenreaktion läuft ja nur solange ab, solange die Masse überkritisch ist. Das ist sie aber bei der Explosion nur für Bruchteile einer Sekunde, denn dann fliegt das Material ja aufgrund der Explosion auseinander, die Dichte nimmt ab und die Masse ist nicht mehr überkritisch. Ein elementarer Punkt beim Atombomben-Design ist es, die Masse möglichst lange überkritisch zu halten, damit möglichst viel Material gespalten werden kann.

vg,
d.

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Auch hallo

Ich denke, dass in einer Atombombe eher prozentual weniger
Uran gespalten wird. Das meiste wird afair nicht gespalten.

Und ich denke, das das „Design“ unterschiedlich sein kann.
Ich hab zwar nicht die totale Ahnung vom A-Bombenbau, aber es können einmal Neutronen im Überschuss produziert werden, oder diese Neutronen auch zur Spaltung genutzt werden, was energetisch effizienter wäre.
Ein frühes Problem war auch, die kritische Masse sicher zu überschreiten, damit keine passiven radioaktiven Bruchstücke umherfliegen.
Außer dem freiwerdendem spaltbaren Material entstehen dort aber noch neue radioaktive Isotope.

MfG

Vielen Dank nochmal, da stellt sich mir nun jedoch noch eine Frage: Warum befürchtet man nun in Fukushima eine Kernschmelze, wenn doch der Moderator, also Wasser verdampft, dann sollten die Neutronen doch zu schnell sein, um von einem Uran-Atom aufgenommen zu werden. Somit müsste doch die Kettenreaktion gestoppt werden.