Hallo Kitty,
gestern war ich bei einer Stadtführung und bei dieser wurde
gesagt, daß Rathäuser vom Volk gebaut wurden um die Rechte des
Volkes deutlich zu zeigen.
das ist Unsinn. Zwar waren (und sind es heute noch) Rathäuser auch Repräsentativbauten, aber in erster Linie hatten sie eine sehr praktische Funktion - einen Versammlungsraum bereitzustellen sowie Räumlichkeiten für dauerhafte Einrichtungen - etwa Kanzlei, Archiv usw. Und Bauherr war nicht „das Volk“, nicht einmal die Bürgerschaft insgesamt (die ‚Meinheit‘) sondern lediglich die kleine Elite der Bürgerschaft, die politisch etwas zu sagen hatte. Also die Zünfte / Gilden / Gaffeln oder wie auch immer die Zusammenschlüsse der reichen Kaufleute und Handwerksmeister jeweils vor Ort hießen. „Das Volk“ hatte keine Rechte, die es hätte vorzeigen können.
Aufgrund dessen auch oft gegenüber von Kirchen zu finden, die
ja sehr viel Macht damals besassen- sozusagen durchaus
provokativ so gebaut.
Auch das ist Unsinn, jedenfalls in dieser Generalisierung. Allenfalls gilt dies für Städte, wo Bischöfe die Stadtherrschaft innehatten und damit ein Macht- und Interessenkonflikt zwischen Bischof (nicht Kirche) einerseits und Bürgerschaft andererseits vorlag. Dies wird insbesondere in der mittelalterlichen Stadtgeschichte der ‚großen‘ Metropolitansitze Köln, Trier und Mainz deutlich. Aber auch Städte zweiten Ranges wie etwa Worms oder Münster hatten vergleichbare Konflikte.
Es ist verständlich, dass in solchen Konkurrenzsituationen (Konkurrenz ganz konkret um die Stadtherrschaft) die Bürgerschaft mit ihren Repräsentativbauten (das musste nicht notwendig ein Rathaus sein, vgl. z.B. die Steipe in Trier) deutlich ihr Selbstbewusstsein und auch ihren Reichtum zum Ausdruck brachte. Häufig (wenn auch nicht immer, z.B. in Köln nicht) in unmittelbarer Nähe zur Domkirche.
Freundliche Grüße,
Ralf