Re: Was muss geschehen, damit ein Flugzeug abstürzt

Moin!

ich schrieb:

Petzi schrieb:

wenn ich eine Flugabwehrrakete auf ein Passagierflugzeug
abfeuere, wie wohl in der Ukraine geschehen, war das EINE
Ursache die zum Absturz führte.

Jein :wink: Denn natürlich sind auch da im Vorfeld Fehler passiert: warum war da eine
Flugabwehrrakete scharf? Warum konnte die dieses Passagierflugzeug erreichen?
Warum gibt es dafür keine Überwachung, die eine eindeutige Unterscheidung zwischen
zivilen und „feindlichen“ Flugzeugen erlaubt? Warum überhaupt führte die Flugroute über
dieses (bekannte) Krisengebiet?

Nunja, ich kann das nur sehr begrenzt als Fehler dem System Zivilluftfahrt zuordnen. Bisher was es wohl Usus, in Reiseflughöhe auch Krisengebiete zu überfliegen. Würde man davon komplett weggehen, wären wohl viele internationale Flugrouten nicht mehr fliegbar weil immer irgendwo Krieg ist. Außerdem ging man wohl weiter davon aus, dass keine Konfliktpartei Interesse an einem Imageschaden hervorgerufen duch einen Passagiermaschinenabschuß hat. Auch Dieses was im Bezug auf den Ukraine-Abschuß, soweit ich bzw die Öffentlichkeit das überhaupt beurteilen können, der einzige Fehler  in diesem System.

Dass die Flugabwehrrakete scharf war wird ja wohl kein Fehler gewesen sein sondern Absicht, und warum diese das Passagierflugzeug erreichen konnte wird dir schnell klar, wenn du dir das hier ansiehst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Buk_M1
Die Maximalhöhe dieses System beträgt 11-25km (sic!). Soweit ich mich erinnere kann man mit diesem System auch ziviele Flugzeuge erkennen und man kann das System bis zur Sprengung des Flugziels stoppen - es dauert ja eine gewisse Zeit dieses im 10km Höhe zu erreichen.

Ob man tatsächlich dieses Flugzeug bewusst abschießen wollte, oder ob das ein Fehler in unserem Sinne war, ist IMHO öffentlich nicht bekannt.

es gibt zwei Piloten an Bord, ein menschlicher Fehler reicht
deshalb normalerweise nicht aus für eine Katastrophe.

Naja, für die Birgen Air hatte der arme Copi nix mehr zu melden (wobei da ja auch im
Vorfeld schon andere Fehler (Sensoren, Wettersituation) passiert waren, bevor es zum :„menschlichen Versagen“ des Piloten kam).

Naja, ich erinnere mich vage an folgendes
-das Pitot-Rohr war wohl nicht abgedeckt gewesen
-der Start wurde nicht abgebrochen obwohl ein defekter Sensor erkannt wurde und die Entscheidungsgeschwindigkeit noch nicht erreicht war
-die Besatzung (zwei Leute) hat die unterschiedlichen Geschwindigkeitsangaben falsch interpretiert
-war nicht der Schalter für die Verbindung von Mess- und Angeigesystem für v fälschlicherweise auf beide-Anzeigen-mit-dem-kaputten-Sensor-koppeln statt jeder-Sensor-hat-seine-eigenen-Sonde gestellt? (=zwei-Leute-Fehler?)
-war nicht der Autopilot nicht abgeschaltet worden, so dass die korrekte Fluglage per „Popometer“ hätte erreicht werden können? (=zwei-Leute-Fehler?)
-Wurde der StickShaker nicht fehlinterpretiert?

Das klingt ehrlich gesagt nicht nach " einem menschlicher Fehler" wie ich ihn oben meinte :wink:

VG!
J~

Ergänzung
Moin nochmal Petzi,

Ich bin übrigens - anders als mein Vorposter - der Meinung, dass sich
dieses Modell nicht nur auf die Luftfahrt bezieht,
sondern für jeden anständigen Unfall (also auch Autounfälle etc.) gilt.
Man ist geneigt, einen Schuldigen zu definieren, aber letzten Endes
ist’s immer eine Kette von Ereignissen.

bei meinem Vergleich bezog ich mich einerseits auf Verkehrsflugzeuge und andererseits auf private PKW-Fahrzeuge, weil das die beiden Systeme sind, die man als „Laie“ verwendet.

Man kann natürlich überlegen, ob das fehlende Tempolimit, die fehlende Überprüfung der gesundheitlichen und fachlichen Eignung des Fahrzeugsführers sowie die lediglich rudimentäre in Bezug auf das technische Gerät ein Fehler an sich ist. Tatsache ist aber, dass das genau so völlig legal ist, es ist also kein unerwartet auftretender Fehler.

Und beim System PKW ist nun mal leider so, dass es dort nicht nur (fast) keine Redundanz gibt, sondern die Technik ganz grundsätzlich bis zum Ausfall genutzt wird. Ich kenne niemanden, der nur halb verbrauchte Bremsscheiben „aus Prinzip“ wechselt, alle 5 Jahre seinen Motor komplett zerlegt und alle 10 „aus Prinzip“ relevante Teile wie Motor, Fahrwerk, Lenkung, Bremsanlage und Beleuchtung erneuert.

Deshalb reichen hier meist auch 1-2 Fehler aus um eine Katastrophe zu erzeugen (Überhöhte Geschwindigkeit, Reifenplatzer, Alkohol, Zündungsausfall im Überholvorgang oder bei 'nem Drängler hinter einem, Sekundenschlaf, defektes Zündschloß (=Lenkradsperre)), das ist doch sehr anders, als in der Verkehrsfliegerei.

Ein Beispiel aus meiner fliegerischen Praxis: Motorausfall in einem Ultraleichtflugzeug.

Wenn ich richtig mitgezählt habe, hatten ihr fünf Fehler, aber kein Katastrophe.
Bei einem PKW wird MAXIMAL einmal pro Jahr die Zündung kontrolliert, nicht einmal vor Fahrtantritt.
Wenn dir auf einer deutschen Autobahn auf der Überholspur bei 140 die Zündung aussetzt und du deshalb plötzlich langsamer wirst, knallt dir der Typ der 4m hinter dir fuhr unweigerlich ins Heck.
Fehler Nummer 1, der Typ hinter dir, ist faktisch der (tolerierte) Dauerzustand. Jeder weitere führt deshalb zur Katastrophe. Sagte ich eigentlich schon irgendwo, dass etwa 2013 allein in Deutschland etwa ZEHNMAL mehr Menschen im Straßenverkehr starben als WELTWEIT in der Verkehrsluftfahrt?

VG
J~

Huhu J~,

ich versuch’s mal mit ner Sammelantwort :wink: Ich find zwar immer noch, dass wir in der Psychologie besser aufgehoben wären, aber des Mods Willen ist sein Himmelreich…

Also zu meiner These dass es zu jedem Unfall eine Fehlerkette gibt, noch ein paar Beispiele:

  1. Geisterfahrer auf der Autobahn
  • kein Mensch, der mal irgendwann den Führerschein bestanden hat, ist dämlich genug in der falschen Richtung auf die Autobahn zu fahren, dazu stehen ausreichend Schilder rum. Passiert das doch, ist im Vorfeld was schief gegangen, sprich der Mensch ist aus irgendwelchen Gründen nicht „Herr seiner Sinne“. Das kann über grossen Kummer, Alkohol- oder Drogengenuss oder Unkonzentriertheit ziemlich vieles sein.
  • selbst wenn der falschrum auf die Autobahn fährt, passiert erstmal nix. Und wenn er seinen Irrtum alsbald bemerkt, diskret auf dem Standstreifen anhält, ggf. wendet und die Autobahn wieder verlässt, wird da noch kein Unfall draus, sondern allenfalls ein „Vorfall“
  • erst wenn ihm ein Auto entgegenkommt, haben wir überhaupt die Chance auf einen Unfall. Aber auch da kann es sein, dass der entgegenkommende Fahrer fröhlich blinkend ausweicht, der Geisterfahrer seinen Irrtum bemerkt, diskret auf dem Standstreifen anhält, wendet und es wieder keinen Unfall gibt.
  • erst wenn das entgegenkommende Auto nicht (oder falschrum, siehe Überlingen) ausweicht, erst dann haben wir unseren Unfall.
  1. ungewollte Schwangerschaft
  • solange die Dame komplett keusch lebt, wird das nix mit der ungewollten Schwangerschaft, wir brauchen erstmal einen Herrn des Herzens sowie entsprechende Handlungen dazu
  • solange die Dame aber zuverlässig die Pille nimmt und der Herr entsprechende Verhüterli verwendet, können die Handlungen noch so unkeusch sein, da passiert nix
  • nun gibt es aber Konstellationen von Damen und Pillen, die (technischer Fehler) nicht zu einer 100%igen Verhütung führen
  • nun gibt es darüber hinaus Damen (menschlicher Fehler), die die Einnahmehinweise der Pille nicht 100% befolgen, und deswegen die Empfängnisverhütende Wirkung aufheben
  • darüber hinaus kann es Produktionsfehler (technische Fehler? menschliches Versagen seitens des Herstellers?) der Verhüterli geben, die zu Löchern in denselben führen
  • darüber hinaus könnte das Verhüterli im Eifer des Gefechts beschädigt oder nicht korrekt verwendet werden (menschliches Versagen)
  • darüber hinaus könnte das Verhüterli schlicht zerplatzen (Materialfehler?)
  • oder die beiden könnten das Verhüterli im Eifer des Gefechts vergessen (menschliches Versagen)

Auch hier wieder: ein einzelner Punkt führt nicht zur Schwangerschaft, da müssen schon mehrere Fehler zusammenkommen.

  1. Birgen Air, wobei ich gestehen muss, dass ich den Unfallhergang nicht mehr 100% in Erinnerung habe und mich deshalb ausschliesslich auf den wiki-Artikel stütze (http://de.wikipedia.org/wiki/Birgenair-Flug_301)
  • Die eigentlich geplante Maschine konnte nicht verwendet werden (es ist nur die Rede von einem „Defekt“, also menschliches oder technisches Versagen
  • kurzerhand wurde eine andere, die 20 Tage rumstand, verwendet (Zeitdruck? Menschliches Versagen?)
  • die Staudrucksonde war eventuell nicht - wie üblich - abgedeckt (menschliches Versagen?), aber das ist nicht geklärt, wo das passiert ist, könnte auch beim Rollen passiert sein (unter uns Betschwestern: halte ich für unwahrscheinlich, dann wäre das aber niemandems Fehler)
  • Start wurde im Startlauf nicht abgebrochen, obwohl die Fehlfunktion rechtzeitig erkannt wurde (menschliches Versagen)
  • das Handbuch von Boeing war wohl an dieser Stelle nicht vollständig (menschliches Versagen) und diese spezielle Airline hatte noch keine „eigenen“ Ergänzungen erstellt (nochmal menschliches Versagen)
  • die Piloten schalten trotzdem den Autopiloten ein (menschliches Versagen)
  • der Autopilot lässt sich einschalten (technisches Versagen, bei deutlicher Abweichung der Geschwindigkeitssensoren ist das zumindest merkwürdig)

Der Bericht schliesst damit, dass die Unfallursache im „Unvermögen der Flugbesatzung“ lag, aber der Weg dorthin war gepflastert mit Löchern in der Käsescheibe

Und beim System PKW ist nun mal leider so, dass es dort nicht nur (fast) keine
Redundanz gibt, sondern die Technik ganz grundsätzlich bis zum Ausfall genutzt wird.

Jo, wobei da die dritte Dimension - die des „runterfallens“ - fehlt :wink: Das heisst, ganz viele KFZ-Probleme kann ich durch „Anhalten“ lösen. Und auch wenn - aus welchen Gründen immer - die Bremsen defekt sind, hat man doch recht hohe Überlebensschancen. Ausser - und hier kommen weitere Fehler hinzu - man ist auf einer stark abschüssigen Strasse, die Gangschaltung klemmt aus Solidarität und der Bowdenzug zur Handbremse war schon vor Ewigkeiten gerissen.

Ein Beispiel aus meiner fliegerischen Praxis: Motorausfall in einem Ultraleichtflugzeug.
Wenn ich richtig mitgezählt habe, hatten ihr fünf Fehler, aber kein Katastrophe.

Nun, mir ist gestern noch ein sechster Fehler eingefallen: wir hätten - nachdem wir schon bemerkt hatten, dass der Leerlauf „sehr niedrig“ eingestellt war - unter Umständen den Flug gar nicht antreten brauchen.
Und dass es keine Katastrophe gab, das lag an einer Menge Glück und unserem frischen und exzellenten Training. Nur so als Beispiel: wir haben beide mit Cockpitsprache englisch gerlernt, hatten den ganzen Flug (auch unsere Call-Outs) auf deutsch geredet und kaum stand der Motor sind wir beide automatisch in die „Trainingssprache“ zurückgefallen. So wie der Typ, der mit dieser Hapag-Lloyd Flug nach Wien, dem wegen eines ausgefahrenen Triebwerks auf den letzten Metern der Sprit ausgegangen ist und der sich nach ner Zeit nur noch mit seinem Simulator-Callsign gemeldet hat.

Aber der glückliche Ausgang in unserem Fall hat nicht das geringste mit der vorhergehenden Fehlerkette zu tun. Ähnlich übrigens wie Sullenberger im Hudson River. Da war die Fehlerkette vorher (beide Triebwerke ausgefallen, vor ihm nur Stadt) übrigens eine sehr kurze - aber der glückliche Ausgang lag an seinem Können und ner Masse Glück.

Wenn dir auf einer deutschen Autobahn auf der Überholspur bei 140 die Zündung :aussetzt und du deshalb plötzlich langsamer wirst, knallt dir der Typ der 4m hinter dir fuhr :unweigerlich ins Heck.
Fehler Nummer 1, der Typ hinter dir, ist faktisch der (tolerierte) Dauerzustand.

Fehler Nummer 2 ist meine Geschwindigkeit von 140 km/h, bei einer „Richtgeschwindigkeit“ von 130, Fehler Nummer 3, dass ich die Zündung eben nicht überprüft habe (was eben auch ein tolerierter Dauerzustand ist - wer checkt schon sein Auto vor jeder Fahrt?) und je nach Situation kann es auch sein, dass ich vielleicht den Drängler durch abhauen nach rechts oder vorne auch schon längst hätte loswerden können.

Sagte ich eigentlich schon irgendwo, dass etwa 2013 allein in Deutschland etwa
ZEHNMAL mehr Menschen im Straßenverkehr starben als WELTWEIT in der
Verkehrsluftfahrt?

Ja, das ist das erschreckende an der Sache *seufz*

Nunja, ich kann das nur sehr begrenzt als Fehler dem System
Zivilluftfahrt zuordnen. Bisher was es wohl Usus, in
Reiseflughöhe auch Krisengebiete zu überfliegen.

Ja, aber auch ein Usus kann - wie im Fall des Dränglers - ein Fehler sein. Ich kenne Leute, bei denen ist es Usus, ein Ultraleichtflugzeug hemmungslos überladen zu fliegen. Ein Fehler ist das trotzdem :wink:

davon komplett weggehen, wären wohl viele internationale
Flugrouten nicht mehr fliegbar weil immer irgendwo Krieg ist.

Also auf meinem Australienflug vor ganz kurzem waren da durchaus bei einigen „heissen“ Gebieten deutlich sichtbare Schlenker im GPS zu sehen :wink:

Dass die Flugabwehrrakete scharf war wird ja wohl kein Fehler
gewesen sein sondern Absicht,

Trotzdem hat sich das als „Fehler“ für dieses System herausgestellt. Und wenn ich eine scharfe Flugabwehrrakete irgendwo hinstelle, dann muss ich eben dafür Sorge tragen, dass ich nicht „aus Versehen“ ein Zivilflugzeug abschiesse.

Die Maximalhöhe dieses System beträgt 11-25km (sic!). Soweit
ich mich erinnere kann man mit diesem System auch ziviele
Flugzeuge erkennen und man kann das System bis zur Sprengung
des Flugziels stoppen - es dauert ja eine gewisse Zeit dieses
im 10km Höhe zu erreichen.

Jo, und warum wurde das nicht gemacht? Nachdem wir ja niemandem böse Absicht unterstellen, gehen wir davon aus, dass der Typ an der Überwachung gepennt hat oder nicht wusste was er tun soll (menschliches Versagen)

Und last but not least: auf besagtem Australienflug war einer der Schlenker über der Ukraine :wink: Gerade habe ich gelesen - Quelle nicht verifiziert - dass es durchaus Fluglinien wie die Lufthansa gab, die schon vor dem Abschluss nimmer über die Ukraine geflogen sind.

Kurz gesagt: meiner Meinung nach braucht’s für jeden anständigen Unfall mindestens drei Fehler, die jeder für sich nicht kritisch wären.

*wink*

Petzi

Moin,

Also zu meiner These dass es zu jedem Unfall eine Fehlerkette
gibt, noch ein paar Beispiele:


wenn du es bereits als Fehler ansiehst, dass ein Mensch keine übermenschlichen Fähigkeiten hat oder überhaupt geboren wurde, hast du natürlich Recht.

Kurz gesagt: meiner Meinung nach braucht’s für jeden
anständigen Unfall mindestens drei Fehler, die jeder für sich
nicht kritisch wären.

Was ist denn ein „anständiger Unfall“?
Sind die Folgen eines Unfalls dessen Ursache nur
ein oder zwei Fehler waren, weniger tragisch?

Welche weiteren Fehler, außer einem menschlichen, lagen denn in dem aktuellen Fall
vor, falls die bisher geäußerten Vermutungen zutreffen und es keine weiteren technischen Fehler gegeben haben sollten.
Siehst du z.B. den möglichenToilettengang des Piloten bereits als Fehler an oder dass der Berg da war, wo er war?

Gruß
Pontius

Moin :smile:

puh, durchgelesen :smile:

Ich denke, ich bin in weiten Teilen deiner Meinung, drum habe ich auch (fast :wink: ) keine Gegenargumente.

Vielleicht müsste man als erstes den Begriff des „Fehlers“ genauer definieren, bevor man ihn als solches benennt. IMHO ist schon das Fehlen eines Tempolimits in Deutschland ein Fehler - selbst die Richtgeschwindigkeit spielt doch überhaupt keine Rolle und drum könnte man streiten, ob 270km/h zu fahren ein Fehler des Systems oder des Fahrers ist oder garkeiner ist.

Und ich stimme dir schon zu, dass es meist einer Fehlerkette bedarf. Allerdings ist die IMHO im deutschen Strassenverkehr eben manchmal auch nur zwei Glieder lang.

  1. ungewollte Schwangerschaft

LOL :smiley:

  1. Birgen Air,

Der Bericht schliesst damit, dass die Unfallursache im
„Unvermögen der Flugbesatzung“ lag, aber der Weg dorthin war
gepflastert mit Löchern in der Käsescheibe

sag ich ja. Luftfahrt: viele Fehler nötig. Und genau darum wundere ich mich, dass die öffentliche Meinung in unserem aktuellen Fall der ersten, eventuell möglichen Fehler ergreift und den zementiert. Das war ja ursprünglich meine Ausgangsfrage im Psychobrett.
Ich kenne die tatsächlichen Geschehnisse an Bord nur genauso gut oder schlecht wie andere Nachrichtenleser auch. Allerdings verstehe ich eben nicht, wie man sich auf den einen Fehler verbeißt weil es für mich sehr unwahrscheinlich klingt, dass ein einziger Fehler für die Katastophe ausgereicht haben soll. Zum Beispiel wird ja von der ruhigen, gleichmäßigen Atmung bis zu letzt gesprochen, und dass der Kopilot kein einziges Wort mehr gesagt hat. Das finde ich, als Laie, zumindest ungewöhnlich. Selbst dann, wenn man suizidale Absichten unterstellt, wird er wohl nicht „komplett tiefenentspannt“ seinem Tod entgegen sehen.

Jo, wobei da die dritte Dimension - die des „runterfallens“ -
fehlt :wink:

Das kann auch ein Vorteil sein. Fällt einem auf der Überholspur der Motor aus ist die Zeit zum Reagieren EXTREM kurz. Ist rechts ein LKW, vermutlich ZU kurz.
Die dritte Dimension beim Fliegen ist ein Energie- und damit Zeitpuffer, der man erstmal aufbrauchen kann. Den habe ich im Auto eben nicht.
Neulich sah ich ein Video von diesen „Cockpitfilmern“, da lief wohl das Triebwerk heiß und die haben das abgeschaltet. Davor wurde erstmal minutenlang in aller Seelenruhe diskutiert und mit den Technikern am Boden telefoniert. OK, es kam noch dazu, dass das Schweizer waren :wink:
Ach, ich hab’s wiedergefunden: https://www.youtube.com/watch?v=rEf35NtlBLg

Sagte ich eigentlich schon irgendwo, dass etwa 2013 allein in Deutschland etwa
ZEHNMAL mehr Menschen im Straßenverkehr starben als WELTWEIT in der
Verkehrsluftfahrt?

Ja, das ist das erschreckende an der Sache *seufz*

Tja, und wen interessiert das? :frowning:

davon komplett weggehen, wären wohl viele internationale
Flugrouten nicht mehr fliegbar weil immer irgendwo Krieg ist.

Also auf meinem Australienflug vor ganz kurzem waren da
durchaus bei einigen „heissen“ Gebieten deutlich sichtbare
Schlenker im GPS zu sehen :wink:

Vielleicht eine Folge des Ukrainevorfalls?

Dass die Flugabwehrrakete scharf war wird ja wohl kein Fehler
gewesen sein sondern Absicht,

Trotzdem hat sich das als „Fehler“ für dieses System
herausgestellt. Und wenn ich eine scharfe Flugabwehrrakete
irgendwo hinstelle, dann muss ich eben dafür Sorge tragen,
dass ich nicht „aus Versehen“ ein Zivilflugzeug abschiesse.

Das mit dem Versehen ist doch IMHO gar nicht öffentlich geklärt.

VG!
J~

Hallo Tildchen,

Vielleicht müsste man als erstes den Begriff des „Fehlers“
genauer definieren, bevor man ihn als solches benennt.

Wie wäre es mit:
„der Verkettung unglücklicher Umstände“ ?

MfG Peter(TOO)

Moin,

Luftfahrt viele Fehler nötig. Und genau darum
wundere ich mich, dass die öffentliche Meinung in unserem
aktuellen Fall der ersten, eventuell möglichen Fehler ergreift
und den zementiert.

wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die Indizienlage erdrückend ist, wie es ein Lufthansa-Vorstandsmitglied und Flugkapitän ausdrückte, wundere ich mich gar nicht.
Warum sollte die Öffentlichkeit das Unwahrscheinlichere für wahrscheinlicher halten?

Allerdings verstehe ich eben nicht, wie man sich auf den einen Fehler
verbeißt weil es für mich sehr unwahrscheinlich klingt, dass
ein einziger Fehler für die Katastophe ausgereicht haben soll.

Was ich wiederum nicht verstehe, warum es für einen Piloten so schwierig sein sollte, ein Flugzeug in einen Sinkflug zu bringen und es dadurch in den Alpen zu crashen?
Es ist genau umgekehrt, ein Fehler tritt doch viel häufiger auf - auch wenn dieser meistens nicht zu einem Absturz führt - als mehrere gleichzeitig.

Gruß
Pontius

Hi J~,

puh, durchgelesen :smile:

sorry für die Textmenge *fg* Ich fürchte, das hier ist wieder so viel geworden…

Ich denke, ich bin in weiten Teilen deiner Meinung, drum habe
ich auch (fast :wink: ) keine Gegenargumente.

Jo, so sehe ich das auch, dass wir uns in weiten Teilen einig sind :wink:

Vielleicht müsste man als erstes den Begriff des „Fehlers“
genauer definieren, bevor man ihn als solches benennt.

Ich glaube da liegt der Hund im Pfeffer - der Begriff „Fehler“ hat was äusserst negatives („6, setzen!“) an sich. Vielleicht ist da die Wortwahl etwas unglücklich, klüger (wenn auch nicht kürzer *g*) wäre möglicherweise „Handlungen oder Unterlassungen die in Zusammenspiel mit anderen Handlungen oder Unterlassungen oder auch für sich alleine möglicherweise zu einem Unfall führen können“. Und ich denke, dass sich genau daran viele Leute stossen. Vielleicht könnte man von „Ursachenkette“ sprechen?

keine Rolle und drum könnte man streiten, ob 270km/h zu fahren
ein Fehler des Systems oder des Fahrers ist oder garkeiner
ist.

Hmm, es fällt mir schwer, ein Beispiel zu konstruieren bei dem mit 270 km/h zu fahren kein Fehler ist :wink: Vielleicht mutterseelenallein auf schnurgerader Autobahn (aber wo hätten wir entsprechende Strecken)? Oder aufm Hockenheimring?

Und ich stimme dir schon zu, dass es meist einer Fehlerkette
bedarf. Allerdings ist die IMHO im deutschen Strassenverkehr
eben manchmal auch nur zwei Glieder lang.

Klar, es gibt Situationen, in denen ein einziger Fehler zum Unfall führt. Aber wenn ich mich an die mir geschehenen Autounfälle erinnere, da brauchte es eigentlich immer mehrere „Fehler“, bis es gerummst hat. Und ich denke jeder von uns kennt die Situation wo sich ein anderer komplett falsch verhält und die Sache nur deswegen kein Unfall wird weil man selbst schnell und richtig reagiert. (Der Vollständigkeit halber: manche von uns machen auch selbst Fehler, die nur wegen der richtigen Reaktion anderer nicht zum Unfall führen.)

  1. ungewollte Schwangerschaft

LOL :smiley:

Unfall is Unfall *fg*

sag ich ja. Luftfahrt: viele Fehler nötig. Und genau darum
wundere ich mich, dass die öffentliche Meinung in unserem
aktuellen Fall der ersten, eventuell möglichen Fehler ergreift
und den zementiert. Das war ja ursprünglich meine
Ausgangsfrage im Psychobrett.

Ja, und ich denke, dort gehört die Diskussion auch hin. Denn für die „breite Masse“ (und da zähle ich mich auch dazu!) ist’s halt viel einfacher wir haben da einen „bösen Schuldigen“ mit Bild und Klarnamen, als einer Kette von „dummen Zufällen“.
Das war ja in Überlingen klassich: „schuld“ war der Fluglotse, dass dem Unfall eine ganze Reihe von „dummen Zufällen“ voran ging (von denen übrigens keiner als einzelner zum Unfall geführt hätte!) und der Fluglotse halt blöderweise das letzte Glied in der Kette war, das ist für unser Gehirn nicht so schön greifbar.

Denn ich denke - und da müssten jetzt die Psychologen ran - unser Hirn sucht „Muster“. In dem Fall „eine Ursache - eine Konsequenz“ also „ein depressiver Pilot - ein schlimmer Absturz mit 150 Toten“ Und das bevorzugt „schnell“, solange dieses Unglück nicht von 100 weiteren „überschattet“ wird.

Kurz gesagt: unserem Hirn scheint es lieber zu sein, zwei Tage nach dem Absturz zu wissen, dass der „depressive Pilot“ „schuld“ war als in zwei bis drei Jahren (und einige Flugzeugabstürze und Naturkatastrophen später) zu lernen, dass es eine Kette von Ursachen gab, bis es zum Absturz kam.

Zum Beispiel wird ja von der ruhigen, gleichmäßigen Atmung bis
zu letzt gesprochen, und dass der Kopilot kein einziges Wort
mehr gesagt hat. Das finde ich, als Laie, zumindest
ungewöhnlich. Selbst dann, wenn man suizidale Absichten
unterstellt, wird er wohl nicht „komplett tiefenentspannt“
seinem Tod entgegen sehen.

Ja, das fällt mir ebenso wie Dir schwer zu glauben. Wobei ich immer noch nicht verstehe, wie die überhaupt die „normale“ (also nicht besonders schwere oder durch eine Sauerstoffmaske unterstützte) Atmung von den Umgebungsgeräuschen (Triebwerke, Fahrtwind, Funksprüche, gegen Ende vermutlich diverse Alarmsignale, Geschrei aus der Kabine, nachdrückliches Klopfen an die Cockpittür) unterscheiden kann. Und dann noch innerhalb eines Tages (oder war’s sogar weniger?)

Das kann auch ein Vorteil sein. Fällt einem auf der
Überholspur der Motor aus ist die Zeit zum Reagieren EXTREM
kurz. Ist rechts ein LKW, vermutlich ZU kurz.

Och, bei Motorausfällen im Flug habe ich - je nach Muster und Flugphase - auch ziemlich wenig Zeit zum Reagieren. Grad in der Startphase kann das ziemlich blöde ausgehen, wenn man da pennt, aber auch in anderen Flugphasen möchte man ja die verbleibende Flugzeit (bzw. -strecke) möglichst optimieren und sollte allein deshalb zügig reagieren. Manche Muster erfordern auch im „normalen“ Reiseflug bei Motorausfall eine ziemlich fixe und korrekte Reaktion um nicht in möglicherweise unkontrollierbare Fluglagen zu kommen.

Neulich sah ich ein Video von diesen „Cockpitfilmern“, da lief
wohl das Triebwerk heiß und die haben das abgeschaltet. Davor
wurde erstmal minutenlang in aller Seelenruhe diskutiert und
mit den Technikern am Boden telefoniert. OK, es kam noch dazu,
dass das Schweizer waren :wink:

Video konnte ich grad nicht gucken, aber ja, das sind dann die Situationen wo Du mit dem Auto entspannt rechts ran fährst und den ADAC anrufst :wink:

ZEHNMAL mehr Menschen im Straßenverkehr starben als WELTWEIT in der
Verkehrsluftfahrt?

Ja, das ist das erschreckende an der Sache *seufz*

Tja, und wen interessiert das? :frowning:

Keine Sau, weil wir doch das „Grundrecht auf Autofahren“ haben, Mööönsch.

durchaus bei einigen „heissen“ Gebieten deutlich sichtbare
Schlenker im GPS zu sehen :wink:

Vielleicht eine Folge des Ukrainevorfalls?

Vermutlich - wobei ich meine, bereits auf früheren Flügen in diese Ecke der Welt entsprechende Schlenker gesehen zu haben. Dazu müsste aber Nabla noch was sagen…

irgendwo hinstelle, dann muss ich eben dafür Sorge tragen,
dass ich nicht „aus Versehen“ ein Zivilflugzeug abschiesse.

Das mit dem Versehen ist doch IMHO gar nicht öffentlich
geklärt.

Aber das unterstellen wir doch selbstverständlich :wink:

*wink*

Petzi

Hallo Tildchen,

Ich kenne die tatsächlichen Geschehnisse an Bord nur genauso
gut oder schlecht wie andere Nachrichtenleser auch. Allerdings
verstehe ich eben nicht, wie man sich auf den einen Fehler
verbeißt weil es für mich sehr unwahrscheinlich klingt, dass
ein einziger Fehler für die Katastophe ausgereicht haben soll.

Angenommen es ist so gelaufen, wie es in den Medien verbreitet wird, dann haben wir eine ganze Kette von Umständen.

  1. Nach 9/11 wurde die Cockpittür einbruchsicher gemacht.
  • Die alte Tür hätte der Pilot aufbrechen können.
  1. Der Copi war krank geschrieben.
  • Durch das Arztgeheimnis durfte dies der Arzt aber nicht der Fluggesellschaft melden. z.B. Im Lebensmittelbereich gibt es aber Ausnahmen, bei bestimmten Erkrankungen bekommt man ein Arbeitsverbot. Hier wird die Sicherheit der Allgemeinheit über das Arztgeheimnis gestellt.
  1. Der Copi war alleine im Cockpit.
  • Hier kennen manche Fluggesellschaften andere Regelungen. Es besteht dann eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die zweite Person wenigstens die Cockpittür entriegeln kann.
  1. Sinkflug
  • Das ist ein normales Flugmanöver, man will ja auch mal wieder runter kommen! Auch ein Notabstieg ist ein normales Manöver z.B. bei einem Druckabfall in der Kabine. Auf Grund der ganzen Umstände war aber keine Person da, welche hätte eingreifen können.
  1. Alarme
  • Der Kollisionsalarm mit den richtigen Anweisungen wurde auch ausgelöst, aber eben ignoriert.

Der Vorliegende Fall gehört unter Sabotage abgelegt und dagegen ist nicht wirklich ein Kraut gewachsen.
Theoretisch hätte man per Fernsteuerung das Flugzeug abfangen können. Neben den Kosten, ermöglich aber eine Fernsteuerung manche Arten der Sabotage erst!

MfG Peter(TOO)

Hallo,

bitte präzisiere deine Bedenken, warum ein Pilot ein Flugzeug nicht bewusst in den Boden rammen kann.

(In der Vergangenheit haben es schon ganze Cockpit-Teams geschafft, dies unbeabsichtigt und unbemerkt zu machen. Es gibt dafür sogar die Abkürzung: CFIT, controlled flight into terrain.)

Deine Theorie, dass für schwere Unfälle stets mehrere Fehler nötig sind, verstehe ich sowieso nicht. Oft reicht ein einziger Fehler zum Auslösen von Katastrophen.

Unter normalen Bedingungen wäre das Unglück durch Sicherheitssysteme verhindert worden, aber wenn man sich trotz aller Technik auf den Menschen als letztes Teil der Befehlskette verlässt, dann kann dieser eine Mensch eben alles, was eingebaut wurde, auch ignorieren oder übersteuern.
Es gibt ja Warnsysteme, die vor Bodenkontakt warnen. Da kommt dann ein „Too low - Terrain!“ knochenhart im Cockpit. Mehrfach, gefolgt von dem Befehl „Pull up - pull up NOW!“.
Bei der Landung würde das System auch anschlagen, daher kann man es m.W. deaktivieren bzw. es wird bei ausgefahrenem Fahrwerk automatisch deaktiviert.

Was, wenn das System automatisch Schub gäbe und das Flugzeug hochzöge?
Kein Problem.
Was wäre, wenn man das NICHT deaktvieren könnte?
Kein Problem, ginge sicher fast immer gut.
Nur das eine Mal, wenn ein Endschalter nicht das ausgefahrene Fahrwerk meldet, oder das Navigationssystem sagt: Hey, hier ist ja gar kein Flughafen - weil es spinnt, dann kommt es gerade wegen dieses Systems zur Katastrophe.

Es ist verständlich, wenn man nach einer Katastrophe nach Lösungen zur Verhinderung sucht. Die Vorschrift, dass immer eine zwei Personen im Cockpit anwesend sein müssen - also ggf. auch mal die Purserette - ist einfach umzusetzen, kostet nicht viel mehr und wird daher von mir begrüßt. Wobei auch hier gilt: Mit dem Willen, ein Flugzeug abstürzen zu lassen, ist die zierliche junge Dame neben dir sicher kein physikalisches Hindernis, eher schon ein psychologisches.

Was machen wir eigentlich gegen suizidale Reisebusführer? Reisebusse sind deutlich mehr unterwegs als Flugzeuge…

Ein solcher erweiterter Suizid ist ein extrem seltenes Ereignis. Ich fürchte, mit diesem Risiko wird man leben müssen, man kann es nicht beheben (glaub ich).

1 Like

Hi X-Storm,

bitte präzisiere deine Bedenken, warum ein Pilot ein Flugzeug
nicht bewusst in den Boden rammen kann.

ich denke, DAS gehört in Richtung Psychologie :wink:

(In der Vergangenheit haben es schon ganze Cockpit-Teams
geschafft, dies unbeabsichtigt und unbemerkt zu machen. Es
gibt dafür sogar die Abkürzung: CFIT, controlled flight into
terrain.)

Jo, aber das ist ne komplett andere Situation. In diesem Fall geht die Staatsanwalt (verfrüht in meinen Augen) von einem Suizid aus. Unter CFIT versteht man, wenn Piloten ohne Not ein komplett funktionierendes Flugzeug in den Boden fliegen (soweit ist die Situation gleich) aber sie tun das im besten Glauben und in der feinsten Absicht, alles richtig zu machen und weder sich selbst noch sonstwen dabei umzubringen.

Deine Theorie, dass für schwere Unfälle stets mehrere Fehler
nötig sind, verstehe ich sowieso nicht. Oft reicht ein
einziger Fehler zum Auslösen von Katastrophen.

Ein Beispiel bitte.

eine zwei Personen im Cockpit anwesend sein müssen - also ggf.
auch mal die Purserette - ist einfach umzusetzen, kostet nicht
viel mehr und wird daher von mir begrüßt. Wobei auch hier
gilt: Mit dem Willen, ein Flugzeug abstürzen zu lassen, ist
die zierliche junge Dame neben dir sicher kein physikalisches
Hindernis, eher schon ein psychologisches.

Nun, zunächst ging’s mir da wie Dir: ich fand die Idee ziemlich klasse. Aber wenn ich jetzt jemand wäre, der böses im Sinne hätte, dann würde ich jetzt jubilieren. Anstatt meinen zukünftigen Selbstmordattentäter eine teure und aufwendige Pilotenausbildung zu finanzieren, dann noch zu riskieren, dass die vielleicht wegen irgendnem medzinischen Sch*** keinen Pilotenjob kriegen schicke ich die Jungs zum Kung Fu und lasse sie Stewards werden :wink: Die kommen dann sicher ins Cockpit und können tun, was immer ich mir so vorstelle… Ob das also ein Sicherheitsgewinn ist?

Ein solcher erweiterter Suizid ist ein extrem seltenes
Ereignis. Ich fürchte, mit diesem Risiko wird man leben
müssen, man kann es nicht beheben (glaub ich).

Da bin ich mit Dir einig.

*wink*

Petzi

Moin,

bitte präzisiere deine Bedenken, warum ein Pilot ein Flugzeug
nicht bewusst in den Boden rammen kann.

ich habe nicht gesagt, dass das gar nicht geht sondern ich sprach davon, dass _ein_ Fehler nicht ausreicht.
Die Vorgänge beim besagten Flug sind meiner Meinung nach noch lange nicht geklärt. Warten wir doch wenigstens mal den Vorbericht der BFU ab, wenn nicht gar den Abschlußbericht. Nur deswegen weil einer (in dem Fall ich) keine besserer Erklärung hat als jemand anderes heißt eben nicht, dass der andere per se Recht hat.

Bleiben wir trotzdem mal kurz bei der aktuellen „Volksmeinung“ (kranker Pilot in suizidaler Absicht fliegt mit Absicht in den Boden) dann fallen mir mindestens zwei weitere Fehler ein:

  1. die Cockpittür ließ sich nicht nicht öffnen. Tja 9-11 hin oder her, in diesem Fall war das ein Fehler und früher wäre der nicht aufgetreten. Das war also eine Verschlimmbesserung.

  2. Pilotencrews arbeiten _sehr_ im Team, sind während der Arbeit ständig in Kommunikation miteinander. Da kann in diesem Augenblick keiner einsam und sozialbefreit im Keller sitzen und sein Ende planen. Warum hat der Kapitän nichts gemerkt, interveniert und den Flug ggf abgebrochen?

(In der Vergangenheit haben es schon ganze Cockpit-Teams
geschafft, dies unbeabsichtigt und unbemerkt zu machen. Es
gibt dafür sogar die Abkürzung: CFIT, controlled flight into
terrain.)

Hat Petzi ja schon gesagt, dass das was anderes ist und wenn du dir mal so einen CFIT genauer ansiehst wird dir vielleicht klar, wie unglaubliche viele Fehler dafür manchmal nötig sind. Ein Beispiel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Air-New-Zealand-Flug_901

Bei der Landung würde das System auch anschlagen, daher kann
man es m.W. deaktivieren bzw. es wird bei ausgefahrenem
Fahrwerk automatisch deaktiviert.

Das Ground Proximity Warning System die Flughäfen gespeichert und springt deswegen nicht an. Kennt es mal einen nicht, geht der Alarm los:
https://www.youtube.com/watch?v=uTEBryjT9RM
ab so 4:00, das (E)GPWS nervt bis nach der Landung.

Es ist verständlich, wenn man nach einer Katastrophe nach
Lösungen zur Verhinderung sucht.

Ja, genau das ist die Aufgabe der Flugschreiber und der Berichte der zB BFU. Deren Aufgabe ist es aber nicht während 2/3 des Flugzeugs noch im Berg verteilt liegt schon mal vorab irgendwas halbgares raus zu hauen, nur damit die Volkesmeinung mit einer Ein-Fehler-Ursachen-Erklärung ihre Vorurteile pflegen kann.

Die Vorschrift, dass immer
eine zwei Personen im Cockpit anwesend sein müssen - also ggf.
auch mal die Purserette - ist einfach umzusetzen, kostet nicht
viel mehr und wird daher von mir begrüßt.

Zu dieser Vorschrift habe ich noch keine abschließende Meinung. Ich möchte aber zu Bedenken geben, dass die einbruchsichere Cockpittür auch mal eine „lässt sich einfach umsetzen und kostet nicht viel“-Maßnahme war die den aktuellen Absturz evtl mit verursacht hat.

Wobei auch hier
gilt: Mit dem Willen, ein Flugzeug abstürzen zu lassen, ist
die zierliche junge Dame neben dir sicher kein physikalisches
Hindernis, eher schon ein psychologisches.

Oder sie ist die Täterin und allein im Cockpit mit jemandem, der nicht kämpfen kann weil er nebenbei ein Flugzeug fliegen muss.

Was machen wir eigentlich gegen suizidale Reisebusführer?
Reisebusse sind deutlich mehr unterwegs als Flugzeuge…

Jaha, Tote und Verletzte interessieren die Öffentlichkeit doch nur, wenn es ein total sicheres System wie das Fliegen betrifft bei dem jeder Unfall mit unglaublicher Präzision durch fachkundliche Behörden im Zusammenarbeit mit den verschiedenen Herstellern langwierig untersucht wird. Fährt ein Busfahrer in suizidaler Absicht im französischen Nirgendwo vorsätzlich einen Abhang runter würde das vermutlich erstens gar niemand als Suizid wahrnehmen und zweitens würde das auch nicht wochenlang in der internationalen Presse durchgekaut werden. Unfalldatenschreiberdaten gäbe es natürlich auch nicht.

Ein solcher erweiterter Suizid ist ein extrem seltenes
Ereignis. Ich fürchte, mit diesem Risiko wird man leben
müssen, man kann es nicht beheben (glaub ich).

Wir in Deutschland hatten in den letzten Jahren ja bereits einige öffentlich stark wahrgenommene Suizide. Vielleicht sollten wir uns als Gesellschaft auch mal selbstkritisch prüfen in wie weit wir unseren Teil dazu beitragen, dass aus diversen psychischen Krankheiten oder anderen Ursachen persönliche Katastrophen werden. Dadurch, dass man sie verheimlicht, ja vielleicht auch verheimliche muss um keine beruflichen Nachteile zu erleiden, verschärft man die Situation IMHO leider eher als sie zu verbessern.

VG
J~

Hallo,

ich weiß nicht mehr, wo ich davon las, aber ich meine, dass es mal einen Absturz gab, weil vergessen wurde, den Höhenmesser auf die Flugplatzhöhe zu stellen.
Im Anflug wurde dann die Sinkrate schön eingehalten. Katastrophal, wenn man denkt, man sei 300m über Grund, aber in Wirklichkeit ist man 300m über NormalNull, was bei einer Landebahn auf 300m ü.N.N. dann bedeutet, dass man gerade aufprallt.

Wie du sicher bemerkt hast, bin ich kaum mehr als ein interessierter Laie, was die Luftfahrt angeht.

Ich mag mich mit der „ein Fehler reicht nicht“ Theorie nicht anfreunden.

Im Bereich der Luftfahrt hat man ja viel gelernt (leider auch durch Unglücke) und daher viele Systeme redundant ausgelegt, was zumindest hier diese Theorie belegen würde.

Nur ein System, eine ganz wichtige Funktion, ist nicht voll redundant:

Der Pilot.
Aus gutem Grund sind ja zwei davon an Bord, aber eben nicht zwangsläufig immer auch gleichzeitig im Cockpit anwesend. Hier fehlte es an Redundanz, wie es zur Zeit aussieht.

Ich würde übrigens an den Cockpittüren festhalten. Ob und wieviele Entführungen dadurch verhindert wurden, kann man ja nicht wissen, bestenfalls an Hand statistischer Daten abschätzen.

Hallo X-Strom,

ich weiß nicht mehr, wo ich davon las, aber ich meine, dass es
mal einen Absturz gab, weil vergessen wurde, den Höhenmesser
auf die Flugplatzhöhe zu stellen.

Mehr Details hast Du dazu vermutlich nicht, oder?

Dann tue ich jetzt was sehr gefährliches: ich mutmasse. Und zwar gehe ich davon aus, dass wir von einem Flugzeug im kommerziellen Betrieb reden, das zum Zeitpunkt des Unglücks unter IFR (Instrumentenflugregeln, wird gelegentlich fälschlicherweise als „Blindflug“ bezeichnet) unterwegs war. In dem Fall gehe ich davon aus, dass die den Flug auf „Standardeinstellung“ vom Höhenmesser (ist ja nun klug, wenn ab ner gewissen Höhe alle Höhenmesser das gleiche anzeigen *g*) geflogen sind. Aber zur Landung braucht’s natürlich den lokalen Luftdruck. Und den kriegt man lange vor der Landung gesagt und stellt ihn dann üblicherweise an mindestens zwei unabhängigen Höhenmessern ein (jeder einen). Okay, gingen wir davon aus, unsere Piloten haben das vergessen. Und gingen wir weiter davon aus, dass das Wetter der Kategorie „dickste Suppe“ herrschte - also es keine visuelle Referez gab.

So, dann drämmern die als fröhlich im Sinkflug in Richtung Flugplatz. Auch hier setze ich mal ein ILS-System voraus, dazu gibt’s ein - vom Höhenmesser tutti kompletti unabhängiges - Anzeigesystem, das sich die Seele ausm Leib schreit, wenn man nur ein paar Meter vom Gleitpfad abweicht. Warum wurde das nicht beachtet?

Dann gibt es bei fast allen Flugplätzen sogenannte „Marker“, das sind Funkfeuer, die sich eindeutig melden, wenn man die überfliegt und wo man eine „Check-Altitude“ hat. Das heisst, man guckt beim Überflug von so nem Marker auf den Höhenmesser und macht einen entsprechenden Ruf, den der grad nicht fliegende bestätigt.

Und dann gibt’s ja noch den Typen am Radar. Gemeinhin nörgeln die schon los, wenn man die Flughöhe nicht auf 100 m genau einhält, und wenn man nun im Anflug deutlich niedriger ist (und das ist bei 300 m Differenz definitiv der Fall!) dann wird auch der einen mal freundlich fragen, ob denn alles in Ordnung sei.

Achja, und dann hätten wir da noch einen ein System, das losbrüllt, bevor einem der Boden entgegenschnappt. Sprich, wenn das sich meldet gibt’s auch entsprechende Verfahren, die man einhalten muss.

So, fassen wir zusammen, welche Fehler passiert sind. Oder lass uns nicht von „Fehlern“ reden, sondern von Ereignissen, die zum Unglück beigetragen haben:

  1. Höhenmesser falsch eingestellt
  2. ILS-Anzeige nicht oder falsch interpretiert
  3. keine Check Altitudes an den Markern (oder sonstigen Punkten im Anflug) (entweder nicht gecheckt oder nicht richtig interpretiert)
  4. keine Information seitens der Flugsicherung
  5. schlechtes Wetter, also keine visuelle Referenz

Wie du sicher bemerkt hast, bin ich kaum mehr als ein
interessierter Laie, was die Luftfahrt angeht.

ja *g*

*wink*

Petzi

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Hallo Petzi,

ich weiß nicht mehr, wo ich davon las, aber ich meine, dass es
mal einen Absturz gab, weil vergessen wurde, den Höhenmesser
auf die Flugplatzhöhe zu stellen.

Mehr Details hast Du dazu vermutlich nicht, oder?

Vermutlich der hier:
http://www.zrh-spotter.ch/alitalia-az404.html

MfG Peter(TOO)

Hallo Petzi,

ich weiß nicht mehr, wo ich davon las, aber ich meine, dass es
mal einen Absturz gab, weil vergessen wurde, den Höhenmesser
auf die Flugplatzhöhe zu stellen.

Mehr Details hast Du dazu vermutlich nicht, oder?

Vermutlich der hier:
http://www.zrh-spotter.ch/alitalia-az404.html

Nein, es war der hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eastern-Air-Lines-Flug_401

Ich hab das - jetzt weiß ich wieder - im Restaurant des Miniatur Wunderland Hamburg gelesen, da lagen einige Bücher der Reihe „Und alle/einige/keiner hat/ben überlebt“ aus.

Offenbar haben sich doch einige Details in meinem Kopf verändert. Oder ich hatte zwei Berichte vermischt. Da das aber der einzige CFIT in den Everglades ist, muss es dieses Unglück gewesen sein, an dass ich meinte mich zu erinnern.

Hi X-Storm,

ich hab jetzt keinen Bock alle beide Berichte zu kommentieren, darum nur Dein Beispiel. Und natürlich wissend, dass das mit dem Wissen aus dem Jahr 2015 über einen Unfall aus dem Jahr 1972 ein bisschen herablassend klingen könnte. Und man verzeihe mir, ich beziehe mich nur auf den Wiki-Artikel, nicht auf den Original-Bericht.

Also:

  • Fehler 1: Kontrolleuchte „Bugfahrwerk ausgefahren“ geht nicht (technischer Fehler, Birnchen durchgebrannt)
  • Fehler 2: die Ersatz-Kontrolllampe geht nicht (technischer Fehler? menschliches Versagen? Warum sind durchgebrannte Lämpchen in der Ersatzteilekiste?)
  • Fehler 3: warum zur Hölle schickt der die auf „nur“ 2000 ft - da braucht der doch nur nutzlos viel Sprit und hat keinen Spielraum, wenn er eben zum Beispiel Höhe verliert (könnte ja auch sein, der will probieren, das Fahrwerk auszufahren oder so) und nicht in die erbetene Warteschleife (die meiner Vermutung nach höher liegt)
  • Fehler 4: Die Jungs verlieren 1100 ft Höhe, vermutlich hat sich der Autopilot „einfach so“ verabschiedet (technischer Fehler? menschliches Versagen?)
  • Fehler 5(?): warum waren da eigentlich die Klappen noch ausgefahren? Dazu kenne ich aber weder das Flugzeug noch die Prozeduren ausreichend.
  • Fehler 6: der Fluglotse - der ja nun wissen müsste, dass die Piloten ggf. abgelenkt sind - bemerkt den Höhenverlust - und fragt nur (wenn auch formal völlig korrekt) ob „alles okay“ ist (menschliches Versagen, der hätt ja auch sagen können „Please check altitude, radar indication 900 ft“)
  • Fehler 7: Keiner der Piloten merkt, dass sie Höhe verlieren (menschliches Versagen), auch nicht auf die ominöse Anfrage ob „alles in Ordnung“ sei

Die Ursache war echt trivial: Fahrwerkskontrolllämpchen pflegten zu dieser Zeit (und tun es auch heute noch in gewissen Flugzeugmustern *g*) gelegentlich durchzubrennen. Das ist aber gewöhnlich kein Grund, gleich abzustürzen, man fliegt ins Holding und tauscht das Birnchen aus und gut is. Und je nachdem geht’s dann halt weiter im Programm :wink:

Jeder einzelne der folgenden Fehler (vielleicht mit Ausnahme der Klappen, das weiss ich nicht) hätte das Unglück schlicht verhindert. Zudem hätten ein paar Kleinigkeiten (Schultergurte und Taschenlampen für die Stewardessen) vielleicht ein paar mehr Leben gerettet / Verletzungen kleiner gehalten. Ist also ein wunderbares Beispiel für die Theorie, dass ein einziger Fehler (hier das durchgebrannte Birnchen) eben nicht zu nem Absturz führt.

*wink*

Petzi

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