Rechnen mit Differentialoperatoren in der Physik?!

Hallo,
in der Physik rechnet man ja beliebig mit den Differentialoperatoren dx herum.
Warum funktioniert das?
Oder anders gefragt, wann funktioniert das auf jeden Fall nicht mehr?
Gibt es eine vernünftige Erklärung, warum sowas mathematisch unexaktes auf eine korrekte Lösung führt?

Also meine Idee ist schon mal folgende: Wenn man statt dem Differentialoperator ein Delta schreiben kann, dann wird es ja auf jeden Fall korrekt, weil man ja schließlich dann das Delta gegen Null gehen lässt und wenn man zb einen Bruch hat mit zwei Delta x/ Delta y und zwei stetige Funktionen zu x und y, dann geht man gegen die Ableitung, wenn man die Deltas gegen 0 gehen lässt.

Gibt es aber auch Funktionen bzw. Zusammenhänge, wo man dann kein Delta statt Differentialoperator schreiben kann.
Da dürfte es ja dann auch nicht gehen, einfach so mit Differentialoperatoren herum zurechnen.
Kennt da jemand Beispiele?

Vielen Dank
Tim

Guten Tag,

dise Differenzenquotienten werden ( sinnvollerweise ) bei stetigen Funktionen ( oder benauer stetig differenzierbaren Funktionen ) benutzt. Also gibt es dann auch einen sinnvollen Limes.

Diese Grenzbetrachtungen ist nichts „ungenaues“; passt aber nicht auf alle mathematischen Objekte: An der Uni ist der Umgang mit Distributionen üblich. Nach der schulmäßigen Betachtung sind die mehr wie heftig unstetig. Die Theoriebildung hat einen Weg gefunden, das sinnvoll in die Analysis einzubetten.

Gruß G.Aust

Hallo,
ok, das ist wohl Funktionalanalysis.
Diese Disziplin befasst sich mit Distributionen und diese legitimieren dann das Rechnen mit Differentialoperatoren auf formale Art und Weise.
Hab ich das richtig verstanden?

Du sprichst davon, dass „Diese Grenzbetrachtungen ist nichts „ungenaues“; passt aber nicht auf alle mathematischen Objekte“.

Welche Objekte meinst du noch außer nicht stetig diffbare Funktionen?

Danke
Tim

Hossa :smile:

in der Physik rechnet man ja beliebig mit
mit den Differentialoperatoren dx herum.
Warum funktioniert das?

So beliebig ist das gar nicht, sondern dahinter stehen strenge mathematische Regeln.

  1. Kettenregel:

Hängt die Funktion f(x) von x ab und hängt x=x(t) von t ab, dann gilt beim Ableiten die Kettenregel:

\left(f\circ x\right)^\prime(t_0)=f^\prime(x(t_0))\cdot x^\prime(t_0)

Dies erlaubt das „Erweitern“ wie folgt:

\frac{df}{dt}=\frac{df}{dt},\frac{dx}{dx}=\frac{df}{dx},\frac{dx}{dt}

  1. Ableiten der Umkehrfunktion:

Für die Ableitung der Umkehrfunktion gilt die Regel:

\left(f^{-1}(y)\right)^\prime=\frac{1}{f^\prime\left(f^{-1}(y)\right)}=\frac{1}{f^\prime(x)}

Dies erlaubt die „Kehrwertbildung“ wie folgt:

\frac{dx}{dy}=\frac{1}{\frac{dy}{dx}}

  1. Ableiten der Summe/ Differenz von zwei Funktionen:

Die Summenregel der Differentialrechnung:

\left(f(x)\pm g(x)\right)^\prime=f^\prime(x)\pm g^\prime(x)

erlaubt die „Addition“ wie folgt:

\frac{d(f\pm g)}{dx}=\frac{df}{dx}\pm\frac{dy}{dx}

  1. Ableitung eines Vielfachen:

\left(a\cdot f(x)\right)^\prime=a\cdot f^\prime(x)

Erlaubt die Multiplikation mit einer Konstanten:

\frac{d(a\cdot f)}{dx}=a\cdot\frac{df}{dx}=\frac{a\cdot df}{dx}

  1. Produktregel:

Die Produktregel:

\left(f(x)\cdot g(x)\right)^\prime=f^\prime(x),g(x)+f(x),g^\prime(x)

kann leider nicht direkt aus der Bruchrechnung abgeleitet werden:

\frac{d(fg)}{dx}=\frac{df}{dx},g+f,\frac{dg}{dx}

Ich denke, das waren die wichtigsten Regeln. Dank des „wilden Rumrechnens“ mit den Differentialoperatoren wird das Ableiten so einfach wie das Bruchrechnen :smile:

Oder anders gefragt, wann funktioniert das auf jeden Fall
nicht mehr?

Kritisch wird es, wenn Summen und Integrale vertauscht werden. Der Umgang mit den Differentialoperatoren ist sehr sicher, ich wüsste jetzt auch keinen Fall, bei dem das versagen würde… Vielleicht kennt ja wer solche Fälle, würden mich auch interessieren.

Gibt es eine vernünftige Erklärung, warum sowas mathematisch
unexaktes auf eine korrekte Lösung führt?

Wie ich hoffentlich zeigen konnte, ist das nicht unexakt. Die mathematischen Regeln werden nur „geschickter“ angewendet.

Gibt es aber auch Funktionen bzw. Zusammenhänge, wo man dann
kein Delta statt Differentialoperator schreiben kann.

Die Differentialoperator-Schreibweise ist ja gerade so definiert:

\frac{df}{dx}=\lim_{\Delta x\to 0}\frac{\Delta f}{\Delta x}=\lim_{h\to 0}\frac{f(x+h)-f(x)}{(x+h)-x}
=\lim_{h\to 0}\frac{f(x+h)-f(x)}{h}=f^\prime(x)

Viele Grüße

Hasenfuß