Recht und Unrecht

Hallo

Deine Logik ist erschreckend daneben.

Na prima.

Wenn um die Jahrhundertwende (oder wann oder wo auch
immer)allgemein eine strenge (Du sagst repressive)Erziehung
und Einwirkung auf den Nachwuchs durchgeführt wurde, dann
bleibt kein Raum für eine signifikante Wirkung dieser
„Erziehung“ in Richtung Außenseiter der Gesellschaft
oder Verbrecher (oder Monster , wie auch immer) und
auch nicht für eine plausible Hypothese in dieser Richtung.

???

Himmler war *kein* Aussenseiter. Er war „perfekt“ im
Sinne der üblichen repressiven Erziehung und deren Folgen.

==> http://books.google.com/books?id=Y3Se4OcdqPcC&lpg=PA…
(Anmerkung unten S. 214)

Was Du da bringst ist peinlich an den Haaren herbeigezogen.

Nö.

„Monster“ oder sadistische Verbrecher kommen dann aus der
Gesellschaft hervor, wenn die „Rahmenbedingungen“ gegeben
sind.

Himmler war keines von beiden. Ihm wurde sogar übel
und er erbrach beinahe, als er mal einer Erschiessung
beiwohnte.

Dies sind in der Regel totalitäre Systeme, egal wie motiviert,
mit oder ohne vorheriger „repressiver Sexualerziehung“.

Das gibt es nicht.

Es gibt keine „totalitäre Systeme“ ohne
„repressive Sexualerziehung“. Das ist nämlich
der Kern des Spiels.

Und dies allein ist erwiesen, durch die Erfahrung
tausendjähriger Geschichte der Menschheit.

Ja prima. Dann wird es für Dich Zeit, da mal
ein wenig Studieneifer hineinzustecken. Fang
am besten mit Malinowski (Bronislaw) an.

Wenn man seine eigenen Verstand aussetzt und an Freud und
andere glaubt, dann schon.

Nö. Freud ist hier nur ein „Landmark“ weil er eben
die neurotischen Charaktere auf die Kindheit zu-
rückführte. Und das ist mit Sicherheit nicht
falsch.

Die „Beschädigung“ unseres Nachwuchses in unserer Zeit, ohne
„ultra-repressive-Sexualmoral“ erscheint mir weit zahlreicher
als zu der von Dir fokussierten Zeit.

Wir haben nicht so sehr „sexuelle Repression“ (kommt
aber wieder auf uns zu, wait and see), aber z.B. in
den angelsächsischen Ländern ist es sehr verbreitet. Wir
haben hier eher „Ultra-Infantilisierung“ der Jugend.

Grüße

CMБ

3 Like

Lieber Levay!

Ich kann die Aussagen deiner Freundin in ihrer Knappheit nicht direkt einer aktuellen philosophischen Position zuordnen. Eine Position wie „Freiheitsentzug ist nun mal Unrecht. Punkt“ gibt es so im philosophischen Diskurs sicher nicht.
Einzelne Grundgedanken sind aber durchaus anschlussfähig.

Diskutiert wurde und erläutert sei alles an einem Beispiel:
Die Polizei nimmt einen Verbrecher fest und sperrt ihn ein.
Diese Freiheitsberaubung sei, so sagt meine Freundin, Unrecht,
weil etwas, das Unrecht sei, nicht zu Recht werden könne, und
Freiheitsberaubung sei nun einmal Unrecht.

Diese Position, wenn ich sie denn richtig verstehe, und wenn ich „Unrecht“ durch „Gewalt“ ersetzen darf, gibt es in der Philosophie durchaus, also den Gedanken, dass die (nicht nur historische) Grundlage allen Rechts die nackte Gewalt ist, und dass das Recht dieses Gewalthafte, auf dem es beruht, auch nie ganz verlieren wird. Im Gegenteil stellt jeder Rechts-Akt notwendig auch die Perpetuierung der Gewalt dar.

Das ist im Grunde vornehmlich eine Nietzscheanische Traditionslinie in der Philosophie, die bis heute durchaus hohe Fachrelevanz besitzt.
Man findet diesen Grundgedanken weniger nietzscheanisch, dafür mehr an der Sprechakttheorie orientiert, aber z.B. auch hier:
http://www.amazon.de/Gesetzeskraft-mystische-Autorit…

Weiteres Beispiel: Es ist
regelmäßig verboten, einen anderen zu töten, es kann aber auch
durch Notwehr gedeckt und dann rechtmäßig sein.

Auch hier decken sich eine juridische und eine ethische Perspektive halt einfach nicht.
Aus einer ethischen Perspektive kann ich durchaus das Tötungsverbot auch auf Notwehrsituationen ausweiten.
Man würde diese Position z.B. aktuell bei Emmanuel Levinas finden, der zwar sicher kein Mainstream-Philosoph, aber auch nicht völlig unbedeutend ist. Er vertritt eine -hier in wenigen Zeilen unmöglich darstellbare- „postmoderne“ Variante eines aboluten/ausnahmslosen Tötungsverbots.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Christliche Prägung kein ausreichender Grund
Hi Semjon.

Es ist ja nicht so, dass ich dir hundertprozentig widersprechen möchte. Natürlich hat die christliche Erziehung die spätere Nazi-Gesinnung mit verursacht (sorry, Viktor, aber der Antisemitismus z.B. ist eine christliche Erfindung, und die messianische Idee im Christentum hat über Wagner auch Hitler beeinflusst).

Aber wir sollten doch bei der eigentlichen Fragestellung bleiben, ob Kindheitsprägungen spätere Schwerverbrechen so weit determieren, dass man – wie die Ausgangsposterin meint – mit ihnen alles entschuldigen kann. Genau das scheint mir in Himmlers Fall und den anderen Nazifällen nicht vorzuliegen. Dafür war die Repression nicht stark genug. Ich würde deine Sicht nur akzeptieren, wenn z.B. Himmler in seiner Kindheit starken sadistischen Übergriffen seines Vaters ausgesetzt gewesen wäre in einem Maße, das verständlich macht, dass das Kind selbst zum Sadisten wird. Das war aber bei Himmler nicht der Fall. Sonst wäre davon in der Bio zu lesen.

Es gibt zudem genug Beispiele, die zeigen, dass vergleichbare repressive Erziehungsumstände (wie bei Himmler) k e i n e Sadisten und Schwerkriminelle erzeugt haben.

DAS ist doch der entscheidende Punkt in der Debatte. Es müssen also bei Himmler und Co. und bei allen anderen „Monstern“, die repressiv-christlich geprägt wurden, noch w e i t e r e Faktoren eine Rolle gespielt haben, die das inhumane Verhalten erklären können.

Genau das aber ist das Problem. Diese Faktoren sind nicht vorhanden, es sei denn, man nimmt eine gewisse innere Disposition an, die nicht auf äußere kausale Faktoren zurückführbar ist.

DAS ist der Punkt. Und dieser Punkt fällt in den Bereich der Eigenverantwortung. Himmler handelte also im Besitz seiner Zurechnungsfähigkeit und nicht, wie du und die Ausgangsposterin meinen (aus unterschiedlichen Gründen vielleicht), im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit. Wenn man solche Eigenverantwortlichkeit grundsätzlich leugnet, nimmt man jeder Ethik und jeder Moral die Basis – und ich glaube nicht, dass du das willst, da du ja sehr ethisch argumentierst.

Der Grad der Repression, der Himmler ausgesetzt war, kann doch nur durchschnittlich genannt werden. Er erklärt absolut nicht, warum ein „Monster“ aus Himmler wurde.

Welches „Monster“ war Himmler denn? Hatte er meterlange Zähne und Stahlkrallen? Verspritzte er giftigen Schleim?

Nein, er war nur Chef der SS und der Hauptverantwortliche für den Holocaust.

Dass die repressive Sexualmoral gerade im deutschen Kulturkreis um die Jahrhundertwende genau an den Kindern angesetzt - und diese beschädigt – hat, wissen wir von Freud und vielen Anderen.

Ist mir bekannt. Und trotzdem hatte ich Himmlers Beispiel gepostet, gerade weil ich verdeutlichen wollte, dass jenes Maß der Repression eben k e i n e ausreichende Begründung für seine späteren Verbrechen liefert. Das Beispiel wählte ich sehr bewusst aus.

Bei deinem Argument vermisse ich die konsequente Schlüssigkeit. Du müsstest aufzeigen, dass unter vergleichbaren Umständen, unter denen Himmler aufwuchs, auch jeder a n d e r e zum Verbrecher geworden wäre. Genau das aber wird dir nicht gelingen.

Zumal viele Menschen viel repressiver aufgezogen worden sind als Himmler, ohne zu Verbrechern zu werden. Nach deiner Logik müsste jeder Jesuitenzögling (also repressiver geprägt als Himmler) ein potentieller Massenmörder sein.

Genau das ist aber nicht der Fall.

Gruß

Horst