Hallo,
vorweg: Die zitierte Auslegung in dem Posting zuvor kann ich auch nicht nachvollziehen. Wie schon weiter unten erläutert, halte ich die Aufforderung auf den Rechtmittelverzicht tatsächlich für eine Aussage, die in einem echatologischen Kontext steht.
Die zitierte Auslegung ist ein weiterer Versuczh, die Berpredigt zu aktualisieren und „lebbar“ zu machen…
Es wundert, dass man einerseits sich hierauf bezieht, kurz
danach aber davon wieder verabschiedet und so dem Leser das
Bild vermittelt, auch das Folgende wäre noch nach rabbinische
Auslegung denkbar. Dem ist aber nicht so, da die dann
geschilderten Fälle alle so „rabbinisch“ nie vorliegen
könnten.
Ich verstehe hier nicht ganz, was du sagst. Immerhin: Die Aussagen der Bergpredigt müßten ja zumindest in einem jüdischen Kontext der damaligen Zeit denkbar sein. Bei „rabbinisch“ kommt dann sicherlich in Definitionsfragen.
Somit ist auch hier nicht wieder die Frage, ob Jesus nicht
einfach diese Auslegung an Unwissende weitergeben hat und
somit eigentlich nichts neues, nichts eigenständiges gesagt
hat. Hier liegt nämlich das Problem welches schon zum falschen
Verstädnis von „Auge um Auge“ geführt hat: das Christen Jesus
aus der Masse der Gelehrten heraus heben müssen, ihn zu etwas
besonderen machen müssen, welche eben entgegen der rabbischen
Auslegung gelehrt hat. Da dem aber eben oft nicht so ist, wird
sich weiterhin im Kreise gedreht.
Christen bekennen Jesus von Nazareth als Christus, Gottes Sohn. Wollen wir in einen Dialog treten, sollte man das akzeptieren und zumindest verbal nicht darüber hinweg gehen.
Weiter: Gerade innerhalb des höchst sensiblen Dialogs zwischen Christen und Juden (über dessen Ursachen wir uns hier nicht zu streiten brauchen), muß man aber auch nicht alles über einen Kamm scheren.
Denn bei den vielen Vorurteilen von Christen gegen Juden habe ich eigentlich nie das „Vergeltungsrecht“ gefunden - ehrlich gesagt: eher haben Christen selbst dieses Zitat gerne in diesem Sinne angewandt.
Wie ich schon datafox geschrieben habe, ist „Auge um Auge“ eher ein gemeinsames Problem von Juden und Christen, denn wir finden alle immer wieder Menschen, die behaupten, mit diesem Satz Gewalt und Rache rechtferigen zu müssen. Und wir sollten es uns nicht so einfach machen, einfach zu erklären: Jaja, bei den anderen ist es so, wenn es einer „von uns“ sagt, dann ist er eigentlich keiner von uns und das Problem ist erledigt.
Weiter: Tatsächlich hast Du recht, daß es gerade in der historisch-kritischen Erforschung des Neuen Testaments eine zeitlang eine Richtung gab, die gerade nach dem „unjüdischen“ und damit „originellen“ der Person Jesus suchte. Die Vertreter dieser Richtung sind jedoch keineswegs mit Antisemiten/-judaisten gleichzusetzen, sondern sie suchten nach sogenannten historischen Jesusworten. Damit bezweifelten sie nicht, daß Jesus in einem jüdischen Kontext lehrte.
Mittlerweile hat man in der wissenschaftlichen Theologie davon Abstand genommen.
Schlußendlich: Das „Problem“ ist nicht, daß Christen Jesus zu etwas Besonderen machen „müssen“, das „Problem“ ist, das Menschen (wohl aller Buchreligionen) ihre Texte nicht lesen und ihre Geschichte ignorieren.
Grüße,
Taju