doch wesentlich
Hallo,
Dankeschön für Ihre Teilnahme an diesem Thread!!! Eine
wirklich interessante Darstellung, die es auf den Punkt
bringt, und mich auch nicht mehr daran zweifel lässt, das es
keinen Unterschied gibt
.
mal langsam. Es gibt Unterschiede. Nur weil da eine nicht wirklich qualifizierte Wortmeldung kommt, sollte dein wissenschaftlicher Ergeiz nicht sofort verkümmern, du solltest dich eher fragen, was diese Wortmeldung motiviert. Und um das zu können, brauchst du mehr Infos.
Versuchs mal hiermit:
Plädoyer für mehr begriffliche Klarheit
„Rechtsextrem“ oder „Rechtsradikal“?
von Hans-Joachim Veen
Eine heillose Sprachverwirrung hat Platz gegriffen, wie denn die Parteien am rechten Rand oder ganz rechts außen zu kennzeichnen seien: rechtsextrem, rechtsradikal, rechtspopulistisch oder sonst wie. Die Politikwissenschaft, die am ehesten berufen wäre, zur Klärung der Begriffe und Analysekriterien beizutragen, hat zwar zu den Parteien, zum Rechtsextremismus, zur „neuen Rechten“, zur „Rückkehr der Führer“ und zum „Druck von rechts“ etc. in kürzester Zeit eine Fülle von Beiträgen, Taschen- und Sachbüchern […] produziert, sich aber dem weitaus schwierigen Versuch einer Präzisierung der Analysekategorien mit bemerkenswerter Unbekümmertheit bisher entzogen. […] Attribute wie „rechtsradikal“, „rechtsextrem“, „neo-nazistisch“, „rassistisch“, „post-faschistisch“, „rechtspopulistisch“, „nationalpopulistisch“ oder einfach „ganz rechts“ gehen in den meisten Fällen bunt durcheinander und werden praktisch als synonyme Wechselbegriffe verwendet. Und dies, so scheint es, vor allem, um sprachliche Wiederholungen zu vermeiden. […]
In der Literatur und im journalistischen Sprachgebrauch der Bundesrepublik hat sich inzwischen mehr oder weniger der Rechtsextremismus-Begriff zur pauschalen Bezeichnung aller Parteien von der DVU über REP, NPD, Deutsche Liga bis zur FAP durchgesetzt. Diese Einheits-Etikettierung vermag in bester polemischer Absicht erfolgen, weil schwere Säbel angezeigt sind, doch sie ist am Ende kontraproduktiv. Der Rechtsextremismus-Begriff ist der extremste, über den wir in diesem Zusammenhang verfügen, extremer geht es nicht, semantische Verschärfung ist nicht möglich. Ihn im Alltagsgebrauch gegen alles, was sich irgendwo am rechten Rand oder rechtsaußen bewegt, zu verwenden, bedeutet, den Begriff zu inflationieren, ihn damit zu entwerten und zu einer stumpfen Waffe werden zu lassen. […] Gerade für die politische Semantik gilt: Wer massiv überzieht, fördert Abnutzungsprozesse. Wer aber politisches Bewusstsein schärfen will, muss die Begriffe als Waffe scharf und unterscheidbar halten. […]
Der Extremismus-Begriff ist in den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zum Parteienverbot präzise bestimmt worden. Hieran orientiert sich auch die Arbeit des Verfassungsschutzes. Daran anknüpfend sollten als „rechtsextremistisch“ Parteien und Organisationen bezeichnet werden, deren Politik und Ideologie die Ablehnung der wesentlichen Prinzipien und Spielregeln des demokratischen Verfassungsstaates beinhalten. Dazu gehört die Ablehnung der fundamentalen Gleichheit aller Menschen, die Ablehnung von Menschen- und Freiheitsrechten, des Demokratieprinzips, der Gewaltenteilung, der Oppositions- und Minderheitenrechte, die Negierung von Pluralismus- und Parteienkonkurrenz, Rassismus, extremer Nationalismus und Führerprinzip kommen als Merkmale hinzu.
Demgegenüber umfasst der „Rechtsradikalismus“ Positionen und Ziele, die nicht eindeutig auf die Beseitigung zentraler Bestandteile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerichtet sind, sich aber politisch am äußersten Rand des Verfassungsrahmens bewegen. Damit ist klar, dass radikal rechte Positionen nicht nur abstrakt zu definieren sind, sondern immer in einem konkreten sozio-politischen Rahmen stehen. Zudem können die Übergänge zum Rechtsextremismus fließend sein. […]
Rechtsradikale [und rechtsextreme] Positionen sind erster Linie Anti-Positionen gegen die Moderne, gegen individuelle Freiheits- und Selbstbestimmungswerte, gegen Pluralismus der Meinungen und Lebensweisen, gegen etablierte Parteien und Bürokratie. Charakteristisch sind Anti-Haltungen gegen alles Fremde und „Überfremdung“ sowie ausgeprägte Ausländerfeindlichkeit. Kennzeichnend sind schließlich antieuropäische, antiwestliche Einstellungen und die Ablehnung supranationaler Einbindungen . Allerdings sind die beiden letzten Kriterien nicht notwendigerweise rechtsradikal, sie finden sich ähnlich bei der radikalen Linken.
Natürlich ist in der Analyse konkreter Parteien die Unterscheidung rechtsextremistischer und rechtsradikaler Positionen immer ein sehr schwieriges Unterfangen. Häufig kann es nur um ein mehr oder weniger gehen. Die Grauzonen zwischen ihnen sind unübersehbar, die Grenzen oft fließend. […]
Quelle: Das Parlament 15/1994.