Rechtsschutz zahlt nicht bei Straftaten?

Hallooo,

ein Autofahrer drängt einen Fahrradfahrer ab, der auf einem Fahrradfahrstreifen fährt. Der Fahrradfahrer stürzt. Der Fahrradfahrer ist total aufgebracht, springt sofort auf, weil der Autofahrer wegfahren möchte, und springt dem Autofahrer vors Auto, um ihn zu stoppen. Dabei schlägt der Fahrradfahrer auf die Motorhaube. Die Folge: zwei Beulen.

Für diese zwei Beulen wird dem Fahrradfahrer eine Straftat zur Last gelegt (Sachbeschädigung).

Nun möchte die Rechtsschutzversicherung des Fahrradfahrers diesem dafür keinen Versicherungsschutz gewähren:

„Versicherungsschutz besteht ohne Rücksicht auf den Ausgang des Strafverfahrens nicht beim Vorwurf von Straftaten, die nach dem Gesetz nur vorsätzlich begehbar sind, § 2 i) bb) der für diesen Vertrag maßgeblichen Rechtschutzbedingungen. Danach ist nur maßgeblich, welche Art von Straftat dem Versicherten zur Last gelegt wird. Es kommt also nicht darauf an, ob der Versicherte diese Straftat wirklich begangen hat. Auch wenn bereits das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, besteht kein Versicherungsschutz.“

Haben die von der Versicherung Recht? Wenn ja, kann man dennoch irgendwie was tun, dass die einen Versicherungsschutz gewähren müssen? Vielleicht aus Kulanz?!

Wie steht es in diesem fiktiven Fall um Notwehr(exzess)? Der Fahrradfahrer hat ja nun einmal in Notwehr gehandelt, sonst wär der Autofahrer weggefahren.

Wenn die Versicherung kein Recht hat, mit welcher Begründung teilt man dies der Versicherung mit?

LG

Hallo!

dass die einen Versicherungsschutz gewähren müssen?
Vielleicht aus Kulanz?!

Gewähren müssen und kulanterweise gewähren (entgegenkommend, freiwillig) schließen sich gegenseitig aus.

Fahrradfahrer hat ja nun einmal in Notwehr gehandelt, sonst
wär der Autofahrer weggefahren.

Der Radfahrer verteidigte sich nicht gegen einen Angriff. Notwehr liegt nicht vor.

Herr Richter, die Frau hätte mir den Geschlechtsverkehr aus Kulanz gewähren müssen. Weil sie weglaufen wollte, hielt ich sie in Notwehr fest. Und jetzt will meine Rechtsschutzversicherung nicht zahlen.

Gruß
Wolfgang

Hallooo,

ein Autofahrer drängt einen Fahrradfahrer ab, der auf einem
Fahrradfahrstreifen fährt. Der Fahrradfahrer stürzt. Der
Fahrradfahrer ist total aufgebracht, springt sofort auf, weil
der Autofahrer wegfahren möchte, und springt dem Autofahrer
vors Auto, um ihn zu stoppen. Dabei schlägt der Fahrradfahrer
auf die Motorhaube. Die Folge: zwei Beulen.

Für diese zwei Beulen wird dem Fahrradfahrer eine Straftat zur
Last gelegt (Sachbeschädigung).

Nun möchte die Rechtsschutzversicherung des Fahrradfahrers
diesem dafür keinen Versicherungsschutz gewähren:

„Versicherungsschutz besteht ohne Rücksicht auf den Ausgang
des Strafverfahrens nicht beim Vorwurf von Straftaten, die
nach dem Gesetz nur vorsätzlich begehbar sind, § 2 i) bb) der
für diesen Vertrag maßgeblichen Rechtschutzbedingungen. Danach
ist nur maßgeblich, welche Art von Straftat dem Versicherten
zur Last gelegt wird. Es kommt also nicht darauf an, ob der
Versicherte diese Straftat wirklich begangen hat. Auch wenn
bereits das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, besteht
kein Versicherungsschutz.“

Haben die von der Versicherung Recht? Wenn ja, kann man
dennoch irgendwie was tun, dass die einen Versicherungsschutz
gewähren müssen? Vielleicht aus Kulanz?!

Sofern kein Spezial-Straf-Rechtsschutz vereinbart wurde (sondern nur Straf-Rechtsschutz), ist der Versicherer möglicherweise im Recht.
Bei verkehrsrechtlichen Vergehen zahlt der Versicherer i.d.R. einen Vorschuss, der jedoch im Falle einer Verurteilung zurück gezahlt werden muss. Aber hier wird ja kein verkehrsrechtliches Vergehen zur Last gelegt, sondern Sachbeschädigung.

Wie steht es in diesem fiktiven Fall um Notwehr(exzess)? Der
Fahrradfahrer hat ja nun einmal in Notwehr gehandelt, sonst
wär der Autofahrer weggefahren.

Notwehr zur Abwehr einer Straftat o.ä. liegt nach Deiner Schilderung m.E. nicht vor. Das Abdrängen und der Sturz waren ja schon vorbei. Um des Autofahrers habhaft zu werden, hätte ggf. das Notieren des Kennzeichens und eine entsprechende Anzeige und eine folgende Schadenersatzforderung augereicht.

Wenn die Versicherung kein Recht hat, mit welcher Begründung
teilt man dies der Versicherung mit?

So wie es aussieht, hat er vermutlich Recht.

LG

VG
U. Wolff

Hallo russ.girl,

bei der vorgeworfenen Straftat bewegen wir uns im Bereich der sogenannten Vergehenstatbestände.

Anders als bei den Verbrechen (Strafmaß ab 1 Jahr Freiheitsstrafe), bei denen es NIE Versicherungsschutz seitens der Rechtsschutzversicherung gibt, kommt es bei einem Vergehen ganz darauf an.
Nämlich darauf, ob es sich um einen Fahrlässigkeits- oder einen Vorsatzvorwurf handelt.
(Zwar wurde an anderer Stelle schon zu Recht auf eine weitere Unterscheidung bei verkehrsrechtlichen Vergehen hingewiesen. Da dieser Bereich aber ebensowenig hier berührt wird wie der Bereich der Ordnungswidrigkeiten, gehe ich auf diese Besonderheiten an dieser Stelle nicht ein.)

Wird dem Fahrradfahrer konkret eine vorsätzliche Sachbeschädigung vorgeworfen, ist die Versicherung im Recht, denn in solchen Fällen besteht zunächst kein Versicherungsschutz. Stellt sich aber heraus, dass kein vorsätzliches Handeln vorlag, besteht rückwirkend wieder Versicherungsschutz.

Lautet der Vorwurf dagegen auf eine fahrlässige Sachbeschädigung ist es genau umgekehrt: In diesem Falle besteht zunächst Versicherungsschutz. Allerdings muss der Versicherungsnehmer die Kosten an den Versicherer erstatten, wenn sich herausstellt, dass er vorsätzlich gehandelt hat.

Insofern ist die Aussage des Versicherers also möglicherweise richtig, aber unvollständig.
Es gilt zu klären, welcher Vorwurf vorliegt.

Ach ja, eins noch: Das Einstellen des Ermittlungsverfahrens ist i.d.T. für den Versicherungsschutz unmaßgeblich. Das Einstellen eines Verfahrens ist nicht gleichzusetzen mit einem Freispruch - auch wenn in der Konsequenz sowohl in dem einen wie in dem anderen Fall keine Verurteilung erfolgt.

Und zu dem Einwand „Notwehr“: Zwar sah sich der Radfahrer möglicherweise in der Notlage, den Autofahrer unbedingt anhalten zu wollen. Mit Notwehr hat das aber nichts zu tun…

Viele Grüße
Loroth

bei der vorgeworfenen Straftat bewegen wir uns im Bereich der
sogenannten Vergehenstatbestände.

Anders als bei den Verbrechen (Strafmaß ab 1 Jahr
Freiheitsstrafe), bei denen es NIE Versicherungsschutz seitens
der Rechtsschutzversicherung gibt, kommt es bei einem Vergehen
ganz darauf an.
Nämlich darauf, ob es sich um einen Fahrlässigkeits- oder
einen Vorsatzvorwurf handelt.
(Zwar wurde an anderer Stelle schon zu Recht auf eine weitere
Unterscheidung bei verkehrsrechtlichen Vergehen hingewiesen.
Da dieser Bereich aber ebensowenig hier berührt wird wie der
Bereich der Ordnungswidrigkeiten, gehe ich auf diese
Besonderheiten an dieser Stelle nicht ein.)

Wird dem Fahrradfahrer konkret eine vorsätzliche
Sachbeschädigung vorgeworfen, ist die Versicherung im Recht,
denn in solchen Fällen besteht zunächst kein
Versicherungsschutz. Stellt sich aber heraus, dass kein
vorsätzliches Handeln vorlag, besteht rückwirkend wieder
Versicherungsschutz.

Lautet der Vorwurf dagegen auf eine fahrlässige
Sachbeschädigung ist es genau umgekehrt: In diesem Falle
besteht zunächst Versicherungsschutz. Allerdings muss der
Versicherungsnehmer die Kosten an den Versicherer erstatten,
wenn sich herausstellt, dass er vorsätzlich gehandelt hat.

Hallooo,

wo ist das nachzulesen (Gesetz? …)?

Danke nochmals.

LG

Hallo,
das steht im Bedingungswerk der Rechtsschutzversicherung. Nachzulesen im §2 (Leistungsarten) unter i (Straf-RS),

viele Grüße
Andreas

Hallo,

Hallo,
das steht im Bedingungswerk der Rechtsschutzversicherung.
Nachzulesen im §2 (Leistungsarten) unter i (Straf-RS),

Dies dürfte die falsche Stelle sein.

Richtig wäre bei Ausschlüssen nachzulesen.

Gruß Merger

Und wo sind diese zu finden?

LG

in den Vertragsbedingungen Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Hallo,
naja es steht sozusagen doppeltgemoppelt in den Bedingungswerken drin. Einmal unter der genannten Stelle (Versichert unter welchen Voraussetzungen) und unter den Ausschlüssen in §3(wann genau nicht versichert).
Viele Grüße
Andreas

Hallo Andreas,

und wie begründest Du bei diesem Rechtsschutzfall, dass die Rechtsschutzversicherung leistet ?

Gruß Merger

Ausflug ins Strafprozessrecht …
Hallo,

wer als Radfahrer tatsächlich einmal in eine solche Situation gerät, sollte sich anders verhalten.

Da der Autofahrer eine Straftat begangen hat (fahrlässige Körperverletzung, Sachbeschädigung) und flüchten will, kommt §127 (1) StPO ins Spiel. Jedermann, also auch der geschädigte Radfahrer, darf den Täter für vorläufig festgenommen erklären und ihn dann bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

Viel Glück!
oscar.