Wenn ein Entwicklungsland Lebensmittel exportiert, weil der
Weltmarktpreis höher liegt, als der Inlandpreis reduziert sich
dadurch die Konsumentenrente und die Produzentenrente steigt
an. Dadurch ergibt sich ein Wohlfahrtsgewinn.
Ich kenne die Definitionen Wohlfahrtsrente und Wohlfahrtsgewinn nicht. 1971 (Abschlussjahr) existierten sie meines Wissens noch gar nicht und ich denke, sie sind irreführend. Eine Rente ist stets eine konstant (mtl. oder p.a.) wiederkehrende, gleich hohe Summe. Zumindest so die Definition zu unserer Zeit.
Die Wohlfahrt hängt von vielen Faktoren ab. Werden dadurch die Steuern gesenkt oder wird sinnvoll und nachhaltig in die inländische Infrastruktur (Hygiene, Trinkwasser, etc.) investiert? Entwicklungsländer sind meist Diktaturen und in der UNO sind ca. drei Viertel aller Länder Diktaturen. So geht der Zugewinn in die Taschen von eben diesen und die Bevölkerung hungert unabhängig des Weltmarktpreises für Agrargüter. Wenn die Grundbedürfnisse bereits zuvor nicht im Inland befriedigt sind, die „Konsumentenrente“ also bereits so tief ist, hat sie auch keine, oder nur minimale Auswirkungen mehr auf diese. Hier geht die Gleichung nur mit Vorbehalt auf! Oftmals sind es supranationale Firmen, die die Produzentenrente erwirtschaften, neben der Binnenkonjunktur vorbei. Dafür bezahlen Sie dem Potentaten Lizenzgebühren. Je nachdem, wohin dieses Geld fließt, ist hier die Gleichung dann absurd.
Niemand kann unter solchen Umständen gar von Wohlstand sprechen oder von einer solchen Zunahme. Entweder ist das Wort unglücklich gewählt, wie so viele heutzutage (Krankenkasse CH - Gesundheitskasse D), pervertiert dem politisch korrekten Neusprech angepaßt.
Wie ist jedoch der Export von Nahrungsmittel zu rechtfertigen,
wenn die eigene Bevölkerung nicht über genügend Nahrung
verfügt?
Die Frage nach der Rechtfertigung ist keine ökonomische Frage, sondern eine sozial ethische!
Falls die Verwendung der Zugewinne breit gestreut zum Aufbau eines menschengerechten Daseins verwendet werden, oder Verträge mit ausländischen Exportfirmen so gestaltet werden, daß sich für die Bevölkerung eine Win-Win-Situation ergibt, so wie das heute viele Minengesellschaften tun, um also in der Theorie die Zunahme der „Renten“ ganz gezielt dafür zu verwenden, z.B. der Bevölkerung (zinslose) Klein-Darlehen zu geben um Brachland zu Agrarland, um ein eigenständiges, die Grundbedürfnisse deckendes Leben zu ermöglichen, um Schulen und Trinkwasser bereitzustellen, damit das Hungern nachhaltig gebannt werden kann, dann ginge die Gleichung voll auf. In der Realität hingegen sieht die Bevölkerung nie was von diesem Zugewinn.
Meiner Meinung nach ist also der Export von Nahrungsmitteln nicht zu rechtfertigen, solange die eigene Bevölkerung ihre Grundbedürfnisse nicht gedeckt hat, denn sie ist, rein ökonomisch betrachtet, brachliegendes (Human)-Kapital, das vernichtet, statt aktiviert und genutzt wird. Zudem wird das Volksvermögen ins Ausland verkauft, das Volk wird also bestohlen, solange es selbst am Ertrag nicht partizipiert.
Ist diese Art des Exports für die Binnenwirtschaft
trotzdem vorteilhaft?
Nur für die Diktatoren mit Eigeninteressen, nicht aber für die Volkswirtschaft. Das ist auch eine Frage der Skrupel, die man hat. In Theorie ja, nicht aber in der Praxis. Denn meist wird das Geld nicht ausgegeben, sondern von Potentaten einfach in stabilen Währungen außer Landes gehortet (eigene Landesbanken gibt es wohl deshalb in Entwicklungsländern nicht), was den Wechselkurs des Landes wohl senkt (Siehe Inflation in Simbabwe) und die Exporte auf Kosten der Importe verbilligt, oder für Luxusgüter oder Prestige-Objekte verwendet, doch es kommt so nicht in den Geldkreislauf - oder nur in den, einiger weniger privilegierter „Stammesangehöriger“. Dann werden meist Kultur- und Prestige-Objekte (überdimensionierte Fussballstadien [die Kathedralen unserer Zeit] oder ein Hochhaus) und Luxusbedürfnisse (vergoldete Hähne im Bad, 8000 Schuhe im Schrank [Imelda]) einiger weniger befriedigt, bevor die Güter zum Überleben bereitstellt werden. Das ist wie ein Haus, das kein Fundament, dafür aber Buntglas-Fenster und ein goldenes Dach hat. Beim nächsten Sturm (Putsch) ist alles wieder verloren und der nächste beginnt genau gleich von vorne.
Es wird um eine ökonomische Antwort gebeten.
Eine rein ökonomische Antwort ist nicht möglich; insbesondere wenn die Rechtfertigungsfrage nicht genauer definiert ist. Geht es um maximale Ausbeutung? Geht es um soziale Marktwirtschaft oder geht es um die totale Plünderung des Planeten?
Man sollte auch die Zu-/Abnahme des BIP oder BSP in Relation zu den Ausgaben der Bevölkerung betrachten, vorausgesetzt, die Nahrungsmittel sind im Inland tatsächlich billiger. Wenn z.B. die Steuerrate oder Abgaben für die breite Bevölkerung zu hoch sind, um selbst die billigeren Inlandprodukte kaufen zu können, ist von Wohlfahrt keine Rede mehr, Agrarexport hin oder her. Siehe Nicht-entwicklungsland D.
Wie Sie selbst andeuten, reduziert sich die weltweite Konsumentenrente, je höher die Agrarpreise steigen und ein Richtungswechsel ist nicht in Sicht. Denn Waren, die nicht beliebig vermehrbar sind, sind inflationsresistent.
Uns wird die Sichtweise beigebracht, was etwas in Geld kostet. Das ist falsch. Die Frage sollte lauten, was fungible Ware in Geld noch wert ist. Mit einer Unze Gold beispielsweise, konnten Sie vor 5000 Jahren zur Zeit der Sumerer einen tadellosen Anzug kaufen, obwohl wir nicht wissen, welche Währung sie hatten. Und das ist noch heute so, 5000 Jahre später. Geld und Währungen kommen und gehen. Waren hingegen erhalten ihren Wert.
Viele weitere Faktoren wären hier noch zu berücksichtigen, auf die aber nicht weiter eingegangen werden kann.
Ich hoffe, daß ich mit meinen Ausführungen einige fruchtbare Assoziationen zu neuen Ideen auslösen konnte.
Freundliche Grüße
Carolus Magnus
sackstark.info