Regeln vs. Sprachgefühl

Hallo,

kann mir netterweise mal jemand auf die Sprünge helfen? Nach Numeralen werden Adjektive nominalisiert, habe ich mal gelernt, z. B. „etwas Neues“. Aber bei folgendem Satzteil bin ich unsicher:

" (…) wenn sich bis dahin nichts A/anderweitiges ergeben hat, (…)"

Mein Sprachgefühl sagt, dass es klein geschrieben werden müsste. Aber wahrscheinlich irre mich da, oder?

Darauf ein Gurgleurp!

Hallo,
Der Duden weiß hier Rat, man kann einfach nach „nichts“ suchen und findet dann auch „nichts“ (hihi):

http://www.duden.de/rechtschreibung/nichts

Dort sind einige Beispiele aufgelistet, wie z.B. nichts Genaues, nichts Näheres, nichts Neues zusammen mit einer Regel. Darunter fällt auch dein Beispiel, dort ist das Adjektiv also auch nominalisiert und muss daher groß geschrieben werden.
„Nichts“ verhält sich hier genau wie „etwas“.

Gruß,

  • André

Hallo,

" (…) wenn sich bis dahin nichts A/anderweitiges ergeben
hat, (…)"

Mein Sprachgefühl sagt, dass es klein geschrieben werden
müsste. Aber wahrscheinlich irre mich da, oder?

„Als Nomen verwendete Adjektive und adjektivische Partizipien werden großgeschrieben
[…]
nach Wörtern wie alles, allerlei, etwas, genug, nichts , viel, wenig, jemand, niemand

http://www.canoo.net/services/GermanSpelling/Regeln/… und http://www.canoo.net/services/GermanSpelling/Amtlich…

Gruß
Kreszenz

OT Sprachgefühl
Unser Freund Fritz Ruppricht, dem dieses Forum, zumal das Deutschbrett, unendlich viel zu verdanken hat, hat immer darauf bestanden, dass es kein Sprachgefühl, sondern nur Regeln gibt.

Ich denke öfter an ihn.

Gruß - Rolf

Unser Freund Fritz Ruppricht, dem dieses Forum, zumal das
Deutschbrett, unendlich viel zu verdanken hat, hat immer
darauf bestanden, dass es kein Sprachgefühl, sondern nur
Regeln gibt.

Das weiß ich wohl, und trotzdem bin ich nicht damit einverstanden. Für mich ist es Sprachgefühl, wenn man die Regeln richtig anwendet, ohne sie explizit zu kennen.

Gruß

Kubi

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Hi,

Sprachgefühl sind nur hervorragend auswendig gelernte Regeln. So gut auswendig gelernt, dass man nicht mehr merkt, dass es eine Regel ist.
Ob die Regel nun darin besteht, dass einem die Erwachsenen immer verbieten, „ich bin gegeht“ zu sagen, oder darin, dass man im Unterricht gelernt hat, dass das Partizip II von „gehen“ eben „gegangen“ heißt, ist dabei wurscht.

die Franzi

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hi,

Unser Freund Fritz Ruppricht, dem dieses Forum, zumal das
Deutschbrett, unendlich viel zu verdanken hat, hat immer
darauf bestanden, dass es kein Sprachgefühl, sondern nur
Regeln gibt.

ich habe FRs beiträge inhaltlich oft geschätzt, aber seine herablassende rechthaberei hat mir oft missfallen. das deutschbrett hat ihm sicher viel zu verdanken, „unendlich viel“ ist massiv übertrieben.

hätte er die meinung vertreten, dass es kein sprachgefühl gibt, hätte ich sicherlich vehement widersprochen. es gibt nicht nur regeln. eine sprache „nur auf regeln“ aufzubauen ist … hm: vielleicht typisch deutsch. es gibt sprachgefühl; man kann es zu einem gewissen teil auf internalisierte regeln zurückführen. grammatikunterricht, der sprachgefühl durch regeln er set zen will, ist verfehlt. grammatikunterricht, der sprachgefühl durch regeln er gän zen will, liegt richtig.

m.

m.

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hi,

Sprachgefühl sind nur hervorragend auswendig gelernte Regeln.

nö.
seh ich gar nicht so.
m.

Ich denke schon, dass es „Sprachgefühl“ geben muss - wie sonst ließe sich der sichere Umgang eines Muttersprachlers mit den zahllosen Sonderfällen der Sprache erklären. Zweifellos gehört dazu Erfahrung, Veranlagung, Vorbildung und Bildung schlechthin sowie zunächst natürlich die primäre und dann die sekundäre Sozialisation.

Forscher wie Chomsky behaupten bekanntlich, dass Sprachregeln angeboren sind. Aber das ist ein arg weites Feld …

Fritz Ruppricht hat mir leider mit seiner grenzenlosen Arroganz und unberechtigten Besserwisserei die Freude an diesem Forum genommen, so dass ich die Meinung eines meiner Vorredner als noch harmlos empfinde. Aber man soll nicht uralten Käse aufwärmen.

Besten Gruß, Wolfgang

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Na gut, dann nicht!

Unser Freund Fritz Ruppricht, dem dieses Forum, zumal das
Deutschbrett, unendlich viel zu verdanken hat, hat immer
darauf bestanden, dass es kein Sprachgefühl, sondern nur
Regeln gibt.

Ich kenne Fritz Ruppricht nicht, aber es fällt mir als Sprachwissenschaftlers schwer zu glauben, dass eine derat apodiktische Meinung wirklich eine Bereicherung eines Wissensforum.

Was in mir den Verdacht sürt, daß einige der „alten Experten“ hier überwiegend missionarisch ihre eigene Weltsicht verbreitet haben.

Gruß,
M.

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Servus Franzi,

es hat doch nie einen „Hannoversch/Braunschweigischen Regelkonsens“ (hier könnte auch London, Paris, Moskau etc. stehen) gegeben, wo sich Vertreter der Administrative, Sprachwissenschaftler und nicht zuletzt Vetreter von Handel und Wirtschaft in jahrelangem Konklave auf Regeln geeinigt haben, oder? Es war wohl so, dass erst Interessierte und später Wissenschaftler versucht haben, das Regelhafte im Vorgefundenen zu erkennen und zu beschreiben. Später waren es dann vermutlich Gerichte, Verwaltungen, Kirchen die (wie es halt ihre Art ist) das ganze Konglomerat kodifiziert und verbindlich gemacht haben.

Ich habe keine Ahnung von Sprachgeschichte, will aber nicht glauben, dass die Sprachregeln schon mit auf den Steintafeln gewesen wären, die Moses vom Berg mitgebracht hat.

Gruß

Kai Müller

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hi,

Sprachgefühl sind nur hervorragend auswendig gelernte Regeln.

nö.
seh ich gar nicht so.

Sondern?
Nimm, nur als Beispiel, die deutschsprachigen Namibianer. Die reden zum Teil etwas, was einem deutschsprachigen aus der BRD die Ohren verknotet. Auch grammatisch. Aber sie reden nach ihren Regeln und innerhalb dieser Regeln korrekt. Wieso? Weil es andere Regeln gibt, die sie als Kind verinnerlicht haben. Genau wie wir die Regeln des Deutschen verinnerlicht haben. Wenn wir gut sind und uns unserer Sprache bewusst sind, dann können wir zwischen verschiedenen Regelsätzen unterscheiden: Hochdeutsch, Umgangssprache und Dialekt (und mehr) Aber diese Varianen basieren alle auf Regeln. Und dass man das „Gefühl“ hat, dass etwas „richtig klingt“, liegt nur daran, weil wir gewöhnt sind, etwas zu hören.
Meine Kinder haben zeitweilig nur Deutsch von mir zu hören bekommen. Es gibt Ausdrücke, die ich recht individuell benutze, bzw. in meiner Familie so benutzt werden. Eine Art Soziolekt also. Meine Kinder haben das aber als „normales Deutsch“ gelernt, weil sie kein Korrektiv außerhalb der Familie hatten. Erst als sie nach Deutschland kamen und auf eine seltsame Konstruktion angesprochen wurden, wurde MIR klar, dass ich damit ihr sogenanntes „Sprachgefühl“ durcheinander gebracht habe.

MfG
GWS

Moin, Rolf,

das, was wir als Sprach_gefühl_ bezeichnen, ist nichts als Gewohnheit - Gefühle sind ganz was anderes :smile:))

Wenn wir etwas hören oder sehen, das unseren Gewohnheiten zuwiderläuft, dann sagt das „Gefühl“: falsch, wir fremdeln. Egal, ob wir getrennt schreiben sollen oder uns vereint darüber wundern, wenn die Jungen „Oukäjhie?“ säuseln oder „Wass!“ brüllen.

Gruß Ralf

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Aha,
Du hast also damals, als du Deutsch gelernt hast, Regeln auswendig gelernt und gebüffelt? Respekt. :wink:

Grüße,

  • André
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Hallo Kai,
Deine Vermutung ist absolut richtig. Die „Regeln“ sind nicht erstellt, sondern durch Beobachtung festgestellt wurden.

Und wenn ein Kind Deutsch als Muttersprache lernt, lernt es natürlich auch keine Regeln auswendig. Auch wenn die Eltern die Kinder niemals korrigieren, lernt das Kind korrekt sprechen. Das Bewusstsein, dass es so etwas wie Regelmäßigkeiten in der Sprache gibt, kommt eigentlich erst in der Schulzeit, wenn das, was man ohnehin weiß und anwendet, plötzlich noch erklärt und benannt werden muss, oder aber wenn man das erste Mal Kontakt mit einer fremden Sprache hat.

Daher ein definitives Nein (für deine Vorrednerin): Sprachgefühl ist nicht das Wissen von Regeln, die man mal auswendig gelernt hat.

Gruß,

  • André
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Daher ein definitives Nein (für deine Vorrednerin):
Sprachgefühl ist nicht das Wissen von Regeln, die man mal
auswendig gelernt hat.

Aber es ist auch kein Gefühl.
Es ist das, was man immer wieder hört und liest - das „klingt“ richtig, aber was hat das mit einem „Gefühl“ zu tun?

MfG
GWS

Aber es ist auch kein Gefühl.
Es ist das, was man immer wieder hört und liest - das „klingt“
richtig, aber was hat das mit einem „Gefühl“ zu tun?

Ja, das stimmt schon. Gefühl ist natürlich schwammig. Aber ich denke, nicht unpassend. Man kann das Gefühl haben, beobachtet zu werden. Das ist meist etwas, was man nicht erklären kann. Oder hat vielleicht im Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Das kann man auch oft nicht erklären, und ist vielleicht von unterbewussten Faktoren abhängig, am meisten sicherlich von den Erfahrungen. Und Erfahrung ist’s ja auch, die einen eine Sprache und ihre Regeln implizit lernen lässt, als Kind.
Andere Leute würden hier vielleicht „Eingebung“ oder „Irgendwas sagt mir, dass…“ sagen. Da umgangssprachlich „Gefühl“ hier aber durchaus passt, finde ich auch, dass man vom Sprachgefühl sprechen kann.

Also ich denke, es ist Definitionssache. „Sprachgefühl“ ist ein umgangssprachlicher Begriff, etwas schwammig, aber er lässt sich problemlos so definieren, dass die als Kind implizit gelernten Regeln und deren Auswirkung auf z.B. Grammatikalitätsurteile da passen.

Grüße,

  • André
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Hi,

„Sprachgefühl“ ist ein umgangssprachlicher Begriff, etwas schwammig, aber er lässt sich problemlos so definieren, dass die als Kind implizit gelernten Regeln und deren Auswirkung auf z.B. Grammatikalitätsurteile da passen.

nichts anderes habe ich weiter oben gemeint, und so sehr anders habe ich es auch nciht ausgedrückt. Hauptkritikpunkt war ja der Begriff „REgel“.

_Und hier wird auch viel mit dem Umgang mit der Muttersprache argumentiert. Wie ist esw aber mit der Fremdsprache? Ich bekomme so oft „englische“ Sätze mit deutschen Strukturen angeboten, und meine Korrektur wird dann abgelehnt mit " Aber das sagt doch keiner so!Das habe ich so im Gefühl." (und der Schüler meint mit „so“ die entsprechende deutsche Struktur). Mit dieser Begründung verweigern mir die Schüler hier in Süddeutschland bevorzugt die Verwendung von irgendeiner anderen Zeitform als dem Simple Past zum Ausdruck einer vergangenen Handlung. Auch auf Nachfrage argumentieren sie mit ihrem Sprachgefühl. Und dass man das doch eben habe. Und dass sie Recht haben :smile:
Das ist aber in keinem Fall Sprachgefühl, sondern nur schlecht gelernte Regeln - im Englischen, und gut gelernte im Deutschen. Wenn überhaupt, dann ist es das Gefühl fürs DEutsche, dass sie unberechtigt generalisieren.

die Franzi

Moin,

„Sprachgefühl“ ist ein umgangssprachlicher Begriff, etwas schwammig, aber er lässt sich problemlos so definieren, dass die als Kind implizit gelernten Regeln und deren Auswirkung auf z.B. Grammatikalitätsurteile da passen.

Eben. Von mir aus kann man auch Intuition oder sonst was sagen. Der Punkt, auf den es mir ankommt, ist, daß man die Regeln nicht explizit kennt (also zum Beispiel nicht sagen kann, warum etwas richtig ist), aber trotzdem richtig und falsch problemlos unterscheiden.

Wie ist esw aber mit der Fremdsprache?

Da gilt letztlich das Gleiche. Ist nur seltener.

Ich
bekomme so oft „englische“ Sätze mit deutschen Strukturen
angeboten, und meine Korrektur wird dann abgelehnt mit " Aber
das sagt doch keiner so!Das habe ich so im Gefühl."

Das ist natürlich dann Quark. Siehe oben: Sprachgefühl hat man, wenn man weiß, was richtig und falsch ist. Deine Schüler wissen das offensichtlich nicht.

Gruß

Kubi