Regierung ändert Wahlrecht? Wo ist Unterschied zu Potentaten?

Hallo,
wie kann es sein, dass die Regierung das Wahlrecht einfach ändert?
Wenn Potentaten (Putin, Erdogan, Mulahs, Orban usw) sowas machen, ist immer Riesengeschrei.
Für Wahlrechtsreform sollte mindestens 2/3-Mehrheit erforderlich sein.
Gruß Michael

In einer funktionierenden Demokratie gibt es genau für solche Fälle eine unabhängige Justiz. Auf das Urteil bin ich jedenfalls schon gespannt.

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Macht sie nicht und hat sie auch nicht gemacht.
Eine Kommission hat Vorschläge gemacht und darüber wurde mit Mehrheit abgestimmt. Völlig normales Vorgehen.
Nur das Parlament kann das beschließen.

Unser Wahlrecht ist ein Verhältniswahlrecht, so wie es war konnte es nicht bleiben,
es wurden immer mehr Abgeordnete um den Systemfehler der Direktmandate auszugleichen.

MfG
duck313

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Ich würde die Direktmandate nicht als Systemfehler bezeichnen, sondern die Zweitstimmenverteilung.
Bei der Erststimme hat der Wähler das Sagen, bei der Zweitstimme die Partei.

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Moin,

Einfach? Seit 2012 sollte das Wahlrecht schon geändert werden, aus https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wahlrechtsreform-rechtliche-huerden-101.html

Welche verfassungsrechtlichen Leitlinien gelten für das Wahlrecht?

In einem Grundsatzurteil zum Wahlrecht entschied das Bundesverfassungsgericht 2012: Es stehe dem Gesetzgeber offen, ob er die Wahl zum Bundestag als Mehrheits- oder Verhältniswahl ausgestaltet. In einer repräsentativen Demokratie komme keinem der beiden Wahlsysteme ein Vorrang zu. Der Gesetzgeber könne auch beide Systeme miteinander verbinden. Verfassungsrechtlich zwingend ist das aktuelle System also nicht. Eine Veränderung des Wahlsystems ist nicht per se ein Verstoß gegen das Grundgesetz.

Überhangmandate ohne Ausgleich sind nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 nur in begrenztem Umfang zulässig. Es dürfen demnach nicht so viele werden, dass sie den Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl aufheben. Die Höchstgrenze sah das Gericht im damaligen System bei etwa 15. Andernfalls würden die Grundsätze der Gleichheit der Wahl sowie der Chancengleichheit der Parteien verletzt. Inwieweit nun die vollständige Streichung von Überhangmandaten umgekehrt verfassungswidrig ist, hat Karlsruhe bisher nicht entschieden.

Es war aus meiner Sicht schon lange überfällig und vom Bundesverfassungsgericht sozusagen angeordnet. Ob die aktuelle Reform dem entspricht, kann ich nicht beurteilen. Die Änderung kam jedoch nicht aus heiterem Himmel.
-Luno

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Moin,

der Unterschied liegt in der Zahl: Die anderen haben bloß einen, wir haben 406 Potentaten, so ungefähr jedenfalls.

Gruß
Ralf

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Da ist dann Geschrei, wenn das Wahlrecht willkürlich und zu den eigenen Gunsten verändert wird. Hier gab es einen klaren Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes.

Natürlich kann man - wie nun CSU und Linke - behaupten, die Ampel würde das Wahlrecht zu ihren Gunsten und zu Lasten der CSU und der Linken verändern, aber das geht an der Sache vorbei. Dass man mit drei Direktmandaten in den Bundestag einzieht, ohne 5% der Wählerstimmen erreicht zu haben, ist kein Grundrecht, sondern eine Sonderlocke, von der insbesondere die Linke profitiert hat. Zumindest meiner Meinung nach steht die 5 Prozent-Klausel über dieser Sonderlocke, denn deren Ziel (also das der 5%-Klausel) war es ja gerade, eine Zersplitterung des Parlamentes zu verhindern, dass in der Weimarer Republik (nicht nur, aber auch) über die unklaren Verhältnisse im Parlament den Aufstieg der Nazis begünstigte. Nicht zuletzt ist auch die immer schwierigere Koalitionsbildung im Bund eine Folge der immer größer werdenden Zahl der Fraktionen im Bundestag.

Und noch zwei weitere Punkte, die dagegen sprechen, gerade der Ampel zielorientiertes Handeln vorzuwerfen: sie geht mit dem Gesetzentwurf einerseits genau die Probleme an, die zur kritisierten Übergröße des Parlamentes geführt haben und andererseits hatten es ja die Regierungen unter der Führung der Union versäumt, den berühmten „großen Wurf“ umzusetzen und es nur bis zu einer Mini-Änderung gebracht, die vor allem die CDU begünstigt hätte - was übrigens bei der aktuell beschlossenen Fassung auch der Fall ist, weswegen die CDU sich mit Gemecker darüber fein zurückhält.

Und noch ein Punkt zum Abschluss: man kann das Wahlrecht nicht ändern, ohne einzelne Mitspieler in der deutschen Parteienlandschaft schlechter zu stellen. Dass das nun gerade die Parteien trifft, die von den bisherigen Sonderregelungen profitierten, ist kein Systemfehler, sondern musste Ziel der Veranstaltung sein.

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Wenn ich die Diskussion richtig verstanden habe, gibt’s gerade in Bayern als einzigem Bundesland ein ganz ähnliches Wahlrecht. In dem Fall klingt die Kritik doch ein Wenig scheinheilig.

Könnte man meinen, aber Herr Dobrindt sieht das ganz anders:

Ab 00:40. Alles ganz anderes, Föderalismus, blablabla.

Danke für Eure Beiträge.
Mir ging es weniger um diesen speziellen Fall, sondern darum dass die Regierungspartei(en) mit weniger als 2/3 der Stimmen das Wahlrecht zu ihrem Vorteil verändern können. Ein weiteres Beispiel ist Absenkung des Wahlalters auf 16.
PS: Habe heute in meiner Zeitung folgenden auch aus meiner Sicht sehr sinnvollen Vorschlag gelesen: Um gewählt werden zu können, sollten die Politiker eine abgeschlossene Berufsausbildung vorlegen müssen.
Schönes Wochenende
Michael

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Die Reform, die in dieser Legislaturperiode ein Vorteil für die regierende Koalition ist, ist vielleicht schon nach der nächsten Wahl ein Vorteil für den politischen Gegner. In der Vergangenheit profitierte zwar die Union am stärksten von den Ausgleichs- und Überhangmandaten, aber die ist vielleicht im 21. Bundestag der Koalitionspartner von SPD, FDP oder Grünen. Insofern ist das mit dem vermeintlichen Vorteil nur eine Momentaufnahme.

Eine 2/3-Mehrheit ist eine so hohe Hürde, dass die schon nötige Wahlrechtsreform in dieser Legislaturperiode nicht möglich gewesen wäre. Und selbst mit 2/3-Mehrheit haben Union und SPD die Änderung in der letzten Runde nicht hinbekommen, obwohl es ein leichtes gewesen wäre, so zu reformieren, dass vor allem die großen Parteien profitiert hätten.

Mal abgesehen davon, dass ein Großteil der Bundestagsabgeordneten durchaus eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen kann (vor allem Beamte, Anwälte und MA des öffentlichen Dienstes), ist es ja nicht so, dass eine Berufsausbildung jemanden zwangsläufig zum Politiker qualifiziert. Exemplarisch seien nur die Deppen genannt, die von der FDP in die Bundesregierung entsandt wurden.

Ein anderer Aspekt ist noch viel wichtiger: will man wirklich Menschen ohne Abschluss von einem Bundestagsmandat ausschließen? Wie gesagt: die sind im BT ohnehin eine Minderheit, aber das von denen der größte Unsinn ausgegangen wäre, ist mir entgangen. Im übrigen gehört es ja auch zu einem Parlament dazu, dass alle Bevölkerungsgruppen vertreten sind.

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Nein. Das bestehende Wahlrecht entspricht bereits den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 2012 - gerade dadurch, dass die Vorgaben umgesetzt wurden, wurde der Bundestag ja so groß. Den Bundestag zu verkleinern hat das Bundesverfassungsgericht nie gefordert.

Zum Nachlesen:

" Im Oktober 2012 einigten sich schließlich die Regierung (CDU, CSU und FDP) und Teile der Opposition (SPD und Grüne) im Bundestag darauf, ab der Bundestagswahl 2013 Ausgleichsmandate für den Bundestag einzuführen.[7] Die Wahlrechtsreform wurde am 21. Februar 2013 im Bundestag beschlossen[8] und durch Anpassung des § 6 des Bundeswahlgesetzes umgesetzt."

An dieser Stelle war das Bundesverfassungsgericht sozusagen erst einmal raus, denn die Reform von 2013 hat Verfassungswidrigkeit bereits beseitigt.

Ob der große Bundestag wirklich ein Problem ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ein lesenswerter Beitrag von Stefan Niggemeier dazu:

Gruß,
Max

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DAS ist nun wirklich ein extrem undemokratischer Vorschlag. Dir ist schon klar, das eine ganze Nenge erfolgreiche, intelligente und fähige Menschen über keine abgeschlosse Berufsausbildung verfügen?

N.

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“Das hat damit überhaupt nichts zu tun!“
Tolles Argument von Dobrindt.

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Wie kann es sein, dass die Regierung einfach Gesetzte beschliesst?
Die sind nun mal dazu da, etwas vorzugeben.
Manchmal sind die Beschlüsse gut, manchmal weniger. Meist wenn vom Bürger was gefordert wird sind sie weniger gut. (Meinen viele)

Es gibt Politiker die beruflich noch nichts auf die Reihe bekommen haben, so wie unser derzeitiger Finanzminister. Zur Probe, wie das Geschäftsleben läuft, hat er einen Konkurs hingelegt.
Das was wir definitiv nicht brauchen ist die Generation Kreißsaal - Hörsaal - Plenarsaal

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Ja, klar, weil jemand mit einem abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften, Psychologie oder Biochemie ein schlechterer Bürgermeister, Ministerpräsident, Staatssekretär, Bundesminister oder Bundeskanzler wäre als jemand, der als Rechtsanwalt, Journalist, Abteilungsleiter in einer Behörde, Direktionsassistent in einem metallverarbeitenden Betrieb oder Physikerin gearbeitet hat. Das sind ja alles Berufe, die einen quasi automatisch für eine führende politische Position qualifizieren und vorbereiten.

Was sind denn die Eigenschaften, die jemanden zu einem guten Politiker machen? M.E. gehören eine außergewöhnliche Auffassungsgabe, die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, Integrität, analytisches Denkvermögen und die Fähigkeit zur Extrapolation und natürlich Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsstärke dazu.

So gesehen, bin ich in meinem Leben vielleicht fünf Menschen begegnet, von denen ich gerne regiert werden würde und bei keinem von denen hat sich auch nur eine Eigenschaften während des Berufslebens entwickelt oder ist gar dadurch erst entstanden.

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Der allerdings über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt - was zeigt, wie schwachsinnmig der Vorschlag ist.

Und wenn Du jetzt sagst, dass ein M.A. keine Berufsausbildung ist, dann hast Du mir gerade auch das Recht abgesprchen, mich wählen zu lassen; etwas anderes habe ich nämlich auch nicht.

Gruß,
Max

Tut sie nicht. Das macht das Parlament. Wer den Unterschied nicht versteht, sollte vielleicht die klappe nicht so weit aufreißen, wenn es um die Fähigkeiten anderer geht.

M.

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Das war vor ein paar Jahrzehnten mal der Fall. Aktuell bestimmt ausschließlich die Regierung, wie das Parlament abzustimmen hat. Verfassungswidriger Fraktionszwang - wer nicht spurt, fliegt raus. Die Exekutive hat die Legislative übernommen.

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