Reihenfolge der Forderungen bei Elternunterhalt (u.a. Schenkungen)

Wenn eine ältere Person pflegebedürftig und finanziell bedürftig ist, übernimmt das Sozialamt die Kosten, fordert sie aber gegebenenfalls von deren Kindern zurück.

Dabei gibt es mehrere Optionen, insbesondere die Einforderung aus dem Einkommen der Kinder, dem Vermögen der Kinder sowie der Rückforderung von Schenkungen.

Angenommen, die Eltern haben mehrere Kinder und jedem Schenkungen gemacht. Nun wird ein Elternteil pflegebedürftig und finanziell bedürftig.

Gibt es eine Rangfolge, welche Art von Forderung das Sozialamt vorrangig stellt? Und wenn im Beispiel mehrere Kinder Schenkungen erhalten haben, von dem wird diese zuerst zurückgefordert?

Vielen Dank im Voraus!

Das ist ein sehr komplexes Thema, das man an sich nur am konkreten Einzelfall - und auch dann nur unter Vorbehalt - aufarbeiten kann. Denn die Sozialämter und auch die Gerichte verfolgen dabei recht unterschiedliche Ansätze.

Es geht schon damit los, dass Kinder nicht als Gesamtschuldner sondern als Teilschuldner nach eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen haften. D.h. für jedes Kind muss zunächst getrennt eine entsprechende Betrachtung durchgeführt werden, aus der sich dann die individuellen Quoten der Kinder berechnen. Dabei gehen - unabhängig von der Möglichkeit der Überleitung des Schenkungswiderrufs Schenkungen grundsätzlich als Vermögensteil mit in die Betrachtung ein, was dazu führen kann, dass eine Schenkung auch nach der zehnjährigen Frist für den Widerruf als Teil des Vermögens Berücksichtigung findet. Für Immobilien gilt dann noch die Sonderregelung, dass hierbei grundsätzlich kein vollständiger Widerruf der Schenkung stattfindet, sondern der monatliche Nutzungsvorteil im Sinne einer Verrentung der Schenkung herangezogen wird. Schon insoweit gibt es dann kein „zuerst“, sondern kommt man eben recht häufig zu einer gleichzeitigen Zahlungspflicht in unterschiedlicher Höhe, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei mehreren Kindern ausreichend gut sind.

1 Like

Danke für die Auskunft. Soweit ich es verstehe wird also zuerst ein Anteil für jedes Kind berechnet, und dann geschaut, ob es überhaupt zahlungspflichtig ist.

Auch Kinder unterhalb der Grenze von 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen müssen eventuell Schenkungen zurückzahlen, stimmt das so?

Wenn dann zum Beispiel ein Kind über 100.000 Euro verdient, nehme ich an, dass dieses Kind seinen Anteil zahlen muss. Sollte dieser nicht reichen, müssen dann (potentiell) alle Kinder ihre Schenkungen zurückgeben, oder gibt es hier eine bestimmte Rangfolge?

So ähnlich. Angesicht der neuen Verdienstgrenze fallen ja schon ganz viele mögliche Zahler raus, wenn nicht gerade eher extreme Vermögenswerte vorhanden sind. D.h. der erste Blick ist eher der, all diejenigen auszusortieren, die ohnehin nicht infrage kommen. Bei den anderen wird dann geschaut, inwieweit sie leistungsfähig sind und kommt so dann zu den Anteilen und dem Verhältnis der Anteile.

Ja, denn die Überleitung des Schenkungswiderrufs ist in den ersten zehn Jahren nach Schenkung eine andere Baustelle als die laufende Zahlungsverpflichtung aus Einkünften und Vermögen. Besonderheit hier ist dann die Immobilienschenkung, bei der der laufende Nutzungsvorteil einem zusätzlichen Einkommen gleich gestellt wird. Liegen wir jenseits der zehn Jahre, kann die Schenkung an sich zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, zählt das Geschenk - sofern noch vorhanden und nicht anderweitig schützenswert umgesetzt - zum Vermögen und kann insoweit dann im Rahmen der Bewertung des Gesamtvermögens unter Berücksichtigung der hierfür geltenden Grenzen, herangezogen werden.

Nein, es gibt da keine Reihenfolge, da die Kinder immer parallel dahingehend betrachtet werden, was sie leisten können (jedes zunächst so, als ob es keine weiteren Kinder geben würde, dann kommt man zu den Quoten im Verhältnis der Kinder). Bei der Rückforderung einer Schenkung geht es auch nicht zwingend darum, dass man eine solche auf einen Schlag in voller Höhe dann zurückverlangt. Es ist hier durchaus eine Ablösung durch Übernahme einer angemessenen Unterhaltsverpflichtung möglich. D.h. solange man brav laufend unter Berücksichtigung der Schenkung zahlt und dabei die Schenkung über die Zeit mehr oder weniger aufzehrt, kann man das auch so lösen.

Danke für die ausführliche Antwort!

Zu dem Thema hätte ich noch zwei weitere Fragen:

Ab wann muss man als Kind die Elternunterhalt-Thematik mitdenken (z.B. bei Geldanlage/Hauskauf oder Stundenreduktion in der Arbeit), um nicht später Probleme wegen einer Zahlungspflicht zu bekommen?

  • Sobald ein Elternteil eine Pflegestufe bekommt (und von einem ambulanten Pflegedienst zuhause betreut wird)?
  • Sobald ein Elternteil in ein Pflegeheim zieht?
  • Sobald ein Elternteil in ein Pflegeheim zieht und sein Einkommen nicht für die Pflegekosten reicht (aber noch Vermögen vorhanden ist)?
  • Sobald ein Elternteil in einem Pflegeheim wohnt und sein Vermögen aufgebraucht ist?

Gelesen habe ich, dass wohl die sogenannte „Rechtswahrungsanzeige“ diesen Zeitpunkt bestimmt. Aber wann wird eine solche versendet (siehe die Fragen oben)?

Du bist da auf dem falschen Dampfer :wink: Die Rechtswahrungsanzeige wird vom Sozialamt frühestens dann verschickt, wenn das Sozialamt in die Leistungspflicht kommt. D.h. das hat nichts mit den von Dir genannten Punkten (außer ggf. dem letzten) zu tun. Solange das Sozialamt nicht leisten muss, kannst Du grundsätzlich unbesorgt tun und lassen, was Du willst, auch wenn das ggf. Unterhaltsansprüche der Eltern nachteilig beeinflussen könnte.

Das Sozialamt schickt auch nicht unbedingt gleich am ersten Tag seiner Leistungspflicht eine Rechtswahrungsanzeige. Das kann durchaus dauern (und im eigenen Interesse bloß nicht nachfragen und drängen). Und mit dem Empfang muss man auch noch nicht zwingend sofort etwas zahlen. Die Rechtswahrungsanzeige dient lediglich dazu darauf hinzuweisen, dass ab Zugang mit einer Inanspruchnahme auf Bar-Unterhalt zu rechnen ist. Ab diesem Zeitpunkt wird es dann kritisch mit Dingen, die sie nachteilig auf eine Leistungsfähigkeit auswirken!

D.h. auch wenn erst sechs Monate später dann eine konkrete Forderung benannt wird, kann sich diese dann rückwirkend auf den Zugang der Rechtswahrungsanzeige beziehen. Dann steht da drin, dass man ab sofort x Euro monatlich und rückwirkend für die letzten sechs Monate insgesamt y Euro Bar-Unterhalt zu leisten hat.

Eine gewisse Rückwirkung kann zudem noch dann eintreten, wenn man nachweislich positive Kenntnis von baldiger Inanspruchnahme hat, auch ohne dass bereits eine Rechtswahrungsanzeige eingegangen ist. D.h. wenn man von Mama eine Kontovollmacht und auch eine Vorsorgevollmacht hat, für sie alle Behörden- und Bankangelegenheiten erledigt, und dann selbst den letzten Cent vom Konto gerade überwiesen und dann den Antrag beim Sozialamt eingeworfen hat, kann man ab diesem Zeitpunkt auch ohne Rechtswahrungsanzeige in Anspruch genommen werden. Da sind dann die Kinder, die sich nicht für die Eltern interessieren und sich auch um nichts kümmern mE ungerechtfertigt privilegiert.

1 Like

Dieses Thema wurde automatisch 30 Tage nach der letzten Antwort geschlossen. Es sind keine neuen Nachrichten mehr erlaubt.