Reisekutsche im 18. Jahrhundert

Hallo.

Weiß nicht, wo ich das sehr spezielle Thema sonst unterbringen soll.

Meines Wissens hatten die Reisekutschen im 18. Jahrhundert auf beiden Seiten Türen mit verglasten Fenstern.

Frage: Wie war es möglich, dass eine reisende Person während der Fahrt mit dem Kutscher kommuniziert? Konnte das Fenster irgendwie geöffnet werden oder musste man dafür die Tür ein wenig öffnen?

In einem zeitgenössischen Roman (1740) gibt es eine Stelle, wo die reisende Person während der Fahrt mit dem Kutscher spricht, ohne dass das Wie näher beschrieben wird.

Es gibt einen besonderen Grund, warum mich dieses Detail interessiert, tut hier aber nichts zur Sache.

Danke im Voraus.

Ich bezweifle, dass im 18 Jahrhundert die Reisekutschen schon Glasscheiben hatten. Erstens war Glas in diesen Zeiten nicht billig und zweitens wäre es bei der Beanspruchung beim Ein- und Aussteigen mit den Gepäckstücken, schlagen der Türen usw. sehr schnell zu Bruch gegangen.
Wo du Glasscheiben vermutest waren Vorhänge (das habe ich mal bei einer historischen Kutsche gesehen).
Die konnte man schnell mal zur Seite schieben.

Mir würde eine Schiebeklappe in der Vorderwand der Kutsche logisch erscheinen, technisch wäre das zu der Zeit absolut kein Problem gewesen und man hätte den direkten Kontakt mit dem Kutscher jederzeit haben können.

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Kutschen mit Glasfenster soll´s schon ab ca. 1600 gegeben haben.

https://moviecultists.com/did-carriages-have-glass-windows

Vorhänge würden eine Kommunikation natürlich plausibel machen, im Winter wäre es dann aber doch sehr kalt in der Kabine. ![mid_P_20_1979_201908_adn21_dc2|500x399]

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Hier ist eine zeitgenössische Grafik der Kutsche, um die es in der Romanszene geht.

Glas oder Vorhänge?

Ich brauche eindeutige Info, nicht nur Vermutungen. Und wenn Glas, wie die Kommunikation?

Hallo
zu den Glasscheiben kann ich nichts sagen , aber die Kommunikation erfolgte durch eine kleine Klappe in der Front der Kutsche , die man öffnen konnte , dem Kutscher was sagen konnte und die dann wieder geschlossen wurde.
Gruss Michael

Ja, das klingt plausibel. Danke auch an Cook 1, der das schon angedeutet hat.

Ich benötige das Detail für eine Drehbuchszene.

dann noch der Hinweis…ich hab das in England gesehen bei historischen Kutschen , die Klappe konnte man aufschieben und wieder zurück

Gruss Michael

Danke.

Die Sache wird dadurch verkompliziert, dass die Kutschen offenbar auch an der Front verglast waren, wie aus dem oben verlinkten Artikel hervorgeht und auch an der oben eingefügten Grafik und diesem Foto erkennbar ist. Da fragt sich, wo noch Platz für eine Schiebeklappe war.

Am besten, ich halte dieses Detail in der Szene vage und überlasse die historisch getreue Realisierung ggf. dem Filmteam.

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es gibt natürlich viele verschiedene Bauweisen , ich kann mich nur noch an die geschlossenen Varianten erinnern.

Gruss michael

Das mit den Glasfenstern stimmt: „…um das Jahr 1612, unter der Regierung Ludwigs XIII , wagte dessen Kammerherr (wegen seiner damals weit verbreiteten Podagra) sich eine kleine Kutsche bauen zu lassen, deren Oberteil man ringsum mit Glasfenstern verschließen konnte.“ Die Wagen und Fuhrwerke von der Antike bis zum 19. Jahrhundert von Johann Christian Ginzrot

tja… ohne irgendwelche „Beweise“: Als Kind habe ich mal in einem Museum (?) in einer Kutsche mit einem anderen Jungen gespielt… es gab da ein Sprachrohr, was aber irgendwie eher „stille Post“ ähnelte…

Servus,

wobei

sich auf den für einen Kammerherrn nicht standesgemäßen Luxus der Verglasung bezieht, der mit besonderer Schutzbedürftigkeit wegen Gicht „entschuldigt“ wird.

Mitte des 18. Jahrhunderts gab es zig verschiedene Bauweisen von Reisekutschen, wie @Michael_Winkler bereits ausgeführt hat. Und es gab recht präzise Vorstellungen, welcher Grad an Komfort wem zustünde. D.h. die von @Tammuz gesuchte Bauform ließe sich allenfalls eingrenzen, wenn man wüßte, wer die reisende Person ist.

Schöne Grüße

MM

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Hallo!
Das Buch sagt etwas anderes:


und nächste Seite:

Nur, weil’s vielleicht interessant ist und ich beim Durchschmökern des Buchs drauf gestoßen bin:
Die „Dormeuse“ von Richelieu hatte sogar Fenster aus geschliffenem venezianischem Spiegelglas und unter Ludwig XIV gab es „leichte Coupés, deren Vorderwand durch zwei große Glasscheiben geschlossen werden konnten“. Und „…begann man sich leichter Spazierkaleschen und Chaisen zu bedienen. … Gewöhnlich spannte man sechs Pferde davor und es war nicht selten, dass Damen ersten Ranges, selbst die Peitsche in der Hand, ihre Pferde um die Wette antrieben.“
Leider habe ich über die Kommunikation der Insassen geschlossener Kutschen mit verglasten Fenster mit dem Kutscher nichts finden können.
Fahren in Wagen oder Kutschen galt ziemlich lange als Zeichen von Schwäche. Ich habe das schon einmal recherchieren müssen, habe allerdings die Jahreszahlen nicht mehr parat, aber lange Zeit verschmähten selbst Frauen das Fahren im Wagen und ritten zu Pferd nebenher. Wagen waren für Alte, Schwache, Kranke und Kinder.
Sorry für den langen Text
Gruß,
Eva

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Falls noch Informationen gebraucht werden:


Da gibt es zahlreiche Adressen, bei denen man nachfragen kann.
Gruß,
Eva
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Hallo Eva,

mich dünkt (warum gibt es da eigentlich einen Unterschied zum Dativ in mir deucht?), die „solcherlei Fahrzeuge“ seien in dem Text ganz allgemein Kutschen (im Gegensatz zu den vorher schon auch für Reisen gebräuchlichen Wagen), mit einem mehr oder weniger gefedert aufgehängten und seitlich und nach oben mehr oder weniger geschlossenen Kastenaufbau. Als Beleg für generelle Verglasung langt das - meine ich - nicht.

Schöne Grüße

MM

Auf eine generelle Verglasung wollte ich nicht hinaus, das wäre auch gar nicht für alle Arten von Kutschen geeignet gewesen.

  • schon hundert Jahre später wäre das technisch viel leichter zu beantworten - und beiläufig auch erlebenswert in der Praxis zu studieren:
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Das wär’ was für mich! Sofort

Mach mal! - aber ich möchte dann bitte auch einen Bericht, ob der Postillon das Schweizer Postsignal Tüü - taa - tooo comme il faut auf dem Horn bläst…

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Die junge, sozial niedrigstehende Angebetete eines vermögenden englischen Landlords, der ihr seine private Reisekutsche für eine Reise zur Verfügung gestellt hat. Entscheidend ist hier nicht der Stand der reisenden Person, sondern des Besitzers der Kutsche.

Eine zeitgenössische Darstellung besagter Kutsche siehst du oben in meinem zweiten Post. In der Kabine sitzt das Mädchen.

Ja, dachte ich mir auch schon. Mal gucken.