Hallo,
ich würde gerne wissen, ob es den in Deutschland lebenden
Personen während der Zeit des Dritten Reiches (1933 - 1939)
möglich war, zu reisen bzw. Deutschland nach Belieben zu
verlassen.
Also vor dem Krieg konnte man so viel ich weiß innerhalb Deutschlands reisen, wohin man wollte. Das galt auch (noch) für Juden. Die Einschränkungen für Juden, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, gab es erst ab 1941/42.
Für wenige Jahre war sogar die visafreie Reise in einige europäische Länder möglich: http://de.wikipedia.org/wiki/Visum#1914_bis_1938
(Es sind ja auch viele Juden in die Nachbarländer geflohen. Richtiger Ansatz, war nur leider nicht weit genug …)
Ab dem 5.10.38 wurden neue Reisepässe für Juden eingeführt, die einen Stempel „J“ enthielten. Dass es dadurch nicht unbedingt leichter wurde, ein Einreisevisum zu erhalten, kann man sich denken …
Außerdem wurde bei der Auswanderung noch eine „Reichsfluchtsteuer“ von 25% für alle Auswanderer erhoben. Hinzu kam noch die „Dego-Abgabe“, an die Deutsche Golddiskontbank, die im Jahr 1934 bei 65% des ins Ausland transferierten Geldbetrags lag. In den folgenden Jahren wurde sie schrittweise erhöht, bis sie im September 1939 schließlich 96% (!!!) betrug. … Das ist nicht gut, wenn man finanziell ohnehin schon am Limit ist. Schiffsfahrkarten gibt es ja auch nicht umsonst.
Ganz davon abgesehen musste das vorhandene Vermögen oft erst einmal liquide gemacht werden, etwas durch den Verkauf einer Immobilie.
Und, noch viel schlimmer: Oft waren da Familienmitglieder, die nicht mit auswandern wollten (alte Eltern). Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wie veränderte sich diese Situation während des 2. Weltkrieges
ab 1939?
Tja, was soll ich dazu sagen? Zunächst wurde es schwieriger, und irgendwann ganz unmöglich. Am 23.10.41 wurde die Auswanderung von Juden vom Reichssicherheitshauptamt verboten.
Wie ist es jüdischen Menschen während dieser Zeit gelungen,
Deutschland z.B. in Richtung Amerika zu verlassen?
Mit viel Glück und Durchhhaltevermögen. Wenn man Verwandte in Amerika hatte, konnten die für einen bürgen.
Es gab auch ein Projekt, bei dem deutsches Eisenbahnmaterial gegen Land in Paraná (südlich von Sao Paulo, Brasilien) getauscht wurde. So entkamen etwa 150 Familien. Also die Juden kauften dieses Eisenbahnmaterial und dafür bekamen sie Land. Billig war das nicht. Es war z.B. eine Abgabe von 50% an die Deutsche Golddiskontbank fällig. Der Mindestbetrag für so einen Landkauf war 2500 RM, und das zu einer Zeit, als das Jahres gehalt eines Lehrlings noch im niedrigen dreistelligen Bereich lag. Auch musste man erstmal von diesem Projekt erfahren. Und man musste genug Vertrauen in die „Parana Plantations Ltd.“ haben, um denen auch wirklich ein paar tausend RM auf eine Sperrkonto zu überweisen. … Aber wie gesagt, einige haben es geschafft.
Dann gab es da auch noch den japanischen Konsul Sugihara, das ist eine geniale Geschichte
Lies am besten selbst. Er hat mehreren Tausend Menschen das Leben gerettet und gehört nun zu den „Gerechten unter den Völkern“.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sugihara
Schöne Grüße
Petra